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Arbeitszeitbetrug – außerordentliche Kündigung

LAG Schleswig-Holstein

Az: 6 Sa 293/10

Urteil vom 06.10.2010


Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 07.05.2010 – 1 Ca 1775/09 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung der Beklagten vom 15.10.2009.

Der am ….1966 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er trat am 02.02.1990 als Postangestellter in die Dienste der Beklagten. Der Kläger arbeitete als Zusteller. Sein Einsatzort war zuletzt ……. Er war beim dortigen Zustellstützpunkt (ZSP) in der Brief- und Verbundzustellung eingesetzt. Der Kläger führte die Zustellungen mit dem Kfz durch. Für das Kfz war ein Fahrtenbuch zu führen.

Bei der Beklagten galt im streitbefangenen Zeitraum für den Tätigkeitsbereich des Klägers die „Betriebsvereinbarung zur Arbeitszeitgestaltung und zur Überzeitarbeit in der Zustellung“, ergänzt durch die „Betriebsvereinbarung zur IT-gestützten Erfassung der Arbeitszeiten in der Zustellung“. Weil es im ZSP …… keine IT-unterstützte Zeiterfassung gab und im Übrigen bis heute nicht gibt, müssen die Zusteller ihre tatsächlichen Arbeitszeiten in ein Zeiterfassungsblatt eintragen. Anzugeben ist der tatsächliche Arbeitsbeginn, der Beginn des Zustellgangs, das Ende des Zustellgangs und das Arbeitsende. Das Zeiterfassungsblatt liegt im Zustellstützpunkt am Arbeitsplatz des Zustellteamleiters aus. Im Falle des Klägers befand sich dieser Arbeitsplatz drei bis fünf Meter entfernt von seinem eigenen Arbeitsplatz. Die Eintragungen auf dem Zeiterfassungsblatt bilden die Grundlage des für jeden Arbeitnehmer geführten Arbeitszeitkontos. Auf dem Konto werden sowohl die Minusstunden als auch die Überstunden gebucht. Ein Überstundensaldo kann bereits während des Jahres durch Freizeitausgleich ausgeglichen werden. Etwaige Minusstunden entfallen nach Ablauf eines Jahres zu Lasten des Arbeitgebers.

Der Kläger zeichnete am 17.10.2008 eine Unterweisung über die Zusammenhänge und Regelungen im Zusammenhang mit der Ist-Zeit-Erfassung gegen (Anlage B 2 = Bl. 31 d. A.). Auszugsweise heißt es in der Unterweisung:

„Bei einer Teilnahme an der Istzeit-Erfassung (IZE) sind verschiedene Regeln zu beachten. Frau/Herrn ……. sind die Hintergründe und die Zusammenhänge der IZE ausführlich erläutert worden.

Ihr/Ihm ist insbesondere ausführlich erläutert worden,

7- …

– dass jederzeit unangemeldete Prüfungen der Arbeitsweise sowie Straßenkontrollen durchgeführt werden können,

– …

– dass das tatsächliche Dienstende täglich minutengenau ohne Rundungen in die dafür vorgesehene Unterlage handschriftlich einzutragen ist,

– dass das tatsächliche Dienstende weder durch Hinzuaddieren noch durch Subtrahieren von Zeiten welcher Art auch immer verändert werden darf,

– …

– dass sie/er mit der Unterschrift unter diesen Aktenvermerk ausdrücklich anerkennt, die Zusammenhänge und die IZE-Regeln verstanden und verinnerlicht zu haben,

– an wen er/sie sich bei Unklarheiten oder Fragen umgehend zu wenden hat,

Mit ihrer/seiner Unterschrift unter diesen Aktenvermerk bestätigt die/der oben Benannte zudem, dass sie/er den für sie/ihn zuständigen IZE-Bearbeiter in der ZSPL-Leitung kennt und ausführlich darüber aufgeklärt worden ist, dass Verstöße gegen die oben beschriebenen Regeln Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten bzw. der sich aus dem beamten-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis ergebenden Pflichten darstellen können, die mit arbeitsrechtlichen bzw. disziplinarischen Maßnahmen geahndet werden können.“

Am 18.09.2009 fand eine einstündige Dienstbesprechung zum Thema „Betriebsvereinbarung Arbeitszeit“ statt. An dieser Besprechung nahm auch der Kläger teil. Zwischen den Parteien ist streitig, was bei dieser Gelegenheit im Einzelnen besprochen worden ist.

0Die Beklagte wandte sich mit Informationsblättern an ihre Arbeitnehmer. Das Informationsblatt Zustellung 01/09 zum Thema „Arbeitszeitbetrug in der Zustellung“ ist in der ersten Jahreshälfte 2009 ausgehängt worden. Wegen seines Inhalts wird auf die Anlage BE 1 = Bl. 234 d. A. verwiesen. Der Kläger bestreitet, dass ihm das Informationsblatt zur Kenntnis gelangt ist. Das weitere Informationsblatt Zustellung 01/10 zum Thema „Istzeit-Erfassung/ Dokumentation der Arbeitszeit“ ist im Jahr 2010 verteilt worden. Wegen des Inhalts wird auf Bl. 213 d. A. verwiesen.

Am 26.09.2009 nahm der Kläger folgende Eintragung im Zeiterfassungsblatt vor: Kommen von Zustellung: 16:31 Uhr, Dienstende: 17:11 Uhr.

Am 28.09.2009 trug der Kläger ein:

Kommen von Zustellung: 15:04 Uhr, Dienstende: 15:39 Uhr.

Auch der stellvertretende Obmann Herr ……., der an diesem Tag um 14:31 Uhr in den ZSP zurückgekehrt war, beendete seinen Dienst um 15:39 Uhr.

Am 01.10.2009 trug der Kläger in das Zeiterfassungsblatt ein:

Kommen von Zustellung: 16:47 Uhr, Dienstende: 17:04 Uhr.

Am 26.09.2009 buchte der Kläger das letzte von ihm zugestellte Paket um 15:06 Uhr im ZSP auf Rückstellung. Am 01.10.2009 übergab er das letzte benachrichtigte Paket um 14:20 Uhr der Postagentur in …..

Fünf Tage später führten die Zeugen…… mit dem Kläger ein Gespräch. Sie hielten dem Kläger seine Arbeitszeiteintragungen für die drei genannten Tage vor und warfen ihm vor, falsche Angaben gemacht zu haben. Insbesondere erhoben sie den Vorwurf, zu seinen Gunsten falsche Angaben zum Dienstende gemacht zu haben. Der Kläger hat sich gegenüber den Zeugen zu den Vorwürfen nicht eingelassen und angegeben, dass er sich momentan an die Sachverhalte an diesen drei Tagen nicht erinnern könne.

Neben anderen Postsendungen tragen die Zusteller sogenannte zu benachrichtigende nachzuweisende Frachtsendungen (Pakete) sowie nicht nachzuweisende zu benachrichtigende Frachtsendungen aus. Zu letzteren gehören Päckchen, Infopost schwer, Büchersendungen und Warensendungen. Falls der Adressat nicht angetroffen wird, werden die zu benachrichtigenden Sendungen von den Zustellern bei einer 500 Meter vom ZSP entfernten Postagentur im E.-Laden hinterlegt. Der Kunde kann seine Sendung ab 10:00 Uhr des Folgetags dort abholen.

Nach Anhörung des Betriebsrats kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15.10.2009 fristlos und hilfsweise fristgemäß zum 31.05.2010.

Der Kläger hat gemeint, die Kündigung sei rechtsunwirksam, weil ihm ein kündigungsrelevantes Fehlverhalten nicht vorzuwerfen sei. Er hat behauptet, er sei am 26.09.2009 um 16:31 Uhr in den ZSP zurückgekehrt und habe danach zwei Einschreiben und zwei nicht nachzuweisende, aber zu benachrichtigende Frachtsendungen zur Postagentur gebracht. Die Eintragung in die Zeiterfassungsliste habe er in der Weise vorgenommen, dass er das Ende der Dienstzeit (17:11 Uhr) geschätzt habe, und zwar vor 16:35 Uhr.

Der Kläger hat weiter behauptet, er sei am 28.09.2010 um 15:04 Uhr in den ZSP zurückgekehrt und habe bis 15:39 Uhr dort gearbeitet. Er habe fehlgeleitete Post an seinem Arbeitsplatz abgeschrieben. Dass der Zeuge … ihn nicht gesehen habe, könne daran liegen, dass dieser in einem anderen Raum gearbeitet habe. Die Eintragung in die Zeitliste habe er um 15:10 Uhr vorgenommen.

Am 01.10.2009 sei er um 16:35 Uhr von der Zustellung gekommen. Die Eintragung „Kommen von Zustellung: 16:47 Uhr“ sei fehlerhaft. Er habe den ZSP gleich nach Rückkehr von der Zustellung wieder verlassen, um benachrichtigte Sendungen in der Postagentur abzugeben. Gegen 17:00 Uhr sei er mit der Zeugin Gr. in den ZSP gegangen und habe den Zustellschlüssel in den Postsafe geworfen, weil er am nächsten Tag frei gehabt habe. Den Zeitpunkt des Dienstendes habe er wiederum geschätzt.

Der Kläger hat behauptet, er habe sowohl am 26.09.2009 ab 15:06 Uhr als auch am 01.10.2009 ab 14:20 Uhr bis zur Rückkehr in den Zustellstützpunkt eine Vielzahl von Haushalten mit Postsendungen beliefert. Es sei üblich gewesen, zu benachrichtigende Sendungen nach Dienstschluss zur Postagentur mitzunehmen. Am 26.09.2009 habe er zwei Einschreiben und nicht nachzuweisende Frachtsendungen zur Postagentur gebracht. Entsprechendes gelte für den 01.10.2009.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung noch die hilfsweise fristgerechte Kündigung der Beklagten vom 15.10.2009 beendet wird,

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern auf unbestimmte Zeit fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe nicht zu sämtlichen von ihm angegebenen Zeiten gearbeitet. Sie hat bestritten, dass der Kläger am 26.09.2009 und am 01.10.2009 benachrichtigte Sendungen und Einschreiben zur Postagentur gebracht hat. Es sei unüblich, nach der Beendigung der Tätigkeit noch Sendungen zur Postagentur, noch dazu zu Fuß, zu bringen. Es spreche viel dafür, dass der Kläger am 26.09.2009 schon wesentlich früher als angegeben seine Tätigkeit beendet hat. Denn das letzte Paket habe er um 15:06 Uhr gescannt und es sei nicht ersichtlich, was er bis 16:31 Uhr, dem Zeitpunkt der eingetragenen Rückkehr, gemacht habe. Es sei ferner sehr wahrscheinlich, dass der Kläger auch am 01.10.2010 nach 14:20 Uhr, nach Scannung des Pakets nicht mehr gearbeitet habe. Die Beklagte hat behauptet, der Kläger habe am 28.09.2009 nach 14:15 Uhr den Zustellstützpunkt nicht mehr betreten.

Die Beklagte hat gemeint, die außerordentliche Kündigung sei auch angesichts der hier vorzunehmenden Interessenabwägung rechtswirksam, weil das Vertrauen erheblich gestört sei. Durch die vielfältigen falschen Eintragungen in die Zeiterfassungsliste und die unvollständige Führung des Fahrtenbuchs werde deutlich, dass der Kläger sowohl am 26. und 28.09.2009 sowie am 01.10.2009 als auch schon davor falsche Eintragungen gemacht und sich dadurch ein erhebliches Arbeitszeitguthaben rechtswidrig verschafft habe.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen………. Wegen des Beweisbeschlusses und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Sitzung vom 07.05.2010 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die außerordentliche Kündigung vom 15.10.2009 habe das Arbeitsverhältnis beendet. Wegen vorsätzlicher falscher Aufzeichnung von Arbeitszeiten liege ein wichtiger Grund zur Kündigung vor. Die Beweisaufnahme habe zur Überzeugung der Kammer ergeben, dass der Kläger jedenfalls am 28.09.2009 mindestens 35 Minuten mehr Arbeitszeit aufgeschrieben habe als tatsächlich geleistet. Zur Begründung hat sich die Kammer in erster Linie auf die Aussagen des Zeugen …. und ergänzend auf die Aussagen des Zeugen …. gestützt. Der Zeuge J. habe ausgesagt, dass der Kläger in der von ihm angegebenen Zeit von 15:04 Uhr bis 15:39 Uhr nicht im Zustellstützpunkt gewesen sein kann. Der Zeuge habe ausdrücklich erklärt, dass er während seiner eigenen Dienstzeit im Zustellstützpunkt (von 14:31 Uhr bis 15:39 Uhr) mehrfach in sämtlichen Räumen des Gebäudes gewesen sei. Zudem sei er mindestens einmal an dem Platz, an dem das Zeiterfassungsblatt ausliege, gewesen. Der Zeuge habe es definitiv ausgeschlossen, dass der Kläger sich in den Räumlichkeiten befunden habe. Es könne offen bleiben, ob der Kläger auch am 26.09. und am 01.10.2009 Arbeitszeiten falsch aufgezeichnet habe. Trotz der langen Betriebszugehörigkeit und der Unterhaltspflichten des Klägers überwiege das Interesse der Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Wegen des weiteren Inhalts der Entscheidungsgründe wird auf das arbeitsgerichtliche Urteil Bezug genommen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Gegen dieses dem Kläger am 07.06.2010 zugestellte Urteil richtet sich seine am 05.07.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangene Berufung. Die Berufungsbegründung ging am 30.07.2010 beim Landesarbeitsgericht ein.

Der Kläger bestreitet nach wie vor, seine Arbeitszeit manipuliert zu haben. Unabhängig davon habe er nicht mit einer Kündigung rechnen müssen. Die Umsetzung der neuen Zeiterfassung sei nicht mit der nötigen Nachhaltigkeit und Kontrolle erfolgt. Die Beklagte habe signalisiert, dass keine Konsequenzen aus der Nichteinhaltung der Neuregelung gezogen würden. Der Beklagten sei zudem die Problematik bekannt, dass die Zeiterfassung nicht von allen Mitarbeitern mit der erforderlichen Genauigkeit vorgenommen werde. Mehrere Angestellte seien wegen des Vorwurfs der Arbeitszeitmanipulation nur ermahnt, abgemahnt oder umgesetzt worden. In einem anderen Fall sei das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet worden. Der Kläger sei der einzige Mitarbeiter, der eine fristlose Kündigung erhalten hat, die aufrecht erhalten worden sei. In anderen Verfahren, etwa dem vor dem Arbeitsgericht Flensburg zu dem Aktenzeichen 1 Ca 589/10 geführten, habe sich die Beklagte mit dem dortigen Kläger auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses geeinigt. Bei Beamten seien Disziplinarverfahren eingeleitet, Überstunden gestrichen oder Versetzungen vorgenommen worden. Zu Entlassungen sei es nicht gekommen. Das Informationsblatt Zustellung 01/10 belege, dass die Beklagte in der Vergangenheit Arbeitszeitmanipulation registriert, aber nicht arbeitsrechtlich geahndet habe. Nicht nachvollziehbar sei, dass der Kläger nicht schon vorher abgemahnt worden sei, wenn zuvor bereits festgestellt worden ist, dass er zur angegebenen Zeit nicht im Amt gewesen sei. Schließlich stelle die Kündigung keine angemessene Reaktion auf die eingetretene Vertragsstörung dar.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 07.05.2010 – 1 Ca 1775/09 – abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung noch durch die hilfsweise fristgemäße Kündigung der Beklagten vom 15.10.2009 beendet worden ist.

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Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und macht geltend, dass der Kläger das Vorliegen einer Arbeitszeitmanipulation nur pauschal bestreite. Damit akzeptiere er den Vorwurf. Die Beklagte behauptet, sie habe den Kläger nicht nur mit Schreiben vom 17.10.2008, sondern auch in der Besprechung am 18.09.2009 auf die Pflichten im Zusammenhang mit der Arbeitszeiterfassung hingewiesen. Aus dem Infoblatt 01/09 habe der Kläger ebenfalls die Konsequenzen eines Verstoßes gegen die Regelungen zur Arbeitszeiterfassung entnehmen können. Sie, die Beklagte, habe Straßenaufsichten eingesetzt, um die Mitarbeiter zu kontrollieren. Auch habe sie die einzelnen Fälle ermittelt und eine jeweils angemessene Entscheidung getroffen. In keinem vergleichbaren Fall habe sie von der Kündigung abgesehen. In dem vom Kläger genannten Verfahren vor dem Arbeitsgericht Flensburg habe sie nur deshalb einen Vergleich geschlossen, weil der dortige Kläger die Manipulation zugegeben habe. Die Beklagte meint, das Informationsblatt Zustellung 01/10 sei nicht geeignet, beim Kläger Vertrauen zu erzeugen. Von einer Vielzahl von Manipulationsfällen könne keine Rede sein. Es handele sich um vereinzelte Fälle.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die statthafte Berufung (§§ 64 Abs. 2 lit. c ArbGG) ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

Die Berufung ist nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger in seiner Berufungsbegründung keine Berufungsanträge angekündigt hat. Zwar muss die Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Nr. 1 ZPO die Berufungsanträge enthalten. Ein gesonderter Berufungsantrag ist jedoch nicht erforderlich, wenn sich den innerhalb der Begründungsfrist eingereichten Schriftsätzen eindeutig entnehmen lässt, in welchem Umfang und mit welchem Ziel das Urteil angefochten werden soll (BGH 04.09.2002 – VIII ZB 23/02 – NJW 2002, 3783; ErfK/Koch 10. Aufl. § 66 ArbGG Rn. 13).

Im vorliegenden Fall kann der Berufungsbegründung des Klägers hinreichend deutlich entnommen werden, dass er sich gegen die Abweisung der Kündigungsschutzklage durch das Arbeitsgericht wehrt. Denn er wendet sich dagegen, dass das Arbeitsgericht die fristlose Kündigung für gerechtfertigt gehalten hat.

II. Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung vom 15.10.2009 außerordentlich fristlos beendet worden.

1. Die Kündigung vom 15.10.2009 ist als fristlose Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB wirksam. Ein wichtiger Grund zur Kündigung lag in dem Arbeitszeitbetrug des Klägers. Die Berufungskammer schließt sich ausdrücklich den überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts an. Nur ergänzend ist auf Folgendes hinzuweisen:

a. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass ein Arbeitszeitbetrug nach ständiger Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesarbeitsgerichts an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen (BAG 21.04.2005 – 2 AZR 255/04 – BAGE 114, 264; 06.09.2007 – 2 AZR 264/06 – NZA 2008, 636). Der Arbeitszeitbetrug stellt eine schwerwiegende Pflichtverletzung dar (ErfK/ Müller-Glöge 10. Aufl. § 626 BGB Rn. 116).

Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Zeiterfassung sind geeignet, das Vertrauen des Arbeitgebers in die Integrität des Arbeitnehmers zu erschüttern und einen Grund für eine außerordentliche Kündigung darzustellen. Das gilt nicht nur für die Manipulation einer Stempeluhr, sondern auch für die fehlerhafte Selbsterfassung der Arbeitszeit (vgl. BAG 24.11.2005 a. a. O.).

b. Das Arbeitsgericht ist nach Beweisaufnahme und sorgfältiger Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger jedenfalls am 28.09.2009 einen vorsätzlichen Arbeitszeitbetrug begangen hat.

aa. Gestützt auf die Aussage des Zeugen J. und ergänzt durch die Aussage des Zeugen ….. ist das Arbeitsgericht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger jedenfalls am 28.09.2009 mindestens 35 Minuten mehr Arbeitszeit aufgeschrieben hat als tatsächlich geleistet. Der Kläger hat für diesen Tag unstreitig in das Zeiterfassungsblatt als Dienstende 15:39 Uhr eingetragen. Der Zeuge ….. hat jedoch bekundet, dass er während seiner eigenen Dienstzeit im Zustellstützpunkt (von 14:31 Uhr bis 15:39 Uhr) mehrfach in sämtlichen Räumen des Gebäudes war, den Kläger jedoch nicht gesehen hat. Der Zeuge hat weiter ausgesagt, dass er mindestens zweimal an dem Platz, an dem das Zeiterfassungsblatt ausliegt, gewesen ist. Der Zeuge konnte ausschließen, dass sich der Kläger während der fraglichen Zeit in den Räumlichkeiten befunden hat.

bb. Gegen die umfangreiche und sorgfältige Würdigung der Zeugenaussagen durch das Arbeitsgericht hat sich der Kläger in der Berufung nicht gewandt. Er hat sich darauf beschränkt, Arbeitszeitmanipulationen pauschal zu bestreiten. Einer erneuten Beweisaufnahme durch die Berufungskammer bedurfte es deshalb nicht. Denn das Berufungsgericht hat seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszugs festgestellten Tatsachen zu Grunde zu legen, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten, § 529 Abs. 1 ZPO.

c. Der Kläger hat den Arbeitszeitbetrug nach Überzeugung der Berufungskammer auch vorsätzlich begangen. Vorsatz liegt vor, wenn ein Handeln mit Wissen und Wollen erfolgt, wobei bedingter Vorsatz genügt.

Angesichts der erheblichen Abweichung zwischen dem angegebenen Arbeitszeitende und dem tatsächlichen Verlassen des Dienstgebäudes (vor 14:31 Uhr) kann es sich bei der Angabe in dem Zeiterfassungsblatt nicht nur um fahrlässiges Handeln oder ein Versehen gehandelt haben. Kann man bei Differenzen von wenigen Minuten nicht notwendig auf einen vorsätzlichen Arbeitszeitbetrug schließen, so spricht eine Falschaufzeichnung von mehr als einer halben Stunde dafür, dass sie bewusst erfolgt ist.

3. Entgegen der Auffassung des Klägers bedurfte es vor Ausspruch der Kündigung keiner Abmahnung.

a. Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht die Sanktion für die Vertragspflichtverletzung. Es geht vielmehr um die Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (BAG 19.04.2007 – 2 AZR 180/06 – AP BGB § 174 Nr. 20; 23.06.2009 – 2 AZR 103/08 – NZA 2009 1198). Eine negative Prognose lässt sich stellen, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose (BAG 19.04.2007 – 2 AZR 180/06 – a. a. O.).

Wie der 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts betont, ist die Abmahnung zugleich Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt, der durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren hat, ist auch bei Störungen des Vertrauensbereichs zu beachten. Eine vorherige Abmahnung ist unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes allerdings entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht erwartet werden kann (BAG 16.04.2007 – 2 AZR 180/06 – a. a. O.; 23.06.2009 – 2 AZR 103/08 – a. a. O.). Gleiches gilt im Falle einer schweren Pflichtverletzung, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne Weiteres erkennbar ist und bei der die Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 15.11.2001 – 2 AZR 605/00 – BAGE 99/331). Selbst bei Störungen des Vertrauensbereichs durch Eigentums- und Vermögensdelikte kann es danach Fälle geben, in denen eine Abmahnung nicht ohne Weiteres entbehrlich erscheint (BAG 23.06.2009 – 2 AZR 103/08 – a. a. O.). Dies gilt etwa, wenn dem Arbeitnehmer zwar die Verbotswidrigkeit seines Verhaltens hinreichend klar ist, er aber Grund zu der Annahme habe durfte, der Arbeitgeber würde diese nicht als ein so erhebliches Fehlverhalten werten, dass dadurch der Bestand des Arbeitsverhältnisses auf dem Spiel stünde (BAG 23.06.2009 – 2 AZR 103/08 – a. a. O.).

b. Gemessen an diesen Grundsätzen war eine Abmahnung des Klägers zu vertragsgerechtem Verhalten entbehrlich, auch wenn es sich bei der Eintragung der Arbeitszeiten um ein steuerbares Verhalten handelt. Der Kläger wusste um sein erhebliches Fehlverhalten und konnte nicht damit rechnen, dass die Beklagte es toleriert.

Die Beklagte hatte dem Kläger bereits mit der Unterweisung vom 17.10.2008 (Anlage B 2 = Bl. 31 d. A.) ausdrücklich die Zusammenhänge und Regelungen betreffend der Istzeit-Erfassung erläutert. In der Unterweisung heißt es ausdrücklich, dass das tatsächliche Dienstende täglich minutengenau ohne Rundungen in die dafür vorgesehene Unterlage handschriftlich einzutragen ist und dass das tatsächliche Dienstende weder durch Hinzuaddieren noch durch Subtrahieren von Zeiten welcher Art auch immer verändert werden darf. Der Kläger hat mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er den Inhalt der Unterweisung anerkannt und verstanden hat. Vor diesem Hintergrund musste ihm klar sein, dass er minutengenau das Arbeitszeitende einzutragen hat. Dass er sich dessen auch bewusst war, belegen seine Eintragungen an den streitgegenständlichen Tagen, denn er hat nicht etwa auf fünf oder zehn Minuten gerundete Arbeitszeiten in das Zeiterfassungsblatt eingetragen. Vielmehr finden sich stets minutengenaue – wenn auch falsche – Eintragungen, z. B. für den 28.09.2009: Kommen von Zustellung: 15:04 Uhr und Dienstende: 15:39 Uhr. Wenn die Beklagte aber – wie der Kläger wusste – auf minutengenaue Angaben zum tatsächlichen Dienstende Wert legte, kam es ihr selbstverständlich darauf an, dass die Angaben richtig sind. Es liegt auf der Hand, dass es der Beklagten nicht um vorgeblich präzise Angaben ging, sondern darum, dass der Kläger sein tatsächliches Arbeitsende minutengenau in das Zeiterfassungsblatt einträgt.

Nach dieser klaren und eindeutigen Unterweisung bedurfte es keiner weiteren Hinweise an den Kläger. Deshalb musste nicht aufgeklärt werden, ob der Kläger, wie die Beklagte behauptet, in einer Betriebsversammlung vom 18.09.2009 abermals auf die Pflichten im Zusammenhang mit der Arbeitszeiterfassung hingewiesen worden ist. Ebenso wenig musste geklärt werden, ob dem Kläger das Informationsblatt Zustellung 01/09 zum Thema „Arbeitszeitbetrug in der Zustellung“ (Anlage BE 1 = Bl. 234 d. A.) zur Kenntnis gelangt ist.

Das Fehlverhalten des Klägers vom 28.09.2009 lässt eine eindeutige Negativprognose zu. Wie ausgeführt, muss dem Kläger die grundsätzliche Unvereinbarkeit seines Vorgehens mit den arbeitgeberseitigen Anweisungen zur Istzeit-Erfassung bewusst gewesen sein. Er musste damit rechnen, dass sein Fehlverhalten von der Beklagten als schwerwiegend angesehen wird und zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen kann. Selbst ohne entsprechenden Hinweis des Arbeitgebers hält es die Berufungskammer für fernliegend, dass ein Arbeitnehmer annehmen kann, sein Arbeitgeber werde aus festgestellten Arbeitszeitmanipulationen keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen ziehen. Darauf kommt es hier jedoch nicht entscheidend an. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nämlich bereits in der Unterweisung vom 17.10.2008 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Verstöße gegen die beschriebenen Regeln Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten darstellen, die mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen geahndet werden können. Weiterer klarstellender Hinweise bedurfte es nicht. Insbesondere musste nicht ausdrücklich erklärt werden, dass und welche Verstöße zum Anlass für eine fristlose Kündigung genommen werden. Bereits durch das Schreiben vom 17.10.2008 war den Mitarbeitern vor Augen geführt worden, dass die Beklagte nicht gewillt ist, Verstöße gegen die Verpflichtung, das tatsächliche Dienstende minutengenau und korrekt einzutragen, hinzunehmen.

Nicht entscheidend ist, in welchem Umfang die Beklagte die Einhaltung dieser Anweisung kontrolliert hat. Die Wirksamkeit eines Verbots hängt nicht davon ab, mit welcher Intensität seine Beachtung überwacht wird. Hinzu kommt, dass die Beklagte unstreitig Straßenaufsichten eingesetzt hat. Ob der Kläger gerade durch eine Straßenaufsicht überführt worden ist, ist nicht maßgebend.

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Beklagte habe den Eindruck entstehen lassen, ihr komme es nicht in jedem Fall auf korrekte Angaben zum Arbeitszeitende an. Der Kläger behauptet zwar, mehrere Angestellte seien wegen des Vorwurfs der Arbeitszeitmanipulation lediglich ermahnt, abgemahnt oder umgesetzt worden. Diese Fälle beschreibt er jedoch nicht im Einzelnen, sodass sich nicht beurteilen lässt, ob sie mit dem des Klägers vergleichbar sind. Auch den Fall, in dem das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung beendet worden sein soll, schildert der Kläger nicht genauer. Konkreter ist sein Vortrag zu dem Kollegen, der sich vor dem Arbeitsgericht Flensburg (Aktenzeichen 1 Ca 589/10) gegen eine Kündigung gewehrt hat und mit dem sich die Beklagte auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses geeinigt hat. In diesem Fall hat die Beklagte jedoch, nicht anders als beim Kläger, die Arbeitszeitmanipulation zum Anlass für eine fristlose Kündigung genommen. Das spricht dagegen, dass die Beklagte Arbeitszeitmanipulationen hingenommen oder mit zweierlei Maß gemessen hat. Sie hat reagiert, und zwar nicht anders als beim Kläger. Der Umstand, dass die Reaktion nicht in jedem Fall gleich ausgefallen ist, steht einer konsequenten Verfolgung von Arbeitszeitmanipulationen nicht entgegen. Es bleibt der Beklagten überlassen, wie sie die Umstände des Einzelfalles würdigt und welche Konsequenzen sie aus den von ihr festgestellten Verstößen zieht. Wenn der Kläger auf verschiedene Reaktionen der Beklagten verweist (Ermahnung, Abmahnung, Umsetzung, fristlose Kündigung, Disziplinarstrafe usw.), bestätigt er doch, dass die Beklagte Arbeitszeitmanipulation nicht hinnimmt, sondern dagegen vorgeht.

Schließlich ändert auch das vom Kläger in der Berufung vorgelegte Informationsblatt Zustellung 01/10 nichts an der Beurteilung. Soweit darin die Rede davon ist, dass die Karenzzeit auslaufe und herausgestellt wird, dass mit festgestelltem Fehlverhalten relativ behutsam umgegangen werde, kann der Kläger damit nicht begründen, er habe darauf vertraut, ihm werde bei einer Arbeitszeitmanipulation nicht gekündigt. Die streitgegenständlichen Manipulationsvorwürfe beziehen sich auf den 26. und 28.09.2009 sowie auf den 01.10.2009. Das Informationsblatt stammt jedoch aus dem Jahr 2010, konnte also das Verhalten des Klägers im Jahr 2009 nicht beeinflussen. Es wäre die Sache des Klägers gewesen, anhand weiterer Indizien darzulegen, wie bei ihm der Eindruck entstehen konnte, der Beklagten komme es nicht in jedem Fall auf eine konsequente Einhaltung der Anweisung vom 17.10.2008 an, insbesondere auf eine korrekte Angabe der tatsächlichen Arbeitszeit.

3. Die Interessenabwägung des Arbeitsgerichts ist nicht zu beanstanden. Das Beendigungsinteresse der Beklagten überwiegt das Bestandsinteresse des Klägers. Zwar sprechen für den Kläger dessen lange Betriebszugehörigkeit und seine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber zwei Kindern. Auch wird nicht übersehen, dass das Arbeitsverhältnis bislang ungestört verlaufen ist. Der Kläger hat in der Vergangenheit keine Abmahnungen erhalten. Auf der anderen Seite ist der Kläger erst 44 Jahre alt, sodass er auf dem Arbeitsmarkt keinesfalls chancenlos ist. Hinzu kommt, dass er über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügt (Kfz-Mechaniker) und zudem Berufserfahrung im Bereich der Zustellung vorweisen kann. Vor diesem Hintergrund überzeugt es nicht, wenn der Kläger behauptet, unter Berücksichtigung seiner bei der Beklagten ausgeübten Tätigkeit sei eine Vermittelbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht gegeben.

Unabhängig davon spricht für das Beendigungsinteresse der Beklagten, dass sich der Kläger im Rahmen der Anhörung zu den Vorwürfen am 06.10.2010 nicht zu seinem Fehlverhalten bekannt hat. Vielmehr hat er den Verstoß am 28.09.2009 beharrlich geleugnet.

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, handelt es sich im vorliegenden Fall um einen erheblichen Vertrauensverstoß. Bei der Beklagten wurde in der Vergangenheit – und wird nach wie vor – die Arbeitszeit von den Zustellern handschriftlich in die Zeiterfassungsbögen eingetragen. Die Beklagte ist deshalb darauf angewiesen, dass die Zusteller die Zeiten korrekt eintragen. Sie hat Vorkehrungen getroffen, damit dies ohne weitere Schwierigkeiten möglich ist. So hat die Beweisaufnahme des Arbeitsgerichts ergeben, dass der Zeiterfassungsbogen im Zustellstützpunkt für jeden Zusteller zugänglich auf einem Tisch ausliegt. Auf diesem Tisch befindet sich zudem eine Funkuhr. Es ist ein Leichtes, sowohl den zutreffenden Zeitpunkt der Rückkehr von der Zustellung als auch das Arbeitszeitende einzutragen. Der Kläger scheint dies aber für sich nicht als bindend anzusehen. Denn neben dem festgestellten Verstoß am 28.09.2009 waren zwei Tage vorher und drei Tage später weitere Verstöße zu verzeichnen. Am 01.10.2009 hat der Kläger unstreitig in der Rubrik „Kommen von Zustellung“ eine falsche Uhrzeit eingetragen. An beiden Tagen hat der Kläger zudem das Arbeitszeitende geschätzt. Das heißt, er hat im Vorhinein sein Dienstende für diese beiden Tage in die Arbeitszeitliste eingetragen. Ein solches Vorgehen ist jedoch mit Sinn und Zweck der Anweisung zur Arbeitszeiterfassung nicht vereinbar. Eine genaue Arbeitszeiterfassung ist auf diese Art und Weise nicht möglich. Bei einer Schätzung ist es dem Zufall überlassen, ob das prognostizierte Arbeitszeitende mit dem tatsächlichen Arbeitszeitende übereinstimmt.

Zu Recht betont das Arbeitsgericht den Gesichtspunkt, dass die Beklagte den Kläger nicht durchgängig überwachen kann. Eine Überwachung wäre nur möglich, wenn sichergestellt wäre, dass stets ein Vorgesetzter zugegen ist, wenn der Kläger auf dem Zeiterfassungsbogen sein Arbeitszeitende einträgt. Dazu müsste aber die Beklagte die Arbeitsabläufe so organisieren, dass innerhalb der Zeitspanne während der der Kläger seinen Dienst beendet, stets ein Vorgesetzter bereitsteht. Das kann nach den geschilderten Verhältnissen im Zustellstützpunkt nicht gewährleistet werden.

5. Weil bereits die außerordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat, kommt es auf die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung nicht mehr an.

III. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die sich im Rahmen der vom Bundesarbeitsgericht zur verhaltensbedingten Kündigung aufgestellten Rechtsgrundsätze hält.

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