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Zur Absetzbarkeit eines häuslichen Arbeitszimmers

FG Niedersachsen

Az.: 10 K 606/98

Urteil vom 13.12.2001


Leitsatz (vom Verfasser – nicht amtlich!):

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer können dann unbegrenzt als Werbungskosten abgezogen werden, wenn die das Berufsbild prägende Tätigkeit überwiegend von zu Hause ausgeübt wird. Nicht erforderlich ist jedoch, dass zeitlich mehr als 50 % der gesamten Arbeit im Arbeitszimmer geleistet wird.


Leitsatz des Gerichts:

Ein häusliches Arbeitszimmer bildet den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung (Voraussetzung für den unbegrenzten Abzug von Aufwendungen für dieses, §§ 9 Abs. 5, 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG), wenn die das Berufsbild prägende Tätigkeit (Kerntätigkeit/beruflicher Schwerpunkt) sowohl im Arbeitszimmer als auch im Außendienst beim Kunden stattfindet, aber im Arbeitszimmer überwiegt. Nicht erforderlich ist, dass zeitlich mehr als 50 v.H. der gesamten Tätigkeit im Arbeitszimmer geleistet wird.


Sachverhalt zusammengefasst:

Der Kläger, ein Diplomingenieur, war bei einer Firma, die Industriepumpen herstellt, als Kundenbetreuer angestellt. Zu seinem Aufgabenbereich gehörte es, für auftretende Probleme technische Lösungen zu finden, die er anhand der ihm vorliegenden technischen Unterlagen in seinem Arbeitszimmer erarbeitete. Er machte in der Steuererklärung 1996 die Aufwendungen für das Arbeitszimmer im vollen Umfang als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt ließ jedoch nur Ausgaben in Höhe von 2.400 DM zum Abzug zu. Die dagegen gerichtete Klage hatte jetzt Erfolg.

Entscheidungsgründe:

Das niedersächsische Finanzgericht hat den vollen Abzug gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 3 zweiter Halbsatz EStG in der ab dem Streitjahr 1996 geltenden Fassung zugelassen. Dabei hat der Senat anders als einige Stimmen in der Rechtsprechung keine zeitliche Abgrenzung vorgenommen, sondern vorrangig darauf abgestellt, ob der Schwerpunkt oder Kernbereich der Tätigkeit im Arbeitszimmer liege, wobei dort nicht unbedingt mehr als 50 % der gesamten Betätigung stattfinden müsse, so der Senat. Nach Ansicht des niedersächsischen Finanzgerichts bildete das Arbeitszimmer des Klägers den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit. Denn nach den Gesamtumständen war seine Tätigkeit als Diplomingenieur vor allem dadurch geprägt, dass er die technischen Problemlösungen von seinem Arbeitszimmer aus entwickelte. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung wurde die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.


Urteil des FG:

Tatbestand

Streitig ist die Höhe der steuerlich abzugsfähigen Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sowie der Abzug von Aufwendungen für die Anschaffung und Reinigung von Arbeitskleidung mit pauschal 200 DM.

Der Kläger ist Diplomingenieur und erzielt aus einem Anstellungsverhältnis mit der Firma ……. GmbH Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ihm steht für seine berufliche Tätigkeit bei der Arbeitgeberin kein Arbeitsplatz zur Verfügung. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1996 beantragten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit u.a. Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer des Klägers mit einem Betrag von 6.572 DM (einschließlich Abschreibung auf die Ausstattung des Arbeitszimmers) sowie pauschal 200 DM für die Anschaffung und Reinigung von Arbeitskleidung als Werbungskosten neben anderen Werbungskosten abzuziehen. Der Beklagte (das beklagte Finanzamt -FA-) ließ die pauschal geltend gemachten Aufwendungen für die Reinigung und Anschaffung von Arbeitskleidung nicht und von den Aufwendungen für das Arbeitszimmer lediglich 2.400 DM zum Abzug zu. Die den Betrag von 2.400 DM übersteigenden Aufwendungen könnten nicht berücksichtigt werden, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Klägers darstelle.

Der Einspruch der Kläger hiergegen hatte insoweit teilweise Erfolg, als das FA noch die Abschreibung auf als Arbeitsmittel zu beurteilende Einrichtungsgegenstände (ausgenommen daher die Abschreibung auf einen Teppich) abzog.

Die hiergegen erhobene Klage richtet sich gegen die Beschränkung des Abzugs auf 2.400 DM und den versagten Abzug der pauschal geltend gemachten Aufwendungen für die Anschaffung und Reinigung von Kleidung.

Die berufliche Tätigkeit des Klägers stellt sich wie folgt dar:

Die Arbeitgeberin des Klägers stellt Industriepumpen für Chemieunternehmen her, deren Wartung sie übernimmt. Die Wartungstätigkeit ist dem Kläger übertragen. Aus diesem Grunde bewahrt der Kläger sämtliche Konstruktionszeichnungen der in seinem Kundengebiet ausgelieferten Pumpen sowie weitere Geschäftsunterlagen hierzu in seinem Arbeitszimmer auf. In diesen Unterlagen sind auch sämtliche Ersatzteile, die in den ausgelieferten Pumpen verwendet wurden, verzeichnet. Außerdem befinden sich in den Geschäftsunterlagen des Klägers auch Durchschriften der Auftragsbestätigungen und Rechnungen. Tritt an einer Pumpe ein Defekt auf, ist es Aufgabe des Klägers, eine technische Lösung des Problems anhand der ihm vorliegenden technischen Unterlagen in seinem Arbeitszimmer zu erarbeiten. Unter Umständen werden dabei neue Konstruktionspläne, Zeichnungen, Skizzen und weitere Alternativlösungen angefertigt. Diese theoretische Lösung wird telefonisch oder schriftlich an die Kunden weitergegeben, wobei nicht in jedem Falle zugleich erforderlich ist, dass der Kläger die Kunden aufsucht. Außerdem führt der Kläger von seinem Arbeitszimmer sonstige telefonische Beratungsgespräche durch. Ist zur Problemlösung der Einbau einer neuen Pumpe ratsam, erarbeitet der Kläger hierfür das Angebot. Neben üblichen Büroarbeiten (Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Kundenrundschreiben) fertigt der Kläger für seine Arbeitgeberin Tätigkeitsberichte und Statistiken und pflegt er Produkt- und Kundendateien. Zwar ist der Kläger auch in der Aquisition von Neukunden tätig, doch beschränkt sich sein Hauptaufgabengebiet vorrangig auf die Betreuung der bereits gewonnenen Kunden. Provisionen erhält der Kläger nicht nur auf Neulieferungen von Pumpen und Anlagen, sondern auch auf die Lieferung von Ersatzteilen. Zur zeitlichen Abgrenzung legte der Kläger bereits im Einspruchsverfahren als repräsentativ die Reisekostenabrechnungen für Oktober und April 1996 vor. Nach deren Inhalt war er – eine 5-Tage-Woche zugrunde gelegt – im Oktober von 21 Arbeitstagen 14 Tage (118,5 Stunden) und im April von 19 Arbeitstagen 10 Tage (72 Stunden) im Außendienst, und hatte er im April außerdem an drei zusammenhängenden Tagen an einer auswärtigen Tagung teilgenommen.

Der Kläger ist der Auffassung, die Begrenzung der abzugsfähigen Aufwendungen auf 2.400 DM greife nicht ein, da das Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bilde. Dies folge zum einen daraus, dass er mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit dort verbringe. Er arbeite nämlich nicht nur fünf Tage in der Woche, sondern zusätzlich auch an den Samstagen. Abgesehen von der zeitlichen Relation bilde das Arbeitszimmer schon deshalb den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Betätigung, weil er hier die wesentlichen und entscheidenden Tätigkeiten ausübe. Denn er sei nicht wie ein Handelsvertreter überwiegend in der Aquisition tätig; seine Haupttätigkeit bestehe vielmehr darin, Problemlösungen zu erarbeiten, zu deren Umsetzung er dann ggf. zur Schadensbehebung andere Firmen aufsuchen müsse, woraus sich seine Reisetätigkeit im Wesentlichen ergebe. In seinen Reisekostenabrechnungen habe er zwar jeweils fünf Arbeitstage je Woche angegeben, dieses beruhe aber darauf, dass er auch nur an fünf Arbeitstagen Kunden besuchen könne. Dies schließe aber nicht aus, dass er zusätzlich an den Samstagen regelmäßig in seinem Arbeitszimmer Bürotätigkeiten erledige. So kämen insgesamt wöchentlich zwischen 50 und 60 Arbeitsstunden zusammen. Bei der Gesamtbeurteilung müsse man auch berücksichtigen, dass die mit den Kundenbesuchen (in der Regel zur Beseitigung von Beanstandungen) verbundene Fahrtätigkeit für ihn keine typische berufliche Tätigkeit darstelle; die eigentliche Tätigkeit finde in seinem Arbeitszimmer oder dann vor Ort bei den Kunden statt.

Da er häufig Baustellen aufsuchen müsse, komme es des öfteren durch Säuren und Laugen zu Schäden oder Verschmutzungen seiner Kleidung. Obwohl er keine klassische Arbeitskleidung trage, seien die hierdurch verursachten Reinigungskosten als Werbungskosten abzuziehen.

Die Kläger beantragen, die Aufwendungen des Klägers für das häusliche Arbeitszimmer in vollem Umfang zum Abzug zuzulassen und ferner Reinigungskosten in Höhe von 200,- DM abzuziehen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das FA ist der Meinung, das Arbeitszimmer stelle nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers dar. Es sei nicht glaubhaft, dass der Kläger entgegen den Angaben in den Reisekostenabrechnungen bzw. Tätigkeitsnachweisen nicht nur – wie üblich – fünf Tage in der Woche, sondern an sechs Tagen gearbeitet habe. Davon abgesehen sei das Verhältnis der Aufenthaltszeiten im Arbeitszimmer zur Dauer der Außendiensttätigkeit letztlich nicht entscheidend. Der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit könne nur dann im häuslichen Arbeitszimmer zu sehen sein, wenn der Steuerpflichtige dort nach allgemeiner Verkehrsauffassung die für seinen beruflichen Erfolg wesentlichen Leistungen erbringe. Allein der zeitliche Umfang der Nutzung des Arbeitszimmers sei nicht maßgebend. Vielmehr müsse der Kernbereich der Aufgaben, der prägende Teil der Tätigkeit im Arbeitszimmer ausgeübt werden. Der Kläger sei nach eigener Darstellung sowohl in der Aquisition von Neukunden als auch in der Betreuung der bereits gewonnenen Kunden (Wartung und Reparatur, Beratung) tätig gewesen. Dies seien folglich seine Kernaufgaben, die aber ohne die Auswärtstätigkeit bei den wechselnden Kunden im Betreuungsgebiet nicht vorstellbar sei. Mithin stehe die auswärtige Tätigkeit jedenfalls gleichbedeutend neben der Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer. Soweit dort allerdings nachbereitende Verwaltungstätigkeiten ausgeführt würden, handele es sich insoweit um reine Neben- und Hilfsfunktionen, die nicht als zum prägenden Kernbereich gehörig zu beurteilen seien. Folglich habe sich der Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit des Klägers nicht im häuslichen Arbeitszimmer befunden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im erkannten Umfang begründet.

Die Aufwendungen des Klägers für sein – unstreitig dem Grunde nach steuerlich anzuerkennendes – häusliches Arbeitszimmer sind in vollem Umfang als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit abziehbar.

Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b EStG in der ab dem Streitjahr 1996 geltenden Fassung sind die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung grundsätzlich nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit abziehbar (Nr. 6 b Satz 1), es sei denn, die betriebliche oder berufliche Nutzung des Arbeitszimmers beträgt mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit oder für diese steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (Nr. 6 b Satz 2). In diesen Fällen wird allerdings die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 2.400 DM beschränkt (Nr. 6 b Satz 3 erster Halbsatz), sofern nicht das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (Nr. 6 b Satz 3 zweiter Halbsatz).

Da dem Kläger von seinem Arbeitgeber kein Arbeitsplatz gestellt wird, sind die Aufwendungen für sein Arbeitszimmer dem Grunde nach als Werbungskosten abzuziehen; deshalb hat das FA die Aufwendungen für das Arbeitszimmer, wenn auch auf 2.400 DM beschränkt, zum Abzug zugelassen.

Die Aufwendungen sind jedoch in voller Höhe abziehbar, weil das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers bildet.

1.) Was unter Mittelpunkt der Betätigung zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht definiert.

Dass es auf eine rein zeitlich-quantitative Abgrenzung nicht ankommen kann, folgt schon im Umkehrschluss daraus, dass der begrenzte Abzug der Aufwendungen nicht nur, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (2. Alternative), sondern auch bei einer betrieblichen oder beruflichen Nutzung des Arbeitszimmers von mehr als 50 v.H. der gesamten betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit (1. Alternative) gewährt wird, der volle Abzug der Aufwendungen aber nach § 4 Abs. 6 b Satz 3 Halbsatz 2 EStG zusätzlich voraussetzt, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet.

Die bloß zeitlich überwiegende betriebliche und berufliche Betätigung im Arbeitszimmer macht dieses deshalb nicht schon zum Mittelpunkt der betrieblichen und beruflichen Betäti

gung (z.B. FG Köln, Urteil vom 26.06.2000 10 K 965/00, EFG 2000, 1054; FG Hamburg, Urteil vom 23.11.1999 11 397/99, EFG 2000, 357).

Auf der anderen Seite kann es aber auch nicht ausschließlich darauf ankommen, wo der Steuerpflichtige die für seinen betrieblichen oder beruflichen Erfolg wesentliche Leistung erbringt, wenn diese nur wenig Zeit beansprucht; denn wer sich kaum in seinem Arbeitszimmer aufhält, kann dort nicht den Mittelpunkt seiner gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung haben (FG Hamburg, Urteil vom 23.11.1999 II 397/99, EFG 2000, 357). Eine ausschließlich qualitative Betrachtungsweise würde zudem insofern an der Realität scheitern müssen, weil damit die Fälle nicht lösbar wären, in denen sowohl im häuslichen Arbeitszimmer als auch außerhalb desselben – so der hier zu entscheidende Fall – die für den Erfolg entscheidende Betätigung stattfindet.

Nach der Rechtsprechung der Finanzgerichte (siehe die ausführlichen Nachweise im Urteil des FG Düsseldorf vom 04.07.2001 13 K 5701/98 E, DStRE 2001, 132 – Entscheidungen des Bundesfinanzhofs stehen insoweit noch aus -) und der ganz überwiegenden Meinung in der Literatur (siehe die Nachweise bei Söhn in Kirchhof/Söhn, § 4 EStG, Rn. Lb 187) beinhaltet der Begriff deshalb sowohl qualitative als auch quantitative Elemente und kommt es auf das Gesamtbild der Verhältnisse an.

Unter qualitativen Aspekten geht es dabei um die Frage, wo der Steuerpflichtige die für seinen unternehmerischen oder beruflichen Erfolg wesentlichen Leistungen erbringt.

Nicht einheitlich wird allerdings das zeitliche Element gewichtet.

So wird der Mittelpunkt der Betätigung teilweise dann als im Arbeitszimmer liegend beurteilt, wenn dort der Kernbereich der beruflichen Betätigung liegt, d.h. die für den Erfolg wesentlichen Leistungen erbracht werden und der zeitliche Umfang der Betätigung im Arbeitszimmer insgesamt mehr als 50 v.H. der Gesamtbetätigung ausmacht (z.B. FG München, Urteile vom 08.10.2000 1 K 1066/98, EFG 2001, 268, vom 08.01.2000 1 K 3227/99, EFG 2001, 270 und vom 26.04.2001 13 K 3200/99, EFG 2001, 1114); teilweise wird sogar verlangt, der zeitliche Umfang nicht nur der Betätigung, sondern der Kerntätigkeit müsse erheblich mehr als 50 v.H. der gesamten Betätigung ausmachen (so FG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.1999 1 K 169/97, EFG 1999, 329), oder gar, die für die berufliche Tätigkeit typische Tätigkeit müsse allein im Arbeitszimmer geleistet werden (FG Düsseldorf, Urteil vom 19.10.2000 15 K 7678/98 E, EFG 20001, 814).

Indes gibt es keine stichhaltige Begründung dafür, dass der zeitliche Umfang der Betätigung oder gar der Kerntätigkeit im Arbeitszimmer mehr als 50 v.H. oder sogar erheblich mehr betragen oder der Kernbereich der Betätigung ausschließlich im Arbeitszimmer ausgeübt werden müsse.

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Das Argument (so FG Baden-Württemberg a.a.O.), die Kerntätigkeit müsse deshalb erheblich über 50 v.H. liegen, weil diese Grenze schon zur Abgrenzung der Privat- und der Berufssphäre verwendet werde, ist nicht zwingend. Denn auch bei einer zeitlich weniger umfangreichen Betätigung im Arbeitszimmer sind die Aufwendungen hierfür dem Grunde nach abziehbar, wenn kein anderweitiger Arbeitsplatz zur Verfügung steht, erfolgt mithin die Abgrenzung der Privat- von der Berufssphäre gerade nicht nach zeitlichen Gesichtspunkten.

Dass es bei einer beruflichen Tätigkeit im häuslichen Bereich und außer Haus auf den das Berufsbild prägenden Teil, also auf den Schwerpunkt oder auch Kernbereich der Tätigkeit und nur zweitrangig auf zeitliche Momente ankommt, zeigt schließlich die Gesetzesentwicklung. Denn nach der beispielhaften Aufzählung in der Begründung des Gesetz gewordenen Änderungsvorschlags des Bundesrats (BT-Drs. 13/1686, S. 16) ist i.d.R. ein Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung im Arbeitszimmer bei kleinen Steuerberatungs- oder Rechtsanwaltspraxen in der eigenen Wohnung, Hausgewerbetreibenden und selbständigen Schriftstellern anzunehmen, findet gerade bei diesen die das Berufsbild prägende Tätigkeit in typisierender Betrachtungsweise ihren Schwerpunkt im häuslichen Arbeitszimmer (siehe zu diesem Gesichtspunkt auch: FG Köln, Urteil vom 11.11.1998 10 K 3377/98, EFG 1999, 223 und Urteil vom 26.01.2000 10 K 965/00, EFG 2000, 1054; FG München Urteil vom 08.11.2000 1 K 1066/98, EFG 2001, 268).

Entsprechend hat der Bundesfinanzhof, ohne auf zeitliche Kriterien zu rekurrieren, entschieden, dass bei einem Lehrer das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt seiner gesamten beruflichen Betätigung bildet (BFH-Urteil vom 21.11.1998 VI R 4/97, BFHE 184/532, BStBI KK 1998, 351 unter 1.3.; siehe auch BVerfG-Urteil vom 07.12.1999 2 BvR 301/98, BStBI 112000, 163 unter A II 2.b).

Eine engere Auslegung dahin, dass eine auch zeitlich überwiegende Tätigkeit im Arbeitszimmer gegeben sein müsse, verbietet sich zudem deshalb, weil mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Gesetzgeber den Begriff des Mittelpunkts so verwendet haben wird, wie er bisher in der steuerlichen Rechtsprechung seine Ausprägung gefunden hat. Verwendet wird er insoweit im Bereich der doppelten Haushaltsführung und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, wo es für den Abzug von Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung und Fahrtkosten darauf ankommt, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Steuerpflichtigen befindet. Nach der hierzu ergangenen umfangreichen Rechtsprechung kommt es insoweit auf das Gesamtbild der Verhältnisse an und kann sich der Lebensmittelpunkt auch an einem Ort befinden, an dem sich der Steuerpflichtige nicht überwiegend aufhält (vgl. die bei Schmidt-Drenseck, § 9 EStG, Rn. 107-110 angeführte Rechtsprechung; z.B. aus neuerer Zeit BFH-Urteil vom 10.02.2000 VI R 60/98, BFH/NV 2000,949 zum Lebensmittelpunkt eines im Inland tätigen alleinstehenden Ausländers mit Wohnung im Heimatland).

2.) Der Senat ist nach alledem der Auffassung, dass es vorrangig darauf ankommt, ob der Schwerpunkt oder Kernbereich der Tätigkeit im Arbeitszimmer liegt, wobei dort nicht unbedingt mehr als 50 v.H. der gesamten Betätigung stattfinden muss. Denn das Verhältnis von An- und Abwesenheit in einem Arbeitszimmer sagt in der Regel wenig über den Mittelpunkt einer Betätigung aus (ebenso: FG Nürnberg, Urteile vom 23.05.2001 III 177/2000, EFG 2001, 1182 – Mittelpunkt bejahrt für Architekt- und vom 07.02.2001 III 217/98, EFG 2001, 1429 -Mittelpunkt bejaht für Vertriebsingenieur-; FG Köln, Urteil vom 18.12.2000 3 K 1309/99, EFG 2001, 488 -Mittelpunkt bejaht für Versicherungsangestellten, der im Wesentlichen Altersvorsorgekonzeptionen erarbeitet).

Wird mithin die Berufstätigkeit von der Tätigkeit im Arbeitszimmer geprägt, tritt das zeitliche Moment so weit in den Hintergrund, dass auch mehr als 50 v.H. der Gesamttätigkeit im Außendienst stattfinden kann.

3.) Es kann deshalb offenbleiben, ob der Kläger, wie er vorträgt, regelmäßig auch an den Samstagen (dann ausschließlich im Arbeitszimmer) gearbeitet hat mit der Folge, dass unter Berücksichtigung der als repräsentativ vorgelegten Dienstreiseabrechnungen für April und . Oktober des Streitjahrs die Tätigkeit im Arbeitszimmer bei Annahme von täglich durchschnittlich neun Stunden im Arbeitszimmer überwogen hat, oder ob dieses nicht zutrifft.

Denn nach den Gesamtumständen war seine Tätigkeit als Diplomingenieur dadurch geprägt, dass er für die von ihm betreuten Kunden individuelle technische Problemlösungen zur Behebung von Störungen oder Ausfällen technischer Anlagen der Chemieindustrie durch die dort eingebauten Spezialpumpen erarbeitete und übte er diese sein Berufsbild prägende Tätigkeit im Wesentlichen in seinem Arbeitszimmer aus. Auch wenn der Kläger auf im Rahmen der Problemlösungen gelieferte Ersatzteile oder neue Pumpen Provisionen erhält, ist er nicht dem typischen Handelsvertreter vergleichbar, dessen Tätigkeitsschwerpunkt in der Vermittlung von Vertragsabschlüssen im Außendienst liegt.

Soweit der Kläger auch als Vertriebsingenieur in den (Neu-)Verkauf von Industriepumpen involviert war, bestand seine Aufgabe wie im Bereich der Beseitigung von Ausfällen vor allem in der Erarbeitung der technischen Problemlösung (Auslegung, Dimensionierung der Industriepumpen) und der davon abhängigen Angebotserstellung; wie sich aus der Bescheinigung der Arbeitgeberin vom 17.07.1998 ergibt, ist mithin sein Beruf durch die individuelle technische Problemlösung charakterisiert.

Zwar hat der Kläger im Außendienst, was zwischen den Beteiligten unstreitig ist, bisweilen vor Ort Problemlösungen erarbeitet und damit Tätigkeiten ausgeübt, die zum Kernbereich seiner Berufstätigkeit gehören. Gleichwohl führt dies nicht dazu, dass deshalb der Mittelpunkt seiner Betätigung im Außendienst läge.

Werden für den beruflichen Erfolg entscheidende Arbeiten wie im Streitfall sowohl im Arbeitszimmer als auch im Außendienst beim Kunden verrichtet, kann sich die Frage, wo der Mittelpunkt der Betätigung angesiedelt ist, nur danach entscheiden, wo die das Berufsbild prägende Tätigkeit überwiegend stattfindet, ist diese, aber nur diese Kerntätigkeit, zeitlich zu gewichten.

Hier liegen die Verhältnisse aber so, dass die Kerntätigkeit überwiegend im Arbeitszimmer geleistet wird, die Problemlösung vor Ort eher den Ausnahmefall darstellt.

Wenn der Kläger in Einzelfällen beim Kunden zunächst, soweit das telefonisch oder schriftlich nicht in ausreichendem Umfang zu klären war, Bestandsaufnahmen des konkreten Schadens als Grundlage für die später im Arbeitszimmer zu erarbeitende Problemlösung gemacht hat, gehört diese Tätigkeit als bloß vorbereitende nicht zu der sein Berufsbild prägenden, war diese nicht in den zeitlich-quantitativen Vergleich einzubeziehen. Ebenso verhält es sich mit eventuellen Bestandsaufnahmen bei potentiellen Kunden und auch Altkunden, wenn es um die Vorbereitung von Verkäufen von Industriepumpen ging und dazu die technischen Anforderungen und Grundvoraussetzungen zunächst vor Ort ermittelt werden mussten. Die das Berufsbild prägende Kerntätigkeit fand dann im Arbeitszimmer durch Erstellen von Konstruktionszeichnungen und darauf fußend konkreter Angebote statt.

Da sich nach den Gesamtumständen der Mittelpunkt der beruflichen Betätigung des Klägers im häuslichen Arbeitszimmer befand, sind die anteilig auf dieses entfallenden Aufwendungen in vollem Umfang als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit abziehbar.

4.) Soweit der Kläger noch den Abzug von pauschal 200,- DM für die Reinigung von Kleidung begehrt, ist die Klage allerdings unbegründet.

Reinigungskosten für Berufskleidung sind regelmäßig nur dann als Werbungskosten zu berücksichtigen, wenn es sich hierbei um typische Berufskleidung i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 6 EStG handelt (z.B. BFH-Urteil vom 29.06.1993 VI R 53/92, BFHE 171/529, BStBI 11 1993, 838). Nach dem Vortrag in der mündlichen Verhandlung trägt der Kläger aber, auch wenn er ausnahmsweise einmal vor Ort beim Kunden selbst mit anfasst, seine normale bürgerliche Kleidung. Offenbleiben kann, ob die Ersatzbeschaffung bürgerlicher Kleidung nach einem berufsbedingten Schadensfall ausnahmsweise zu Werbungskosten führen kann. Denn der Kläger hat einen solchen Schadensfall weder konkret dargetan noch eine Ersatzbeschaffung belegt.

Die Einkommensteuer ist wie folgt neu zu berechnen:

Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, aber auch gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil die Kriterien für die Bestimmung des beruflichen Mittelpunkts i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz Halbsatz 2 EStG noch nicht höchstrichterlich geklärt sind und die Finanzgerichte bisher unterschiedlich entschieden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 1, 136 FGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 3 FGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 FGO. Da der Kläger nur in geringen Umfang unterlegen ist, waren die Kosten dem Beklagten in vollem Umfang aufzuerlegen.

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