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Architektenleistung mangelhaft –Schadensersatz und Aufrechnung mit Honorar

Oberlandesgericht Köln

Urteil 30.04.2003

Aktenzeichen:13 U 207/01

Vorinstanz: Landgericht Aachen – Az.: 10 O 81/92


Auf die Berufung des Widerbeklagten zu 2) wird das Versäumnis- und Schlussurteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 27.11.2001 – 10 O 81/92 – im Kostenpunkt und insoweit teilweise abgeändert, als über die Widerklage gegen den Widerbeklagten zu 2) entschieden worden ist. Insoweit wird das angefochtene Urteil im Tenor zu Ziffern 3. und 5. wie folgt neu gefasst:

3. Auf die Widerklage wird der Widerbeklagte zu 2) – als Gesamtschuldner mit der Klägerin – verurteilt, an die Beklagten 7.730,32 EUR (= 15.110,19 DM) nebst 4 % Zinsen aus 19.610,11 EUR (= 38.354,04 DM) für die Zeit vom 24.12.1994 bis 2.10.2001 sowie aus 7.730,32 EUR seit dem 3.10.2001 zu zahlen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese selbst zu 39 %, die Widerbeklagten als Gesamtschuldner zu 10 %, die Klägerin allein zu 41 % und der Widerbeklagte zu 2) allein zu 10 %. Die außergerichtlichen Kosten des Widerbeklagten zu 2) tragen dieser selbst zu 31 % und die Beklagten zu 69 %. Die Klägerin trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten zu 48 % und der Widerbeklagte zu 2) zu 52 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die zulässige Berufung hat nur teilweise Erfolg. Das Landgericht hat mit Recht eine Haftung des Widerbeklagten zu 2) (im Folgenden: Widerbeklagten) aus § 635 BGB a.F. für die im Gutachten des Sachverständigen K. als Positionen I, II, III, 1 – 6, 10 und 13 aufgeführten Mängel wegen fehlerhafter Planung und Bauüberwachung angenommen und den Beklagten die geltend gemachten Heizmehrkosten zuerkannt. Dagegen steht dem Widerbeklagten – anders als das Landgericht meint – der hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Honoraranspruch gem. § 631 BGB zu. Im Einzelnen:

1. Fehlerhafte Planung

Das Landgericht hat den Beklagten – unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens – zu Recht wegen fehlerhafter Planung des Fußbodenaufbaus im Erdgeschoss (Pos. I) gem. § 635 BGB a.F. Ersatz der Mangelbeseitigungskosten in Höhe von 17.082,72 DM netto zugesprochen.

Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen P. (Bl. 726 ff.) ist die Oberseite der Rohbetonbodenplatte ohne Horizontalabdichtung ausgeführt. Dies stellt einen Mangel – auch – des Architektenwerkes dar, weil der Widerbeklagte die bei einem nicht unterkellerten Haus nach DIN 18195, Teil 4, Abschn. 5.1.4 erforderliche Feuchtigkeitsabdichtung in seiner Planung nicht hinreichend berücksichtigt hat. Dass der Widerbeklagte seine zeichnerische Darstellung des Bodenbelags mit der Überschrift „Isolieren + Estrich + Belag“ versehen hat (Bl. 66), genügte für eine ordnungsgemäße Planung nicht:

a) Die Planung der Abdichtung eines Bauwerks muss bei einwandfreier handwerklicher Ausführung zu einer fachlich richtigen, vollständigen und dauerhaften Abdichtung führen. Wie detailliert diese Planung sein muss, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Maßgebend sind insoweit insbesondere die Kenntnisse, die von einem ausführenden Unternehmer unter Berücksichtigung der baulichen und örtlichen Gegebenheiten zu erwarten sind (vgl. BGH BauR 00, 1330, 1331). Sind Details der Ausführung besonders schadensträchtig, müssen diese im Einzelnen geplant und dem Unternehmer in einer jedes Risiko ausschließenden Weise verdeutlicht werden (BGH a.a.O.).

b) So liegt es hier. Die Abdichtung der Bodenplatte ist bei einem nicht unterkellerten Haus nicht nur ein besonders schadensträchtiger Bereich. Sie sollte auch nach dem Vorbringen des Widerbeklagten – wie es schon der Sachverständige P. in seinem Gutachten festgehalten hat (Bl. 727) – durch die Bauherren selbst vorgenommen werden (Bl. 886, 1190 ff.). Im Hinblick darauf war der Widerbeklagte erst recht verpflichtet, die Feuchtigkeitsabdichtung detailliert zu planen, denn er konnte sich keinesfalls darauf verlassen, dass die Beklagten oder von ihnen eingeschaltete Hilfskräfte die Abdichtung ordnungsgemäß ausführen würden (vgl. BGH a.a.O.). Das gilt umso mehr, als die Skizze des Widerbeklagten – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – sogar offen lässt, ob es sich um eine Isolierung gegen Feuchtigkeit oder gegen Wärmeverlust handelt.

Selbst wenn – was der Widerbeklagte nunmehr in Widerspruch zu seinem bisherigen Vorbringen offenbar geltend machen will (vgl. Bl. 1255) – die Isolierung der Bodenplatte von einem Bauunternehmen hätte durchgeführt werden sollen, würde im Ergebnis nichts anderes gelten. Der Widerbeklagte hätte dann zumindest sicherstellen müssen, dass die Abdichtung, wenn schon auf eine Detailplanung verzichtet wurde, nach seiner mündlichen Ein- und Anweisung auf der Baustelle ordnungsgemäß ausgeführt wurde (vgl. OLG Köln VersR 93, 1229). Dass dies in Abstimmung mit den Bauherren zumindest vorgesehen war, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Der Widerbeklagte hat danach lückenhaft geplant, ohne sich in der Folgezeit um die Umsetzung seiner Planung zu kümmern. Dass ihn hieran kein Verschulden trifft, hat der insoweit beweispflichtige (vgl. BGHZ 48, 310) Widerbeklagte nicht dargelegt.

c) Zu Unrecht bestreitet der Widerbeklagte den Eintritt eines Schadens mit der Begründung, in der Vergangenheit sei kein einziges Mal Feuchtigkeit aufgetreten. Der Schaden der Beklagten liegt darin, dass ihr Haus über eine nicht DIN-gerechte Bodenplatte verfügt. Dieser Schaden ist unmittelbar ersatzfähig, nicht erst, wenn es zu einem Mangelfolgeschaden gekommen ist. Soweit der Widerbeklagte beanstandet, der vom Sachverständigen ermittelte Aufwand für die Herstellung einer flächendeckenden Horizontalabdichtung von netto 34.165,44 DM enthalte in ganz erheblichem Umfang Sowieso-Kosten (Bl. 1191), fehlt es an der erforderlichen Substantiierung.

d) Auch der Einwand des Widerbeklagten (Bl. 1188), die Abdichtung der Bodenplatte gehöre zu den Ausbaugewerken, für die er keine Bauüberwachung übernommen habe, greift nicht. Wer hinsichtlich der Horizontalisolierung der Bodenplatte die Bauaufsicht inne hatte, ist für die Haftung des Widerbeklagten wegen unvollständiger Planung ohne Bedeutung. Insbesondere wird die Schadensursächlichkeit dieses Planungsfehlers nicht dadurch unterbrochen, dass die für den weiteren Fußbodenaufbau oder die diesbezügliche Bauaufsicht Verantwortlichen – nach den Feststellungen des Landgerichts die Beklagten selbst – die vorherige Überprüfung der Bodenplatte unterlassen haben. Vielmehr haftet der Widerbeklagte zusammen mit den insoweit verantwortlichen Beklagten, wie das Landgericht durch die rechtsfehlerfreie Anwendung des § 254 Abs. 1 BGB entschieden hat.

e) Mit seinem Einwand, ohne den erst später Anfang 1992 von den Beklagten veranlassten Einbau einer Fußbodenheizung wäre die Isolierung von vorneherein nicht zu beanstanden gewesen (Bl. 1191), kann der Widerbeklagte ebenfalls nicht durchdringen. Dass die Mangelhaftigkeit der Bodenplatte allein auf der später eingebauten Fußbodenheizung beruht, lässt sich weder dem 2. Gutachten des Sachverständigen P. vom 06.01.1997(Bl. 726 – 729) noch den mündlichen Erläuterungen dieses Sachverständigen (Bl. 927 ff.) entnehmen. Der nachträgliche Einbau der Fußbodenheizung wird vom Sachverständigen lediglich im Zusammenhang mit der Fußbodenhöhe, der davon abhängigen Türhöhe und der Wärmedämmung angesprochen (Bl. 925 f.). Im Hinblick darauf verwechselt der Widerbeklagte hier offensichtlich Wärmedämmung und Feuchtigkeitsisolierung, so dass weder eine Anhörung des Sachverständigen P. noch die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich sind.

2. Fehlerhafte Bauüberwachung

Der Widerbeklagte haftet den Beklagten darüber hinaus wegen unzureichender Bauüberwachung.

a) Der die örtliche Bauaufsicht führende Architekt hat dafür zu sorgen, dass der Bau plangerecht und frei von Mängeln errichtet wird. Die ihm insoweit obliegenden Leistungen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls. Der Architekt ist zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, sich ständig auf der Baustelle aufzuhalten. Vielmehr muss er die Arbeiten in angemessener und zumutbarer Weise überwachen und sich durch häufige Kontrollen vergewissern, dass seine Anweisungen sachgerecht erledigt werden. Bei wichtigen oder kritischen Bauabschnitten, die ein hohes Mängelrisiko aufweisen und von denen das Gelingen des gesamten Werkes abhängt, ist der Architekt allerdings zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet (vgl. BGH BauR 00, 1513, 1514; 01, 273/274; NJW 94, 1276, 1277; WM 71, 680, 681; OLG Hamm ZfBR 02, 257, 263 – ständ. Rspr.; Werner/Pastor, Der Bauprozess, 10. Aufl. Rdnr. 1498 ff., 1500). Gleiches gilt, wenn sich im Verlauf der Bauausführung Anhaltspunkte für Mängel ergeben (vgl. BGH NJW 94, 1277) oder wenn sich der Bauunternehmer als nicht unbedingt zuverlässig erwiesen hat (vgl. BGH NJW 78, 322; WM 71, 681). In derartigen Fällen wird der Architekt sogar verpflichtet sein, die Ausführung der jeweiligen Baumaßnahme persönlich oder durch einen zuverlässigen Bauleiter zu überprüfen (vgl. BGH BauR 00, 1514, 1515; 01, 274). Handwerkliche Selbstverständlichkeiten bei allgemein üblichen Bauarbeiten, deren Beherrschung durch den Bauunternehmer vorausgesetzt werden kann, braucht der Architekt dagegen nicht zu überwachen, sofern es sich nicht um einen unzuverlässigen Bauunternehmer handelt (vgl. Werner/Pastor a.a.O. Rdnr. 1499).

Überdies schuldet der Architekt zur Vermeidung späterer Beweisprobleme auch die unverzügliche, objektive Klärung der Mängelursachen, wozu insbesondere die sachkundige Unterrichtung des Bauherrn vom Ergebnis der Untersuchung und der sich daraus ergebenden Rechtslage gehört (vgl. BGH NJW 85, 328, 330; 94, 1277). Den Bauunternehmer muss er ggfls. zur mangelfreien Ausführung der Baumaßnahme veranlassen (vgl. BGH BauR 00, 1515).

b) Nach diesen Grundsätzen ist die Haftung des Widerbeklagten hinsichtlich der Pos. 1 – 6, 10 und 13 sowie der Pos. II und III im Ergebnis zu bejahen. Die mit diesen Positionen gekennzeichneten – unstreitigen – Ausführungsmängel sind durch eine objektiv unzureichende Erfüllung der Bauleiteraufgaben verursacht worden und stellen damit zugleich Mängel des Architektenwerks dar, für die der Widerbeklagte mangels Nachbesserungsfähigkeit gem. § 635 BGB a.F. Schadensersatz zu leisten hat.

Pos. 1 – 6, 10, 13

aa) Zunächst lässt sich eine schadensursächliche Pflichtverletzung des Widerbeklagten im Zusammenhang mit der – bloßen – Mängelfeststellung, der Unterrichtung der Beklagten als Bauherren und der Wahrung ihrer Interessen gegenüber der Klägerin nicht feststellen: Der Widerbeklagte hat, wie sich ohne weiteres aus seinem Schreiben vom 13.8.1991 (Bl. 33) ergibt, die hier in Rede stehenden Baumängel erkannt. Die dort unter der Überschrift „Gasbetonmauerwerk“ als Pos. 1 – 4, 6, 10 und 14 aufgeführten Baumängel betreffen offenkundig die im vorliegenden Rechtsstreit mit Pos. 1 – 6, 10 und 13 bezeichneten Mängel.

Dass den Beklagten diese Ausführungsmängel bekannt waren, wird von ihnen zu Unrecht bestritten. Dabei ist unerheblich, ob ihnen die jeweiligen Mängel – gemessen an ihrer Entstehung – zeitnah mitgeteilt wurden. Da die Klägerin die Bauarbeiten spätestens kündigungsbedingt eingestellt hat und die Mängel nicht im Wege des Baufortschritts überdeckt wurden, war es ausreichend, wenn den Beklagten die Mängel im Zeitpunkt ihrer Kündigungsentscheidung bekannt waren. Daran besteht kein Zweifel. Das Kündigungsschreiben ihres anwaltlichen Bevollmächtigten vom 16.8.1991 (Bl. 35 ff.) zählt u.a. diejenigen Mängel auf, die Gegenstand des Berufungsverfahrens sind.

Dem Widerbeklagten kann in diesem Zusammenhang nicht entgegen gehalten werden, er habe seine sonstigen Beratungs- und Betreuungspflichten – was das weitere Vorgehen gegen die Klägerin betrifft – verletzt. Etwaige Pflichten dieser Art endeten jedenfalls, nachdem die Beklagten wegen der weiteren Abwicklung der Baumängel und der Wahrung ihrer Interessen einen Anwalt eingeschaltet hatten (vgl. BGH NJW 73, 1457, 1458).

bb) Den Beklagten steht ein Schadensersatzanspruch auch nicht wegen eines Vergabeverschuldens des Widerbeklagten zu. Die erstinstanzliche Beweisaufnahme hat die Behauptung der Beklagten, der Widerbeklagte habe die Rohbauarbeiten an die Klägerin vergeben, obwohl ihm seit April 1991 aufgrund des ebenfalls von ihm betreuten Bauvorhabens B. die Unzuverlässigkeit der Klägerin bekannt gewesen sei, nicht bestätigt. Weder der Zeuge M. noch die Zeugen B. haben in ihrer Vernehmung einen konkreten Zeitpunkt angeben können, zu dem von der Klägerin zu vertretende Baumängel am Bauvorhaben der Zeugen B. offenkundig waren.

cc) Gleichwohl haftet der Widerbeklagte den Beklagten wegen fehlerhafter Bauaufsicht, denn er hätte bereits die Entstehung der o.g. Baumängel verhindern können und müssen. Unter den hier gegebenen Umständen traf ihn eine intensivierte Überwachungspflicht, in deren Rahmen er die fraglichen Baumaßnahmen der Klägerin entweder selbst oder durch einen zuverlässigen Bauleiter vor Ort hätte beaufsichtigen müssen, um sofort eingreifen und für eine von vorneherein ordnungsgemäße Herstellung sorgen zu können:

Die im Berufungsverfahren noch streitigen Mangelpositionen 1 – 6, 10 und 13 resultieren aus Maurerarbeiten der Klägerin, die als zentrale und wichtige Bauabschnitte generell einer gesteigerten Überwachungspflicht unterliegen. So ist bei Maurerarbeiten besonders darauf zu achten, dass die Steine im richtigen Verbund vermauert und die einzelnen Wände ordnungsgemäß verzahnt werden (vgl. Bindhardt/Jagenburg, Die Haftung des Architekten, 8. Aufl. § 6 Rdnr. 119). Die Maurerarbeiten der Klägerin weisen dagegen nicht nur im Bereich der Verankerung und Verzahnung (Pos. 1, 2, 13) unstreitig gravierende Mängel auf.

Zwar muss eine gesteigerte Überwachungspflicht nicht unbedingt durch persönliche Anwesenheit auf der Baustelle während der fraglichen Bauphasen erfüllt werden. Hier kommt aber als Grund für eine intensivierte Bauaufsicht hinzu, dass der Klägerin noch zahlreiche weitere Fehler unterlaufen sind. So führt der Widerbeklagte selbst in seinem Schreiben vom 13.8.1991 insgesamt 23 Baumängel auf. Vor diesem Hintergrund traf den Widerbeklagten die Pflicht, die Baumaßnahmen der Klägerin vor Ort selbst oder durch einen zuverlässigen Dritten zu überwachen. Hierzu bedarf es nicht der Feststellung, wann genau die Klägerin mit den Maurerarbeiten begann und in welchem Zeitpunkt welche Mängel erkennbar waren. Wenn der Widerbeklagte – wie er zunächst selbst vorgetragen hat (Bl. 198) – täglich zwei- bis dreimal auf der Baustelle war, müssen ihm die Baumängel der Klägerin bei sorgfältiger Kontrolle sofort aufgefallen sein. Dies gilt auch, wenn die Baustellenbesuche – entsprechend dem Vortrag in der Berufungsbegründung (Bl. 1184) – lediglich zwei- bis dreimal wöchentlich erfolgten und zusätzlich noch der Sohn des Widerbeklagten auf der Baustelle war. Nach seinem eigenen Vorbringen (Bl. 1184) will er die Baumängel jeweils auch prompt erkannt haben. Dann aber ist unverständlich, dass sich der Widerbeklagte weiterhin auf bloße Baustellenbesuche und mündliche Mängelrügen gegenüber der Klägerin beschränkt hat, anstatt das Auftreten des ersten – von ihm prompt erkannten – Mangels zum Anlass zu nehmen, jedenfalls die für das Gelingen des Bauvorhabens bedeutsamen Maurerarbeiten ab sofort persönlich oder durch einen Dritten vor Ort intensiv zu beaufsichtigen. Dass die Baumängel auch bei unmittelbarer Überwachung vor Ort nicht zu verhindern waren, ist nicht dargelegt.

dd) Die – von den förmlichen Voraussetzungen des § 634 Abs. 1 BGB nicht abhängige (vgl. OLG München NJW-RR 88, 338) – Haftung des Widerbeklagten erstreckt sich auch auf die Pos. 10 ( fehlerhafte Fensterlaibungsanschläge). Der Einwand des Widerbeklagten (Bl. 210), diese Position sei nicht Gegenstand der Schlussrechnung und es fehle insoweit an einem Schaden, greift nicht. Der Sachverständige P. hat festgestellt, dass die Fensteranschläge nicht aus der Schlussrechnung herausgerechnet worden sind (Bl. 930).

Die Höhe der auf die Pos. 1 – 6, 10 und 13 entfallenden Mangelbeseitigungskosten hat der Sachverständige in nicht zu beanstandender Weise auf netto 11.505,– DM beziffert.

Pos. II und III (Horizontal- und Vertikalisolierung am Gebäudesockel)

Die Annahme des Landgerichts, der Widerbeklagte hafte auch insoweit wegen fehlerhafter Bauüberwachung, begegnet keinen Bedenken. Soweit der Widerbeklagte die Übernahme der Bauaufsicht hinsichtlich der Horizontal- und Vertikalisolierung am Gebäudesockel bestreitet, ist dies unerheblich:

aa) Sowohl in seiner Schlussrechnung vom 27.9.2001 (Bl. 1032 ff.) als auch in seiner – in 2. Instanz nur noch hilfsweise geltend gemachten – Honorarrechnung vom 2.3.2001 (Bl. 1016) hat der Widerbeklagte pauschal die Objektüberwachung für das Wohnhaus als Leistungsbild angesetzt. Auch sein Schreiben vom 3.12.1991 (Bl. 942), in dem er die Beklagten darauf hinweist, dass eine Überwachung der Garage nicht vereinbart gewesen sei, spricht eindeutig gegen die behauptete Einschränkung der Bauleitertätigkeit. Dieses Schreiben legt im Umkehrschluss die Annahme nahe, dass – abgesehen von der Garage – vom Widerbeklagten eine umfassende Objektüberwachung geschuldet war. Es wäre auch in der Sache alles andere als einleuchtend, wenn die Beklagten dem Widerbeklagten die Bauüberwachung zwar für das Rohbau-, Putzer-, Schreiner-, Dachdecker- und Zimmergewerk, nicht aber für den besonders wichtigen Bereich der Mauerwerkisolierung übertragen hätten. Vor diesem Hintergrund reicht die nicht näher substantiierte Behauptung des Widerbeklagten, die in Schwarzarbeit durchzuführende Horizontalisolierung sei von seiner Bauleitung ausgenommen worden, für ein wirksames Bestreiten der Bauaufsicht nicht aus.

bb) War der Widerbeklagte danach auch hinsichtlich der Positionen II und III zur Bauaufsicht verpflichtet, bestehen gegen seine Haftung aus den vom Landgericht angeführten Gründen keine Bedenken. Der Einwand der Berufung (Bl. 1193), die Horizontalisolierung sei im Hinblick auf die unterhalb des Betonfußbodens eingebrachte Folie entbehrlich, geht fehl. Der Sachverständige P. hat hierzu festgestellt (Bl. 728, 930), dass die PE-Folie keine Dichtungsmaßnahme darstellt. Die Berufung zeigt nicht auf, warum dies unzutreffend sein soll.

cc) Die vom Sachverständigen P. ermittelten Kosten für die Herstellung einer ordnungsgemäßen Horizontal- und Vertikalisolierung in Höhe von netto 10.434,78 DM hat der Widerbeklagte mit seinem pauschalen Hinweis auf angebliche Sowieso-Kosten nicht wirksam bestritten.

3. Hilfswiderklage auf Ersatz mangelbedingter Heizmehrkosten in Höhe von 3.000,– DM

Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht auch den Hilfswiderklageanspruch zuerkannt, denn die für die Zeit von 1992 bis einschließlich 1998 geltend gemachten Heizmehrkosten stellen einen gem. § 635 BGB a.F. ersatzfähigen unmittelbaren Mangelfolgeschaden dar: Der Sachverständige P. hat plausibel und überzeugend dargelegt, dass erhöhte Heizkosten entstanden sind, solange die Rohbaumängel nicht beseitigt sind und das Haus nicht verputzt ist (Bl. 931). Ursache des Energieverlustes ist dabei die fehlende Verputzung des Hauses, die nach dem Vorbringen der Beklagten ohne vorherige Beseitigung der Rohbaumängel nicht möglich ist (Bl. 812 f.). Die Beklagten berufen sich in diesem Zusammenhang darauf, dass allein eine Fa. Zimmer bereit sei, die Putzarbeiten unter Übernahme der Gewährleistung durchzuführen, die insoweit erforderlichen Vorarbeiten in einer Größenordnung von 22.000 DM von ihnen jedoch nicht finanziert werden könnten (Bl. 813, 814). Dieses Vorbringen wird vom Widerbeklagten ohne Erfolg angegriffen, denn der geltend gemachte Ersatzanspruch ist allein vom Vorliegen eines mangelbedingten Folgeschadens abhängig. Der Einwand des Widerbeklagten (Bl. 1194), die Beklagten könnten nicht das Haus viele Jahre ohne Mängelbeseitigung und unverputzt stehen lassen, kann aus Rechtsgründen lediglich für eine etwaige Anspruchsbeschränkung aus § 254 Abs. 2 BGB von Bedeutung sein. Insoweit ist dem Widerbeklagten zwar zuzugeben, dass eine über einen Zeitraum von 6 Jahren unterlassene Verputzung unter normalen Umständen für ein Mitverschulden der Bauherren spricht. Die Beklagten haben jedoch dargelegt (Bl. 813, 875), dass aufgrund der Ausführungsmängel der Klägerin weder sie selbst noch der Widerbeklagte einen Putzer hätten finden können, der zur gewährleistungspflichtigen Übernahme der Putzarbeiten bereit gewesen sei. Dem ist der Widerbeklagte nicht substantiiert entgegen getreten, obwohl es ihm als Architekt ohne weiteres möglich sein muss, ein entsprechendes Angebot einer Putzerfirma vorzulegen. Angesichts dessen kommt ein Mitverschulden der Beklagten gem. § 254 Abs. 2 BGB nicht in Betracht.

Die Höhe der von den Beklagten beanspruchten Heizmehrkosten von 500,– DM jährlich ist im Hinblick auf eine beheizbare Wohnfläche von – unstreitig – etwa 180 qm gemäß § 287 ZPO nicht zu beanstanden.

4. Gegenüber den berechtigten Schadensersatzansprüchen der Beklagten beruft sich der Widerbeklagte im Ergebnis ohne Erfolg darauf, dass den Beklagten zur Mangelbeseitigung ein – schadensminderndes – Finanzpolster zur Verfügung stehe, weil der der Klägerin rechnerisch zustehende Werklohnanspruch die geleisteten Akontozahlungen übersteige (Bl. 1178).

a) Im rechtlichen Ausgangspunkt ist dem Widerbeklagten allerdings beizupflichten: Der Architekt, der fehlerhaft geplant oder überwacht hat, braucht dem Bauherrn insoweit keinen Schadensersatz zu leisten, als endgültig feststeht, dass dieser an den Bauunternehmer wegen des in Rede stehenden Mangels keinen Werklohn entrichten muss. Insoweit fehlt es – nach Erfüllung der Schadensersatzpflicht durch den Bauunternehmer als Gesamtschuldner – an einem Schaden des Bauherrn, § 422 Abs. 1 BGB (vgl. BGH NJW 96, 2370, 2371; OLG Hamm ZfBR 02, 257, 259).

b) Im vorliegenden Fall steht zwar aufgrund des rechtskräftigen Versäumnisurteils gegen die Klägerin fest, dass diese über die bereits erhaltenen Akonto-Zahlungen hinaus von den Beklagten keinen weiteren Werklohn beanspruchen kann. Darüber hinaus war zwischen den Parteien bislang auch unstreitig, welchen Werklohn die Klägerin ohne Vorliegen der Mängel hätte beanspruchen können (vgl. dazu OLG Hamm a.a.O. S. 264): Sowohl die Beklagten (Bl. 494) als auch der Widerbeklagte (Bl. 550) haben die Werklohnforderung der Klägerin ohne Mängel bisher auf der Grundlage der vom Widerbeklagten durchgeführten Rechnungsprüfung übereinstimmend mit 73.912,06 DM beziffert. Den vom Sachverständigen P. ermittelten Werklohn von 80.135,90 DM (Bl. 453) haben dagegen beide Parteien als überhöht angegriffen, weil der Sachverständige der Klägerin Leistungen zugeordnet habe, die tatsächlich von den Beklagten in Eigenleistung erbracht worden seien (Bl. 494, 550).

Von diesem unstreitigen Sachverhalt kann sich der Widerbeklagte nicht durch bloßen Hinweis auf die Berechnung des Sachverständigen P. lösen, ohne sich zumindest mit seiner eigenen Rechnungskürzung und dem entsprechenden Vorbringen der Beklagten auseinander zu setzen. Die Schadensersatzforderung der Beklagten würde sich daher zwar nicht – wie der Widerbeklagte meint – um 16.135,90 DM, jedoch um 9.912,06 DM (73.912,06 DM – 64.000,00 DM) verringern.

c) Dabei bliebe indessen unberücksichtigt, dass die Beklagten mit ihrem gegen die Klägerin gerichteten Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB a.F. in Höhe von 9.912,06 DM bereits die Aufrechnung gegen die Werklohnforderung der Klägerin erklärt haben (Bl. 583). Diese Aufrechnung bewirkt nicht nur, dass der Klägerin wegen der streitgegenständlichen Mängel kein Werklohnanspruch mehr zusteht. Sie hat darüber hinaus auch gem. § 389 BGB zu einem entsprechenden Erlöschen der Widerklageforderung geführt. Wenn die Beklagten in Höhe von 9.912,06 DM ihre Widerklageforderung aber bereits eingebüßt haben, kann nicht ein erneuter Abzug dieses Betrages nach den vom BGH (NJW 96, 2370) aufgestellten Grundsätzen erfolgen.

5. Danach errechnet sich die Widerklageforderung – vorläufig – wie folgt:

Alleinhaftung des Widerbeklagten

Pos. I (Bodenplatte) brutto 19.815,96 DM

Gesamtschuldnerische Haftung mit der Klägerin

Pos. 1 – 6, 10, 13 brutto 13.345,80 DM

Pos. II und III brutto 12.104,34 DM

Zwischensumme 45.266,10 DM

Heizmehrkosten 3.000,00 DM

Gesamtsumme 48.266,10 DM

Von dem Schadensersatzbetrag, auf den der Widerbeklagte als Gesamtschuldner haftet, ist der von den Beklagten gegen die Restwerklohnforderung der Klägerin zur Aufrechnung gestellte Betrag in Höhe von 9.912,06 DM in Abzug zu bringen, § 422 Abs. 1 BGB. Den Beklagten steht daher ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 38.354,04 DM zu, § 635 BGB a.F.

6. Gegen diesen Anspruch hat der Widerbeklagte indessen mit seiner – jetzt primär geltend gemachten – Honorarforderung aus der Schlussrechnung vom 27.9.2001 über 23.234,85 DM wirksam die Aufrechnung erklärt, §§ 631 Abs. 1, 387, 389 BGB. Diese – gemäß den jeweiligen Mindestsätzen der HOAI berechnete – Honorarforderung ist fällig, der Höhe nach nicht erheblich bestritten und entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht gem. § 242 BGB verwirkt.

a) Der Widerbeklagte ist berechtigt, sein Architektenhonorar nach den Mindestsätzen der HOAI zu berechnen, denn die an sich vorrangige, zwischen den Parteien nur mündlich getroffene Honorarvereinbarung über brutto 17.400,– DM ist wegen Nichteinhaltung der gem. §§ 4 Abs. 2 HOAI, 126 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen Schriftform unwirksam, § 125 S. 1 BGB. Dies hat zur Folge, dass nach § 4 Abs. 4 HOAI die jeweiligen Mindestsätze der HOAI, auf die sich die Schlussrechnung vom 27.9.2001 stützt, als vereinbart gelten.

b) Die Fälligkeit des zur Aufrechnung gestellten Honoraranspruchs begegnet – wie auch seine Höhe – keinen Bedenken.

Gem. § 8 Abs. 1 HOAI hängt die Fälligkeit der Honorarforderung von der Überreichung einer prüffähigen Honorarschlussrechnung ab. Das Erfordernis der Prüffähigkeit soll den Auftraggeber in die Lage versetzen, die Rechnung zu prüfen und die Richtigkeit der einzelnen Ansätze zu beurteilen (vgl. BGH NJW 95, 399, 401). Dabei kann die Prüffähigkeit ausnahmsweise schon bei Schätzungsangaben gegeben sein, wenn dem Architekten nicht alle Unterlagen und Informationen vorliegen, er die vorhandenen Unterlagen sorgfältig auswertet und der Auftraggeber die fehlenden Angaben anhand seiner Unterlagen unschwer ergänzen kann (BGH a.a.O.; BauR 99, 265, 266).

Nach diesen Grundsätzen ist die Schlussrechnung vom 27.9.2001 nicht zu beanstanden. Sie enthält eine der Ermittlung der angenäherten Gesamtkosten dienende Kostenberechnung nach DIN 276, die gem. § 10 Abs. 2 HOAI für die Leistungsphasen 1 bis 4 in jedem Fall ausreicht. Einen Kostenanschlag oder eine Kostenfeststellung hat der Widerbeklagte nicht erbracht, weil nach seinem Vorbringen nahezu sämtliche Gewerke von den Beklagten in Eigenleistung erbracht und die Angaben zu den Putzer-, Dachdecker-, Zimmerer- und Schreinergewerken daher nach Angeboten von dem Widerbeklagten bekannten Handwerkern geschätzt worden seien. Die Beklagten haben weder hierzu noch zu der Schlussrechnung selbst Stellung genommen. Ihre Berufungserwiderung befasst sich – auch durch Bezugnahme auf den Schriftsatz vom 10.9.2001 – allein mit der Rechnung vom 2.3.2001 über 17.400,– DM. Die Schlussrechnung vom 27.9.2001 ist damit im Ergebnis nicht streitig. Die erstmals mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen und insoweit nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 19.2.2003 erhobenen Einwendungen gegen die Schlussrechnung geben dem Senat keinen Anlass, nach § 156 ZPO zu verfahren.

c) Der Widerbeklagte muss sich auf seine Honorarforderung auch keine Vorschusszahlung in Höhe von 15.550,– DM anrechnen lassen. Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von den Beklagten behauptete Zahlung dieses Betrages aufgrund der Aussage des hierzu vernommenen Zeugen G. nicht bewiesen ist.

Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 27.1.2003, eingegangen am 28.1.2003, die Nichtberücksichtigung ihrer Beweisangebote aus dem Schriftsatz vom 10.9.2001 (Bl. 1020) rügen, die Vorschusszahlung an den Widerbeklagten durch Antrag auf Vorlage der Zahlungsquittung gem. § 421 ZPO unter Beweis stellen und darüber hinaus unter Beweisantritt Hilfstatsachen für die angebliche Zahlung behaupten, ist dies entweder gem. §§ 527, 520 Abs. 2, 296 Abs. 1 ZPO a.F. verspätet oder unerheblich:

aa) Die Berufungserwiderung der Beklagten vom 26.8.2002 enthält zu der behaupteten Vorschusszahlung keinerlei Sachvortrag, sondern lediglich eine pauschale Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Schriftsätze (Bl. 1223, 1224, 1245). Erstmals im Schriftsatz vom 27.1.2003 beantragen die Beklagten, dem Widerbeklagten gem. § 421 ZPO die Vorlegung der Zahlungsquittung aufzugeben. Dieser erst nach Ablauf der Berufungserwiderungsfrist (26.08.2002) gestellte Beweisantrag ist verspätet, denn im Falle seiner Zulassung würde das Verfahren – wegen der entweder erforderlichen Vorlegungsvernehmung gem. § 426 ZPO oder des nach § 425 ZPO zu erlassenden Beweisbeschlusses – länger dauern, während der Rechtsstreit bei Zurückweisung entscheidungsreif ist (vgl. BGHZ 86, 31). Für den Senat bestand angesichts des erst vier Werktage vor der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatzes auch keine prozessuale Möglichkeit mehr, die Verzögerung zu vermeiden. Eine genügende Entschuldigung der Beklagten für die Verspätung ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Dass die Quittung über die angebliche Vorschusszahlung sich im Besitz des Widerbeklagten befinden soll, haben die Beklagten bereits mit Schriftsatz vom 8.3.1995 (Bl. 636) geltend gemacht, ohne jedoch den Antrag nach § 421 ZPO zu stellen. Mit diesem Beweismittel sind die Beklagten daher gem. §§ 527, 520 Abs. 2, 296 Abs. 1 ZPO a.F. ausgeschlossen.

bb) Ohne Erfolg beanstanden die Beklagten, das Landgericht habe ihre Beweisantritte im Schriftsatz vom 10.9.2001 auf Vernehmung der Zeugen E. und W. N. sowie des beklagten Ehemannes als Partei übergangen. Die Beklagten haben in jenem Schriftsatz unter entsprechendem Beweisantritt zwar vorgetragen, der Widerbeklagte habe – bei seiner Honorarabrechnung – den angeforderten und „in Gegenwart des Zeugen N. bezahlten Honorarvorschuss“ nicht berücksichtigt. Die Zeugen E. und W. N. sind unter den hier gegebenen Umständen als Beweismittel jedoch ungeeignet: Nachdem diese Zeugen, die gemäß Ergänzungsbeweisbeschluss des Landgerichts vom 6.4.2000 (Bl. 948) zur Frage der Vorschusszahlung und Quittungserteilung vernommen werden sollten, in der mündlichen Verhandlung vom 3.8.2000 von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Gebrauch gemacht hatten, war der bloße Hinweis im Schriftsatz vom 10.9.2001, die Zeugen seien nunmehr zur Aussage bereit, nicht ausreichend. Die Beklagten hätten als Beweisführer vielmehr eine schriftliche Erklärung der Zeugen über ihre Aussagebereitschaft vorlegen müssen (vgl. OLG Köln NJW 75, 2074; Zöller/Greger, ZPO, 22. Aufl. § 383 Rdnr. 7). An einer solchen Erklärung fehlt es auch im Berufungsverfahren.

Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 27.1.2003 eidesstattliche Versicherungen der Zeugen E. und W. N. vom 6.12.1994 vorlegen, in denen jedenfalls der Zeuge E. N. eine Vorschusszahlung an den Widerbeklagten bestätigt, können diese – auch als Urkundenbeweis – nicht verwertet werden. Ob dies schon daraus folgt, dass die eidesstattlichen Versicherungen vor der Zeugnisverweigerung abgegeben wurden, bedarf keiner Entscheidung. Eine Verwertung der Zeugenerklärungen könnte jedenfalls nicht ohne das – hier fehlende – Einverständnis des Widerbeklagten erfolgen. Anders als etwa das Protokoll einer Zeugenvernehmung aus einem anderen Verfahren, welches grundsätzlich im Wege des Urkundenbeweises in den Prozess eingeführt werden kann (vgl. Zöller/Greger, a.a.O. § 355 Rdnr. 4 m.w.N.), handelt es sich bei den vorgenannten eidesstattlichen Versicherungen um bloße schriftliche Zeugenaussagen, die ohne entsprechende Beweisanordnung gem. § 377 Abs. 3 ZPO bei fehlendem Einverständnis beider Parteien nicht verwertet werden dürfen (vgl. Zöller/Greger, a.a.O. § 377 Rdnr. 11).

Die darüber hinaus beantragte Vernehmung des beklagten Ehemannes gem. § 448 ZPO kam weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren in Betracht. Sie wäre allenfalls dann möglich gewesen, wenn für die behauptete Vorschusszahlung bereits eine gewisse Wahrscheinlichkeit sprechen würde. Davon kann jedoch keine Rede sein.

cc) Der Vortrag der Beklagten (Bl. 1267), die Vorschusszahlung sei gegenüber der Finanzbehörde deklariert worden, das Finanzamt habe die Honorarzahlung zu den Gesamtherstellungskosten des Hauses gerechnet, in ihren vom Widerbeklagten unterzeichneten Anträgen auf Gewährung von Wohnungsbaufördermitteln vom 27.12.1988 und 3.10.1989 sei ein Betrag von 15.000,– DM für Architektenleistungen bereits angegeben worden, enthält auch insgesamt betrachtet kein schlüssiges Indiz für die behauptete Zahlung und ist deshalb unerheblich. Da der Vorschuss nach Darstellung der Beklagten am 13.5.1991 an den Widerbeklagten gezahlt worden sein soll, sind Angaben in zeitlich früheren Förderanträgen ersichtlich ohne Beweiswert. Auch die behauptete Unterrichtung des zuständigen Finanzamtes über eine Honorarzahlung an den Widerbeklagten und eine angebliche Anerkennung dieser Zahlung durch das Finanzamt reichen aus Sicht des Senats nicht aus, um die Zahlung nachzuweisen. Gleiches gilt für die Behauptung, der Zeuge W. N. habe am 13.5.1991 bei der Raiffeisenbank Baesweiler einen Betrag von 16.500,– DM abgehoben.

d) Anders als das Landgericht und die Beklagten meinen, hat der Widerbeklagte seine Befugnis, die Honorarforderung gegen den Schadensersatzanspruch der Beklagten zur Aufrechnung zu stellen, nicht gem. § 242 BGB verwirkt.

aa) Die Verwirkung eines Rechts als Unterfall der wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässigen Rechtsausübung setzt neben dem sog. – hier nicht zweifelhaften – Zeitmoment das Vorliegen besonderer, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhender Umstände voraus, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde seinen Anspruch nicht mehr geltend machen (vgl. nur BGH NJW-RR 95, 109; 92, 1240; NJW 01, 1649). Das Landgericht hat diesen Vertrauenstatbestand im Wesentlichen darin gesehen, dass der Widerbeklagte im Zusammenhang mit der Rückforderung des angeblich geleisteten Honorarvorschusses durch die Beklagten nicht deutlich gemacht habe, sein Honorar noch geltend machen zu wollen. Außerdem seien die Beklagten aufgrund ihrer prozessualen Situation schutzwürdig, denn mangels formwirksamer Honorarvereinbarung (§ 4 Abs. 1 HOAI) müssten sie eine Honorarabrechnung nach der HOAI substantiiert bestreiten, was ihnen angesichts des Zeitablaufs nicht zuzumuten sei.

bb) Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment liegt regelmäßig nur dann vor, wenn der Verpflichtete sich aufgrund des Verhaltens des Berechtigten – etwa durch Vermögensdispositionen (vgl. BGH NJW 84, 1684) – darauf eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Hierzu haben die Beklagten nichts vorgetragen. Ihrem Vorbringen lässt sich auch nicht entnehmen, dass sie aufgrund der vom Widerbeklagten erklärten Hilfsaufrechnung mit dem Honoraranspruch in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, während sie bei rechtzeitiger Geltendmachung ihre Lebensführung entsprechend angepasst hätten (vgl. BGHZ 103, 71). Denkbar wäre dies überhaupt nur, wenn die Beklagten aufgrund des Verhaltens des Widerbeklagten davon hätten ausgehen dürfen und ausgegangen sind, dass ihnen der eingeklagte Schadensersatz im vorliegenden Rechtsstreit zumindest in bestimmter Höhe zugesprochen wird und für die weitere Lebensführung verplant werden kann. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich.

Im übrigen weist der Widerbeklagte zu Recht darauf hin, dass er bereits im Schriftsatz vom 7.2.1995 (Bl. 610) deutlich gemacht hat, die Beklagten müssten das vereinbarte Honorar entrichten, wenn sie so gestellt werden wollten, als sei der Architektenvertrag ordnungsgemäß zustande gekommen. Auch wenn dies als reine Schlüssigkeitserwägung – im Zusammenhang mit der Rückforderung der streitigen Vorschusszahlung – dargestellt wird, konnten die Beklagten jedenfalls bis zum Abschluss dieses Rechtsstreits nicht davon ausgehen, der Widerbeklagte werde seinen Vergütungsanspruch nicht mehr im Wege der Aufrechnung geltend machen. Sie mussten zumindest in Rechnung stellen, dass der Widerbeklagte die Geltendmachung der Honorarforderung von der voraussichtlichen gerichtlichen Entscheidung über seine Haftung abhängig macht.

Die vom Landgericht unterstellten Beweisschwierigkeiten der Beklagten bei der Abwehr des Honoraranspruchs können den Einwand der Verwirkung ebenfalls nicht begründen. Sie wären – sollten sie tatsächlich gegeben sein – mangels entsprechenden Sachvortrags nicht darauf zurückzuführen, dass die Beklagten darauf vertraut haben und darauf vertrauen durften, der Widerbeklagte werde seinen Honoraranspruch nicht mehr geltend machen (vgl. BGH NJW 01, 1650).

e) Eine etwaige Verjährung der Honorarforderung hindert die Aufrechnung gem. § 390 S. 2 BGB nicht, da sich der Schadensersatzanspruch der Beklagten und die gem. § 8 HOAI mit Erteilung der Schlussrechnung fällige – nach § 196 Abs. 1 Nr. 7 BGB verjährende – Honorarforderung in unverjährter Zeit aufrechenbar gegenüber gestanden haben.

Der Schadensersatzanspruch der Beklagten verringert sich somit gem. § 389 BGB auf 15.119,19 DM (= 7.730,32 EUR). Dabei ist der Senat davon ausgegangen, dass der Widerbeklagte seine Aufrechnung – um sich etwaige Gesamtschuldnerausgleichsansprüche gem. § 426 Abs. 2 BGB zu erhalten – zunächst gegen den Schadensersatzanspruch aus § 635 BGB richtet, für den er allein haftet (Pos. I)

7. Zinsen auf die verbleibende Widerklageforderung können die Beklagten seit dem 24.12.1994 gem. §§ 291, 288 Abs. 1 BGB a.F. i.V. mit Art. 229 § 1 Abs. 1 S. 3 EGBGB nur in Höhe von 4 % verlangen, denn der geltend gemachte – bestrittene – Zinssatz von 11,5 % ist nicht hinreichend belegt. Weder die vorgelegte Kontenübersicht (Bl. 746, 747) noch die Bescheinigung der Raiffeisenbank Baesweiler vom 26.2.1996 (Bl. 822) lassen erkennen, in welcher Höhe die Beklagten Kreditmittel zu einem Zinssatz von 11,5 % in Anspruch genommen haben. Der Schriftsatz vom 17.3.2003, in dem die Beklagten unter Vorlage zweier Kreditverträge aus dem Jahre 1992 behaupten, laufend in einer die Widerklageforderung übersteigenden Höhe Kredit in Anspruch genommen zu haben, ist erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen und kann daher nicht berücksichtigt werden. Im Hinblick darauf, dass der Widerbeklagte den Zinsanspruch noch in der Berufungsbegründung vom 08.02.2002 ausdrücklich bestritten hat, hält der Senat eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO für nicht geboten.

Der Zinsanspruch steht den Beklagten auf die berechtigte Hauptforderung von 38.354,04 DM bis zum 2.10.2001, d.h. dem Eingang der Schlussrechnung vom 27.9.2001 (Bl. 1028) zu. Rückwirkung kommt der Aufrechnung mit dem Honoraranspruch des Widerbeklagten gem. § 389 BGB nur bis zu dem Zeitpunkt zu, in welchem die beiderseitigen Forderungen zur Aufrechnung geeignet gegenüber getreten sind. Dies war der 2.10.2001, denn die Honorarforderung ist gem. § 8 Abs. 1 HOAI erst mit Überreichung der Schlussrechnung fällig und damit aufrechnungsfähig geworden.

8. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 2, 4, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Eine Zulassung der Revision gem. 543 Abs. 2 ZPO n.F. kommt nicht in Betracht, weil es an den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen fehlt.

Berufungsstreitwert:

Bis zum Eintritt in die mündliche Verhandlung: 49.035,38 EUR (Berufung: 19.610,11 EUR; Hilfsaufrechnung (§ 19 Abs. 3 GKG): 11.879,79 EUR; Anschlussberufung: 17.545,48 EUR).

Danach: 31.489,90 EUR

Beschwer der Beklagten: 11.879,79 EUR (= 23.234,85 DM)

Beschwer des Widerbeklagten zu 2): 19.610,11 EUR (38.354,04 DM)

 

 

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