VG Koblenz
Az: 3 K 1718/05
Urteil vom 24.07.2006
In dem Verwaltungsrechtsstreit w e g e n Löschung in der Architektenliste hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Koblenz aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2006, für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
Der am … 1942 geborene Kläger ist Architekt und als solcher aufgrund Beschlusses des zuständigen Eintragungsausschusses der Beklagten seit dem 30. August 1995 in der Architektenliste eingetragen. Er war in der Folgezeit als „freier Architekt“ tätig.
Am 30. September 2002 gab der Kläger vor dem Amtsgericht Koblenz zu einer Reihe von Vollstreckungsaktenzeichen die eidesstattliche Versicherung nach § 807 ZPO ab.
Aufgrund der nichtöffentlichen Sitzung des Eintragungsausschusses bei der Beklagten vom 21. April 2004 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass mit Rücksicht auf die vorgenannten Umstände die Löschung seiner Eintragung in der Architektenliste geprüft werde. Es erging unter anderem ein Auflagenbeschluss, mit dem der Kläger aufgefordert wurde, seinen derzeitigen Schuldenstand anhand einer detaillierten Aufstellung zu belegen sowie darzustellen, wie er seine Schulden zu tilgen gedenke und ob mit seinen Gläubigern Tilgungsvereinbarungen getroffen seien.
Des Weiteren wurde er um Mitteilung gebeten, womit er seinen Unterhalt bestreite und ob er als freischaffender Architekt eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen habe. Dem kam der Kläger mit Schreiben vom 23. Juni 2004 nach. Er gab dabei im Einzelnen auch die Gründe an, die zu den oben genannten Schulden geführt hatten.
Aufgrund einer persönlichen Anhörung des Klägers durch den Eintragungsausschuss am 07. Juli 2004, anlässlich der der Kläger Gelegenheit hatte, seine Situation im Einzelnen nochmals darzustellen, sah der Eintragungsausschuss von einer möglichen Löschung der Eintragung zunächst noch ab. Dem Kläger wurde die Gelegenheit gegeben, seinen Schuldenstand durch eine aktuelle Auskunft der Sparkasse K. zu belegen, um seine Schuldenentwicklung beurteilen zu können. Des Weiteren wurde ihm aufgegeben, noch offene Handwerkerrechnungen vorzulegen.
Mit Schreiben vom 28. Juli 2005 nahm der Kläger, zwischenzeitlich anwaltlich vertreten, erneut Stellung zu seiner Situation, nachdem er zuvor die geforderten Unterlagen eingereicht hatte. Er bezifferte seinen aktuellen Schuldenstand auf insgesamt ca. 810.000,– €. Ergänzend und zusammenfassend trug er vor, dass er durch unglücklich verlaufene kaufmännische Aktivitäten ohne ein nennenswertes eigenes Verschulden in eine äußerst schwierige wirtschaftliche Situation geraten sei, dass aber alle Gläubiger, insbesondere auch die Sparkasse K., für seine schwierige Situation volles Verständnis aufbrächten und ihn derzeit in Ruhe daran arbeiten ließen, seine noch verbliebenen Verbindlichkeiten im Rahmen seiner Möglichkeiten abzubauen.
Unter dem 24. August 2005 beschloss der Eintragungsausschuss der Beklagten, die Eintragung des Klägers in der Liste der Architekten zu löschen. Zur Begründung ist ausgeführt, nach § 7 Abs. 2 des Architektengesetzes Rheinland-Pfalz (ArchG) vom 04. April 1989 (GVBl. S. 71). könne die Eintragung gelöscht werden, wenn nach der Eintragung Tatsachen nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 ArchG bekannt geworden oder eingetreten seien. Zu diesen Tatsachen gehöre gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 ArchG auch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO. Der Kläger erfülle diese genannten Voraussetzungen, so dass die Löschung in der Architektenliste im Ermessen des Eintragungsausschusses gestanden habe. Bei dieser Entscheidung habe man eine Abwägung zwischen den schutzbedürftigen Interessen der Allgemeinheit hinsichtlich des Vertrauens in die Berufsbezeichnung „Architekt“ einerseits und dem Interesse des Betroffenen an der Beibehaltung der Berufsbezeichnung andererseits getroffen. Bei dieser Interessenabwägung sei der Ausschuss zu dem Ergebnis gelangt, dass die Interessen des Betroffenen hinter den schutzwürdigen Belangen zurückzutreten hätten. Die gesetzlichen Bestimmungen des Architektengesetzes unterstrichen in §§ 1 und 2, dass die Ausübung des Architektenberufs ein hohes Maß an Vertrauenswürdigkeit voraussetze. Dies erkläre sich unter anderem daraus, dass im Rahmen der Durchführung von Bauwerken regelmäßig erhebliche Geldsummen des Auftraggebers zur Disposition stünden, über deren Verwendung der Architekt verantwortungsbewusst und effizient den Bauherrn zu beraten habe. Dieses erhebliche Maß an Vertrauenswürdigkeit besitze der Kläger nicht mehr, nachdem er die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe und nicht nachgewiesen habe, dass sich seitdem seine desolaten finanziellen Verhältnisse maßgeblich verbessert hätten. Er habe keine Einkünfte aus Architektentätigkeit nachgewiesen, auch lägen Aufträge im nennenswerten Umfang nicht vor. Er werde von seiner Lebensgefährtin unterhalten und erhalte Leistungen nach Harz IV. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers seien ungeordnet. Dem beträchtlichen Schuldenstand stehe ein geringfügiges Einkommen gegenüber und es sei in keiner Weise ersichtlich, wie der Kläger seinen Schuldenstand reduzieren und geordnete wirtschaftliche Verhältnisse herstellen könne. Es handele sich auch nicht um eine vorübergehende Notlage, denn die desolate Situation dauere bereits drei Jahre an. Hiervon ausgehend biete der Kläger nicht die Gewähr dafür, die bereits aufgeführten Pflichten eines Architekten gewissenhaft erfüllen zu können. Die für den Beruf des Architekten erforderliche Vertrauenswürdigkeit, auch in Vermögensangelegenheiten, sei bei dem Kläger nicht mehr gegeben. Ein Schutz der potentiellen Geschäftspartner des Klägers könne daher wirksam nur dadurch bewirkt werden, dass der Kläger aus der Architektenliste gelöscht werde. Dabei übersehe der Eintragungsausschuss nicht, dass diese Entscheidung schwerwiegende Folgen für den Kläger habe, weil dieser dann nicht mehr als Architekt tätig sein dürfe und dadurch seine Einkommensmöglichkeiten erheblich eingeschränkt würden.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der fristgerecht eingegangenen Klage, zu deren Begründung er im Wesentlichen folgendes vorträgt: Vom rechtlichen Ansatz her habe die in § 7 Abs. 2 ArchG normierte Ermessensvorschrift zur Folge, dass eine Löschung in der Regel nicht durchzuführen sei. Dies habe der Eintragungsausschuss verkannt. Der Ausschuss habe zudem sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Es habe keine Einzelfallüberprüfung stattgefunden. Soweit der Ausschuss seine Entscheidung u.a. damit begründet habe, dem Architekten stünden regelmäßig Gelder von Bauherrn zur Disposition, verkenne er, dass der Architekt, anders als andere Freiberufler, gerade nicht treuhänderisch tätig werde. Keiner seiner Gläubiger habe ihm vorgeworfen, er habe ihm treuhänderisch anvertraute Gelder veruntreut. Des Weiteren bleibe zu sehen, dass von seinen Vermögensverhältnissen auch nicht auf eine mangelnde Vertrauenswürdigkeit geschlossen werden könne. Seine finanziellen Verhältnisse seien zwar schlecht, aber dennoch geordnet. Im Übrigen bestehe ein Stillhalteabkommen mit den Gläubigern. Auch die Tatsache, dass seine schlechte finanzielle Situation bereits seit 2002 bestehe, könne die Entscheidung letztlich nicht tragen.
Der Kläger beantragt, den Beschluss des Eintragungsausschusses bei der Beklagten vom 24. August 2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich zur Begründung auf die Gründe des ergangenen Bescheides und macht darüber hinaus ergänzende Sach- und Rechtsausführungen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.
Bei dem „Beschluss“ des Eintragungsausschusses der Beklagten handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 35 VwVfG, insbesondere ist die Entscheidung über die Löschung in der Architektenliste eine Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, denn die Architektenkammer ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die in Fällen der vorliegenden Art ihren Mitgliedern hoheitlich gegenübertritt. Dieser Verwaltungsakt ist dem Kläger gegenüber mit Zustellung zum 07. September 2005 wirksam bekannt gemacht worden.
Eines Vorverfahrens nach § 68 VwGO bedurfte es nicht. Dies ergibt sich aus § 30 Abs. 3 ArchG.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Die angefochtene Entscheidung ist nämlich rechtmäßig und verletzt folglich den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Entscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 2 in Verbindung mit § 6 Abs. 2 Nr. 1 ArchG. Die dort genannten tatbestandlichen Voraussetzungen liegen in der Person des Klägers allesamt vor, der Eintragungsausschuss der Beklagten hat insbesondere auch die in § 7 Abs. 2 ArchG geforderte und zu Lasten des Klägers gehende Ermessensentscheidung fehlerfrei getroffen.
Zur Begründung kann insoweit zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschlusses der Kammer vom 18. Juli 2006 verwiesen werden. Insbesondere hält die Kammer auch nach erneuter Beratung an dem in diesem Beschluss vertretenen rechtlichen Ansatz bei der gem. § 7 Abs. 2 ArchG zu treffenden Ermessensentscheidung fest.
Die Kammer hat gleichwohl – insbesondere aufgrund des Verlaufs der mündlichen Verhandlung – die Entscheidung des Eintragungsausschusses zusätzlich auch anhand der Kriterien überprüft, die der Ausschuss bei seiner Entscheidung berücksichtigt hat. Diese vom Ausschuss getroffene Ermessensentscheidung, die gleichgewichtig eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten enthält, ist ermessensfehlerfrei ergangen. Der Ausschuss ist im Rahmen der von ihm getroffenen Interessenabwägung zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die privaten Interessen des Klägers am weiteren Verbleib in der Architektenliste hinter den schutzwürdigen Belangen der auf die Berufsbezeichnung Architekt vertrauenden Allgemeinheit zurücktreten müssen.
§ 1 Abs. 1 ArchG bestimmt, dass Berufsaufgabe des Architekten die gestaltende, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken ist. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArchG ist der Architekt verpflichtet, seinen Beruf gewissenhaft auszuüben und sich bei seinem Verhalten der Achtung und des Vertrauens würdig zu zeigen, das sein Beruf erfordert. Ein Verhalten, das gegen diese Pflicht verstößt, ist berufswidrig. Diese Regelungen zeigen, dass die Ausübung des Architektenberufs ein hohes Maß an Vertrauenswürdigkeit voraussetzt. Dies erklärt sich unter anderem daraus, dass im Rahmen der Durchführung von Bauvorhaben regelmäßig erhebliche Geldsummen zur Disposition stehen, mit denen es gilt, verantwortungsbewusst und effizient umzugehen (so bereits Urteil des erkennenden Gerichts vom 06. Februar 2001 – 3 K 92/00.KO – S. 3). Diesen und nur diesen Ansatz hat der Ausschuss ausweislich der Begründung seiner Entscheidung aufgegriffen und zur Grundlage seiner weiteren Beurteilung gemacht. Von daher geht auch der Vorwurf des Klägers bereits in der Sache fehl, der Ausschuss habe bei seiner Entscheidung unzulässigerweise die Gefahr berücksichtigt, er, der Kläger, könne ihm anvertrautes Geld veruntreuen. Von einem solchen Sachverhalt ging der Ausschuss bei seiner Entscheidung nicht aus.
Der Eintragungsausschuss hat unter Einbeziehung aller einzustellenden Umstände fehlerfrei festgestellt, dass der Kläger dieses erhebliche Maß an Vertrauenswürdigkeit nicht mehr besitzt, nachdem er im Jahre 2002 eine eidesstattliche Versicherung abgeben musste.
Es ist dabei nicht erkennbar, dass der Ausschuss nicht alle vom Zweck der §§ 7 Abs. 2, 6 Abs. 2 Nr. 1 ArchG her relevanten Tatsachen sorgfältig ermittelt und bei seiner Entscheidung nicht alle Ergebnisse dieser Ermittlungen und sonst einschlägigen wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt hätte. Insbesondere das durchgeführte Verfahren macht deutlich, dass der Ausschuss alle Möglichkeiten ausgelotet hat, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, im Einzelnen alle ihn betreffenden relevanten Gesichtspunkte zu seiner Entlastung vorzutragen. Am Ende dieser Bemühungen des Ausschusses blieb allerdings als Ergebnis festzuhalten, dass der Kläger, und dies bereits über drei Jahre, einen hohen Schuldenstand aufwies, und darüber hinaus keine plausible Tilgungsmöglichkeit vortragen konnte. Diese Situation hat dann der Ausschuss zum Anlass genommen, letztlich den öffentlichen Interessen den Vorrang zu geben. Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass der Ausschuss nicht sorgfältig die relevanten Tatsachen ermittelt hätte. Er hat dem Kläger vielmehr in einer sehr großzügigen Weise die Möglichkeit zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Darstellung seines Standpunktes eingeräumt.
Es ist weiterhin auch nicht erkennbar, dass sich der Beklagte bei seiner Entscheidung von sachfremden Erwägungen hätte leiten lassen. Der Ausschuss hat seine Entscheidung allein auf die Schulden des Klägers gestützt, wie sie sich aus einer eigenen Gläubigeraufstellung des Klägers ergaben. Die Schlussfolgerung des Ausschusses, es bestehe keine Aussicht dafür, dass der Kläger die ständig anwachsenden Schulden jemals werde reduzieren können mit der Folge, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse ungeordnet seien, sind hiernach nicht zu beanstanden. Durchgreifende Besserung war jedenfalls für den Eintragungsausschuss im Zeitpunkt seiner Entscheidung nicht in Sicht. Die Einschätzung, dass es sich nicht um eine augenblickliche und vorübergehende Notlage des Klägers handele, ist daher zutreffend gewesen.
Es ist auch nicht erkennbar, dass der Ausschuss die Einnahmesituation des Klägers bei seiner Entscheidung fehl gewichtet hätte. Der Ausschuss hat vielmehr die Angaben übernommen, die der Kläger im Verlaufe des Verfahrens im Einzelnen gemacht hat. Konkrete Angaben über eingehende Aufträge und daraus zu erzielende Honorare hat der Kläger nicht vorgelegt, jedenfalls nicht in einem Maße, die es dem Ausschuss hätte aufdrängen müssen, seine Ermessensentscheidung anders ausfallen zu lassen.
Schließlich bleibt zu sehen, dass der Kläger auch nicht mit Erfolg vorbringen kann, dass die tatsächlichen Geschäftspartner, und hier insbesondere auch die Sparkasse K., ihm durchaus Vertrauen entgegenbrächten. Denn bei der Entscheidung über die Löschung aus der Architektenliste kommt es darauf an, dass die Allgemeinheit vor Architekten geschützt wird, die ihren Beruf, zu dem ausdrücklich nach § 1 Abs. 1 ArchG die wirtschaftliche Planung gehört, nicht gewissenhaft ausüben. Dass dies im Einzelfall bei bestimmten, einzelnen Geschäftspartnern aus den unterschiedlichsten Gründen anders sein kann, ist demgegenüber unerheblich.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten auf § 167 VwGO.
Von einer Zulassung der Berufung durch das erkennende Gericht gemäß § 124 Abs. 1 und § 124a Abs. 1 VwGO wird abgesehen, weil keiner der Berufungszulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.