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Arglist bei Gebrauchtwagenverkauf – Aufklärungspflichten über Unfallschäden

Kein Gewährleistungsanspruch bei Fahrzeugmängeln.

In einem aktuellen Urteil hat der Senat entschieden, dass einem Kläger kein Gewährleistungsanspruch wegen Mängeln an einem von ihm beim Kauf eines Neufahrzeugs in Zahlung gegebenen BMW 525 i zusteht. Das Gericht folgte den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils, die durch das Berufungsvorbringen nicht in entscheidungserheblicher Weise in Zweifel gezogen wurden. Es wurde festgestellt, dass der Kläger kein Recht auf Wandelung gemäß § 462 BGB hat, da zwischen der Übergabe des Altfahrzeugs und der Klageeinreichung mehr als 6 Monate vergangen sind und der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat. Auch eine arglistige Täuschung durch den Beklagten über den Unfall des Fahrzeugs konnte nicht nachgewiesen werden. Es wurde betont, dass die Verletzung der Aufklärungspflicht des Beklagten durch eine Bagatellisierung des Auffahrunfalls oder der dabei eingetretenen Schäden nicht anzunehmen ist. Es sei auch nicht ersichtlich, dass dem Beklagten derartige Mängel bekannt waren.

Oberlandesgericht Saarbrücken – Az.: 4 U 733/99 – 241 – Urteil vom 13.06.2000

1. Die Berufung des Klägers gegen das am 29.07.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, Az.: 10 O 85/99, wird zurückgewiesen.

2.     Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3.     Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Dem Kläger steht ein Gewährleistungsanspruch wegen Fahrzeugmängeln des von ihm beim Kauf eines Neufahrzeugs durch den Beklagten in Zahlung genommenen Fahrzeugs BMW 525 i nicht zu. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils (§ 543 Abs. 1 ZPO), die durch das Berufungsvorbringen nicht in entscheidungserheblicher Weise in Zweifel gezogen werden.

Dabei bedarf keiner Entscheidung, ob zwischen den Parteien durch die am Tag der Übergabe des Neufahrzeugs erfolgte Unterzeichnung eines mit „Ankauf“ überschriebenen Formulars (Bl. 8 d. A.) ein gesonderter Kaufvertrag über das Altfahrzeug des Beklagten zustande gekommen ist oder ob der Kläger dieses Fahrzeug zur Erfüllung seiner Kaufpreisforderung aus dem Kaufvertrag über das Neufahrzeug gemäß § 364 Abs. 1 BGB an Erfüllungs Statt angenommen hat. Im letztgenannten Fall hat der Beklagte wegen eines Sachmangels des Altfahrzeugs gemäß § 365 BGB in gleicher Weise Gewähr zu leisten wie ein Verkäufer.

Dem Kläger steht jedoch ein Anspruch auf Wandelung gemäß § 462 BGB nicht zu. Da zwischen der Übergabe des Altfahrzeugs am 9.5.1997 und der Einreichung der Klage am 9.3.1999 mehr als 6 Monate verstrichen sind und der Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben hat, kommt gemäß § 477 Abs. 1 Satz 1 BGB ein Wandelungsanspruch nur in Betracht, wenn der Beklagte einen Mangel des Fahrzeugs arglistig verschwiegen hat. Das hat das Landgericht zutreffend verneint.

1. Eine arglistige Täuschung des Klägers durch den Beklagten darüber, dass oder wie das Fahrzeug durch einen Unfall beschädigt worden war, liegt nicht vor.

Unstreitig hat der Beklagte bei den Vertragsverhandlungen mit dem Kläger angegeben, das Fahrzeug habe einen Auffahrunfall erlitten, infolge dessen der Kofferraumdeckel erneuert worden sei. Nicht bestritten hat der Kläger außerdem, dass der Beklagte ihm mitgeteilt hat, das Fahrzeug sei nach dem Unfall in einer Fachwerkstatt repariert worden (Bl. 23, 32 d. A.). Der Kläger stellt lediglich darüber hinausgehende Angaben des Beklagten über weitere in einer Werkstatt behobene Unfallschäden in Abrede (Bl. 82 d. A.). Eine arglistige Täuschung des Klägers kommt deshalb nur in Betracht, wenn die genannten unstreitig erfolgten Angaben des Beklagten eine Bagatellisierung des Unfalls und/oder der Unfallfolgen bedeuten. Das ist jedoch nicht der Fall.

a. Grundsätzlich muss der Verkäufer eines gebrauchten Kraftfahrzeugs dem Käufer einen ihm bekannten Unfallschaden (auch ungefragt) mitteilen, wenn er sich nicht dem Vorwurf arglistigen Verschweigens aussetzen will (BGH, Urteil vom 21. Januar 1975 — VIII ZR 101/73 = BGHZ 63, 382, 386 f.; Urteil vom 21. Januar 1981 — VIII ZR 10/80 = NJW 1981, 928, 929; Urteil vom 3. März 1982 — VIII ZR 78/81 = NJW 1982, 1386; Urteil vom 3. Dezember 1986 — VIII ZR 345/85 = NJW-RR 1987, 436, 437), und dabei auch das volle Ausmaß des Unfallschadens und die zur Instandsetzung erforderlichen Arbeiten mitteilen (Senatsurteile vom 28. März 2000 — 4 U 604/99 — 211 und vom 13. April 1999 — 4 U 508/98 — 115 = MDR 2000, 157; OLG Hamm, Urteil vom 21. Juni 1994 — 19 U 39/94 = DAR 1994, 401; OLG Karlsruhe, Urteil vom 7. November 1991 — 9 U 143/90 = MDR 1992, 645). Er darf insbesondere den Unfall und den Umfang des Schadens nicht bagatellisieren (BGH, Urteil vom 3. Dezember 1986 a.a.O.; Senatsurteile vom 28. März 2000 a.a.O. und vom 13. April 1999 a.a.O.).

Im vorliegenden Fall ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Kläger als BMW-Vertragshändler aufgrund seiner Fachkenntnisse auf die Angaben des Beklagten nicht in dem Umfang angewiesen war, wie dies regelmäßig bei dem privaten Kunden eines Gebrauchtwagenhändlers der Fall ist (vgl. BGH, Urteil vom 31. März 1982 — VIII ZR 65/81 = NJW 1982, 1699). Der Kfz-Händler muss zwar nicht von vornherein mit einem unredlichen Verhalten seiner Kunden rechnen (OLG Schleswig, Urteil vom 26. August 1994 — 1 U 121/93 = ZfS 1994, 447). Anders als ein privater Käufer kann er aber Unfallinformationen seines Kunden durch seine sachverständige Kontrolle und gezielte Rückfrage auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Die für das Verhältnis zwischen Gebrauchtwagenhändler und privatem Kunden entwickelte Rechtsprechung zur Haftung wegen arglistigen Verschweigens eines Unfalls ist deshalb für den Fall der Inzahlungnahme eines Fahrzeugs nur mit Vorsicht heranzuziehen. Welche Anforderungen an die Aufklärungspflicht des privaten Inzahlunggebers zu stellen sind, kann nur unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles entschieden werden (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 6. Aufl., Rn 1891).

b. Danach ist eine Verletzung der Aufklärungspflicht des Beklagten durch eine Bagatellisierung des Auffahrunfalls oder der dabei eingetretenen Schäden hier nicht anzunehmen.

Der Kläger wusste aufgrund der Angaben des Beklagten, dass das Fahrzeug einen Auffahrunfall erlitten hatte, infolgedessen in einer Fachwerkstatt repariert worden war und einen neuen Kofferraumdeckel erhalten hatte. Auch wenn der Beklagte darüber hinaus keine weiteren Teile als erneuert oder repariert angegeben und von einem nur leichten Auffahrunfall gesprochen hat, wie der Kläger behauptet (Bl. 82 d. A.), durfte dieser als Kfz-Händler aus den genannten Angaben nicht schließen, dass ausschließlich eine Beschädigung des Kofferraumdeckels vorgelegen hatte. Dass der Beklagte dies ausdrücklich erklärt hätte, trägt der Kläger nicht vor. Selbst bei einem nur leichten Auffahrunfall entspricht es der Lebenserfahrung, dass eine Beschädigung des Kofferraumdeckels, die dessen Erneuerung erforderlich macht, mit einer gleichzeitigen Beschädigung des Heckabschlussblechs und der hinteren Stoßstange einhergeht. Auch eine jedenfalls leichte Beschädigung der hinteren Seitenwände ist naheliegend. Zur eindeutigen Feststellung solcher Schäden hätte der Kläger aufgrund der Information des Beklagten über einen Auffahrunfall und die Erneuerung des Kofferraumdeckels den Geschäftsabschluss ohne weiteres von einer eingehenden Untersuchung des Fahrzeugs abhängig machen können.

Der Hinweis des Klägers auf das Urteil vom 2. September 1997 (4 U 269/97 — 81), in dem der Senat die Angabe „leichter Blechschaden am vorderen linken Kotflügel“ als unzulässige Bagatellisierung von Unfallschäden angesehen hat, weil weitere wenigstens ebenso erhebliche Unfallschäden im Frontbereich vorlagen, geht fehl. Im vorliegenden Fall ergab sich für den Kläger aus der Information des Beklagten über die Art des Unfalls (Auffahrunfall), dass nicht ausschließlich eine Beschädigung des Kofferraumdeckels vorgelegen haben konnte.

Soweit ausweislich der vom Kläger vorgelegten Reparaturrechnung der Werkstatt, die die Reparatur durchgeführt hat (Bl. 103 d. A.), die Seitenwand hinten rechts ersetzt und der Träger Heckboden instandgesetzt werden musste, steht nicht fest, dass dem Beklagten dieser Umfang des Schadens und der Reparaturmaßnahmen überhaupt bekannt war. Der Beklagte hat vorgetragen, er habe die Rechnung vor dem Rechtsstreit nicht gekannt, weil der Schaden über eine Versicherung abgerechnet worden sei, die auch die Rechnung unmittelbar erhalten habe müsse (Bl. 95, 105 f. d. A.). Für seine gegenteilige Behauptung hat der für die Kenntnis des Beklagten vom Ausmaß der Schäden beweispflichtige Kläger keinen Beweis angeboten (Bl. 97, 101 d. A.). Außerdem hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, er sei nach dem Unfall bis zur Reparatur noch ca. 50 km mit dem Fahrzeug gefahren (Bl. 105 d. A.), das Fahrzeug muss also nach dem Unfall noch fahrbereit gewesen sein. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass der Beklagte das Ausmaß der Schäden, soweit sie über eine Beschädigung des Kofferraumdeckels und einen damit einher gehenden bloßen Heckschaden hinausgingen, unterschätzt hat. Die Angabe, es habe nur ein leichter Auffahrunfall vorgelegen, kann deshalb seiner tatsächlichen subjektiven Einschätzung entsprochen haben, auch wenn diese objektiv unzutreffend gewesen sein sollte.

2. Soweit der Kläger geltend macht, das Fahrzeug sei am hinteren rechten Seitenteil unsachgemäß repariert worden und weise versteckte Knickstellen im Bereich des rechten Rahmenlängsträger auf (Bl. 81 d. A.), hat der Kläger ebenfalls nicht dargetan, dass dem Beklagten derartige Mängel bekannt waren. Der Kläger behauptet selbst (Bl. 82 d. A.), die genannten Schäden seien auch für einen Fachmann nicht ohne weiteres erkennbar gewesen. Es ist deshalb nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände sie dem Beklagten, der auf die Ordnungsmäßigkeit der in einer Fachwerkstatt durchgeführten Reparatur vertrauen durfte, hätten bekannt sein sollen.

Eine arglistige Täuschung über eine unsachgemäße oder unzureichende Reparatur scheidet daher aus, ohne dass es darauf ankommt, ob die vom Kläger behaupteten noch bestehenden Schäden überhaupt Folge des Auffahrunfalls waren und bereits im Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger vorlagen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO. Die Beschwer des Klägers durch dieses Urteil und der Streitwert des Berufungsverfahrens betragen 15.300 DM (§§ 2 ff., 546 ZPO, 12, 14, 25 Abs. 2 GKG).

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