Nach einer Arglistigen Täuschung beim Grundstückskauf in Passau klagte der Käufer gegen vier Verkäufer, die in verschiedenen Bundesländern lebten. Die örtliche Zuständigkeit des Gerichts musste daraufhin mühsam bestimmt werden, da die Klage gegen die Streitgenossen eigentlich nirgends möglich schien.
Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Wo ist der Tatort, wenn ein Vertrag zur Falle wird?
- Warum zog der Käufer nicht einfach vor das Gericht in Berlin?
- Wie wehrten sich die Verkäufer gegen die Klage in Passau?
- Welchen juristischen Schachzug unternahm der Käufer?
- Wie begründete das Gericht die Zuständigkeit von Passau?
- Warum waren die Gegenargumente der Verkäufer chancenlos?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann gilt der verschwiegene Mangel beim Hauskauf als arglistige Täuschung?
- Welche Rechte habe ich bei arglistiger Täuschung und bekomme ich mein Geld zurück?
- Wo ist der Gerichtsstand, wenn ich mehrere Verkäufer wegen Betrugs verklagen will?
- Gilt arglistige Täuschung als unerlaubte Handlung und eröffnet den Gerichtsstand am Tatort?
- Was mache ich, wenn das zuständige Gericht meine Klage wegen örtlicher Zuständigkeit ablehnt?
- Glossar
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 101 AR 51/25 e | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
- Datum: 15.05.2025
- Aktenzeichen: 101 AR 51/25 e
- Verfahren: Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit
- Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Kaufvertragsrecht, Deliktsrecht
- Das Problem: Ein Käufer klagte auf die Rückabwicklung eines Grundstückskaufvertrags wegen behaupteter arglistiger Täuschung gegen mehrere Verkäufer. Es gab Zweifel, welches Gericht den Fall örtlich verhandeln darf, weil die Verkäufer in verschiedenen Gerichtsbezirken wohnten.
- Die Rechtsfrage: Kann das Gericht in Passau den Fall verhandeln, obwohl nicht alle beklagten Verkäufer ihren Wohnsitz in diesem Gerichtsbezirk haben?
- Die Antwort: Ja, das Gericht in Passau wurde als zuständig bestimmt. Der Kläger hatte ausreichend dargelegt, dass der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung am Ort des Vertragsabschlusses in Passau gegeben ist.
- Die Bedeutung: Der Beschluss stellt klar, dass die Zuständigkeit eines Gerichts am Ort einer behaupteten arglistigen Täuschung begründet werden kann. Dies ermöglicht es, Klagen gegen mehrere Streitgenossen gemeinsam an einem Ort zu verhandeln.
Der Fall vor Gericht
Wo ist der Tatort, wenn ein Vertrag zur Falle wird?
Jede unerlaubte Handlung hat einen Tatort. Bei einem Diebstahl ist es der Ort, an dem die Brieftasche verschwindet. Doch wo ist der „Tatort“ bei einer arglistigen Täuschung, die in einem Notarvertrag steckt? Ein Käufer fühlte sich beim Erwerb eines Grundstücks in Passau betrogen.

Die Verkäufer hatten ihm angeblich eine Ruine als bewohnbares Haus verkauft und Mängel verschwiegen. Er klagte in Passau, weil dort der Kaufvertrag unterzeichnet wurde – am Ort des mutmaßlichen Betrugs. Die Verkäufer wehrten sich. Eine von ihnen lebte hunderte Kilometer entfernt in Berlin. Das Bayerische Oberste Landesgericht musste klären, ob der Ort der Unterschrift tatsächlich zum zentralen Gerichtsstand für alle Beteiligten werden kann.
Warum zog der Käufer nicht einfach vor das Gericht in Berlin?
Der Käufer stand vor einem prozessualen Dilemma. Er hatte den Kaufvertrag vom 8. Mai 2024 wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 BGB angefochten. Seine Klage vor dem Landgericht Passau zielte auf die komplette Rückabwicklung des Geschäfts. Er wollte die Feststellung, dass der Vertrag nichtig ist, und forderte Schadensersatz für bereits entstandene Kosten. Drei der Verkäufer wohnten ohnehin im Gerichtsbezirk Passau. Die vierte Verkäuferin lebte in Berlin. Nach den allgemeinen Regeln der Zivilprozessordnung (§§ 12, 13 ZPO) hätte er sie an ihrem Wohnsitz verklagen müssen.
Das hätte bedeutet, zwei getrennte Prozesse zu führen – einen in Passau, einen in Berlin. Ein enormer Aufwand mit dem Risiko widersprüchlicher Urteile. Der Käufer argumentierte, alle Verkäufer bildeten eine Einheit, eine sogenannte Streitgenossenschaft (§§ 59, 60 ZPO). Die Ansprüche gegen sie entsprangen demselben Vertrag und demselben Vorwurf. Es war prozessökonomisch sinnvoll, den Fall an einem einzigen Ort zu verhandeln. Und dieser Ort sollte Passau sein, der Ort des Geschehens.
Wie wehrten sich die Verkäufer gegen die Klage in Passau?
Die Verkäufer, insbesondere die in Berlin lebende Miteigentümerin, rügten die Zuständigkeit des Landgerichts Passau. Ihr Argument war formal korrekt: Das Gericht am Wohnsitz des Beklagten ist die Regel. Sie bestritten, dass besondere Gerichtsstände für Grundstücke (§§ 24, 29a ZPO) anwendbar seien. Schließlich sei das Eigentum am Grundstück noch gar nicht auf den Käufer übergegangen, eine Rückübertragung sei also kein Thema.
Zudem warfen sie dem Käufer ein taktisches Foul vor. Er habe die Klage zunächst in Passau eingereicht und erst später, als das Gericht selbst Zweifel äußerte, den Antrag auf Bestimmung des Gerichtsstands gestellt. Damit habe er versucht, das eigentlich zuständige Gericht in Berlin zu umgehen. Im Kern lief ihre Verteidigung darauf hinaus: Der Käufer müsse den umständlichen Weg gehen und getrennt klagen.
Welchen juristischen Schachzug unternahm der Käufer?
Das Landgericht Passau signalisierte tatsächlich Bedenken bezüglich seiner Zuständigkeit für die Berliner Verkäuferin. Genau an diesem Punkt nutzte der Kläger ein scharfes prozessuales Schwert: den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO). Dieser Paragraph erlaubt es einem höheren Gericht, ein gemeinsames Gericht für alle Beklagten festzulegen, wenn diese in unterschiedlichen Gerichtsbezirken leben und ein gemeinsamer Gerichtsstand fehlt.
Der Antrag ging über das Oberlandesgericht München an das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG). Dieses war zuständig, weil die Beklagten in den Bezirken verschiedener Oberlandesgerichte (München und Berlin) wohnten. Der Schachzug verlagerte die Entscheidung von der lokalen Ebene auf eine höhere Instanz. Diese musste nun eine grundsätzliche und für alle verbindliche Entscheidung treffen.
Wie begründete das Gericht die Zuständigkeit von Passau?
Das BayObLG erklärte den Antrag des Käufers für zulässig und begründet. Es bestimmte das Landgericht Passau zum allein zuständigen Gericht für den gesamten Rechtsstreit. Die Argumentationskette der Richter war klar und zerschlug die Einwände der Verkäufer.
Der entscheidende Punkt war der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung aus § 32 ZPO. Die Richter stellten klar: Eine Arglistige Täuschung ist nicht nur ein Grund, einen Vertrag anzufechten. Sie ist rechtlich auch eine unerlaubte Handlung, ein Delikt. Ein solches Delikt begründet einen eigenen Gerichtsstand – und zwar dort, wo die Handlung begangen wurde (Begehungsort) und wo der Schaden eintrat (Erfolgsort).
Im vorliegenden Fall war der Abschluss des notariellen Kaufvertrags in Passau der zentrale Akt der behaupteten Täuschung. Hier wurden die angeblich falschen Zusicherungen beurkundet. Hier wurde der Käufer zur Übernahme einer Verpflichtung verleitet, die er bei Kenntnis der wahren Umstände nie eingegangen wäre. Passau war somit der „Tatort“ des Geschehens. Der Käufer musste in seiner Klage nicht explizit das Wort „unerlaubte Handlung“ oder Paragraphen wie § 826 BGB (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung) nennen. Es reichte, dass seine Schilderung der Ereignisse – das bewusste Verschweigen von Mängeln – schlüssig den Tatbestand einer solchen Handlung erfüllte.
Warum waren die Gegenargumente der Verkäufer chancenlos?
Das Gericht demontierte die Argumente der Gegenseite systematisch. Der Vorwurf des „Erschleichens“ der Zuständigkeit verfing nicht. Das BayObLG verwies auf gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs: Ein Antrag nach § 36 ZPO ist auch dann noch möglich, wenn die Klage bereits bei einem Gericht eingereicht wurde. Er ist gerade das vorgesehene Mittel, um solche Zuständigkeitskonflikte zu lösen.
Auch die Diskussion über andere Gerichtsstände bei Grundstücksgeschäften (§§ 24, 29, 29a ZPO) war nicht entscheidend. Das Gericht musste nicht prüfen, ob diese ebenfalls anwendbar wären. Die Eröffnung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO reichte bereits aus, um Passau als eine zulässige Option zu qualifizieren.
Am Ende wog das Gericht die Zweckmäßigkeit ab. Mehrere Verkäufer lebten in der Region Passau. Das strittige Grundstück befand sich dort, was eine mögliche Beweisaufnahme durch Sachverständige oder Zeugen erheblich vereinfacht. Für die Berliner Verkäuferin sei eine Prozessführung in Passau zumutbar. Die Entscheidung zementierte das Landgericht Passau als alleinigen Schauplatz für den kommenden Rechtsstreit.
Die Urteilslogik
Die Wahl des Verhandlungsorts bei deliktischen Ansprüchen erfolgt nach der tatsächlichen Örtlichkeit des schädigenden Ereignisses, nicht primär nach dem Wohnsitz des Beklagten.
- [Der Tatort des Betrugs]: Der Gerichtsstand für eine Klage wegen arglistiger Täuschung liegt dort, wo der Getäuschte den belastenden Vertrag unterzeichnete und somit der unmittelbare Schaden eintrat.
- [Zentralisierung bei Streitgenossenschaft]: Wohnen mehrere Beklagte in unterschiedlichen Gerichtsbezirken, bestimmen die zuständigen Gerichte einen gemeinsamen Verhandlungsort, um widersprüchliche Urteile zu vermeiden und die Prozessökonomie zu wahren.
- [Die flexible Gerichtsstandsbestimmung]: Ein Kläger darf die gerichtliche Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 ZPO auch dann beantragen, wenn das bereits angerufene Gericht seine eigene örtliche Zuständigkeit infrage stellt.
Die Prozessökonomie erzwingt die Bündelung zusammenhängender Ansprüche an einem einzigen Ort, wenn dies die Beweisaufnahme vereinfacht und eine einheitliche Rechtsfindung gewährleistet.
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Experten Kommentar
Wer wegen eines betrügerischen Kaufs vor Gericht ziehen muss, hat genug Ärger, ohne deswegen kreuz und quer durchs Land klagen zu müssen. Dieses Urteil bestätigt eine zentrale strategische Waffe für getäuschte Käufer: Die arglistige Täuschung begründet konsequent einen eigenen Gerichtsstand an dem Ort, an dem die Unterschrift unter dem Vertrag gesetzt wurde. Das macht den Ort der Vertragsunterzeichnung zum alleinigen Schauplatz des Rechtsstreits, selbst wenn die Gegenseite über mehrere Bundesländer verteilt ist. Wer also bei der Rückabwicklung des Grundstückskaufvertrags gegen mehrere Verkäufer vorgehen muss, kann das in der Regel mit einem Schlag an dem Ort tun, an dem der Schwindel stattfand.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann gilt der verschwiegene Mangel beim Hauskauf als arglistige Täuschung?
Der Übergang vom einfachen Sachmangel zur arglistigen Täuschung hängt entscheidend von der Kenntnis des Verkäufers ab. Eine Täuschung liegt vor, wenn der Verkäufer den Mangel positiv kennt oder ihn zumindest für möglich hält, ihn jedoch bewusst verschweigt. Dieser Vorsatz muss vorliegen, damit die Haftung für den Verkäufer über die normale Gewährleistung hinausgeht. Das Gesetz schützt Käufer, die aufgrund verschwiegener Tatsachen ein vermeintliches Traumhaus erwerben, das sich später als Mangelimmobilie entpuppt.
Nicht jeder verschwiegene Schaden führt automatisch zur Täuschung, selbst wenn er erheblich ist. Der Verkäufer muss den Mangel für wesentlich halten, sodass er weiß, dass der Käufer den Vertrag bei Offenlegung entweder gar nicht oder nur zu deutlich schlechteren Konditionen abgeschlossen hätte (Kausalität). Fehlt dieser Vorsatz, weil der Verkäufer den Schaden selbst nicht bemerkt hat, handelt es sich lediglich um einen Sachmangel. Arglist setzt daher eine aktive Pflichtverletzung voraus, oft durch Falschaussagen im Exposé oder bei der notariellen Beurkundung der Eigenschaften.
Konkret: Wenn ein Verkäufer weiß, dass die Bausubstanz von Feuchtigkeitsschäden betroffen ist oder massive Mängel an der Statik des Hauses bestehen, er dies aber bei Vertragsabschluss explizit verneint, handelt er arglistig. Diese juristische Qualifikation ist wichtig, da die arglistige Täuschung nicht nur einen Anfechtungsgrund nach § 123 BGB darstellt, sondern auch den Tatbestand der unerlaubten Handlung erfüllt. Dies eröffnet dem Käufer weitreichende Ansprüche auf Schadensersatz und die Rückabwicklung des gesamten Geschäfts.
Um den Arglist-Beweis zu führen, dokumentieren Sie präzise, welche konkreten Aussagen des Verkäufers die Mängel verneinten oder verschleierten.
Welche Rechte habe ich bei arglistiger Täuschung und bekomme ich mein Geld zurück?
Arglistige Täuschung gibt Ihnen das Recht, den Kaufvertrag rückgängig zu machen, wenn der Verkäufer wesentliche Mängel bewusst verschwiegen hat. Sie können den Vertrag nach § 123 Abs. 1 BGB anfechten und somit die Gültigkeit des gesamten Geschäfts vernichten. Bei einer erfolgreichen Anfechtung gilt der Vertrag als von Anfang an nichtig, was zur vollständigen Rückabwicklung des Kaufgeschäfts führt.
Die Anfechtung ist die effektivste Option, um eine Rückabwicklung des Immobiliengeschäfts zu erzwingen. Sie müssen dem Verkäufer unverzüglich nach Entdeckung der Täuschung formell mitteilen, dass Sie den Kaufvertrag für unwirksam erklären. Da das Geschäft als nie geschlossen gilt, muss der Verkäufer den gesamten Kaufpreis zurückerstatten, und im Gegenzug fällt das belastete Eigentum an ihn zurück.
Zusätzlich zur Rückzahlung des Kaufpreises haben Sie Anspruch auf umfassenden Schadensersatz. Dieser umfasst alle Ausgaben, die Ihnen durch den Abschluss des ungültigen Vertrages entstanden sind. Dazu zählen typischerweise Notarkosten, Gebühren für die Grundbucheintragung, Maklerprovisionen und die Kosten für Sachverständige oder Gutachter. Damit werden Sie finanziell so gestellt, als wäre das schädliche Geschäft niemals zustande gekommen.
Erklären Sie die Anfechtung des Kaufvertrages unter Berufung auf § 123 Abs. 1 BGB umgehend und fordern Sie gleichzeitig die Rückzahlung des Kaufpreises und die Übernahme der entstandenen Kosten.
Wo ist der Gerichtsstand, wenn ich mehrere Verkäufer wegen Betrugs verklagen will?
Standardmäßig müssen Sie Beklagte an ihrem jeweiligen Wohnsitz verklagen, was bei Verkäufern in unterschiedlichen Städten zu mehreren, kostspieligen Prozessen führen würde. Um alle Verkäufer, die eine Streitgenossenschaft bilden, dennoch gemeinsam zu verklagen, müssen Sie den besonderen Gerichtsstand der unerlaubten Handlung geltend machen. Dadurch legen Sie den Ort der Klage dorthin, wo die arglistige Täuschung stattfand.
Die Regel (§§ 12, 13 ZPO) sieht bei Beklagten in verschiedenen Gerichtsbezirken eigentlich getrennte Verfahren vor. Dies ist zeitintensiv und birgt das Risiko widersprüchlicher Urteile, wenn verschiedene Gerichte über denselben Lebenssachverhalt entscheiden müssen. Da die arglistige Täuschung juristisch als unerlaubte Handlung gilt, können Sie den Gerichtsstand nach § 32 ZPO eröffnen. Dieser liegt am Ort des Tatgeschehens, also dort, wo die Täuschungshandlung vollzogen wurde.
Konkret: Der Tatort der unerlaubten Handlung ist der Ort, an dem der notarielle Kaufvertrag unterzeichnet wurde. Dort fand der zentrale Akt statt, bei dem der Käufer zur Übernahme der Verpflichtung verleitet wurde. Wenn beispielsweise die Verkäufer in Berlin, München und Passau wohnen, der Vertrag aber in Passau geschlossen wurde, argumentieren Sie für Passau als Gerichtsstand für alle. Bestehen seitens des Gerichts Zweifel an dieser Zuständigkeit, können Sie hilfsweise einen Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 ZPO stellen.
Stellen Sie sicher, dass Ihre Klageschrift explizit die Notwendigkeit der Streitgenossenschaft begründet, um die Prozessökonomie zu sichern.
Gilt arglistige Täuschung als unerlaubte Handlung und eröffnet den Gerichtsstand am Tatort?
Die klare Antwort lautet Ja. Die arglistige Täuschung bei einem Kaufvertrag ist mehr als nur ein vertraglicher Mangel. Sie erfüllt auch den Tatbestand einer unerlaubten Handlung, juristisch als Delikt bezeichnet. Diese Qualifikation ist prozessual entscheidend, da sie den sogenannten Gerichtsstand des Tatorts nach § 32 der Zivilprozessordnung (ZPO) eröffnet. Dadurch können Sie die Klage dort führen, wo der Vertrag geschlossen wurde und das betroffene Objekt steht.
Der besondere Gerichtsstand des Delikts ist darauf ausgelegt, Geschädigten die Beweisführung zu erleichtern. Das Gesetz sieht vor, dass die Klage entweder am Begehungsort oder am Erfolgsort der Handlung eingereicht werden darf. Im Kontext des Immobilienkaufs legt die Rechtsprechung den „Tatort“ auf den Ort der notariellen Beurkundung fest. Dort unterzeichnete der Käufer den Vertrag und wurde durch das bewusste Verschweigen von Mängeln zur Übernahme einer fehlerhaften Verpflichtung verleitet.
Dieser juristische Schachzug verhindert, dass Sie mehrere Prozesse an unterschiedlichen Wohnsitzen der Verkäufer führen müssen. Reine Mängelansprüche aus dem Kaufvertrag wären oft an den allgemeinen Gerichtsstand (Wohnsitz des Beklagten) gebunden. Durch die Geltendmachung der unerlaubten Handlung bündeln Sie das Verfahren. Der Gerichtsstand am Ort des Grundstücks vereinfacht zusätzlich die Beweisaufnahme, etwa durch die Begutachtung der verschwiegenen Mängel durch Sachverständige vor Ort.
Achten Sie darauf, in der Klageschrift detailliert darzulegen, wie das bewusste Verschweigen von Mängeln am Vertragsort zu Ihrem Vermögensschaden führte.
Was mache ich, wenn das zuständige Gericht meine Klage wegen örtlicher Zuständigkeit ablehnt?
Wenn Ihr Landgericht Zweifel an seiner örtlichen Zuständigkeit äußert, droht eine Zersplitterung des Verfahrens. Bei mehreren Beklagten, die in unterschiedlichen Gerichtsbezirken leben, ist dies häufig der Fall. Sie müssen dann sofort ein spezifisches prozessuales Mittel nutzen: den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts. Dieser Schritt verhindert eine unnötige Verlängerung oder sogar die Ablehnung der Klage.
Das korrekte juristische Instrument dafür ist der Antrag nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 Zivilprozessordnung (ZPO). Dieses Verfahren wird eingeleitet, sobald die Zuständigkeit verschiedener Gerichte gegeben erscheint, jedoch ein gemeinsamer Gerichtsstand für alle Beteiligten fehlt. Zuständig für die Entscheidung ist stets ein übergeordnetes Gericht, das in der Lage ist, die Zuständigkeit für mehrere Oberlandesgerichtsbezirke zu klären. Es legt anschließend verbindlich fest, welches Gericht den gesamten Streitfall bearbeiten muss.
Das übergeordnete Gericht prüft bei seiner Entscheidung primär die Prozessökonomie und die Zweckmäßigkeit. Konkret wird abgewogen, welches Gericht die Beweisaufnahme am einfachsten durchführen kann, beispielsweise wo sich das betroffene Grundstück befindet oder die Mehrheit der Beklagten wohnt. Nehmen wir an, Sie klagen wegen arglistiger Täuschung: Argumentieren Sie, dass der Ort des Geschehens und die Nähe zu den Beweismitteln den zweckmäßigsten Gerichtsstand darstellen, um Verzögerungen zu vermeiden.
Sobald das Landgericht Bedenken äußert, lassen Sie diesen Antrag nach § 36 ZPO sofort vorbereiten, um die Zuständigkeit zu sichern und das gesamte Verfahren zu bündeln.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Arglistige Täuschung
Arglistige Täuschung liegt vor, wenn jemand einem anderen bewusst und vorsätzlich Tatsachen verschweigt oder falsche Angaben macht, um ihn zu einer Willenserklärung (z. B. einem Vertragsschluss) zu bewegen. Das Gesetz schützt die Integrität von Rechtsgeschäften und erlaubt dem Getäuschten, den Vertrag anzufechten, weil er bei Kenntnis der wahren Sachlage nie zustande gekommen wäre. Arglistige Täuschung stellt gleichzeitig eine unerlaubte Handlung dar.
Beispiel: Im vorliegenden Fall behauptete der Käufer, die Verkäufer hätten die massiven Mängel an der Bausubstanz des Grundstücks arglistig verschwiegen, indem sie das Haus bei der notariellen Beurkundung als bewohnbar darstellten.
Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts
Juristen nennen das prozessuale Werkzeug nach § 36 ZPO den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts, das dann von einem übergeordneten Gericht verbindlich festgelegt wird, falls kein gemeinsamer Gerichtsstand für alle Beklagten ersichtlich ist. Dieses Verfahren dient dazu, einen Streitfall trotz unterschiedlicher Wohnsitze der Beklagten vor einem einzigen, zweckmäßigen Gericht zu bündeln und damit widersprüchliche Urteile zu verhindern.
Beispiel: Da das Landgericht Passau Zweifel an seiner Zuständigkeit für die in Berlin lebende Verkäuferin signalisierte, stellte der Kläger den Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts beim Bayerischen Obersten Landesgericht.
Gerichtsstand der unerlaubten Handlung
Der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung (§ 32 ZPO) bezeichnet einen besonderen, gesetzlich festgelegten Ort, an dem eine Klage wegen eines Delikts, wie etwa einer arglistigen Täuschung, eingereicht werden darf. Diese Regelung erleichtert dem Geschädigten die Rechtsverfolgung, da die Klage an den Ort des Geschehens oder den Ort des Schadenseintritts verlagert werden kann, wo Beweismittel und Zeugen oft leichter zugänglich sind.
Beispiel: Das BayObLG wählte den Ort der notariellen Beurkundung in Passau als Gerichtsstand der unerlaubten Handlung, da hier der zentrale Akt der behaupteten Täuschung vollzogen wurde.
Prozessökonomie
Prozessökonomie ist ein fundamentaler juristischer Grundsatz, der darauf abzielt, die Durchführung von Verfahren so effizient, schnell und kostengünstig wie möglich zu gestalten. Das Gericht wendet dieses Prinzip an, um zu entscheiden, ob es sinnvoller ist, mehrere getrennte Verfahren oder einen einzigen, umfassenden Rechtsstreit über denselben Lebenssachverhalt zu führen.
Beispiel: Die Richter berücksichtigten die Prozessökonomie, indem sie argumentierten, dass ein einzelner Prozess in Passau die Beweisaufnahme vereinfachen und unnötige Kosten für alle Streitparteien vermeiden würde.
Streitgenossenschaft
Eine Streitgenossenschaft liegt vor, wenn mehrere Personen auf Kläger- oder Beklagtenseite in demselben Prozess verklagt werden, weil ihre Ansprüche oder Verpflichtungen auf einem gemeinsamen Rechtsgrund basieren. Die Zivilprozessordnung (§§ 59, 60 ZPO) erlaubt diese Zusammenlegung, um identische Rechtsfragen nicht mehrfach verhandeln zu müssen und das Risiko widersprüchlicher Urteile zu eliminieren.
Beispiel: Obwohl die vierte Verkäuferin in Berlin wohnte, bildete sie mit den anderen Miteigentümern eine notwendige Streitgenossenschaft, da die Klage auf der einheitlichen Rückabwicklung des Kaufvertrages beruhte.
Das vorliegende Urteil
BayObLG – Az.: 101 AR 51/25 e – Beschluss vom 15.05.2025
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz





