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Aufbauseminar bei Führerschein auf Probe, wenn der Verkehrsverstoß (hier: Rotlichtverstoß) mit dem Rad begangen wurde?

VERWALTUNGSGERICHT HANNOVER

Az.: 5 B 1105/01

BESCHLUSS vom 04.04.2001


In der Verwaltungsrechtssache Streitgegenstand: Aufbauseminar für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe (hier: Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO) hat das Verwaltungsgericht Hannover – 5. Kammer – am 4. April 2001 durch die Einzelrichterin beschlossen:

Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe:

I.

Der 1978 geborene Antragsteller ist seit dem 09.11.1999 im Besitz der Fahrerlaubnis auf Probe. Ausweislich einer Mitteilung des Kraftfahrtbundesamtes beging er als Radfahrer am 11.08.2000 um 10.00 Uhr in Hannover am Deisterplatz/Deisterstraße einen Rotlichtverstoß. Die Rotphase dauerte bereits 10 Sekunden. Es wurde ein Bußgeld in Höhe von 25,00 DM verhängt und 1 Punkt im Verkehrszentralregister eingetragen. Der Bußgeldbescheid wurde am 30.11.2000 rechtskräftig. Nach entsprechender Mitteilung an die Antragsgegnerin hörte diese den Antragsteller mit Schreiben vom 19.01.2001 zu der beabsichtigten Anordnung der Teilnahme an einem Aufbauseminar an. Mit Bescheid vom 09.02.2001, der dem Antragsteller am 15.02.2001 zugestellt wurde, forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller auf, an einem Aufbauseminar für Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe teilzunehmen und die Kursteilnahme binnen 3 Monaten nach Zustellung des Bescheides nachzuweisen. Da der Antragsteller einen Verstoß nach Abschnitt A der Anlage 12 zu § 34 Fahrerlaubnisverordnung begangen habe, sei gemäß § 2 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen. Mit Schreiben vom 15.03.2001, das der Antragsgegnerin offenbar am 20.03.2001 zuging, legte der Antragsteller Widerspruch ein. Die Benachrichtigung der Zustellung der Anhörung sei in einem fremden Briefkasten gewesen und ihm erst nach Fristablauf zugänglich geworden, so dass er Einsetzung in den früheren Stand beantrage. Er habe sein Fehlverhalten als Radfahrer zwar eingesehen, dafür sei er jedoch mit einer Geldbuße bestraft worden. Er halte sich strikt an die Verkehrsregeln auch als Radfahrer und Fußgänger. Er bezweifle, dass eine Teilnahme an einem Aufbauseminar auch dann anzuordnen sei, wenn der Verstoß nicht mit dem PKW begangen worden sei.

Der Antragsteller hat am 15.03.2001 um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

Er wende sich gegen die Maßnahme und könne im Übrigen aus beruflichen Gründen den Nachweis nicht in dem geforderten Zeitraum erbringen. Ihm müsse eine weitere Frist von 3 Monaten gewährt werden.

Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 15.03.2001 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 09.02.2001 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen. Die Anhörung sei ordnungsgemäß zugestellt. Im Übrigen sei eine Heilung eines etwaigen Verfahrensfehlers bis zum Abschluss des Vorverfahrens möglich. Schließlich könne die Aufhebung eines Verwaltungsakts wegen eines Verfahrensfehlers dann nicht begehrt

werden, wenn es sich – wie hier – um einen gebundenen Verwaltungsakt handele.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Der Antrag ist grundsätzlich gemäß § 80 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 2a Abs. 6 StVG zulässig, da Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Anordnung eines Aufbauseminars keine aufschiebende Wirkung haben. Unabhängig davon, ob im konkreten Fall die nach den dem Gericht vorliegenden Unterlagen verfristete Einlegung des Widerspruchs zur Unzulässigkeit oder zur Unbegründetheit des vorliegenden Antrags führt (vgl. dazu den Meinungsstand bei Kopp/Schenke, VwGO, 12. Aufl., § 80 Rn. 130, m. w. N.), ist der Antrag auch aus anderen Gründen jedenfalls unbegründet.

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO die Interessen der Beteiligten gegeneinander abzuwägen. Es kann dabei auf die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs abstellen, wenn die Prognose offensichtlich ist. So überwiegt bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels oder -behelfs in der Hauptsache in der Regel das Vollzugsinteresse. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da der Widerspruch des Antragstellers gegen die von ihm angefochtene Verfügung der Antragsgegnerin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, da die angefochtene Verfügung offensichtlich rechtmäßig ist.

Gemäß § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG ist die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, bei einem Inhaber einer Fahrerlaubnis auf Probe die Teilnahme an einem Aufbauseminar anzuordnen, wenn der Fahrerlaubnisinhaber während der Probezeit einen Verstoß nach Abschnitt A oder zwei Verstöße nach Abschnitt B der Anlage 12 zu § 34 Fahrerlaubnisverordnung begangen hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Antragsteller hat ei nen Rotlichtverstoß, und damit einen Verkehrsverstoß nach Abschnitt A der Anlage 12 zu § 34 Fahrerlaubnisverordnung begangen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Ordnungswidrigkeit mit einem fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeug begangen wurde ( Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 36. Aufl., § 2a StVG, Rn. 8 m.w.N.). Der Antragsteller ist als Radfahrer Verkehrsteilnehmer und als solcher verpflichtet, die zum Schutz der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs erlassenen Bestimmungen zu beachten. Er ist ebenso wie Fußgänger und Führer von Kraftfahrzeugen Adressat der Bestimmung des § 37 StVO. Auch der Rotlichtverstoß mit einem Fahrrad lässt auf ein gewisses allgemeines Defizit an Verantwortungsbewußtsein schließen, das nicht auf das Verhalten und die Einstellung hinsichtlich einer bestimmten Fahrzeugart begrenzbar ist (vgl. so bzgl. eines Mofas: VG Köln, NZV 1988, 39, 40). Die Maßnahme der Anordnung eines Aufbauseminars ist zwingend und erfolgt, ohne dass der Behörde ein Ermessen zustünde. Im Übrigen findet keine nochmalige Prüfung des objektiven und subjektiven Tatbestands der eingetragenen Ordnungswidrigkeiten statt. Es besteht vielmehr gem. § 2 a Abs. 2 Satz 2 StVG eine Bindungswirkung dergestalt, dass die Fahrerlaubnisbehörde bei ihrer Entscheidung über die Anordnung eines Aufbauseminars an die – hier seit dem 30.11.2000 – rechtskräftige Entscheidung über die Ordnungswidrigkeit gebunden ist.

Soweit der Antragsteller geltend macht, dass die Anhörung ihn nicht bzw. zu spät erreicht habe, ist dies unbeachtlich. Zum einen begründet die Zustellungsurkunde als öffentliche Urkunde gem. § 418 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsache, also auch des Umstandes, dass die Mitteilung in den Hausbriefkasten eingelegt wurde. Auf die tatsächliche Kenntnisnahme kommt es dabei nicht an. Einen grundsätzlich zulässigen Gegenbeweis hat der Antragsteller nicht erbracht. Ferner kann – unabhängig von der Möglichkeit der Heilung im Vorverfahren – gem. § 46 VwVfG die angefochtene Verfügung als gebundene Entscheidung wegen der Verletzung eines Verfahrensfehlers nicht mit Erfolg angefochten werden.

Auch die seitens der Antragsgegnerin gesetzte Frist für die Beibringung der Bescheinigung über die Teilnahme an einem Aufbauseminar von 3 Monaten ist angemessen im Sinne des § 2a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 StVG. Soweit der Antragsteller geltend macht, dass es ihm aus beruflichen Gründen nicht möglich sei, innerhalb des 3-Monats-Zeitraums den Nachweis zu erbringen, so ist dies nicht nachvollziehbar. Auch hat er dafür keinerlei Erklärung gegeben. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Fahrschulen auch außerhalb der üblichen Arbeitszeiten, nämlich insbesondere auch in den Abendstunden und zum Teil am Wochenende, Aufbauseminare anbieten und die Folgetermine mit den Kursteilnehmern absprechen, vermag das Gericht das Vorbringen des Antragstellers insoweit nicht nachzuvollziehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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