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Auffahren in Waschstraße – Haftung des Waschanlagenbetreibers

AG Höxter – Az.: 10 C 74/20 – Urteil vom 27.05.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Sicherheit darf auch durch unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines in Deutschland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstitutes geleistet werden.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schadensersatz wegen eines Unfalls, der sich am 20.12.2019 in der J, in I ereignete. Die Beklagte ist Betreiberin der Waschanlage. Am Unfalltag wurde das von der Zeugin T geführte Fahrzeug Opel Zafira Kombi mit dem amtlichen Kennzeichen … zunächst mittels eines Kettenantriebs der Anlage durch die Waschanlage geführt und dann im Bereich der Ausfahrt der Waschanlage dadurch beschädigt, dass das Fahrzeug auf ein vor der Zeugin T befindliches Fahrzeug, geführt von der Zeugin G, auffuhr. Es entstand Sachschaden.

Der Kläger behauptet, Eigentümer des Fahrzeugs zu sein, zumindest sei er zur Geltendmachung des Schadens ermächtigt. Durch den Unfall sei das vorher unbeschädigte Fahrzeug im Frontbereich beschädigt worden. Durch ein Auffahren des hinter dem klägerischen Fahrzeug befindlichen Fahrzeugs sei es zudem zu einem Heckschaden gekommen. Die unfallbedingten Reparaturkosten für den Front- und Heckschaden beliefen sich auf 3.700,00 EUR netto. Insofern nimmt der Kläger auf ein vorgerichtlich eingeholtes Gutachten des Ing.-Büros M Bezug (Blatt 5 ff. der Akte). Diese Kosten begehrt der Kläger ersetzt. Daneben begehrt er Sachverständigenkosten in Höhe von 755,53 EUR, Kosten der An- und Abmeldung in Höhe von 130,01 EUR sowie die allgemeine Kostenpauschale mit 25,00 EUR erstattet.

Der Kläger behauptet, die Beklagte sei für den Unfall verantwortlich. Der Unfall habe sich im Sicherungsbereich der Waschanlage ereignet. Es habe eine Fehlfunktion oder Fehlbedienung vorgelegen. Die Zeugin G hat ihr Fahrzeug nicht starten und den Bereich hinter der Waschanlage nicht verlassen können. Für diesen Fall, so meint der Kläger, hätte die Anlage eine automatische Abschaltung vorsehen müssen.

Der Kläger beantragt mit der am 23.03.2020 zugestellten Klage, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 4.610,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.02.2020 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 492,54 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet das Eigentum des Klägers, den Schaden, die Schadenshöhe und ihre Verantwortlichkeit für den Unfall. Sie behauptet insbesondere, der Unfall habe sich vollständig außerhalb der Waschanlage ereignet. Insofern nimmt sie Bezug auf ein gefertigtes Lichtbild zu der Endstellung der Fahrzeuge (Blatt 52 der Akte). In diesem Bereich sei eine Einflussnahme der Beklagten ausgeschlossen. Die Waschanlage sei ordnungsgemäß gewartet und beaufsichtigt worden. Es habe weder ein Fehler der Anlage noch eine Fehlbedienung oder Aufsichtspflichtverletzung ihrer Mitarbeiter vorgelegen. Der Unfall sei vielmehr auf ein Fehlverhalten der Zeugin G zurückzuführen, welche das von ihr geführte Fahrzeug nach Ausfahrt aus der Waschanlage im Bereich vor der Ausfahrt abgebremst habe und nicht weggefahren sei.

Entscheidungsgründe

Auffahren in Waschstraße – Haftung des Waschanlagenbetreibers
(Symbolfoto: Virrage Images/Shutterstock.com)

Die Klage ist zulässig aber unbegründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Zahlungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Der Anspruch folgt insbesondere nicht aus einer schuldhaften Verletzung vertraglicher Pflichten durch die Beklagte

In der Rechtsprechung sind Kriterien für die Haftung des Betreibers einer Waschanlage, insbesondere für die Darlegungs- und Beweislastverteilung bei der Beschädigung von Fahrzeugen beim Durchfahren einer Waschanlage entwickelt worden. Das Landgericht Bonn (Urteil vom 25.09.2002, Az. 5 S 114/02, zitiert nach juris) führt hierzu wie folgt aus:

[…] Wie der Bundesgerichtshof dazu grundlegend ausgeführt hat, trifft den Betreiber einer Waschanlage keine Garantiehaftung (vgl. NJW 1975, 684 f.), so dass er für Fahrzeugschäden während des Waschvorgangs nur bei Vorliegen einer objektiven Pflichtverletzung, die er zu vertreten hat, haftet. Hierfür hat der Geschädigte nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung zunächst eine objektive Pflichtverletzung des Schuldners und deren Ursächlichkeit für den Eintritt eines Schadens darzulegen und zu beweisen. Gemäß § 282 BGB obliegt es sodann dem Schuldner, darzulegen und zu beweisen, dass er die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

Zwar kann in bestimmten Konstellationen zu Gunsten des Geschädigten eine Beweislastumkehr nach der sog. Lehre von den Gefahrenbereichen in Betracht kommen. Danach kann von dem Eintritt eines Schadens auf eine objektive Pflichtverletzung geschlossen werden, wenn der Geschädigte darlegt, dass die Schadensursache allein aus dem Gefahren- bzw. Verantwortungsbereich des Gegners herrühren kann. Dies würde im vorliegenden Fall voraussetzen, dass der eingetretene Schaden allein auf eine Fehlfunktion, fehlerhafte Einstellung oder unzureichende Wartung der Waschanlage zurückzuführen sein kann. […]

Das Amtsgericht schließt sich der dargestellten Auffassung an. Danach gilt hier Folgendes:

Es ist unstreitig, dass der Unfall zumindest auch darauf beruhte, dass das vor der Zeugin T befindliche Fahrzeug nicht aus dem Ausfahrbereich der Waschanlage gefahren wurde und damit zumindest mitursächlich für den Unfall war. Bei dieser Sachlage verbleibt es bei dem Grundsatz, nach welchem es Sache des Geschädigten, hier des Klägers ist, eine objektive Pflichtverletzung darzulegen. Dieser Darlegungsobliegenheit hat der Kläger nicht genügt. Soweit er behauptet, der Unfall habe sich im Sicherungsbereich der Waschanlage ereignet, ist sein Vorbringen unsubstantiiert. Die Beklagte hat ihren Sachvortrag, der Unfall habe sich außerhalb der Waschanlage in einem Bereich ereignet, in dem keine Sicherungsvorrichtungen mehr vorhanden seien, durch Vorlage eines Lichtbildes substantiiert. Bei dieser Sachlage wäre es Sache des Klägers gewesen, seine gegenteilige Behauptung näher zu spezifizieren und im Einzelnen darzulegen, wo genau sich der Unfall ereignete. Die schlichte Behauptung, das vorgelegte Lichtbild zeige nicht die Endstellung der Fahrzeuge, diese seien durch die erfolgten Zusammenstöße nach vorne geschoben worden, reicht für eine substantiierte Darlegung des Unfallortes nicht aus.

Dem klägerischen Begehren verhilft auch dessen Behauptung nicht zum Erfolg, es sei zu einem Auffahren des hinter dem klägerischen Fahrzeug befindlichen Fahrzeugs gekommen. Denn selbst wenn man zugunsten des Klägers eine hierfür ursächliche Fehlfunktion der Anlage bzw. das Nichtvorhandensein eines automatisierten Auffahrschutzes unterstellte, würde diese allenfalls für den Heckschaden ursächlich geworden sein. Die hierfür entstandenen Kosten sind aber aus dem Gutachten des Ing.-Büros M nicht von den Kosten der Reparatur des Frontschadens zu trennen. Und ein Ursachenzusammenhang zu dem Frontschaden ist hieraus keinesfalls abzuleiten.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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