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Auffahrunfall – Vollbremsung aufgrund Pedalverwechselung

AG Freiburg (Breisgau)

Az: 55 C 958/07

Urteil vom 19.06.2007


1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.559,03 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 27.03.2007 zu bezahlen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 12.11.2006 in Freiburg.

Die Beklagte Ziffer 1 fuhr mit dem bei der Beklagten Ziffer 2 haftpflichtversicherten Automatikfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen .. – … vor dem klägerischen Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen KA – …, das vom Vater des Klägers gefahren wurde, auf der B 31 a (Zubringer Mitte) in Freiburg. Die Beklagte Ziffer 1 befuhr die Ausfahrt Stühlinger auf der linken der zwei Fahrspuren, das klägerische Fahrzeug fuhr hinter ihr, als die Beklagte Ziffer 1 ohne Grund ca. 100 Meter vor der Lichtzeichenanlage, die Grün zeigte, eine Vollbremsung machte. Das klägerische Fahrzeug fuhr von hinten auf das Beklagtenfahrzeug auf, wobei ein Sachschaden in Höhe von über 6.300,00 Euro entstand. Eine kleine Schadensposition ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagten haben vorgerichtlich unter Zugrundelegung einer Mithaftungsquote der Beklagten Ziffer 1 von 1/3 1.995,07 Euro an den Kläger bezahlt.

Der Kläger trägt vor, er habe ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten, aber sei zu überrascht gewesen, um rechtzeitig zu reagieren, als die Beklagte Ziffer 1 ohne Grund eine Vollbremsung gemacht hätte. Ein Verschulden an der Kollision trage der Kläger nicht, die Betriebsgefahr trete hinter das Verschulden der Beklagten Ziffer 1 zurück.

Der Kläger beantragt:

Wie erkannt.

Die Beklagten beantragen:

Klagabweisung.

Die Beklagten sind der Auffassung, der Anscheinsbeweis spreche dafür, dass der Kläger keinen ausreichenden Sicherheitsabstand eingehalten habe und daher habe er lediglich Anspruch auf Schadensersatz in Höhe einer Quote von 1/3.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig.

Der sieben Jahre alte Kläger ist gemäß § 51 Abs. 1 ZPO prozessfähig, da er im gerichtlichen Verfahren von seinen Eltern … und … im Rahmen von § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB gesetzlich vertreten wird.

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte Ziff. 1 gemäß § 7 Abs. 1, § 17 Abs.3, § 18 Abs. 1 Satz 1 StVG Anspruch auf Ersatz der ihm durch den Auffahrunfall vom 12.11.2006 entstandenen Schaden, gegen die Beklagte Ziffer 2 aus § 3 PflVG.

Die Beklagte Ziffer 1 hat den Verkehrsunfall allein schuldhaft verursacht, indem sie entgegen § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO ihr Fahrzeug ohne Grund mit einer Vollbremsung zum Stillstand brachte.

Dieses Verhalten wiegt um so schwerer, da es nicht nur keinen zwingenden Grund für die Bremsung, sondern im Gegenteil überhaupt keinen Grund für die Bremsung gab, da sich die Beklagte Ziffer 1 einer Lichtzeichenanlage annäherte, die Grün zeigte und es keinerlei Hindernis auf dem Weg zu der Lichtzeichenanlage gab. Des weiteren kommt hinzu, dass die Beklagte Ziffer 1 ihr Fahrzeug nicht nur stark abbremste, sondern eine Vollbremsung durchführte, die so stark war, dass sie in den Gurt nach vorne gedrückt wurde. Diese Feststellung beruht auf den eigenen Angaben der Beklagten Ziffer 1 in der mündlichen Verhandlung vom 22.05.2007.

Als Grund für diese (ungewollte) Vollbremsung gab die Beklagte Ziffer 1 an, dass sie lediglich habe auf die Kupplung treten wollen, sie habe aber die erste Fahrt mit dem neuen Fahrzeug, einem Automatikfahrzeug, gemacht und daher sei dieser Tritt auf die vermeintliche Kupplung der Tritt auf die Bremse gewesen und habe die Vollbremsung verursacht, wobei die Beklagte Ziffer 1 keine Bremsung durchführen wollte, da es nach ihren eigenen Angaben hierfür überhaupt keinen Anlass gab.

Bei dieser Sachlage liegt ein grober Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO vor und ein atypischer Geschehensablauf bei einem Auffahrunfall ist unstreitig, so dass der Beweis des ersten Anscheins nicht für ein Verschulden des Klägers am Zustandekommen des Unfalls spricht.

Auch sonst ist ein Verschulden des Klägers am Zustandekommen des Unfalls nicht nachgewiesen, denn nach Angaben des Klägers war er einfach aufgrund der Gesamtsituation so überrascht von der Vollbremsung der Beklagten Ziffer 1, dass er trotz ausreichendem Sicherheitsabstand zu spät reagierte. Dies kann ihm anhand der gesamten Situation nicht als Verschulden vorgeworfen werden.

Zwar war das Unfallgeschehen auch kein unabwendbares Ereignis für den Fahrer des klägerischen Fahrzeuges, denn ein ganz besonders sorgfältiger Kraftfahrer hätte rechtzeitig merken können, dass die Beklagte Ziffer 1 nicht nur eine leichte, sondern eine Vollbremsung durchführt und dann durch schnelles Reagieren einen Unfall möglicherweise vermeiden können, die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeuges tritt jedoch aufgrund des groben Verschuldens der Beklagten Ziffer 1 am Zustandekommen des Unfalls hinter das Verschulden der Beklagten Ziffer 1 zurück.

Die Beklagten haften in voller Höhe, auch für Ummeldekosten bezüglich eines Wunschkennzeichens, denn der Kläger gab in der mündlichen Verhandlung glaubhaft an, dass auch das Kennzeichen zuvor ein Wunschkennzeichen gewesen sei und daher ein Schaden in dieser Höhe entstanden sei. Die restlichen Schadenspositionen sind zwischen den Parteien unstreitig.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten werden aus § 249 BGB ebenfalls in der geforderten Höhe geschuldet, denn da dem Kläger voller Schadensersatz zusteht, ist auch die Forderung des Rechtsanwalts aus diesem Gegenstandswert zu berechnen.

Zinsen werden in der geforderten Höhe gemäß §§ 288, 290 BGB ab Rechtshängigkeit geschuldet.

Nebenentscheidungen: §§ 91, 709 ZPO.

 

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