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Aufklärungs- und Hinweispflichten vor Operation und bei Entlassung aus Krankenhaus

Oberlandesgericht Oldenburg

Az.: 5 U 38/00

Verkündet am 11.07.2000

Vorinstanz: LG Aurich – Az.: 3 O 1042/98


In dem Rechtsstreit hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2000 für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das am 18. Februar 2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Aurich wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Der Wert der Beschwer übersteigt für den Kläger 60.000,- DM.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die Beklagten Schmerzensgeld- und Feststellungsansprüche geltend, weil eine Magenreduktionsplastik einschließlich der Nachsorge fehlerhaft durchgeführt und er auch über die Operationsrisiken nicht ausreichend aufgeklärt worden sei.

Der Kläger begab sich am 11.3.1998 bei einem geschätzten Körpergewicht von 260 kg in das Kreiskrankenhaus …, dessen Träger der Beklagte zu 1) ist; der Beklagte zu 2) ist Chefarzt, der Beklagte zu 3) Oberarzt der chirurgischen Abteilung. Vor Durchführung der in Aussicht genommenen Magenreduktionsplastik fanden am 11. und 12.3.1998 Aufklärungsgespräche mit dem Kläger statt; er unterzeichnete am 11.3.1998 eine Einverständniserklärung, in der es u.a. heißt:

Ich bin darüber aufgeklärt worden, daß in sehr seltenen Fällen bei Eingriffen im Bauchraum oder an den Extremitäten, am Kopf oder Hals durch oder als Folge solcher Eingriffe Harnblasen, Harnwege, Nieren, Darm sowie Blutgefäße und Nerven Schaden nehmen können.

Am 13.3.1998 wurde der Kläger vom Beklagten zu 2) unter Assistenz des Beklagten zu 3) operiert. Der Eingriff und der frühe postoperative Verlauf blieben zunächst ohne nennenswerte erkennbare Komplikationen. Am 24.3.1998 wurde der Kläger aus dem Krankenhaus entlassen.

Auf der Heimfahrt mit einem PKW riß die Operationswunde auf. Der Kläger suchte sofort seinen Hausarzt auf, der ihn unverzüglich in das M… … einwies, wo wegen eines sogenannten Platzbauches eine Notoperation durchgeführt wurde. Bei der Präparation fand sich eine Inkarzeration von Dünndarmschlingen und großem Netz in einer schon längere Zeit bestehenden Bauchdeckenlücke (Platzbauch). Am 27.3.1998 wurde wegen einer Stuhlfistel zum Quercolon, die zu einer Verschmutzung des gesamten Oberbauches (Bauchfellentzündung) geführt hatte, ein weiterer Eingriff erforderlich, bei dem u.a. ein anus praeter gelegt wurde. Der Kläger befand sich bis zum 5.8.1998 in stationärer Krankenhausbehandlung.

Der Kläger hat behauptet, er sei über das Risiko des Auftretens eines sogenannten Platzbauches nicht aufgeklärt worden. Dieses Risiko werde in der von ihm unterzeichneten Einverständniserklärung vom 11.3.1998 nicht erwähnt und durch die dort erwähnten Komplikationen auch nicht erfaßt. Die Operation als solche sei fehlerhaft durchgeführt worden, weil es anderenfalls nicht zu einem Platzbauch gekommen wäre; im Kreiskrankenhaus … seien die für einen solchen Eingriff erforderlichen Spezialgeräte nicht vorhanden. Obwohl wiederholt seröse Flüssigkeit aus der Wunde getreten sei, sei ihm seit dem 17.3.1998 mehrfach angeboten worden, das Krankenhaus zu verlassen. Die Entlassung am 24.3.1998 sei verfrüht erfolgt. Am 22. und 23.3.1998 hätten erhöhte Temperaturen bestanden; die Wunde sei am Entlassungstage nicht geschlossen gewesen.

An den von den Beklagten zu vertretenden Folgeoperationen leide er nach wie vor. Die Wundheilung sei wegen des Darmrisses nur sehr zögerlich verlaufen. Es seien mehrfach Infektionen mit hohem Fieber sowie Lungenprobleme aufgetreten. Seit dem Sommer 1998 sei er bettlägerig krank. Ein Schmerzensgeld von mindestens 40.000,- DM sei daher angemessen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum vom 21.3.1998 bis zum 18.11.1998 ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, zur Zeit jedoch mindestens 40.000,- DM nebst 13,25 Zinsen per anno seit dem 18.11.1998 zu zahlen,

2. festzustellen, daß die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, den ihm zukünftig noch entstehenden immateriellen Schaden zu ersetzen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen, und Behandlungs- und Aufklärungsfehler in Abrede genommen. Der Kläger sei gründlich über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken einschließlich der Komplikation eines sogenannten Platzbauches unterrichtet worden. Er sei auf eigenen Wunsch am 24.3.1998 nach gründlicher Untersuchung entlassen worden. Die erhobenen klinischen Befunde hätten einer Entlassung nicht entgegengestanden. Anhaltspunkte für einen Narbenbruch seien am 24.3.1998 nicht erkennbar gewesen, so daß die Entlassung medizinisch zu verantworten gewesen sei. Angesichts des Körpergewichts des Klägers sei das Auftreten eines Platzbauches auch bei sorgfältiger Vorgehensweise nicht zu verhindern gewesen. Die im M… … aufgetretene und operierte Darmfistel beruhe nicht auf der Behandlung durch die Beklagten zu 2) und 3).

Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Aurich hat die Klage nach Erhebung von Zeugen- und Sachverständigenbeweis durch Urteil vom 18.2.2000 abgewiesen, weil weder Aufklärungs- noch Behandlungsfehler festzustellen seien. Die Entlassung am 24.3.1998 sei nach Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. H… wegen der klinischen Befunde zwar als kritisch, jedoch nicht als fehlerhaft zu bewerten. Daß es noch am selben Tag zum Aufbrechen der Wunde kommen werde, sei bei der Entlassungsuntersuchung nicht vorherzusehen gewesen. Da der subkutane Platzbauch bereits vor der Entlassung bestanden habe, wäre in jedem Fall eine weitere Operation erforderlich gewesen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der er geltend macht: Er hätte bei ausreichender Aufklärung über das Platzbauchrisiko nicht in die Operation eingewilligt. Nach seiner Erinnerung habe die schriftliche Einverständniserklärung weder die handschriftlichen Zusätze noch die Skizze auf der Rückseite des Schriftstücks enthalten. Sein erstinstanzlicher Sachvortrag, ihm sei auf Nachfrage erklärt worden, daß die Gefahr eines Platzbauches nicht bestehe, beruhe auf einem Informationsversehen seines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten. Die behandelnden Ärzte hätten ihn nicht auf die Möglichkeit eines Aufreißens der inneren Bauchdecke hingewiesen.

Die Entlassung aus dem Krankenhaus am 24.3.1998 sei verfrüht gewesen. Die Wunde, die extrem genäßt habe, sei zu diesem Zeitpunkt noch nicht wieder geschlossen gewesen. Am 23.3.1998 sei eine erhebliche Menge an Flüssigkeit abgegangen; zudem habe sich hohes Fieber eingestellt. Schließlich habe er nicht abführen können. Damit hätten hinreichend deutliche Hinweise auf einen Platzbauch vorgelegen, welche die Beklagten zu 2) und 3) negiert hätten. Der gerichtliche Sachverständige habe seine Entlassung zu Recht als fehlerhaft gekennzeichnet, damit stimme die Bewertung des Sachverständigen Prof. Dr. R… überein. Die Beklagten zu 2) und 3) hätten es auch unterlassen, hinreichend Vorsorge gegen das Auftreten eines Platzbauches zu treffen.

Der Umstand, daß in jedem Fall eine Folgeoperation notwendig gewesen wäre, könne die Beklagte nicht entlasten, weil bei durchgehender stationärer Versorgung Darmläsionen nicht aufgetreten wären.

Infolge der Behandlungsfehler der Beklagten zu 2) und 3) sei er in eine lebensbedrohliche Lage gekommen, habe sich einer Vielzahl stationärer Krankenhausaufenthalte unterziehen müssen, um psychische und physische Beeinträchtigungen behandeln zu lassen und sei infolgedessen zu 100 % arbeitsunfähig und pflegebedürftig. Ein Schmerzensgeld mindestens in Höhe von 60.000,- DM sei daher angemessen.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und nach seinen Anträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen. Sie treten der Berufung nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung entgegen.

Der Senat hat ein ergänzendes Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. H… vom 29.5.2000 eingeholt und gemäß Beschluß vom 4.7.2000 Zeugenbeweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und wegen des weiteren Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die vorliegenden Sachverständigengutachten, die Sitzungsprotokolle sowie auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Entscheidungsründe

Die zulässige Berufung ist sachlich nicht gerechtfertigt, weil weder Aufklärungsversäumnisse noch Behandlungsfehler festzustellen sind. Dem Kläger stehen damit keine Schmerzensgeld- und Feststellungsansprüche gegen die Beklagten zu (§§ 823 Abs. 1, 847, 31 und 831 BGB; 256 ZPO).

1. Die Berufung rügt ohne Erfolg, daß der Beklagte nicht ausreichend über sämtliche Operationsrisiken (insbesondere: Auftreten eines sogenannten Platzbauches) unterrichtet worden ist und bei ausreichender Aufklärung nicht in die Operation eingewilligt hätte. Die Beklagten haben den ihnen obliegenden Beweis erbracht, daß der Kläger am 11.3.1998, also zwei Tage vor dem Eingriff und damit rechtzeitig, durch den als Stationsarzt tätigen Zeugen Dr. P… über Art und Umfang des Eingriffs und die damit verbundenen Risiken unterrichtet worden ist. In der vom Kläger unterzeichneten Einverständniserklärung vom selben Tag heißt es ausdrücklich, daß er darüber aufgeklärt worden ist, daß es in sehr seltenen Fällen bei Eingriffen im Bauchraum zu Schädigungen des Darms sowie von Blutgefäßen kommen kann. Ferner findet sich unterhalb der Unterschrift des Klägers ein handschriftlicher Zusatz, in dem als Komplikationen u.a. „Infektion, Wundheilungsstörung“ vermerkt ist. Die erstmals im zweiten Rechtszug erhobene Behauptung des Klägers, seiner Erinnerung nach habe er die Einverständniserklärung ohne diesen handschriftlichen Zusatz unterzeichnet, ist durch die Aussage des Zeugen Dr. P… widerlegt. Der Zeuge hat glaubwürdig und überzeugend bekundet, daß er Aufklärungsgespräche in standardmäßiger Weise durchführe, wobei er sich stets eine schriftliche Einverständniserklärung unterzeichnen lasse. So sei auch bei dem Kläger verfahren worden. Dabei habe er die auf dem Aufklärungsformular enthaltenen handschriftlichen Zusätze einschließlich der Skizze auf der Rückseite im Beisein des Klägers niedergelegt, als er ihn auf die entsprechenden Risiken hingewiesen habe. Der Kläger habe anschließend die von ihm – dem Zeugen – handschriftlich ergänzte Einverständniserklärung unterzeichnet.

Durch den Hinweis auf Wundheilungsstörungen werden die hier aufgetretenen Komplikationen ausreichend beschrieben, weil das Risiko eines Platzbauchs von dem Begriff der Wundheilungsstörung mit umfaßt wird; der Platzbauch stellt die Maximalvariante einer Wundheilungsstörung dar, so daß auf das Risiko des Platzbauches nicht ausdrücklich hingewiesen zu werden brauchte, wie der Sachverständige Prof. Dr. H… nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat. Überdies hat der Zeuge Dr. P… dem Kläger im einzelnen dargelegt, was unter Wundheilungsstörungen zu verstehen ist und dabei auch erwähnt, daß sich die Wunde unter Umständen wieder öffnen könne.

Der Vernehmung der Ehefrau des Klägers zur Frage der ordnungsgemäßen Aufklärung bedurfte es nicht. Der Kläger konnte im Senatstermin auf entsprechende Nachfrage nicht mit ausreichender Sicherheit angeben, ob seine Ehefrau bei dem zwischen dem Zeugen Dr. P… und ihm geführten Gespräch überhaupt anwesend war. Im übrigen kann die in das Wissen der Ehefrau gestellte Behauptung, diese könne sich nur an das Formularblatt ohne Zusätze unter der Unterschrift erinnern, zugunsten des Klägers als zutreffend unterstellt werden, weil diese nicht geeignet ist, das gegenteilige Beweisergebnis in Frage zu stellen. Der Kläger legt weder dar, ob seine Ehefrau überhaupt das Formular in Augenschein genommen hat, noch wird der von dem Zeugen Dr. P… glaubhaft bekundete mündliche Hinweis auf Operationskomplikationen dadurch widerlegt.

Schließlich hat auch der Beklagte zu 3) die in Aussicht genommene Operation mit dem Kläger besprochen. Wie der Kläger in der Berufungsbegründung eingeräumt hat, hat er dabei an den Beklagten zu 3) „Fragen rund um die Risiken eines Platzbauches“ gestellt, die von dem Beklagten zü 3) auch beantwortet wurden, ohne daß allerdings der Begriff „Platzbauch“ ausdrücklich gefallen ist. Insbesondere erkundigte sich der Kläger danach, ob es notwendig sei, wegen seiner Körperfülle ein Gipskorsett auf dem Operationstisch einzusetzen und auch später ein Korsett tragen zu müssen.

2. Es läßt sich auch nicht feststellen, daß den Beklagten zu 2) und 3) vorwerfbare Behandlungsfehler unterlaufen sind.

Dies gilt zunächst für den Vorwurf des Klägers, die Beklagten zu 2) und 3) hätten den Bauchdeckeninfekt trotz deutlicher Indizien nicht erkannt und behandelt. Der Sachverständige Prof. Dr. H… hat dazu – auch in Auseinandersetzung mit dem im Auftrage der DAK-Bremen tätigen Sachverständigen Prof. Dr. R… – ausgeführt, daß ein tiefergehender Bauchdeckeninfekt, der auch die Muskulatur und die Muskelfaszie erfaßt (Platzbauch), außerordentlich schwierig zu diagnostizieren ist. Die Diagnose werde in der Regel durch Austasten der Wunde mit dem Finger gestellt, wobei eine absolute Sicherheit nicht zu gewährleisten sei. Andere Untersuchungsmethoden (Röntgen, Sonographie oder Computertomographie) seien unzuverlässig und täuschten oft eine falsche Sicherheit vor. Sonographie und Computertomographie seien wegen des extremen Übergewichts des Klägers hier ohnehin nicht einzusetzen gewesen. Ausgehend von diesen Kriterien hält es der Sachverständige auch angesichts der vorliegenden Adipositas nicht für fehlerhaft, daß der bei der Abschlußuntersuchung am 24.3.1998 bereits vorliegende Platzbauch durch den Beklagten zu 3), der die Wundverhältnisse abtastete, und den Zeugen A… nicht diagnostiziert wurde. Der Senat schließt sich dieser überzeugend begründeten Auffassung an.

Zuverlässige klinische Hinweise auf einen Platzbauch lagen nicht vor. Der Umstand, daß sich über einen längeren Zeitraum Wundsekret auch – wie der Kläger vorträgt – in größeren Mengen bildete, ist – wie der Sachverständige ausgeführt hat – für einen tiefergehenden Bauchdekkeninfekt unspezifisch. Die Sekretbildung kann auch auf anderen Ursachen beruhen. Ferner war der frühe postoperative Verlauf unauffällig; es kam zu keiner Temperatur- oder Pulserhöhung. Zwar stieg die Körpertemperatur des Klägers am 22.3.1998 auf 37,9 ° an, klang innerhalb der nächsten 48 Stunden jedoch auf Normalwerte ab, so daß am Entlassungstag keine erhöhte Temperatur mehr vorhanden war. Der Sachverständige Prof. Dr. H… führt diese leichte Temperaturveränderung auf die lokale Wundbehandlung durch Spaltung und Sekretableitung zurück, sieht jedoch keinen Zusammenhang mit dem Platzbauch, was nach Auffassung des Senats überzeugend ist, weil am Entlassungstag trotz Vorliegens des Platzbauches keine erhöhte Körpertemperatur mehr festgestellt wurde. Auch unter Berücksichtigung der erhöhten Leukozytenzahl und der verzögerten Peristaltik ist Prof. Dr. H… der Auffassung, daß während des Klinikaufenthalts bis zur Entlassung des Klägers keine ausreichend sicheren Indizien auf einen Platzbauch festzustellen waren. Da – wie dargelegt – auch keine weitergehende Diagnostik geboten war, ist den Beklagten zu 2) und 3) nicht vorzuwerfen, den Bauchdekkeninfekt nicht erkannt und behandelt zu haben.

Der Einholung eines Obergutachtens bedurfte es nicht, weil der Sachverständige Prof. Dr. H… – anders als Prof. Dr. R… – ein ausgewiesener Fachmann auf dem hier zu beurteilenden medizinischen Gebiet ist, er sich mit der teils abweichenden Meinung des Sachverständigen Prof. Dr. R… auseinandersetzt und sie überzeugend widerlegt, soweit Diskrepanzen bestehen.

Ebenso wie das Landgericht ist der Senat der Auffassung, daß den Beklagten zu 2) und 3) auch eine verfrühte Entlassung des Klägers am 24.3.1998 nicht vorzuwerfen ist. Nach der Vernehmung des Zeugen A… steht fest, daß – wie dargelegt – der Beklagte zu 3) am Entlassungstag eine Abschlußuntersuchung des Klägers durchgeführt, dabei die Wundverhältnisse abgetastet und erklärt hat, daß er feste Faszienverhältnisse spüren könne. Der Gutachter Prof. Dr. H… hat es angesichts des extremen Übergewichts des Klägers und der beschriebenen Wundheilungsstörungen zwar als problematisch beschrieben, den Kläger – wie hier geschehen – am 11. postoperativen Tag zu entlassen. Selbst wenn davon auszugehen sei, daß die Faszien geschlossen gewesen wären – was tatsächlich nicht zutraf – hätte er persönlich den Patienten im Krankenhaus behalten, um den weiteren Heilungsverlauf zu überwachen.

Als grundsätzlich falsch ist die Entlassung am 24.3.1998 nach sachverständiger Einschätzung jedoch nicht zu beurteilen. Prof. Dr. H… hat in seinem auf Veranlassung des Senats erstellten Ergänzungsgutachten vom 29.5.2000 nach nochmaliger Auseinandersetzung mit dem Sachverständigen Prof. Dr. R… die Entlassung im Hinblick auf die Operation als zeitgerecht bewertet. Es sei verfehlt, „die Entlassung am 24.3.1998 als Kunstfehler zu bezeichnen.“ Die nach den vorliegenden Befunden frühe Entlassung des Klägers hält sich damit noch innerhalb der Bandbreite an Entscheidungsmöglichkeiten, die dem behandelnden Arzt zuzubilligen ist. Da sich im Rahmen der Abschlußuntersuchung keine zwingenden Befunde gegen die Entlassung ergaben, ist den Beklagten zu 2) und 3) auch insoweit kein Behandlungsfehler anzulasten.

Die Einholung eines Obergutachtens oder die Anhörung des Sachverständigen von Amts wegen (§ 411 Abs. 3 ZPO) ist aus den o.g. Gründen auch insoweit entbehrlich.

Schließlich kann den Beklagten zu 2) und 3) nicht vorgeworfen werden, keine Prophylaxe gegen das Auftreten eines Platzbauches getroffen zu haben. Prof Dr. H… hat dazu überzeugend ausgeführt, daß es keine Vorsorge gegen einen Platzbauch bei extrem übergewichtigen Patienten gibt, die Kompression würde zusätzlich die Atmung erschweren.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen, die übrigen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 708 Nr. 10, 711 und 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

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