Landesarbeitsgericht Köln
Az: 8 Sa 364/11
Urteil vom 18.05.2011
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 30.06.2010 – 2 Ca 957/10 EU – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte, einen vom Kläger geltend gemachten Weiterbeschäftigungsantrag sowie einen Antrag des Klägers auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses.
Die im Rechtsstreit weitergehend geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung von Arbeitsentgelt aus Annahmeverzug hat der Kläger durch Erklärung zu Protokoll der Kammersitzung vom 18.05.2011 vor dem Landesarbeitsgericht zurückgenommen. Die Beklagte hat in diese teilweise Klagerücknahme eingewilligt.
Der 1968 geborene Kläger ist verheiratet und desweiteren 2 Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. Er ist seit April 1998 als Gärtner beim Beklagten beschäftigt gegen eine durchschnittliche monatliche Bruttovergütung von 2.800,00 -. Der Kläger ist zu 70 % in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert und war im Zeitpunkt des Ausspruchs der streitbefangenen Kündigung seit März 2004 der Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen im Dezernat des Beklagten.
Der Kläger ist anlässlich seiner Einstellung beim Beklagten am 01.04.2008 im Rahmen einer Verpflichtung nach § 1 Abs. 1 Ziffer 1 des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen unter anderem auf die Strafvorschrift des § 201 StGB (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) hingewiesen worden.
Die Beklagte kündigte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19.04.2010 fristlos und zwar sowohl als Tat- als auch als Verdachtskündigung. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 22.04.2010 beim Arbeitsgericht Bonn eingegangenen Klage.
Die Beklagte stützt die Kündigung darauf, dass sie dem Kläger vorwirft, am 16.08.2006 in der Dienststelle des Beklagten im Freilichtmuseum K heimlich Gespräche mit Hilfe eines Aufnahmegeräts aufgezeichnet zu haben. Sie stützt die Kündigung desweiteren auf den dringenden Verdacht, dass der Kläger von weiteren von seinem damaligen Kollegen E vorgenommenen heimlichen Aufzeichnungen vertraulicher Gespräche mittels Aufzeichnungsgeräts in den Jahren 2007 und 2008 Kenntnis gehabt habe.
Die Umstände die zum Ausspruch der streitbefangenen Kündigung geführt haben wurden ausgelöst durch ein Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 05.02.2010, welches beim Beklagten am 09.02.2010 eingegangen ist. Im Zusammenhang mit einem gegen den ehemaligen Arbeitnehmer E geführten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens teilte die Staatsanwaltschaft Köln dabei mit, dass Audiodateien beschlagnahmt worden seien. Die Beklagte beantragte Akteneinsicht und ließ nach Zustimmung der Staatsanwaltschaft mit Schreiben vom 09.02.2010 die Akten am 23.02.2010 abholen. Die Aktenauswertung am 24.10.2010 ergab, dass die Seiten 311 bis 315 fehlten. Die fehlenden Seiten erhielt die Beklagte unter dem 02.03.2010.
Nach Aktenstudium gelangte die Beklagte zu der Auffassung, dass das Anhören der Audiodateien erforderlich sei. Es wurde von der Staatsanwaltschaft allerdings nur den von den Aufzeichnungen betroffenen Mitarbeitern gestattet.
Am 24.03.2010 hörte sich der Mitarbeiter der Beklagten, , die Tondateien an und unterrichtete danach den Beklagten über deren Inhalt. Außerdem erstattete der Mitarbeiter … Strafanzeige gegen den Kläger. Gleichzeitig hat die Beklagte Strafanzeige erstattet.
Die Beklagte stützt die Kündigung darauf, dass sich aus den beschlagnahmten Audiodateien ergebe, dass der Kläger am 16.08.2006 mit einem Aufnahmegerät, welches er sich von seinem damaligen Kollegen E ausgeliehen hatte, heimlich insgesamt 3 dienstliche Gespräche aufgenommen habe. Die Beklagte macht zudem geltend, dass die Tonbandmitschnitte des früheren Arbeitskollegen E belegten, dass der Kläger auch von dessen 3 Aufzeichnungen am 06.05., 14.05. und 21.05.2008 gewusst habe. An diesen Gesprächen war der Kläger als Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen beteiligt. Der Kläger hat im Laufe des Rechtsstreits eingeräumt, nachträglich von 2 dieser 3 Gespräche Kenntnis erhalten zu haben.
Mit Schreiben vom 25.03.2010 lud die Beklagte den Kläger zu einer Anhörung am 30.03.2010 ein. Der Kläger schaltete sodann seine jetzigen Prozessbevollmächtigten ein und teilte am 30.03.2010 mit, dass die Äußerungsfrist per 30.03.2010 zu kurz gesetzt sei. Die Beklagte räumte dem Kläger danach eine Stellungnahme bis 06.04.2010 9.00 Uhr ein. Bis zum Ablauf dieser Frist äußerte sich der Kläger nicht.
Die Beklagte beantragte sodann noch am selben Tag die Zustimmung des Integrationsamts zur beabsichtigten Kündigung des Klägers, welche am 19.04.2010 erteilt wurde. Das hiergegen vom Kläger eingeleitete verwaltungsgerichtliche Verfahren ist nicht abgeschlossen.
Die Beklagte beantragte am selben Tag, dem 06.04.2010, die Zustimmung der Personalrats sowie des Gesamtpersonalrats zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers. Der örtliche Personalrat erteilte seine Zustimmung mit Schreiben vom 08.04.2010; der Gesamtpersonalrat teilte mit Schreiben vom 08.04.2010 mit, gegen die beabsichtigte außerordentliche Kündigung keine Bedenken anzumelden.
Im Hinblick auf die Rechtsauffassung des Klägers, seine Kündigung bedürfe der Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung, hörte die Beklagte zudem den stellvertretenden Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen zur beabsichtigten Kündigung an und beantragte nach Zustimmungsverweigerung vorsorglich die Zustimmungsersetzung der Zustimmung durch das Arbeitsgericht Köln.
Dieses Verfahren vor dem Arbeitsgericht Köln – 17 BV 76/10 – /LAG Köln – 12 TaBV 81/10 – endete durch übereinstimmende Erledigungserklärung beider Parteien nachdem das Mandat des Klägers als Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen durch Wahl eines neuen Vertrauensmanns geendet hatte.
Der Kläger macht geltend, dass die ausgesprochene Kündigung nicht gerechtfertigt sei. Er habe sich jahrelangen schikanösen Verhaltens des Behördenleiters W , der an dem Personalgespräch vom 16.08.2006 nicht beteiligt gewesen ist, ausgesetzt gesehen. Er habe das Bandgerät, welches er sich beim damaligen Arbeitskollegen E ausgeliehen habe, zur Abwehr etwaiger rechtlicher Eingriffe eingesetzt. Zudem leide er an Diabetes mellitus. Dies führe zu Konzentrationsstörungen. Im August 2006 sei er psychosomatisch erkrankt gewesen. Er sei seinerzeit nicht in der Lage gewesen einem Gespräch länger als eine Viertelstunde zu folgen und habe somit die Aufzeichnung auch wegen seiner Konzentrationsstörungen vorgenommen. In Bezug auf seine krankheitsbedingten Beeinträchtigungen hat der Kläger ein Attest des behandelnden Arztes Dr. R vom 21.06.2007 sowie einen Entlassungsbericht des Klinikums M vom 30.11.2007 vorgelegt. Seinen eigenen Gesprächsmittschnitt habe er nachträglich abgehört, habe keine rechtlich relevanten Eingriffe festgestellt und das Gerät Herrn E zurückgegeben, mit der Bitte den Inhalt zu löschen, weil er der Kläger dazu selbst nicht in der Lage gewesen sei. Der frühere Arbeitskollege E habe die Löschung zugesichert jedoch nicht vorgenommen.
Von zwei der Tonbandmitschnitte des früheren Arbeitskollegen E habe er, der Kläger, erst im Nachhinein erfahren und habe hierüber aus Datenschutzgründen Stillschweigen bewahrt. Herr … sei ebenfalls schwerbehindert und er, der Kläger, sei zur Verschwiegenheit verpflichtet gewesen.
Der Kläger macht geltend, dass die fristlose Kündigung der Beklagten die Kündigungserklärungsfrist nicht gewahrt habe. Der Beklagte habe spätestens am 18.03.2010 von den kündigungsrelevanten Vorwürfen Kenntnis gehabt.
Weiter hat der Kläger die Auffassung vertreten, die Beteiligung des Integrationsamtes zur streitbefangenen Kündigung sei deshalb nicht ordnungsgemäß gewesen, weil es sich beim Integrationsamt um einen Teil des Landschaftsverband Rheinland, seines Arbeitgebers, handele.
Die Zustimmung habe auch in der Sache nicht erteilt werden dürfen, weil die Kündigungsgründe im Zusammenhang mit den festgestellten Behinderungen des Klägers stünden. Die Kündigung habe zudem der vorherigen Zustimmung des Vertrauensmanns der schwerbehinderten Menschen bedurft, die unstreitig nicht vorliege. Die gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe rechtfertigten auch materiell – rechtlich nicht die fristlose Kündigung. Aus einer unbeabsichtigten oder nur fahrlässigen Rechtsgutverletzung lasse sich nachhaltiger Vertrauensverlust in die Redlichkeit eines Arbeitnehmers nicht ohne weiteres ableiten. Im Streitfall sei vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung erforderlich gewesen; jedenfalls müsse eine Interessenabwägung zu Gunsten des Klägers ausfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Kläger habe mit den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen wiederholt gravierend Pflichten seines Arbeitsverhältnisses verletzt. Der Kläger habe schuldhaft durch das Mitschneiden des Personalgesprächs vom 16.08.2006 die Vertraulichkeit des Wortes verletzt und damit eine Straftat nach § 201 StGB begangen. Der Kläger habe zudem am selben Tag zwei weitere Personalgespräche vorsätzlich und heimlich mitgeschnitten. Entschuldigungs- oder Rechtfertigungsgründe für dieses Verhalten seien nicht gegeben. Dies ergebe sich auch nicht aus den vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen und den Einlassungen des Klägers. Habe der Kläger sich – wie er behauptet – nicht länger als 15 Minuten konzentrieren können, hätte die Möglichkeit bestanden das Einverständnis der Gesprächsteilnehmer in die Aufzeichnung zu erbitten.
Soweit der Kläger sich zu rechtfertigen versuche, er habe die Bandaufzeichnungen zur Abwehr etwaiger rechtlicher Eingriffe anfertigen dürfen, bleibe der Vortrag hierzu nebulös. Die Einlassung bezüglich der weiteren aufgezeichneten Gespräche nicht in der Lage gewesen zu sein das Gerät abzustellen, weil mit der Technik nicht vertraut, sei dem Kläger nicht abzunehmen, weil der Kläger einräumt im Nachhinein die Mitschnitte angehört zu haben, was bedienungstechnisch insgesamt anspruchsvoller sei als das bloße Abschalten. Es sei mit der Beklagten zudem davon auszugehen, dass der Kläger mindestens von 2 der vom früheren Arbeitskollegen E erfolgten Aufzeichnungen Kenntnis gehabt und dies nicht erst nachträglich erfahren habe. Letztere Einlassung sei unschlüssig, da der Kläger unbestritten lasse, dass eine der Gesprächsaufzeichnungen des früheren Arbeitskollegen E die Aufforderung an den Kläger beinhaltet „lauter zu schreien“, was keinen anderweitigen Schluss zulasse, als denjenigen, dass dem Kläger die – laufende – Gesprächsaufzeichnung bewusst gewesen sei. Dasselbe gelte beim weiteren Gespräch im Hinblick auf die aufgezeichnete Äußerung des früheren Arbeitskollegen …, dass er „das Ding“ jetzt abschalte.
Damit stellten die gesamten Verhaltensweisen des Klägers im Zusammenhang mit den Aufzeichnungen des Klägers selbst sowie denen des früheren Arbeitskollegen E eine gravierende Verletzung der aus Arbeitsvertrag resultierenden Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem Beklagten und den weiteren an den Gesprächen beteiligten Beschäftigten des Beklagten dar, die grundsätzlich auch die vorliegend ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigten.
Einer Abmahnung habe es vor Ausspruch der Kündigung nicht bedurft, weil die Schwere der Rechtsverletzung für den Kläger als Arbeitnehmer jederzeit habe erkennen lassen müssen, dass die Hinnahme dieses Verhaltens durch seinen Arbeitgeber ausgeschlossen ist. Auch die vorzunehmende Interessenabwägung müsse zu Lasten des Klägers ausfallen, da die überwiegenden Abwägungsgesichtspunkte gegen die Person des Klägers sprächen. Die Kündigungserklärungsfrist von 2 Wochen sei gewahrt. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beklagte länger als 2 Wochen vor Ausspruch der streitbefangenen Kündigung hinreichende Kenntnis von allen für die Kündigung relevanten Umständen der dem Kläger vorgeworfenen Verhaltensweisen gehabt habe.
Sonstige Unwirksamkeitsgründe seien nicht gegeben.
Die erforderliche Zustimmung des Personalrats liege vor. Einer zusätzlichen Zustimmung des Vertrauensmanns der schwerbehinderten Menschen sei nicht erforderlich. Der Umstand, dass das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Bezug auf die Zustimmung des Integrationsamtes zur streitbefangenen Kündigung noch nicht abgeschlossen sei, stehe der arbeitsgerichtlichen Entscheidung nicht entgegen.
Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses scheide der Weiterbeschäftigungsanspruch des Klägers aus. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses komme auch die Erteilung eines Zwischenzeugnisses nicht mehr in Betracht.
Ergänzend wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils erster Instanz Bl. 193 – 205 d. A. Bezug genommen.
Gegen dieses dem Kläger am 23.07.2010 zugestellte Urteil erster Instanz wendet sich der Kläger mit der am 23.07.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufung.
Die Berufung hat der Kläger sodann mit der am 12.08.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsbegründungsschrift begründet.
Die Berufung macht geltend, dass das Arbeitsgericht rechtsfehlerhaft zu dem Ergebnis gelange, die Verhaltensweisen des Klägers rechtfertigten eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Unstreitig sei, dass der Kläger am 16.08.2006 das Gespräch seine Umsetzung in die Dienststelle K betreffend aufgezeichnet habe. Bei den Aufzeichnungen handele es sich allerdings entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht um 3 Gesprächsaufzeichnungen. Der Kläger habe das ihm vom damaligen Arbeitskollegen E überlassene Aufzeichnungsgerät eingeschaltet und sei dann auf den Flur getreten. Dort hätten sich zu diesem Zeitpunkt Herr H , der ebenfalls an dem Gespräch wegen der Umsetzung teilnehmen sollte und Herr C befunden. Herr C habe sodann – was zuvor nicht abgesprochen gewesen sei – Herrn H und den Kläger in sein Büro gebeten. Dort sei über Belangloses gesprochen worden. Um ein Dienstgespräch oder dergleichen habe es dabei nicht gehandelt, sondern um ein zufälliges Gespräch unter den Kollegen.
Im Anschluss daran habe dann das geplante Gespräch im Büro von Herrn Dr. P stattgefunden. Nach diesem Gespräch habe allerdings noch ein Rundgang stattgefunden, bei dem das Aufzeichnungsgerät weiter gelaufen sei bis es sich dann wohl automatisch abgeschaltet habe. Damit handele es sich entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht um Aufzeichnungen dreier Gespräche, vielmehr sei lediglich von einem Vorgang auszugehen.
Das Arbeitsgericht lege seiner Entscheidung als weitere Pflichtverletzung zudem zu Grunde, der Kläger habe von den Aufzeichnungen des damaligen Arbeitskollegen E gewusst. Der Kläger habe von derartigen Aufzeichnungen und zwar zwei Aufzeichnungen erst im Nachhinein Kenntnis erlangt. Vor Fertigung der Aufzeichnungen habe der Kläger keine Kenntnis gehabt. Es werde vom Arbeitsgericht mit nicht haltbaren Begründungen unterstellt.
Das Arbeitsgericht hätte – soweit es hierauf ankomme – zu diesen Streitpunkten Beweis erhoben müssen. Dies sei nicht geschehen. Das Arbeitsgericht komme zu dem rechtsfehlerhaften Ergebnis, dass eine Abmahnung nicht erforderlich sei. Gehe man davon aus, dass ein generell geeigneter Kündigungsgrund gegeben sei, wäre zur Rechtfertigung der Kündigung in jedem Fall erforderlich, dass eine Wiederholungsgefahr bestehe. Dies sei allerdings auszuschließen. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt in Folge des bestehenden Arbeitsplatzkonfliktes unter erheblichen psychischen Belastungen gestanden habe. Dies sei durch vorgelegte Atteste dokumentiert. Der Kläger habe in diesem Zusammenhang insbesondere auf seine Konzentrationsschwierigkeiten hingewiesen. Dadurch sei aufgezeigt, dass er seinerzeit nicht in der Lage gewesen sei einem Gespräch länger als 15 Minuten zu folgen.
Nicht ausreichend berücksichtigt habe das Arbeitsgericht zudem, dass die Arbeitsplatzkonflikte des Klägers nicht zuletzt im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen zu sehen seien und der Kläger mit rechtlichen Eingriffen gerechnet habe und habe rechnen müssen.
Nach alledem sei festzuhalten, dass die Vertrauensbasis zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sehr wohl wieder herstellbar gewesen sei, so dass jedenfalls vor Ausspruch der Kündigung eine Abmahnung hätte ausgesprochen werden müssen. Zumindest aber habe die vorzunehmende Interessenabwägung nicht zu Gunsten der Beklagten sondern zu Gunsten des Klägers ausfallen müssen. Dabei komme der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen beanstandungsfreiem Bestand besonderes Gewicht zu. Der Kläger sei zudem zu 70 Prozent in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert und auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr zu vermitteln. Der Kläger habe zudem auf Grund seiner Tätigkeit als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen in den letzten Jahren so gut wie überhaupt nicht mehr in seinem erlernten Beruf als Gärtner gearbeitet. Der Vorwurf der Aufzeichnung des Gesprächs durch den Kläger liege zudem 4 Jahre zurück.
Schließlich sei zu berücksichtigen, dass dem Beklagten ein Schaden nicht entstanden sei.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn vom 30.06.2010 abzuändern und festzustellen, dass die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 19.04.2010 rechtsunwirksam ist und das Arbeitsverhältnis unverändert fortbesteht, den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger ein Zwischenzeugnis zu erteilen, für den Fall des Obsiegens den Beklagten zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das arbeitsgerichtliche Urteil.
Wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze beider Parteien in beiden Instanzen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung ist zulässig.
Der Kläger hat gegen das ihm am 23.07.2010 zugestellte Urteil erster Instanz mit seiner am 26.07.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsschrift rechtzeitig Berufung eingelegt.
Diese Berufung hat der Kläger sodann mit der am 12.08.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsbegründungsschrift fristwahrend begründet.
Die Berufungsbegründung setzt sich im Einzelnen mit dem Urteil erster Instanz auseinander und erweist sich danach als ein ordnungsgemäß eingelegtes und begründetes Rechtsmittel.
II. Das Arbeitsgericht ist zum zutreffenden Ergebnis gelangt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 19.04.2010 beendet worden ist.
Die dem Kläger gegenüber zu Recht gemachten Vorwürfe rechtfertigen diese Kündigung als außerordentliche Kündigung.
Die Kammer macht sich insoweit ausdrücklich die Begründung des erstinstanzlichen Urteils zu Eigen.
Nachfolgend soll daher in erster Linie auf die Rügen der Berufungsbegründung eingegangen werden:
1. Die Berufung rügt zu Unrecht, dass das Arbeitsgericht seiner Entscheidung zu Lasten des Klägers nicht zutreffende, jedenfalls nicht bewiesene tatsächliche Umstände zu Grunde legt.
Diese Rüge der Berufung ist unter Berücksichtigung des bereits erstinstanzlich nicht hinreichend und zu wesentlichem Vortrag der Beklagten teilweise unbeachtlichen Bestreitens des Klägers im Ergebnis nicht haltbar.
Das Arbeitsgericht geht bei seiner Entscheidung davon aus, dass der Kläger mit seinen Aufzeichnungen vom 16.08.2006 wie die Beklagte dem Kläger zu Recht vorhält, am 16.08.2006 3 Personalgespräche rechtswidrig heimlich aufgenommen zu haben und dass darüber hinaus der Kläger von der heimlichen Aufzeichnung des Arbeitskollegen E jedenfalls in Bezug auf zwei Gespräche des Jahres 2008 gewusst habe. Diese Vorwürfe erhebt die Beklagte zu Recht. Entgegen der Annahme des Klägers ergibt sich hierzu unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Vortrags des Klägers wie unter Berücksichtigung des Vortrags in der Berufungsbegründung kein durch Beweisaufnahme aufzuklärender Klärungsbedarf.
Die Aufzeichnungen des 6.08.2006 enthalten tatsächlich drei voneinander trennbare Teile. Es mag zu Gunsten des Klägers angenommen werden, dass es ihm nur um die Aufzeichnung des vorgesehenen, ihn betreffenden Gesprächs betreffend seine Umsetzung/Versetzung nach K gegangen ist. Aufgezeichnet sind tatsächlich aber auch die beiden anderen Gesprächsteile. Die Einlassung des Klägers, der Teil der Aufzeichnungen von Gesprächen die ihn nicht selbst betroffen hätten, sei nur deshalb erfolgt, weil er nicht in der Lage gewesen sei, das Aufzeichnungsgerät abzustellen, erscheint – wie das Arbeitsgericht zu Recht betont hat – vorgeschoben und ist deshalb unbeachtlich. War der Kläger wie eingeräumt in der Lage die geplante Aufzeichnung des ihn betreffenden Gesprächs im Nachhinein vom Aufzeichnungsgerät abzuhören, so muss er das Aufzeichnungsgerät hierzu entsprechend bedient haben. Dem Hinweis des Arbeitsgerichts, dass dies „bedienungstechnisch“ anspruchsvoller ist als das bloße Ausschalten des Geräts, ist nichts hinzuzufügen. Das Arbeitsgericht geht deshalb zu Recht davon aus, dass dem Kläger vorgeworfen werden darf, am 16.08.2006 insgesamt 3 Personalgespräche rechtswidrig aufgezeichnet zu haben. Den insoweit überzeugenden Darlegungen des Urteils erster Instanz tritt der Kläger mit seiner Berufungsbegründung in der Sache auch nicht substantiiert entgegen.
Der weitergehende Vorwurf, der Kläger habe darüber hinaus seine arbeitsvertraglichen Pflichten damit verletzt, das Aufzeichnungsgerät mit ungelöschter Aufnahme der aufgezeichneten Gespräche dem Mitarbeiter E ausgehändigt hat, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Arbeitsgericht hat hierzu zu Recht angemerkt, dass selbst dann, wenn der Kläger den damaligen Arbeitskollegen E gebeten haben sollte die Mitschnitte zu löschen, der Vorwurf angebracht ist, sich hierzu nicht vergewissert zu haben bzw. dies nicht in seinem Beisein durch den damaligen Arbeitskollegen E veranlasst zu haben.
Darüber hinaus geht das Arbeitsgericht von dem zutreffenden tatsächlichen Umstand aus, dass der Kläger jedenfalls von zwei aufgezeichneten Gesprächen, die der damalige Arbeitskollege E aufgezeichnet hat, Kenntnis hatte und diese Kenntnis nicht erst im Nachhinein erlangte. Auch hierzu enthält das arbeitsgerichtliche Urteil den zutreffenden Hinweis, dass das Bestreiten des Klägers im Sinne erst nachträglich von den Aufzeichnungen erfahren zu haben, sich mit dem stimmigen und schlüssigen Vortrag der Beklagten nicht auseinandersetzt, so dass auch hier der Vortrag der Beklagten als zugestanden anzusehen ist, weil sich die Einlassung des Klägers als unbeachtlich erweist. Die aufgezeichnete Äußerung des damaligen Arbeitskollegen E gerichtet an die Person des Klägers „lauter zu schreien“ und die Äußerung im zweiten Gespräch er, E schalte „das Ding“ jetzt ab, lässt keine andere Schlussfolgerung zu als die, dass der Kläger in die von Herrn E veranlasste Aufzeichnung eingeweiht war, jedenfalls dies noch während der Aufzeichnung erkannt haben muss.
2. Die hiernach zu Lasten des Klägers für die Entscheidung des Rechtsstreits zu Grunde zu legenden Verhaltensweisen des Klägers stellen eine Verletzung des gesprochenen Wortes gemäß § 201 StGB dar und erfüllen, was die eigene Aufzeichnung angeht, den strafrechtlichen relevanten Tatbestand der Verletzung des gesprochenen Worts gemäß § 201 StGB und sind auch in Bezug auf die Weitergabe der ungelöschten Aufzeichnung an den früheren Arbeitskollegen E bzw. in Bezug auf die Kenntnis von dessen Aufzeichnungen von vertraulichen Gesprächen arbeitsvertraglich erhebliche Vertragsverstöße.
Das Arbeitsgericht hat diese Verhaltensweisen als schwerwiegend bewertet.
Die Kammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass ein derartiges Fehlverhalten grundsätzlich geeignet ist, ein Arbeitsvertragsverhältnis auch fristlos aufzukündigen. Rechtfertigungs- bzw. Entschuldigungsgründe, die die Fehlverhaltensweisen des Klägers rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Wenn der Kläger sich in Bezug auf die Aufzeichnungen des früheren Arbeitskollegen E auf seine Beteiligung an den Gesprächen als Vertrauensmann der Schwerbehinderten beruft, ist gerade auch dies unbeachtlich, belegt dies doch nichts anderes, als dass der Kläger in Anspruch nimmt, Umstände, die er in Wahrnehmung dieser Aufgaben zur Kenntnis nimmt, auch dann gegenüber seinem Arbeitgeber nicht offen legen zu müssen, wenn die Kenntnisse – wie geschehen – strafrechtlich relevant erworben wurden.
In Bezug auf das eigene Aufzeichnen des gesprochenen Wortes und der darin liegenden Straftat gemäß § 201 StGB lässt sich dies – wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat – aus den vom Kläger angeführten persönlichen Umständen insbesondere gesundheitlicher Art, weder entschuldigen noch gar rechtfertigen. Befand sich der Kläger wie vom ihm behauptet, seinerzeit in einer besonderen Konfliktsituation in seinem Arbeitsvertragsverhältnis und führten psychische Belastungen und gesundheitliche Beeinträchtigungen dazu, dass es dem Kläger nicht möglich war sich seinerzeit länger als 15 Minuten zu konzentrieren, so rechtfertigt dies die dem Kläger gegenüber zu Recht gemachten Vorwürfe der heimlichen Aufzeichnung von Gesprächen gerade nicht. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass jederzeit die Möglichkeit bestanden hätte, auf diese Belastungslage und Beeinträchtigung hinzuweisen und gegebenenfalls die Gesprächsteilnehmer um Einverständnis für die Aufzeichnung des Gesprächs zu bitten. Alternativ hätte sich der Kläger – auch hierauf hat das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen – handschriftliche Notizen zum Verlauf des Gesprächs machen können.
Dass der Kläger demgegenüber von derartigen Möglichkeiten keinen Gebrauch gemacht hat, insbesondere das ihn betreffende Gespräch heimlich mitgeschnitten hat, lässt keine andere Schlussfolgerung zu, als dass er Gesprächsinhalte, soweit sie für seine Interessen von Bedeutung gewesen wären ohne Rücksicht darauf, dass die Aufzeichnung unter Verstoß gegen § 201 StGB erfolgt ist, für seine Zwecke gegen Mitarbeiter des Beklagten oder den Beklagten verwenden wollte. Einem anderen Zweck kann eine heimliche Aufzeichnung nicht dienen. Der Kläger räumt ein, die Aufzeichnung anschließend abgehört und dabei „fehlende Relevanz“ festgestellt zu haben. Damit bleibt festzuhalten, dass sich der schwerwiegende gegen den Kläger erhobene Vorwurf nicht auf Grund einer besonderen Belastungslage des Klägers entschuldigen oder gar rechtfertigen ließe.
Es verbleibt somit dabei, dass grundsätzlich Umstände gesetzt sind, die die auch fristlose Beendigung des Arbeitsvertragsverhältnisses der Parteien zu rechtfertigen vermögen.
3. Das Arbeitsgericht ist desweiteren zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass die außerordentliche Kündigung nicht durch das mildere Mittel einer Abmahnung vermeidbar war.
Mit der Berufungsbegründung soll ausdrücklich betont sein, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts es für die kündigungsrechtliche Beurteilung zunächst nicht auf die strafrechtliche Bewertung des gegen den Arbeitnehmer gerichteten Vorwurfs ankommt. Entscheidend ist der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensbruch (BAG, Urteil vom 19.04.2007 – 2 AZR 78/06, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 77).
Bei der sodann vorgenommenen Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist grundsätzlich, auch soweit es – wie vorliegend festgestellt – um schwerwiegende Vertragsverletzungen geht immer als denkbare mildere Reaktion die Möglichkeit und Erforderlichkeit einer Abmahnung zu prüfen. Die Abmahnung ist dann das alternative Gestaltungsmittel, wenn sie geeignet ist, das Vertrauensverhältnis wiederherzustellen und das Risiko künftiger Störungen zu vermeiden.
Das Erfordernis der Prüfung, ob nicht schon eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz der Kündigung als „ultima ratio“ und trägt zugleich dem Prognoseprinzip bei verhaltensbedingten Kündigungen Rechnung. Beruht die Vertragsverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Die außerordentliche wie die ordentliche Kündigung wegen Vertragsverletzungen setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Die Abmahnung dient in diesen Fällen der Objektivierung der negativen Prognose.
Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Vertragsänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich – auch für den Arbeitnehmer erkennbar – ausgeschlossen ist (BAG, Urteil vom 23.06.2009 – 2 AZR 108/08 -, AP KSchG 1969 § 1 verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59).
Letztere Voraussetzung, dass der Kläger erkennen musste, dass seine Fehlverhaltensweisen für seinen Arbeitgeber nicht hinnehmbar sind, hat das Arbeitsgericht zu Recht als gegeben angesehen. Durch das Fehlverhalten des Klägers sowohl in Bezug auf die eigene Aufzeichnung des Jahres 2006 wie in Bezug auf seine Beteiligung an den Aufzeichnungen des früheres Arbeitskollegen E im Jahre 2008 berühren den Vertrauensbereich gegenüber dem Beklagten und dessen Mitarbeitern.
Unter Vertrauensbereich versteht sich der Glaube an die Gutwilligkeit, Loyalität und Redlichkeit eines Arbeitnehmers. Der Glaube daran, dass sich der Arbeitnehmer nicht unlauter gegen die Interessen des Arbeitgebers stellt, dass er sich also nicht falsch, unaufrichtig oder hinterhältig gegen seinen Vertragspartner stellen wird, ist hier angesprochen (so zutreffend LAG Köln, Urteil vom 10.06.1994 – 13 Sa 228/94, NZA 1995, 792).
Dieses Vertrauen ist durch die Verhaltensweisen des Klägers ernsthaft und unwiederbringlich gestört. Dies ergibt sich – worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat – insbesondere aus dem Umstand, dass dem Kläger nicht eine einmalige Vertragsverletzung vorzuhalten ist, sondern wie seine Verhaltensweisen im Zusammenhang mit den Aufzeichnungen des früheren Arbeitskollegen E belegen, mehrfach in derartig erhebliche Vertragsverletzungen involviert gewesen ist.
Damit erweist sich die Schwere des Vertragsverstoßes, die eine Abmahnung ausnahmsweise entbehrlich macht, so dass aus denselben Gründen zu Vermeidung der außerordentlichen Kündigung auch nicht – wäre der Kläger kündbar – lediglich eine ordentliche Kündigung in Betracht zu ziehen gewesen wäre.
4. Die Kündigung hatte nicht nach Maßgabe einer vorzunehmenden Interessenabwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien des Rechtsstreits ausnahmsweise zurückzutreten. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt und dabei alle in Betracht zu ziehenden Aspekte gewürdigt. Weder die Dauer des Arbeitsverhältnisses noch das Lebensalter des Klägers sowie die von ihm aufgezeigten persönlichen Schwierigkeiten der Vermittelbarkeit auf dem Arbeitsmarkt wie seine Unterhaltspflichten lassen das vorrangige Interesse des Arbeitgebers zurücktreten, nach Maßgabe der schwerwiegenden gegen den Kläger erhobenen Vertragsverstöße das Vertrauen in ein loyales Verhalten des Klägers endgültig verloren zu haben. Das Arbeitsgericht hat daher in diesem Zusammenhang nach Maßgabe der beiden zu Recht gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe betreffend zum einen das eigene Aufzeichnen der Gespräche in 2006 und zum anderen seine Beteiligung an den Verhaltensweisen des früheren Arbeitskollegen E angenommen, die Verstöße seien so schwerwiegend, dass das Interesse des Beklagten an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger gegenüber dessen Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses Vorrang verdient.
5. Die Kündigung erweist sich nicht aus formalen Gründen als unwirksam. Die Kündigungserklärungsfrist von 2 Wochen gemäß § 626 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der entsprechenden zweiwöchigen Frist des § 91 Abs. 2 SGB IV ist gewahrt. Die Beklagte war nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet vor Ausspruch der Kündigung alles zur Aufklärung Gebotene zu unternehmen. Die Aufklärung der Beklagten rechtfertigte dabei insbesondere, dem Kläger eine Stellungnahmefrist, wie gewünscht, verlängert einzuräumen. Diese ist sodann dem Kläger bis zum 06.04.2010 eingeräumt worden.
Erst zu diesem Zeitpunkt begann die Kündigungserklärungsfrist von 2 Wochen in Verbindung mit der entsprechenden zweiwöchigen Frist des § 91 Abs. 2 SGB IV zu laufen.
Diese Frist ist durch die Kündigung vom 19.04.2010 gewahrt.
6. Die Berufungsbegründung rügt nicht weiter die fehlende Zustimmung des Personalrats. Diesbezüglich wird daher zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts Bezug genommen.
7. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es zur Wirksamkeit der streitbefangenen Kündigung nicht der Zustimmung des Vertrauensmanns der schwerbehinderten Menschen bedarf.
Das Landesarbeitsgericht folgt wie das Arbeitsgericht ausdrücklich nicht der hierzu in der Literatur geäußerten vom Kläger vertretenen Auffassung (Dau/Düwell, § 96 SGB IV Rn. 18). Der Vertretung der schwerbehinderten Menschen ist eine derartige Aufgabenstellung zur Wahrnehmung nicht zugewiesen.
8. Soweit der Kläger seine Bedenken wiederholt, das Integrationsamt habe der ihn betreffenden Kündigung wegen eines feststellbaren Zusammenhangs mit der festgestellten Behinderung des Klägers nicht zustimmen dürfen, ist dies im noch anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu klären. Diese Klärung hindert nicht die kündigungsschutzrechtliche Entscheidung des Rechtsstreits.
Sollte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Zustimmung des Integrationsamts nachträglich aufgehoben werden, würde es hiernach an der erforderlichen Zustimmung zum Ausspruch der streitbefangenen Kündigung fehlen. Sodann wäre der Fortbestand des Arbeitsvertragsverhältnisses im Wege der Restitutionsklage geltend zu machen. Hierauf ist der Kläger zu verweisen.
9. Nach alledem ist festzustellen, dass die Kündigung vom 19.04.2010 das Arbeitsvertragsverhältnis der Parteien beendet hat.
10. Wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann dem Kläger der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch nicht zuerkannt werden.
11. Mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht den geltend gemachten Antrag auf Erteilung eines Zwischenzeugnisses ebenfalls wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurückgewiesen. Auch im Berufungsverfahren begehrt der Kläger ausdrücklich ein solches Zwischenzeugnis; die Erteilung eines Schlusszeugnisses ist nicht geltend gemacht.
III. Der Kläger ist mit dem Rechtsmittel der Berufung unterlegen und hat daher die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
IV. Die Entscheidung des Rechtsstreits beruht auf den Umständen des Einzelfalles, der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Kammer hat aus diesen Gründen das Rechtsmittel der Revision nicht zugelassen.