Amtsgericht Coburg
Az.: 11 C 169/02
Urteil vom 15.08.2002
Anmerkung des Bearbeiters
Wird eine vor einem Fahrstuhl wartende Person durch das schwungvolle Öffnen der Fahrstuhltüre verletzt, so haftet diejenige Person, die die Türe geöffnet hat nicht, wenn sich der Wartende außerhalb des Fahrstuhlsichtfensters und zu nahe an der Aufzugstür aufgehalten hat.
Der Beklagte hatte durch ein schwungvolles Öffnen der Fahrstuhltüre die davor wartende Klägerin zu Fall gebracht. Die Klägerin erlitt durch den Sturz einen Oberschenkelhalsbruch, bei dessen Heilung Komplikationen auftraten. Sie verklagte daraufhin den Beklagten auf Schadensersatz in Höhe von ca. 3.000 Euro mit der Begründung, dass das heftige Aufstoßen der Fahrstuhltür den Unfall verursacht habe.
Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht Cottbus wiesen die Klage ab. Nach Ansicht der Richter wurde der Unfall dadurch verursacht, dass die Klägerin zu nahe an der Fahrstuhltüre und außerhalb des Sichtfensters der Türe gewartet hat. Spätestens beim Öffnen der inneren Fahrstuhlschiebetüre hätte die Klägerin, den Türradius verlassen müssen oder sich zumindest so hinstellen müssen, dass sie aus dem Fahrstuhlsichtfenster im Aufzug gesehen werden konnte.
Tenor
In dem Rechtsstreit wegen Schmerzensgeldes erkennt das Amtsgericht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.8.2002 für Recht:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung von EURO 800,– abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schmerzensgeld.
Der Beklagte fuhr am 03.12.2000 zwischen 17.00 und 18.00 mit dem Aufzug des Hauses X Coburg ins Erdgeschoss. Als er – nach dem Aufgehen der Stahlschiebetüre – die äußere Aufzugstüre öffnete, kam die Klägerin zu Fall und zog sich einen Oberschenkelhalsbruch zu, der Komplikationen nach sich zog.
Die Klägerin trägt vor, der Beklagte habe die nach außen schwingende Fahrstuhltüre unvorsichtig aufgetreten bzw. heftig aufgestoßen, obwohl er mit vor dem Fahrstuhl stehenden Personen habe rechnen müssen. Wegen der für die Klägerin aufgetretenen Verletzungsfolgen wird auf die Klageschrift vom 04.02.2002 Bezug genommen. Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei an ihrer Verletzung schuld.
Die Klägerin beantragt, der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, das in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EURO 3.067,75 zuzüglich 5 % Zinsen nach § l des Diskontüberleitungsgesetzes hieraus seit 28.04.2001 zu bezahlen.
Der Beklagte beantragt, Klageabweisung. Der Beklagte erwidert, die Klägerin sei so an der Türe vorbeigelaufen, dass er sie nicht habe sehen können. Er habe die Türe ganz normal geöffnet. Die Klägerin treffe ein Eigenverschulden. Der Beklagte hält das geforderte Schmerzensgeld für überhöht.
Wegen des Parteivortrags im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugin H. Der Ehemann der Klägerin, ist während des Rechtsstreits verstorben.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, an die Klägerin Schmerzensgeld von mindestens EURO 3.067,75 und die geforderten Zinsen zu zahlen, §§ 823 Abs. l, 847, 254 BGB.
Den Beklagten trifft an der Verletzung der Klägerin allenfalls ein leichtes Verschulden. Dieses wird durch das Eigenverschulden der Klägerin aufgewogen, sodass ihr kein Schmerzensgeld zusteht.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Beklagte die äußere Aufzugstüre schwungvoll auf gestoßen hat, um mit seinem Korb den Aufzug verlassen zu können. Die Zeugin hat aber das Vorbringen des Beklagten bestätigt, wonach die Klägerin außerhalb des Sichtfeldes des Fensters der Aufzugstüre stand eine Person, die vor dem Aufzug wartet, um ihn zu benutzen, hätte der Beklagte entweder durch das schmale Fenster oder während des Öffnens der Türe wahrnehmen und diese abfangen können.
Die Klägerin hätte sich ohne weiteres aus dem Radius der Türe entfernen können, § 254 BGB. Im ankommenden Aufzug öffnet sich zunächst die innere Schiebetüre. Das hätte sie zum Anlass nehmen müssen, um den Öffnungsbereich der Türe zu verlassen oder sich so hinzustellen, dass sie im Aufzug gesehen werden konnte. Die Klägerin kannte die Örtlichkeiten und die Funktionsweise des Aufzugs, ihr Ehemann war tätig. Das ist im Termin vom 15.08.2002 besprochen worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. l ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.