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Ausbildungsförderung – Anrechnung auf Sparvermögen

Verwaltungsgericht Münster

Az.: 6 K 5279/03

Urteil vom 21.07.2006


Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich im wesentlichen gegen die Anrechnung eines vor der Beantragung von Ausbildungsförderung auf ihren Vater übertragenen Sparvermögens.

Die im Jahre 1979 geborene Klägerin absolvierte nach Erlangung der allgemeinen Hochschulreife zunächst eine Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation, die sie am 14. Januar 2002 abschloss; von Ende Januar 2002 bis März 2002 war sie ausweislich des am 23. August bzw. 23. September 2001 geschlossenen Arbeitsvertrages bei I als Buchhalterin angestellt. Das Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität Münster, zu dem sie sich bereits für das Wintersemester 2001/2002 eingeschrieben hatte, nahm sie im Sommersemester 2002 auf. Auf den Formblatt-Antrag der Klägerin vom 8. April 2002, in dem diese weder Angaben zu Vermögen noch zu Einkünften aus Kapitalvermögen gemacht hatte, bewilligte der Beklagte Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum April 2002 bis März 2003.

Nachdem der Beklagte aufgrund eines Datenabgleichs mit dem Bundesamt für Finanzen Kenntnis von Kapitalerträgen der Klägerin im Jahre 2001 in Höhe von insgesamt 1.360,- DM erhalten hatte, forderte er sie mit Schreiben vom 13. Januar 2003 auf, das Vermögen im Zeitpunkt der Antragstellung nachzuweisen. Am 21. Februar 2003 legte die Klägerin mehrere Bankunterlagen vor. Danach besaß sie Aktienfondsanteile im Depot der V GmbH im Wert von 742,72 EUR am 31.12.2001, ein Wertpapierdepot bei der D.bank mit einem Kurswert von 152,50

EUR zum 31.12.2001 und ein Sparkonto bei der D.bank mit einem Guthaben von 4.619,14 EUR. Ferner legte die Klägerin ein Schreiben der Sparkasse H vom 14. Februar 2003 vor, in dem der Klägerin bestätigt wurde, seit dem 21. März 2002 nicht mehr Inhaberin des Sparkassenbuchs Nr. 0 zu sein.

Am 12. März 2003 stellte die Klägerin einen weiteren Antrag auf Ausbildungsförderung. Ihr Vermögen gab sie wie folgt an: Aktienfondsanteile im Wert von 524,64 EUR im Depot der V, Wertpapiere im Wert von 118,- EUR im Depot der D.bank jeweils zum 31.12.2002 und ein Sparguthaben in Höhe von 2.030,49 EUR bei der D.bank.

Auf Nachfrage des Beklagten führte die Klägerin in einem von ihr und ihrem Vater, dem Zeugen M, unterzeichneten Schreiben vom 17. März 2003 zu der Übertragung des Sparguthabens in Höhe von 13.330,68 EUR auf ihren Vater am 21. März 2002 folgendes aus:

„Der Grund für die Übertragung waren Schulden, die ich an meine Eltern seit August 1997 hatte. Ich hatte meine Eltern 1997 einen Monat vor meinem 18. Geburtstag gebeten, mir einen neuen Golf III zu kaufen, da ich wusste, dass ich den Hauptteil des Kaufbetrages selbst mit dem Sparguthaben finanzieren könnte.

Ca 5.000,- DEM schenkten mir meine Eltern zu meinem Geburtstag für das Auto hinzu, und sie finanzierten das Auto aus ihren Rückstellungen für ihr Haus vor, da diese zu dieser Zeit nicht benötigt wurden und mein Sparguthaben zu besseren Zinskonditionen angelegt war. Es war folglich nicht nötig, mein Sparguthaben unter hohen Zinsverlusten schon 1997 aufzulösen. Ich vereinbarte mit meinen Eltern, dass ich ihnen das Geld spätestens sobald sie es benötigten zu übertragen hatte.

Im Frühjahr 2002 forderten meine Eltern mich auf, ihnen das Geld zu übertragen, da sie es u.a. für ihr Haus benötigten, was ich dann auch tat.“

Dem Schreiben beigefügt war u.a. eine Rechnung des Autohauses T vom 14. August 1997 an den Zeugen M über 32.500,01 DM.

Mit Bescheiden vom 29. April 2003, abgesandt am 28. Mai 2003, nahm der Beklagte den Bewilligungsbescheid vom 27. September 2002 sowie – sinngemäß – den Bewilligungsbescheid vom 28. Mai 2002 zurück und forderte die gewährten Leistungen in Höhe von 6.354,- EUR zurück. Zur Begründung führte er aus, das Sparguthaben in Höhe von 13.330,68 EUR sei der Klägerin nach wie vor zuzurechnen, weil die Vermögensübertragung aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs mit der Antragstellung und dem Umstand, dass eine gleichwertige Gegenleistung nicht erfolgt sei, als rechtsmissbräuchlich anzusehen sei. Schulden, die die Klägerin bei ihren Eltern habe, könnten unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nur dann berücksichtigt werden, wenn die Ausgestaltung und Durchführung der Darlehensvereinbarungen den Vertragsbedingungen eines zwischen Fremden geschlossenen Darlehensvertrages (sog. Fremdvergleich) entspreche.

Mit Bescheid vom 28. Mai 2003 setzte der Beklagte den monatlichen Förderbetrag für den Bewilligungszeitraum April 2003 bis März 2004 unter Anrechnung des einzusetzenden Vermögens, von dem er den mit Bescheid vom 29. April 2003 geltend gemachten Rückforderungsbetrag abzog, auf 138,- EUR fest.

Gegen die Bescheide vom 29. April 2003 legte die Klägerin am 2. Juni 2003 und sodann nochmals am 17. Juni 2003 Widerspruch ein; ebenfalls am 17. Juni 2003 legte sie Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Mai 2003 ein. Zur Begründung wiederholte sie ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, man könne nicht von ihr verlangen, das Geld einfach nicht an ihre Eltern zurückzuzahlen; diese seien selbstverständlich darauf angewiesen gewesen, was sich bereits daran zeige, dass sie den Förderungshöchstsatz erhalte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7. November 2003 wies die Bezirksregierung Köln die Widersprüche im wesentlichen mit der Begründung zurück, das Vorbringen der Klägerin sei als Schutzbehauptung zu werten. So habe sie die Höhe des Darlehens weder in den Formblattanträgen noch in den Einlassungen vom 17. März 2003 und 17. Juni 2003 angegeben; sie versuche lediglich zu suggerieren, der Betrag in Höhe von 13.330,68 EUR sei der Betrag, den sie ihren Eltern schulde. Nicht nachvollziehbar sei ferner, dass die Klägerin einerseits Wert auf die Feststellung lege, dass ihre Familie nicht wohlhabend sei, ihr aber gleichwohl der Kauf eines Neuwagens zum Preis von 32.500,01 DM wirtschaftlich vertretbar erschienen sei. Überdies sei sie weder als Vertragspartnerin noch als Begünstigte im Kaufvertrag erwähnt. Dessen ungeachtet könnten Darlehensverträge unter Verwandten nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie nach Vertragsinhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen, was vorliegend nicht der Fall sei.

Mit der rechtzeitig erhobenen Klage verfolgt die Klägerin unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ihr Begehren weiter und macht ergänzend geltend: Die Aktien im Depot der D.bank könnten im Rahmen der Vermögensermittlung nicht berücksichtigt werden, weil es sich dabei um sog. Belegschaftsaktien handele, die mit einer Sperre nach § 19a EStG belegt seien. Im Ergebnis gleiches gelte für die Aktienfondsanteile im Depot der V, die nach dem VermBG gesperrt seien. Das Kautionskonto sei zudem vermögensmindernd zu berücksichtigen. Die Auffassung des Beklagten schließlich, nur solche Darlehensverträge förderungsrechtlich anzuerkennen, die einem sog. Fremdvergleich standhielten, finde im Gesetz keine Stütze.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

1. die Bescheide des Beklagten vom 29. April 2003 und den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Köln vom 7. November 2003 aufzuheben, sowie

2. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Mai 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 7. November 2003 zu verpflichten, ihr für den Bewilligungszeitraum April 2003 bis März 2004 Ausbildungsförderung in Höhe von 530,- EUR monatlich zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er wiederholt und vertieft die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und führt ergänzend aus, es könnten nur solche Schulden vermögensmindernd berücksichtigt werden, die sich auf die nach § 28 Abs. 1 und 2 BAföG ermittelten Vermögensgegenstände beziehen.

Das Gericht hat im Erörterungstermin am 5. April 2006 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Vaters der Klägerin, Herrn M.

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme und der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Streitakte, der Gerichtsakte 6 K 983/05 und der zu diesen Verfahren jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie auf den Inhalt der Strafakte 39 Js 577/03 Bezug genommen.

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Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage, über die das Gericht aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat keinen Erfolg. Die den Bewilligungszeitraum April 2002 bis März 2003 betreffenden Rücknahme- und Rückforderungsbescheide des Beklagten vom 29. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Köln vom 7. November 2003 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO (1). Die Klägerin hat ferner für den Bewilligungszeitraum April 2003 bis März 2004 keinen (weitergehenden) Anspruch auf Bewilligung von Ausbildungsförderung über die bereits gewährte Höhe hinaus, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO (2).

1.

Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligungsbescheide ist § 45 Abs. 1 SGB X. Danach kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Bewilligungsbescheide vom 28. Mai 2002 und vom 27. September 2002 sind rechtswidrig, weil die Klägerin infolge förderungsrechtlich anzurechnenden Vermögens keinen Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsförderung hatte.

Gemäß § 1 BAföG besteht ein Anspruch auf individuelle Ausbildungsförderung nur dann, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel nicht anderweitig zur Verfügung stehen. In Konkretisierung dieses Nachranggrundsatzes regeln die vorliegend allein streitentscheidenden Vorschriften der §§ 11 Abs. 2, 26 ff. BAföG den Einsatz des Vermögens des Auszubildenden. Dabei ist grundsätzlich nur das im Zeitpunkt der Stellung des Antrages vorhandene Vermögen zu berücksichtigen. Überträgt der Auszubildende jedoch sein Vermögen, anstatt es für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung einzusetzen, unentgeltlich an einen Dritten mit dem Ziel, eine Anrechnung des Vermögens auf die begehrte Förderung zu verhindern, so handelt er rechtsmissbräuchlich. Dies hat unabhängig von der zivilrechtlichen Wirksamkeit der unentgeltlichen Übertragung zur Folge, dass das übertragene Vermögen dem Auszubildenden weiterhin zugerechnet und nach Maßgabe der genannten Vorschriften auf den Bedarf angerechnet wird, BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1983 – 5 C 103/80 -, FamRZ 1983, 1174.

Hiervon ausgehend verfügte die Klägerin über anzurechnendes Vermögen in einer Höhe, die ausreichte, ihren Bedarf während des ersten Bewilligungszeitraumes vollständig zu decken.

Im Zeitpunkt der Antragstellung für den ersten Bewilligungszeitraum am 8. April 2002 verfügte die Klägerin über Vermögen in Form eines Sparguthabens in Höhe von 4.619,14 EUR bei der D.bank, eines Wertpapierdepots bei der D.bank im Wert von 152,50 EUR und Aktienfondsanteilen im Wert von 742,72 EUR im Depot der V. jeweils zum Stichtag 31.12.2001. Von dem Kurswert der trotz der Sperren nach § 19a EStG bzw. nach § 5 VermBG verwertbaren Wertpapiere – dies ist zwischen den Beteiligten inzwischen auch unstreitig – ist mit der Tz. 28.3.4 BAföGVwV, die der Beklagte – allerdings nur hinsichtlich der Belegschaftsaktien – angewandt hat, zugunsten der Klägerin jeweils ein 10%iger Abschlag vorzunehmen. Mit Blick auf das Kautionskonto kann vorliegend dahinstehen, ob ein solches Konto nach § 27 Abs. 1 S. 2 BAföG bereits bei der Vermögensermittlung außer Ansatz bleiben muss (wofür die rechtliche Ausgestaltung der meisten Kautionskonten sprechen dürfte), oder ob der entsprechende Betrag vermögensmindernd über § 28 Abs. 3 S. 1 BAföG von dem ermittelten Vermögen abzuziehen ist, wie die Klägerin meint und was der Beklagte im Rahmen der Vermögensberechnung für den hier in Rede stehenden ersten Bewilligungszeitraum auch getan hat. Jedenfalls kann ein Abzug nach § 28 Abs. 3 BAföG aber nur erfolgen, wenn und soweit der Betrag auch als Vermögenswert in Ansatz gebracht wird. Da der Beklagte dies ausweislich der Berechnung indes nicht getan hat, durfte er den Betrag zu Gunsten der Klägerin auch nicht vermögensmindernd berücksichtigen.

Zu dem sich hiernach ergebenden Vermögen in Höhe von 5.424,84 EUR, das bereits über dem seinerzeit maßgeblichen Freibetrag von 5.112,92 EUR liegt, ist der Wert des am 21. März 2002 von der Klägerin auf ihren Vater übertragenen Sparvermögens in Höhe von 13.330,68 EUR hinzuzurechnen. Soweit die Klägerin geltend macht, diesem Betrag hätten Schulden in entsprechender Höhe gegenübergestanden, die in Anwendung des § 28 Abs. 3 S. 1 BAföG vermögensmindernd zu berücksichtigen seien, kann dem nicht gefolgt werden.

Gegen das Bestehen einer Darlehensverbindlichkeit spricht zwar nicht bereits – was zwischen den Beteiligten gleichfalls nicht mehr streitig ist -, dass vorliegend eine Darlehensvereinbarung dergestalt, wie sie unter Fremden üblich ist (namentlich eine schriftliche Vereinbarung über die konkrete Laufzeit des Vertrages, Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens, daneben aber auch Modalitäten wie Verzinsung und, insbesondere bei längerer Laufzeit, die Sicherung des Rückzahlungsanspruchs) nicht getroffen wurde. Denn eine solche Betrachtung würde dem in einer Familie in der Regel bestehenden besonderen Vertrauensverhältnis nicht gerecht werden, in diesem Sinne ebenfalls OVG Saarl., Beschluss vom 24. April 2006 – 3 Q 60/05 -, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 21. März 2006 – 1 K 1487/05 -, juris; VG Köln, Urteil vom 21. März 2006 – 22 K 8366/04 – und VG Bremen, Urteil vom 25. Mai 2005 – 1 K 1477/03 -, juris; a.A.: Bay VGH, Beschluss vom 26. September 2005 – 19 ZB 05.1170 -; VG Aachen, Urteil vom 5. Juli 2005 – 5 K 3571/04 -, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 23. März 2005 – 10 K 4181/03 -, NJW 2005, 2874.

Soweit der Beklagte ferner nur solche Schulden vermögensmindernd berücksichtigen will, die sich – sinngemäß – auf nicht-geschützte Vermögensgegenstände beziehen, ebenso BayVGH, Beschluss vom 26. September 2005 – 19 ZB 05.1170 -, teilt das Gericht diese Auffassung nicht; denn dann wäre, worauf die Klägerin zutreffend hingewiesen hat, die Regelung in § 28 Abs. 3 S. 2 BAföG überflüssig.

Dessen ungeachtet stellt der von der Klägerin seinerzeit erworbene Pkw entgegen Tz. 27.2.5. BAföGVwV verwertbares Vermögen dar, da nicht ersichtlich ist, dass ein Pkw für die allgemeine Lebensführung eines Studenten notwendig sein soll, was jedoch alleine den Vermögensschutz für Haushaltsgegenstände nach § 27 Abs. 2 Nr. 4 BAföG rechtfertigt. Insbesondere sind Studenten nicht in einem Maße typischerweise auf Mobilität angewiesen, dem lediglich mit einem eigenen Pkw Rechnung getragen werden könnte. Ihnen ist es vielmehr zuzumuten, am Ausbildungsort eine Wohnung zu nehmen und von dort mit öffentlichen Verkehrsmitteln, deren Benutzung im übrigen aufgrund der vielerorts bestehenden sog. „Semestertickets“ nahezu kostenfrei ist, zur Ausbildungsstätte zu fahren, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17. März 2006 – 4 B 399/06 – ; VG Minden, Urteil vom 15. Dezember 2005 – 9 K 4304/04 -, NRW-E; VG Köln, Urteil vom 21. März 2006 – 22 K 8366/04 -; Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Auflage, § 27 Rn. 11.

Eine (saldierende) Vermögensminderung kann jedoch deshalb nicht vorgenommen werden, weil die Übertragung des Sparvermögens auf den Zeugen M in Anwendung der oben genannten Grundsätze rechtsmissbräuchlich erfolgte. Die Klägerin hat zur Überzeugung des Gerichts für die Vermögenszuwendung an ihren Vater keine entsprechende Gegenleistung, nämlich die behauptete Befreiung von einer bis dahin bestehenden Gegenleistung, erlangt, sondern diese allein deshalb vorgenommen, um eine Anrechnung des Sparvermögens auf die begehrten Fördermittel zu verhindern.

Diese Einschätzung beruht zunächst und zuvörderst auf dem Umstand, dass sowohl die Klägerin als auch der Zeuge M in der gemeinsam aufgesetzten Erklärung vom 17. März 2003 als einzigen Grund für die angebliche Vorfinanzierung angegeben haben, das der Klägerin gehörende Sparguthaben sei zu so guten Zinskonditionen angelegt gewesen, dass eine vorzeitige Auflösung erhebliche Zinsverluste nach sich gezogen hätte. Ausweislich des im Erörterungstermin vorgelegten Vertrages über den Kauf eines Sparkassenbriefes vom 24. August 1993 ist dieser jedoch bereits am 1. September 1997 und damit zwei Wochen nach dem Kauf des Pkw fällig geworden, so dass Zinsverluste nicht ansatzweise zu befürchten waren. Soweit die Klägerin hierzu angegeben hat, sie habe davon nichts gewusst, ist dies in Anbetracht des Umstandes, dass sie nach ihren eigenen Angaben im übrigen recht genaue Kenntnis von der Geldanlage hatte, wenig plausibel. Nicht mehr nachvollziehbar ist jedoch, dass auch der Zeuge M hohe Zinsverluste als Grund anführt, obschon er als gesetzlicher Vertreter der Klägerin den Vertrag vom 24. August 1993 unterzeichnet und im übrigen den fällig gewordenen Betrag schon am 11. September 1997 abermals auf den Namen seiner Tochter angelegt hat. Dies zu erklären hat der Zeuge M nicht einmal versucht. Soweit die Klägerin sowie der Zeuge M in der Erklärung vom 17. März 2003 ferner angegeben haben, die Klägerin habe den Hauptteil des Kaufbetrages mit dem fraglichen Sparvermögen selbst finanzieren können und nur der fehlende Betrag von 5.000,- DM sei ihr von ihren Eltern geschenkt worden, deckt sich diese Angabe zwar mit dem Wert des Sparvermögens im Jahre 2002. Im Jahre 1997 belief sich das Sparvermögen aber lediglich auf 22.000,- DM. Aus welchen Mitteln der Differenzbetrag von weiteren 5.000,- DM zu dem Kaufpreis von 32.500,01 DM aufgebracht wurde, haben aber weder die Klägerin noch der Zeuge M erklären können. Darüber hinaus ist nicht einmal ansatzweise erklärlich, warum das Geld in der Folgezeit noch weitere zwei Mal auf den Namen der Klägerin, zuletzt von ihr selbst, angelegt worden ist. Hätten die Eltern der Klägerin den Kaufpreis tatsächlich nur verauslagt, hätte nichts näher gelegen, als das Geld unmittelbar nach Fälligkeit an sich zu nehmen und es sodann auf ihren eigenen Namen anzulegen. Soweit der Zeuge M hierzu lediglich bekundet hat, er habe seiner Tochter vertraut, ist nicht nachzuvollziehen, was dies damit zu tun haben soll.

Unglaubhaft sind ferner die Angaben zu der behaupteten Notwendigkeit der Übertragung des Geldes unmittelbar vor der Antragstellung. Mit Blick auf die Treppe wäre eine Übertragung zu dem gewählten Zeitpunkt nicht notwendig gewesen, weil entweder der im Dezember 2001 eingeholte Kostenvoranschlag noch nicht einmal vorlag oder, wenn er vorlag, bereits erkennbar war, dass auf dieser Grundlage eine Herstellung nicht erfolgen würde und somit im Frühjahr 2002 auch keine größeren finanziellen Aufwendungen zu leisten sein würden.

Hinsichtlich der weiteren, für die Sanierung der Hauswand angefallenen Kosten – im übrigen nur in einer Höhe von gerade einmal 2.783,- EUR – ist bereits die Zusammenstellung der Kosten nicht nachvollziehbar: Dass der Zeuge M, der ersichtlich Schwierigkeiten mit der genauen zeitlichen Eingrenzung des Einbaues der Treppe hatte und u.a. auch die Höhe der Kfz-Steuer nur ungefähr angeben konnte, sich angeblich an die genaue Höhe der im Frühjahr 2002 angefallenen Kosten für die einzelnen Posten erinnern will, obschon er weder über Kontoauszüge, Rechnungen oder ähnliches verfügen will, kann ihm nicht abgenommen werden. Insbesondere ist aber bemerkenswert, dass für die genannte geringfügige Summe das im November 2000 für die damaligen Verhältnisse zu guten Zinskonditionen angelegte Geld noch innerhalb der 18-monatigen Sperrfrist und unter Zinsverlusten eingesetzt worden sein soll. Nimmt man ferner hinzu, dass die Eltern der Klägerin zwar angeblich dringend auf deren Geld angewiesen gewesen sein sollen (was sich nach Ansicht der Klägerin schon daran zeigen solle, dass sie Förderungshöchstsatzberechtigt sei), sich aber gleichwohl in der Lage sahen, sich noch im selben Jahr einen neuen Pkw zu leisten, so drängt sich nachgerade der Eindruck auf, dass mit unlauteren Mitteln versucht werden soll, das Sparvermögen vor einem ausbildungsbedingten Verbrauch zu schützen.

Aus den vorstehenden Ausführungen folgt, dass die Klägerin hinsichtlich aller Vermögenswerte mit Ausnahme des Pkw selbst nicht nur grob fahrlässig, sondern vorsätzlich falsche Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht hat; auch hinsichtlich der Depots musste der Klägerin aufgrund ihrer Ausbildung bewusst sein, dass die Sperren lediglich steuerrechtliche Auswirkungen haben, eine Verfügung aber nicht hindern. Ein Vertrauensschutz in den Bestand der Bewilligungsbescheide ist damit ausgeschlossen, § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich.

2.

Die Klägerin hat infolge vorrangig einzusetzenden Vermögens ferner keinen (weitergehenden) Anspruch auf Gewährung von Ausbildungsförderung für den Bewilligungszeitraum April 2003 bis März 2004. Insoweit ist unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen allerdings von folgendem Vermögensstand auszugehen: Das Wertpapierdepot bei der D.bank ist unter Berücksichtigung des 10%igen Abschlages mit einem Wert von 106,20 EUR, das Depot bei der V mit einem Wert von 472,18 EUR anzurechnen. Hinzu kommt ferner das Sparguthaben in der noch verbliebenen Höhe von 2.030,49 EUR und das rechtsmissbräuchlich auf den Vater übertragene Sparvermögen in Höhe von 13.330,68 EUR. Soweit der Beklagte auch das auf dem Girokonto am 12. März 2003 befindliche Guthaben von 263,92 EUR anrechnet, ist zu berücksichtigen, dass der Klägerin für den Monat März noch Fördermittel in Höhe von 530,- EUR zugeflossen sind; damit spricht aber alles dafür, dass es sich bei dem genannten Betrag um Leistungen nach dem BAföG handelt, die weder als Einkommen (vgl. § 21 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 BAföG), noch vorliegend bereits als Vermögen angerechnet werden dürfen.

Von dem so ermittelten Vermögen in Höhe von 15.939,55,- EUR (statt 16.267,73 EUR) hat der Beklagte zutreffend den Betrag abgesetzt, den die Klägerin ohne die – rechtswidrige – Inanspruchnahme der Fördermittel im vorhergehenden Bewilligungszeitraum zur Deckung des Lebensunterhalts und der Ausbildungskosten verbraucht hätte, hier also den Rückforderungsbetrag von 6.354,- EUR. Soweit sich hiernach ein höherer monatlicher Förderbetrag ergibt, nämlich von 165,- EUR, ist indes zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu Unrecht den Wert des Pkw nicht angerechnet hat. Hinsichtlich der Höhe dieses Vermögensgegenstandes kann ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens davon ausgegangen werden, dass der Pkw im Neuwert von rund 16.616,- EUR auch fünfeinhalb Jahre nach der Erstzulassung einen Wert in Höhe des monatlichen Differenzbetrages von 27,- EUR hatte; er dürfte überdies auch die gewährte Ausbildungsförderung von 1.656,- EUR (138,- EUR x 12 Monate) bei weitem überstiegen haben.

Ergänzend sei mit Blick auf die Aufrechnung im Bescheid vom 28. Mai 2003 folgendes angemerkt: Die in den Feldern 45 und 46 genannten Beträge beruhen auf dem Umstand, dass in einem – an die Klägerin nicht abgesandten – Bescheid vom 29. April 2003 versehentlich eine Vermögensanrechnung unterblieben ist und daher der Förderungsbetrag in die EDV in der „alten“ Höhe von 530,- EUR eingegeben wurde. Nachdem der Beklagte seinen Irrtum erkannte, korrigierte er in dem Bescheid vom 28. Mai 2003 die fehlerhafte Eingabe. Der Betrag im Feld 45 ist dann wie folgt ermittelt worden: Von der aus dem vorhergehenden Bewilligungszeitraum bestehenden Rückforderung von 6.354,- EUR ist (verrechnend) ein Betrag von 530,- EUR abgezogen worden, weil der Klägerin für den Monat April 2003 keine Leistungen ausgezahlt worden sind, sowie ein weiterer Betrag von 46,60 EUR, der seinerseits aus einer Aufrechnung resultiert; aus diesem Grunde ist der Klägerin für den Monat Mai 2003 dann ein Betrag von 483,40 EUR (530,- EUR abzgl. 46,60 EUR) ausgezahlt worden. Hinzuzurechnen war weiter die – nur als Buchungsposten berücksichtigte – Rückforderung von 784,- EUR aus der Differenz zwischen 2x 530,- EUR zu 2x 138,- EUR (Monate April und Mai). Der sich hieraus zusammensetzende Betrag im Feld 47 ist gleich dem Rückforderungsbetrag des vorhergehenden Bewilligungszeitraumes von 6.354,- EUR zuzüglich der Differenz zwischen der der Klägerin für die Monate April und Mai 2003 zustehenden Förderung von 2x 138,- EUR und dem an sie gezahlten Betrag von 483,40 EUR (= 207,40 EUR). Die 466,- EUR im Feld 50 folgen aus der „angedachten“ Aufrechnung von 46,60 EUR für die weiteren zehn Monate des Bewilligungszeitraumes, die jedoch nicht erfolgt ist. Tatsächlich einbehalten wurden Beträge in Höhe von 46,60 EUR im Juni 2003 und jeweils 17,86 EUR in den Monaten Juli 2003 bis März 2004; zusammen ergeben sie den oben genannten Differenzbetrag von 207,40 EUR. Daraus folgt, dass die Rückforderung aus dem ersten Bewilligungszeitraum noch in voller Höhe offen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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