Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- BAföG nach Fachrichtungswechsel: VG Frankfurt prüft wichtigen Grund und Doppelstudium
- Ausgangssituation: Vom Lehramtsstudium zum Wunsch nach Sozialer Arbeit
- Der Streitpunkt: Verspäteter Fachrichtungswechsel nach dem 3. Semester und BAföG-Anspruch
- Die Klage vor dem Verwaltungsgericht: Förderung für neues oder altes Studium?
- Die Entscheidung des VG Frankfurt: Kein BAföG für Soziale Arbeit, aber für Lehramt
- Begründung Teil 1: Warum der späte Fachrichtungswechsel keinen wichtigen Grund darstellt (§ 7 Abs. 3 BAföG)
- Begründung Teil 2: Fehlender Eignungsmangel für Lehramt nicht glaubhaft gemacht
- Begründung Teil 3: Anspruch auf BAföG für das fortgeführte Lehramtsstudium im Doppelstudium
- Kostenentscheidung im BAföG-Verfahren
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann gilt ein Fachrichtungswechsel als „unverzüglich“ im Sinne des BAföG?
- Welche Gründe werden als „wichtige Gründe“ für einen Fachrichtungswechsel nach dem 3. Semester anerkannt?
- Wie wirkt sich ein Doppelstudium auf den BAföG-Anspruch aus, wenn der Fachrichtungswechsel abgelehnt wurde?
- Was bedeutet „Neigungswandel“ und wann wird er als ausreichender Grund für einen Fachrichtungswechsel anerkannt?
- Welche Rolle spielt der Zeitpunkt der Kenntnisnahme eines „wichtigen Grundes“ für den BAföG-Anspruch bei einem Fachrichtungswechsel?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 3 K 3225/20.F | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Verwaltungsgericht Frankfurt
- Aktenzeichen: 3 K 3225/20.F
- Verfahrensart: Gerichtsbescheid
- Rechtsbereiche: Ausbildungsförderungsrecht (BAföG)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Studentin, die BAföG für ihr ursprüngliches Lehramtsstudium erhielt und nach einem geplanten Fachrichtungswechsel BAföG für ein neues Studium (Soziale Arbeit) beantragte bzw. hilfsweise für das fortgeführte Lehramtsstudium.
- Beklagte: Die zuständige Behörde für BAföG (vermutlich das Studentenwerk), die die Bewilligung von BAföG für das neue Studium ablehnte.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine Studentin wechselte nach dem 3. Fachsemester ihr Studienfach vom Lehramt zu Soziale Arbeit und beantragte dafür BAföG. Sie begründete den Wechsel mit mangelnder Neigung und Eignung. Die zuständige Behörde lehnte den Antrag ab, da sie den Wechsel für zu spät hielt. Die Studentin begann daraufhin das neue Studium, blieb aber auch im alten Fach eingeschrieben (Doppelstudium) und klagte auf BAföG-Förderung für das neue oder hilfsweise für das ursprüngliche Studium.
- Kern des Rechtsstreits: Die zentrale Frage war, ob der Fachrichtungswechsel nach dem 3. Fachsemester einen ausreichenden Grund für die BAföG-Förderung des neuen Studiums darstellte und ob das ursprüngliche Lehramtsstudium weiterhin förderfähig war, obwohl die Studentin zusätzlich ein anderes Fach belegte.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht entschied, dass die Klage teilweise Erfolg hatte. Der Antrag auf BAföG für das neue Studium der Sozialen Arbeit wurde abgewiesen. Die zuständige Behörde wurde aber verpflichtet, der Studentin für ihr ursprüngliches Lehramtsstudium weiterhin BAföG zu bewilligen.
- Begründung: Das Gericht sah keinen wichtigen Grund für den Fachrichtungswechsel nach dem 3. Semester. Es stellte fest, dass der angegebene Neigungsmangel bereits zu Studienbeginn vorlag und die Studentin nach dem Gesetz früher, spätestens nach dem 2. Semester, die Konsequenzen hätte ziehen müssen. Der erst später geltend gemachte Eignungsmangel spielte daher keine entscheidende Rolle und war vom Gericht auch nicht als hinreichend dargelegt angesehen. Für das ursprüngliche Lehramtsstudium bestand jedoch ein Förderanspruch, weil die Studentin dort weiterhin eingeschrieben, aktiv und leistungsfähig war.
- Folgen: Die Studentin erhält für den streitigen Zeitraum keine BAföG-Förderung für das Studium der Sozialen Arbeit. Sie erhält jedoch BAföG für ihr fortgeführtes Lehramtsstudium. Die Kosten des Gerichtsverfahrens wurden zwischen der Studentin und der Behörde geteilt.
Der Fall vor Gericht
BAföG nach Fachrichtungswechsel: VG Frankfurt prüft wichtigen Grund und Doppelstudium
Eine Studentin beantragte nach einem Wechsel ihres Studienfachs vom Lehramt Grundschule zur Sozialen Arbeit weiterhin Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main musste klären, ob der Wechsel nach dem dritten Fachsemester aus einem wichtigen Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG erfolgte und ob die Studentin trotz Ablehnung für das neue Fach möglicherweise weiterhin BAföG für ihr ursprüngliches Lehramtsstudium beanspruchen konnte, das sie parallel weiterführte (sogenanntes Doppelstudium). Die Entscheidung (Az.: 3 K 3225/20.F) beleuchtet die strengen Voraussetzungen für einen späten Fachrichtungswechsel und die Fördermöglichkeiten bei gleichzeitigem Studium zweier Fächer.
Ausgangssituation: Vom Lehramtsstudium zum Wunsch nach Sozialer Arbeit
Die Studentin begann im Wintersemester 2019/2020 ihr Studium für das Lehramt an Grundschulen an der Universität in F. C-Stadt. Ihre Fächer waren Mathematik, Deutsch und Sachunterricht. Für dieses Studium erhielt sie bis September 2020 BAföG-Leistungen. Im August 2020 stellte sie einen neuen Antrag auf Ausbildungsförderung für den Zeitraum Oktober 2020 bis September 2021. Gleichzeitig bat sie um eine Vorabentscheidung nach § 46 Abs. 5 BAföG, da sie plante, ihr Studienfach zu wechseln. Als Grund für den geplanten Wechsel zur Sozialen Arbeit an der C-Stadt University of Applied Sciences nannte sie einen Neigungswandel bzw. einen Eignungsmangel.
Sie erklärte, zwar Interesse an den Bildungswissenschaften gehabt zu haben, aber von Beginn an ein großes Desinteresse an den Kernfächern Mathematik, Deutsch und deren Didaktik verspürt zu haben. Dieses Gefühl habe sich verstärkt, und sie habe zunehmend an ihrer Eignung als Lehrerin gezweifelt. Ein Praktikum während ihres dritten Fachsemesters (Wintersemester 2019/20) habe diese Zweifel bestätigt. Sie habe sich vor der Klasse nervös und unwohl gefühlt, sei nicht gerne im Mittelpunkt gestanden und habe sich lieber zurückgezogen. Dies habe ihr das Gefühl gegeben, für den Lehrerberuf ungeeignet zu sein.
Der Streitpunkt: Verspäteter Fachrichtungswechsel nach dem 3. Semester und BAföG-Anspruch
Das zuständige BAföG-Amt lehnte mit Bescheid vom 15. September 2020 die Förderung für das neue Studium der Sozialen Arbeit ab. Die Begründung: Der Fachrichtungswechsel nach Beginn des vierten Fachsemesters sei verspätet erfolgt. Nach § 7 Abs. 3 BAföG könne ein Wechsel nach dem dritten Semester nur bei Vorliegen eines unabweisbaren Grundes gefördert werden, oder wenn er aus einem wichtigen Grund erfolgt und unverzüglich nach Kenntnis dieses Grundes vollzogen wird.
Das Amt argumentierte, dass die Studentin ihr Desinteresse an den Kernfächern bereits zu Beginn des Studiums bemerkt habe. Spätestens zum Ende des zweiten Fachsemesters hätte sie erkennen müssen, dass das Lehramtsstudium nicht ihren Neigungen entspreche, und hätte die Konsequenzen ziehen müssen. Der Neigungswandel sei also schon früher eingetreten. Dass sich die fehlende Eignung erst im Praktikum im dritten Semester gezeigt habe, ändere daran nichts. Dies hätte sie bei der Studienwahl oder zu Beginn bedenken müssen. Der Wechsel sei daher zu spät erfolgt.
Die Studentin legte Widerspruch ein. Sie betonte, dass ein Wichtiger Grund (Eignungsmangel/Neigungswechsel) vorliege und sie die Entscheidung unverzüglich getroffen habe. Sie habe bewusst das erste Praktikum im dritten Semester abgewartet, um sicherzugehen, dass sie tatsächlich ungeeignet sei. Ein früheres Praktikum sei laut Studienordnung nicht möglich gewesen.
Das BAföG-Amt wies den Widerspruch mit Bescheid vom 17. November 2020 zurück. Es bekräftigte seine Auffassung, dass der Neigungswandel bereits zu Beginn bestand und die Studentin spätestens nach zwei Semestern hätte handeln müssen. Warum dies nicht möglich gewesen sein soll, sei nicht nachvollziehbar. Die ersten drei Semester seien förderungsrechtlich keine reine „Kennenlernphase“. Da der Wechsel wegen des Neigungswandels schon früher hätte erfolgen müssen, komme es auf den später hinzugekommenen Eignungsmangel nicht mehr an. Zudem stellte das Amt klar, dass auch eine Förderung des Lehramtsstudiums nicht mehr möglich sei, da die Studentin dieses offensichtlich nicht mehr mit dem Ziel eines berufsqualifizierenden Abschlusses betreibe.
Die Klage vor dem Verwaltungsgericht: Förderung für neues oder altes Studium?
Daraufhin erhob die Studentin Klage beim Verwaltungsgericht Frankfurt. Sie bekräftigte, der Eignungsmangel sei erst im Praktikum im dritten Semester offensichtlich geworden, und sie habe ohne schuldhaftes Zögern reagiert. Ein Praktikum sei erst ab dem dritten Semester vorgesehen gewesen. Sie legte außerdem Nachweise vor (Studienbescheinigungen, Notenspiegel, Prüfungsanmeldungen), die belegen sollten, dass sie das Lehramtsstudium parallel weiterführte. Ihr Hauptantrag zielte auf die Verpflichtung des BAföG-Amtes, ihr BAföG für das Studium der Sozialen Arbeit zu bewilligen. Hilfsweise beantragte sie die Verpflichtung, ihr weiterhin BAföG für das Lehramtsstudium zu gewähren.
Das BAföG-Amt beantragte die Abweisung der Klage. Es argumentierte, dass als Folge der Ablehnung des Fachrichtungswechsels auch keine Förderung für das Lehramtsstudium mehr in Betracht komme. Ein reguläres Vollzeitstudium an zwei Hochschulen sei unrealistisch, und die Studentin strebe im Lehramtsstudium keinen Abschluss mehr an.
Die Entscheidung des VG Frankfurt: Kein BAföG für Soziale Arbeit, aber für Lehramt
Das Verwaltungsgericht Frankfurt entschied per Gerichtsbescheid teilweise zugunsten der Studentin.
- Der Antrag auf BAföG für das neue Studium der Sozialen Arbeit wurde als unbegründet abgewiesen. Die Ablehnung durch das BAföG-Amt wurde als rechtmäßig bestätigt.
- Der Hilfsantrag auf BAföG für das ursprüngliche Lehramtsstudium wurde als zulässig und begründet angesehen. Das BAföG-Amt wurde verpflichtet, der Studentin für ihr Lehramtsstudium im Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 30. September 2021 Ausbildungsförderung zu bewilligen.
- Die Kosten des Verfahrens wurden zwischen der Studentin und dem BAföG-Amt aufgeteilt.
Begründung Teil 1: Warum der späte Fachrichtungswechsel keinen wichtigen Grund darstellt (§ 7 Abs. 3 BAföG)
Das Gericht führte aus, dass ein Anspruch auf Förderung für das Studium der Sozialen Arbeit nicht bestand. Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG wird Ausbildungsförderung für eine andere Ausbildung nur geleistet, wenn die Fachrichtung aus wichtigem Grund gewechselt wurde. An Hochschulen ist dies grundsätzlich nur bis zum Beginn des vierten Fachsemesters möglich. Erfolgt der Wechsel bis zum Beginn des dritten Fachsemesters, wird ein wichtiger Grund vermutet (§ 7 Abs. 3 Satz 4 BAföG). Da die Studentin erst nach dem dritten Semester wechseln wollte, galt diese Vermutung nicht.
Ein wichtiger Grund liegt laut ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann vor, wenn dem Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei muss abgewogen werden zwischen den Interessen des Auszubildenden und der Allgemeinheit an einer zügigen und verantwortungsbewussten Ausbildung. Auszubildende sind verpflichtet, ihre Neigung und Eignung kontinuierlich zu prüfen und bei Zweifeln unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, die Konsequenzen zu ziehen – entweder durch Abbruch oder Wechsel.
Die Studentin hatte selbst angegeben, bereits ab Studienbeginn „großes Desinteresse“ an den Kernfächern empfunden zu haben. Das Gericht wertete dies klar als Neigungswandel. Es stimmte dem BAföG-Amt zu, dass die Studentin bei dieser Sachlage nicht erst das Praktikum im dritten Semester hätte abwarten dürfen. Sie hätte bereits nach dem zweiten Fachsemester aus ihrer fehlenden Neigung Konsequenzen ziehen müssen. Indem sie dies unterließ, verletzte sie ihre Obliegenheit zum unverzüglichen Handeln. Daher lag kein wichtiger Grund im Sinne des § 7 Abs. 3 BAföG für den Wechsel vor, soweit er auf dem Neigungswandel beruhte.
Begründung Teil 2: Fehlender Eignungsmangel für Lehramt nicht glaubhaft gemacht
Die Studentin hatte zusätzlich einen Eignungsmangel geltend gemacht, der sich erst im Praktikum gezeigt habe. Ein solcher Mangel kann grundsätzlich auch ein wichtiger Grund sein. Das Gericht stellte jedoch klar: Ein nachträglich auftretender Eignungsmangel rechtfertigt keinen späten Wechsel, wenn der Studierende bereits zuvor wegen eines offensichtlichen Neigungswandels hätte handeln müssen. Hätte die Studentin – wie vom Gericht gefordert – bereits nach dem zweiten Semester wegen ihres Desinteresses gehandelt, wäre die Frage der Eignung im dritten Semester gar nicht mehr relevant gewesen.
Unabhängig davon hielt das Gericht den geltend gemachten Eignungsmangel für nicht ausreichend dargelegt. Ein Eignungsmangel liegt vor, wenn trotz ernsthafter Bemühungen keine ausreichenden Leistungen erbracht werden können. Die Beschreibung der Studentin, sie habe sich im Praktikum lediglich unwohl gefühlt und zurückgezogen, passte nach Ansicht des Gerichts nicht zu der guten Benotung von 2,0, die sie für die schulpraktischen Studien im betreffenden Semester erhalten hatte. Zudem war sie für ein zweites Praktikum eingeteilt worden, ohne dass Probleme bekannt wurden. Entscheidend war auch eine von der Studentin im Parallelverfahren vorgelegte Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG. Diese bestätigte ihr, bis zum Ende des vierten Fachsemesters (Stichtag 17.03.2021) die üblichen Studienleistungen erbracht zu haben. Dies widersprach der Annahme einer fehlenden Eignung für das Lehramtsstudium.
Mangels eines wichtigen Grundes war die Ablehnung der Förderung für das Studium der Sozialen Arbeit somit rechtmäßig.
Begründung Teil 3: Anspruch auf BAföG für das fortgeführte Lehramtsstudium im Doppelstudium
Das Gericht folgte jedoch nicht der Argumentation des BAföG-Amtes, dass wegen des fehlgeschlagenen Wechsels auch keine Förderung mehr für das Lehramtsstudium möglich sei. Entscheidend war, dass die Studentin sich nicht aus dem Lehramtsstudium exmatrikuliert hatte, sondern seit dem Wintersemester 2020/2021 ein Doppelstudium betrieb.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird bei einem Doppelstudium diejenige Ausbildung gefördert, die als Hauptstudium geführt wird oder vom Studierenden als solche benannt wird. Mit ihrem ursprünglichen BAföG-Antrag vom August 2020 hatte die Studentin explizit Förderung für ihr Lehramtsstudium beantragt, auch wenn sie einen Wechsel anstrebte. Damit war das Lehramtsstudium für BAföG-Zwecke als Hauptstudium bestimmt.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Studentin dieses Lehramtsstudium tatsächlich weiter betrieb. Die vorgelegten Unterlagen (Prüfungsanmeldungen, Praktikumsvorbereitungen) belegten Aktivitäten im Wintersemester 2020/2021. Besonders überzeugend war erneut die Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG, die ihr den normalen Studienfortschritt bis Ende des vierten Semesters bescheinigte.
Zudem hatte das BAföG-Amt selbst der Studentin mit Bescheid vom 19. Oktober 2021 für den nachfolgenden Bewilligungszeitraum (Oktober 2021 bis September 2022) erneut BAföG für das Lehramtsstudium bewilligt. Dies bestätigte indirekt, dass auch das Amt davon ausging, dass das Studium fortgesetzt wurde und grundsätzlich förderfähig war.
Da die Studentin somit das Lehramtsstudium im streitigen Zeitraum fortsetzte, es als Hauptstudium für BAföG-Zwecke benannt hatte und die erforderlichen Leistungsnachweise erbrachte, bestand ein Anspruch auf Weiterbewilligung von Ausbildungsförderung für das Lehramtsstudium.
Kostenentscheidung im BAföG-Verfahren
Die Kosten des Rechtsstreits wurden gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO zwischen der Studentin und dem BAföG-Amt aufgeteilt, da beide Parteien teilweise gewonnen und teilweise verloren hatten. Gerichtskosten fielen, wie in BAföG-Verfahren üblich (§ 188 Satz 2 VwGO), nicht an.
Die Schlüsselerkenntnisse
Dieses BAföG-Urteil klärt wichtige Grenzen für Studierende mit Fachrichtungswechsel: Ein Neigungswandel muss spätestens nach dem dritten Semester durch einen Fachwechsel umgesetzt werden, sonst erlischt der Förderanspruch für das neue Fach – bloßes „Unwohlsein“ im Praktikum reicht dabei nicht als Eignungsmangel. Überraschend entschied das Gericht jedoch, dass parallel weiterbetriebene ursprüngliche Studiengänge weiterhin förderungsfähig sind, wenn der Student nachweislich aktiv studiert und übliche Leistungen erbringt. Für Studierende bedeutet dies, dass sie bei Studienzweifeln schnell handeln sollten, aber bei fortgeführtem Erststudium nicht automatisch alle BAföG-Ansprüche verlieren.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann gilt ein Fachrichtungswechsel als „unverzüglich“ im Sinne des BAföG?
Im Zusammenhang mit der Förderung eines Fachrichtungswechsels nach dem dritten Semester ist die Unverzüglichkeit eine wichtige Voraussetzung. Sie ist in § 7 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) geregelt.
Was bedeutet „unverzüglich“ genau?
„Unverzüglich“ bedeutet im juristischen Sinne nicht „sofort“, aber „ohne schuldhaftes Zögern“. Das heißt, Sie haben eine gewisse, aber begrenzte Zeit, um zu handeln, nachdem Sie den wichtigen Grund für den Wechsel erkannt haben. Es ist eine Abwägung: Sie müssen eine sorgfältige Entscheidung treffen können, aber diese Entscheidung darf nicht unnötig lange hinausgezögert werden.
Wann beginnt die Frist für die Unverzüglichkeit?
Die Frist beginnt zu laufen, sobald Ihnen ein wichtiger Grund für den Fachrichtungswechsel bekannt wird und Sie diesen Grund auch erkennen können. Stellen Sie sich vor, Sie stellen nach einiger Zeit im Studium fest, dass Ihnen die Begabung für das Fach fehlt (Eignungsmangel). Ab dem Zeitpunkt, zu dem Ihnen dieser Eignungsmangel klar wird oder klar sein müsste, beginnt die Zeitspanne, innerhalb derer Sie sich für einen Wechsel entscheiden und die notwendigen Schritte einleiten müssen.
Wie lange ist diese Zeitspanne ungefähr?
Das Gesetz nennt keine feste Tages- oder Wochenfrist. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Rechtsprechung und die Verwaltungspraxis sehen oft eine Zeitspanne von etwa zwei bis drei Monaten nach Kenntnis des wichtigen Grundes als ausreichend an, um eine Entscheidung zu treffen. Längere Zeiträume werden in der Regel nur akzeptiert, wenn es dafür besondere, nachvollziehbare Gründe gibt. Wenn Sie die Entscheidung für den Wechsel nach der Erkenntnis des Grundes länger als unbedingt nötig aufschieben, kann das als schuldhaftes Zögern gewertet werden und den Anspruch auf BAföG-Förderung für das neue Studium gefährden.
Welche Gründe werden als „wichtige Gründe“ für einen Fachrichtungswechsel nach dem 3. Semester anerkannt?
Wenn Sie nach dem 3. Semester Ihr Studienfach wechseln möchten, kann dies Auswirkungen auf die Förderung Ihres Studiums haben, zum Beispiel durch BAföG. Damit eine solche Förderung weiter möglich ist, muss der Fachrichtungswechsel auf einem sogenannten „wichtigen Grund“ beruhen. Ein bloßer Neigungswandel, also dass Ihnen das Fach einfach nicht mehr gefällt, reicht dafür in der Regel nicht aus.
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Ihnen die Fortsetzung des Studiums im bisherigen Fach aus bestimmten schwerwiegenden und oft unvorhergesehenen Gründen nicht mehr zugemutet werden kann. Diese Gründe müssen zum Zeitpunkt des Studienbeginns oder eines früheren Wechsels nicht erkennbar gewesen sein oder sich danach entwickelt haben.
Beispiele für anerkannte wichtige Gründe
Typische Beispiele für solche wichtigen Gründe, die von den zuständigen Stellen oder Gerichten anerkannt werden können, sind:
- Mangelnde Eignung (Eignungsmangel): Sie stellen fest, dass Sie trotz ernsthafter Bemühungen und Einsatzes für das gewählte Fach nicht geeignet sind. Dies zeigt sich oft daran, dass Sie trotz intensiven Lernens erhebliche Schwierigkeiten mit den grundlegenden Anforderungen oder typischen Denkweisen des Faches haben. Es geht hier nicht nur um schlechte Noten, sondern um eine grundsätzliche Schwierigkeit, den Stoff zu verstehen oder die typischen Arbeitsweisen anzuwenden.
- Gesundheitliche Gründe: Eine neu aufgetretene oder sich verschlimmernde Krankheit macht es Ihnen unmöglich, das bisherige Studium fortzusetzen oder den angestrebten Beruf auszuüben. Zum Beispiel, wenn Sie ein Lehramtsstudium beginnen und später feststellen, dass Sie aus gesundheitlichen Gründen nicht vor Schulklassen stehen können.
- Veränderte Berufsperspektiven: Die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt für das gewählte Studienfach haben sich seit Beginn Ihres Studiums gravierend und unvorhersehbar verschlechtert, sodass eine sinnvolle berufliche Tätigkeit in diesem Bereich unwahrscheinlich geworden ist.
Andere Umstände, wie schwerwiegende persönliche oder familiäre Ereignisse, können im Einzelfall ebenfalls als wichtiger Grund anerkannt werden, wenn sie das Studium unzumutbar beeinflussen.
Welche Nachweise sind erforderlich?
Um einen wichtigen Grund glaubhaft zu machen, müssen Sie entsprechende Nachweise erbringen. Diese können je nach Grund variieren:
- Bei Eignungsmangel: Bescheinigungen von Professoren oder Dozenten, die Ihre Schwierigkeiten bestätigen, oder Nachweise über erfolglose Versuche, Defizite auszugleichen (z.B. durch Repetitorien).
- Bei gesundheitlichen Gründen: Ein ausführliches ärztliches Attest, das die Art der Erkrankung, deren Auswirkungen auf das Studium oder den späteren Beruf und die daraus resultierende Notwendigkeit des Fachrichtungswechsels beschreibt. Eventuell kann auch ein psychologisches Gutachten notwendig sein.
- Bei veränderten Berufsperspektiven: Nachweise über die gravierende Veränderung der Arbeitsmarktlage, die über allgemeine Schwankungen hinausgeht.
Wichtig ist, dass die Nachweise klar und nachvollziehbar darlegen, warum die Fortsetzung des bisherigen Studiums aus dem geltend gemachten Grund nicht mehr möglich oder zumutbar ist. Ein einfacher Wunsch, etwas anderes zu studieren, oder die Feststellung, dass ein anderes Fach interessanter erscheint, reicht, wie erwähnt, in der Regel nicht aus.
Wie wirkt sich ein Doppelstudium auf den BAföG-Anspruch aus, wenn der Fachrichtungswechsel abgelehnt wurde?
Das Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) unterstützt grundsätzlich eine Ausbildung, die auf ein bestimmtes Berufsziel ausgerichtet ist. Wenn Sie ein Studium beginnen, wird dieses als Ihre erste, förderbare Ausbildung angesehen.
Ablehnung des Fachrichtungswechsels und BAföG für das neue Fach
Wenn Sie zu einem späteren Zeitpunkt die Studienrichtung wechseln und einen Antrag auf Förderung für das neue Fach stellen, prüft das zuständige BAföG-Amt, ob dieser Wechsel anerkannt werden kann. Wird Ihr Antrag auf Förderung für das neue Studienfach abgelehnt – beispielsweise, weil die Gründe für den Wechsel aus Sicht des BAföG nicht ausreichen oder der Wechsel zu spät erfolgt – bedeutet dies klar, dass Sie für das neu aufgenommene Fach kein BAföG erhalten.
Auswirkungen des Doppelstudiums auf das ursprüngliche Fach
Selbst wenn die Förderung für das neue Fach abgelehnt wurde und Sie dieses neben Ihrem ursprünglichen Studienfach weiterführen (ein Doppelstudium), kann dies Auswirkungen auf den BAföG-Anspruch für das ursprüngliche Fach haben.
Das BAföG-Amt prüft regelmäßig, ob Sie Ihr Studium ernsthaft und zielstrebig verfolgen. Dazu gehört auch der Nachweis bestimmter Studienleistungen (§ 48 BAföG). Wenn Sie nun zwei Studienfächer gleichzeitig betreiben, kann das BAföG-Amt prüfen, ob Ihr Fokus noch ausreichend auf dem ursprünglichen, geförderten Fach liegt.
Ein Doppelstudium kann die Studienleistungen im ursprünglichen Fach beeinträchtigen, da Ihre Zeit und Energie auf zwei Studiengänge verteilt werden. Wenn Sie aufgrund des zusätzlichen Studiums die erforderlichen Leistungsnachweise im ursprünglichen Fach nicht oder nicht rechtzeitig erbringen, kann dies dazu führen, dass der BAföG-Anspruch für das ursprüngliche Fach entfällt, selbst wenn der Wechsel in das zweite Fach nicht gefördert wurde.
Es kommt also entscheidend darauf an, ob Sie trotz des Doppelstudiums weiterhin die notwendigen Fortschritte und Leistungen in dem Fach erzielen, für das Sie ursprünglich BAföG erhalten haben. Die Ablehnung der Förderung für den Wechsel bedeutet lediglich, dass das neue Fach nicht gefördert wird; die gleichzeitige Verfolgung kann aber indirekt die Förderung des ursprünglichen Fachs gefährden, falls die Leistung darunter leidet.
Was bedeutet „Neigungswandel“ und wann wird er als ausreichender Grund für einen Fachrichtungswechsel anerkannt?
Ein „Neigungswandel“ bedeutet vereinfacht gesagt, dass sich Ihre persönlichen Interessen oder Vorlieben bezüglich Ihres Studienfachs ändern. Sie stellen vielleicht fest, dass Sie das Fach doch nicht so spannend oder erfüllend finden wie gedacht, und entwickeln stattdessen Interesse an einem anderen Bereich.
Allgemein gilt: Ein reiner Neigungswandel ist für sich genommen in der Regel kein ausreichender Grund für einen Fachrichtungswechsel, insbesondere wenn dieser erst nach den ersten Semestern (oft nach dem dritten Semester) erfolgt. Das liegt daran, dass nach Beginn des Studiums erwartet wird, dass Sie sich bewusst für ein Fach entschieden haben und dieses auch abschließen. Ein bloßes „Kein Interesse mehr“ oder „Ein anderes Fach gefällt mir jetzt besser“ reicht dann meist nicht aus, um einen Wechsel zu rechtfertigen, der beispielsweise Auswirkungen auf eine mögliche Studienfinanzierung haben könnte.
Wann ein Fachrichtungswechsel wichtig werden kann
Ein Neigungswandel kann aber dann relevant werden, wenn er gemeinsam mit anderen schwerwiegenden Gründen auftritt. Ein wichtiger solcher Grund ist die Feststellung, dass Sie für das ursprünglich gewählte Fach ungeeignet sind.
Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Fach begonnen, das Sie interessiert. Im Laufe des Studiums, vielleicht bei bestimmten Kursen, Prüfungen oder Praktika, stellen Sie jedoch fest, dass das Fach nicht zu Ihren Fähigkeiten passt oder Sie trotz großer Anstrengung erhebliche Schwierigkeiten haben, die Kernkonzepte zu verstehen oder die Anforderungen zu erfüllen. Wenn Sie daraufhin merken, dass ein anderes Fach nicht nur interessanter wäre (Neigungswandel), sondern Sie für dieses neue Fach auch besser geeignet wären oder es besser zu Ihren Stärken passt, kann diese Kombination aus festgestellter Ungeeignetheit und dem gleichzeitigen oder darauf folgenden Neigungswandel als „wichtiger Grund“ für einen Wechsel anerkannt werden.
Es ist also oft nicht der reine Interessenwechsel, sondern die Erkenntnis einer fehlenden Eignung, die den Wechsel rechtfertigen kann, wobei ein gleichzeitiger Neigungswandel die Motivation für das neue Fach untermauert.
Was bei der Begründung wichtig ist
Je später im Studium ein Wechsel erfolgt (insbesondere nach dem dritten Semester), desto höhere Anforderungen werden an die Begründung gestellt. Sie müssen überzeugend darlegen und belegen, warum Sie die mangelnde Eignung oder die tiefergehenden Schwierigkeiten erst so spät erkannt haben und nicht schon früher.
Dazu können Sie beispielsweise Nachweise über Schwierigkeiten im Studium vorlegen (z.B. mehrfaches Nichtbestehen von Prüfungen, trotz intensiven Lernens), Berichte über negative Erfahrungen in Praktika im alten Fach oder eine detaillierte Beschreibung, wie Sie feststellen mussten, dass Ihre Fähigkeiten nicht mit den Anforderungen des Faches übereinstimmen. Ein bloßes Gefühl der Überforderung oder Desinteresse reicht nicht. Sie müssen eine nachvollziehbare Entwicklung schildern, die zeigt, dass Ihnen erst im Laufe des Studiums klar wurde, dass das Fach nicht das Richtige für Sie ist, und dies nicht nur an einem nachlassenden Interesse lag.
Welche Rolle spielt der Zeitpunkt der Kenntnisnahme eines „wichtigen Grundes“ für den BAföG-Anspruch bei einem Fachrichtungswechsel?
Wenn Sie Ihr Studienfach wechseln möchten, kann Ihr Anspruch auf BAföG-Förderung für das neue Fach von verschiedenen Faktoren abhängen. Ein wichtiger Punkt ist, ob es einen wichtigen Grund für den Wechsel gab und wann Ihnen dieser Grund klar wurde.
Warum der Zeitpunkt der Kenntnisnahme wichtig ist
Das BAföG-Amt prüft bei einem Fachrichtungswechsel – besonders, wenn er nach dem dritten Fachsemester stattfindet –, ob dieser notwendig war und nicht zu spät erfolgt ist. Ein wichtiger Grund liegt oft vor, wenn Sie feststellen, dass das gewählte Studienfach für Sie persönlich ungeeignet ist. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass Sie trotz ernsthafter Bemühungen feststellen, dass Ihre Neigungen oder Fähigkeiten nicht zum Fach passen.
Entscheidend ist dabei, dass Sie auf diesen wichtigen Grund reagieren, sobald er Ihnen bewusst wird. Sie dürfen nicht zu lange warten, nachdem Ihnen die Ungeeignetheit des Faches klar geworden ist. Das BAföG-Amt geht davon aus, dass ein Studierender, dem die Probleme im Studium bewusst werden, zeitnah handeln muss, um die Förderung für ein anderes, besser geeignetes Fach zu erhalten. Wenn Sie zu lange warten, könnte das Amt zu dem Schluss kommen, dass der Grund doch nicht so „wichtig“ war oder dass Sie die Situation akzeptiert haben.
Was „Kenntnisnahme“ bedeutet
Der Zeitpunkt der Kenntnisnahme ist nicht immer ein einziger Moment. Es ist der Zeitpunkt oder der Zeitraum, in dem Ihnen die Umstände, die den wichtigen Grund bilden (z.B. die persönliche Ungeeignetheit), endgültig und unzweifelhaft klar geworden sind. Dies ist oft ein schleichender Prozess, der sich durch verschiedene Erfahrungen im Studium ergibt. Es ist der Punkt, an dem Sie objektiv hätten erkennen müssen, dass ein Wechsel unumgänglich ist.
Nach diesem Zeitpunkt der Erkenntnis erwartet das BAföG-Amt, dass Sie zeitnah handeln. Das bedeutet, Sie sollten sich informieren, beraten lassen (z.B. bei der Studienberatung) und die nötigen Schritte für einen Wechsel einleiten. Eine Verzögerung ohne guten Grund kann dazu führen, dass die Förderung im neuen Fach abgelehnt wird.
Wie der Zeitpunkt nachgewiesen werden kann
Da der Zeitpunkt der Kenntnisnahme oft nicht offensichtlich ist, müssen Sie dem BAföG-Amt glaubhaft machen, wann Ihnen der wichtige Grund bewusst wurde und dass Sie danach zeitnah gehandelt haben. Dafür können Sie Nachweise vorlegen, die Ihren Erkenntnisprozess und Ihre Bemühungen belegen. Dazu gehören zum Beispiel:
- Bescheinigungen über Beratungsgespräche bei der zentralen Studienberatung oder Fachstudienberatung.
- Protokolle oder Mitschriften von Gesprächen, in denen Sie Ihre Schwierigkeiten oder Zweifel geäußert haben.
- Gutachten von Ärzten oder Psychologen, falls gesundheitliche oder psychische Gründe zur Ungeeignetheit beigetragen haben.
- Ergebnisse von Eignungstests oder Praktika, die Ihre Erkenntnis beeinflusst haben.
- Schriftverkehr mit Dozenten oder Prüfungsämtern bezüglich Schwierigkeiten im Fach.
Diese Nachweise helfen dem Amt, den Zeitpunkt Ihrer Erkenntnis nachzuvollziehen und zu prüfen, ob Ihr Handeln danach angemessen schnell erfolgte. Es geht darum zu zeigen, dass Sie sich intensiv mit Ihrer Studiensituation auseinandergesetzt und den Wechsel nicht auf die lange Bank geschoben haben, nachdem Ihnen klar wurde, dass es so nicht weitergeht.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Wichtiger Grund
Ein wichtiger Grund ist ein rechtlich anerkannter, schwerwiegender Grund, der einen Fachrichtungswechsel nach dem dritten Fachsemester rechtfertigt und damit die BAföG-Förderung für das neue Studium ermöglicht. Er liegt vor, wenn die Fortsetzung des bisherigen Studiums dem Auszubildenden nicht mehr zuzumuten ist, etwa wegen einer mangelnden Eignung oder anderen schwerwiegenden Umständen, die sich erst nach Studienbeginn ergeben haben. Der wichtige Grund muss objektiv nachvollziehbar sein und der Wechsel muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen (§ 7 Abs. 3 BAföG). Ein bloßer Neigungswandel genügt allein meist nicht.
Beispiel: Ein Student merkt nach mehreren Versuchen, trotz Anstrengungen nicht in der Lage zu sein, die fachlichen Anforderungen seines Studiengangs zu erfüllen, und wechselt daher aus einem wichtigen Grund zu einem anderen Fach.
Unverzüglichkeit
Unverzüglich bedeutet im BAföG-Recht, dass ein Studierender nach Kenntnis eines wichtigen Grundes für einen Fachrichtungswechsel innerhalb einer angemessenen, aber nicht aufschiebbaren Frist handelt – also ohne schuldhaftes Zögern (§ 7 Abs. 3 BAföG). Es ist nicht sofortiges Handeln, aber eine zu lange Verzögerung gilt als schuldhaft und kann den Förderanspruch gefährden. Die Frist richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls und beträgt oft etwa zwei bis drei Monate. Entscheidend ist, dass die Entscheidung sorgfältig, aber zügig getroffen und umgesetzt wird.
Beispiel: Erkennt eine Studentin Ende März, dass sie für ihr Studium ungeeignet ist, muss sie spätestens bis Ende Mai die notwendigen Schritte zum Wechsel oder Abbruch einleiten, sonst verliert sie den BAföG-Anspruch für das neue Studium.
Eignungsmangel
Eignungsmangel liegt vor, wenn ein Studierender trotz ernsthafter Bemühungen und angemessenen Einsatzes die fachlichen Anforderungen des Studiengangs nicht erfüllen kann. Dies geht über schlechte Noten hinaus und betrifft eine grundsätzliche fehlende Befähigung, die typischen Denkweisen oder Arbeitsmethoden des Faches zu verstehen oder anzuwenden. Ein Eignungsmangel kann einen wichtigen Grund für einen Fachrichtungswechsel darstellen, sofern dieser glaubhaft gemacht und erst nach Studienbeginn erkennbar wurde.
Beispiel: Wenn ein Studierender im Lehramt trotz intensiven Lernens und Praxiserfahrungen dauerhaft nicht in der Lage ist, den Unterricht erfolgreich zu gestalten, kann dies als Eignungsmangel gelten.
Doppelstudium
Ein Doppelstudium bezeichnet das gleichzeitige Studium von zwei verschiedenen Fächern oder Studiengängen an einer oder mehreren Hochschulen. Für den BAföG-Anspruch ist dabei wichtig, welches der beiden Studien als Hauptstudium gilt, da grundsätzlich nur das Hauptstudium gefördert wird. Wird ein Fachrichtungswechsel abgelehnt, kann der Studierende dennoch für das ursprüngliche Studium BAföG erhalten, sofern er dieses ernsthaft und mit entsprechenden Studienleistungen weiterführt (§ 48 BAföG). Ein Doppelstudium kann jedoch den Förderanspruch gefährden, wenn die Leistungsnachweise im Hauptstudium darunter leiden.
Beispiel: Eine Studentin, deren Antrag auf Förderung für das neue Fach abgelehnt wird, kann trotzdem BAföG für ihr altes Studium erhalten, wenn sie dieses neben dem neuen Fach weiterbetreibt und die erforderlichen Leistungen erbringt.
Leistungsnachweise (§ 48 BAföG)
Leistungsnachweise sind Belege, dass ein Studierender die erforderlichen Studienfortschritte erbringt, etwa durch bestandene Prüfungen oder Praktika. Nach § 48 BAföG ist der Nachweis regelmäßiger Leistungen Voraussetzung für die Fortzahlung der Ausbildungsförderung. Werden diese Nachweise nicht erbracht, kann das BAföG-Amt die Förderung einstellen. Im Fall eines Fachrichtungswechsels oder Doppelstudiums dient der Leistungsnachweis dazu, festzustellen, ob das Studium ernsthaft betrieben wird und der Förderschutz erhalten bleibt.
Beispiel: Eine Studentin legt ihre Notenübersichten und Bescheinigungen über absolvierte Praktika vor, um zu zeigen, dass sie ihr Lehramtsstudium weiterhin mit Erfolg verfolgt und daher BAföG bekommen kann.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 3 BAföG: Regelt die Förderungsansprüche bei Fachrichtungswechseln mit der Voraussetzung, dass ein Wechsel nach dem dritten Fachsemester nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und unverzüglichem Handeln gefördert wird. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Anspruch auf BAföG-Förderung für das neue Studium der Sozialen Arbeit scheiterte, weil der späte Fachrichtungswechsel keinen wichtigen Grund im Sinne dieser Vorschrift erfüllte.
- § 48 BAföG: Verpflichtet Studierende, dem BAföG-Amt auf Verlangen Leistungsnachweise vorzulegen, die den Studienfortschritt belegen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die vorgelegte Leistungsbescheinigung bestätigte den geordneten Studienfortschritt im Lehramtsstudium und widerlegte damit den geltend gemachten Eignungsmangel.
- Bundesverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu Fachrichtungswechsel und „wichtigem Grund“: Fordert eine Abwägung zwischen Zumutbarkeit für den Studierenden und dem öffentlichen Interesse an einer verantwortungsbewussten Ausbildungsdauer; außerdem Pflicht zum unverzüglichen Handeln bei Neigungswechsel oder Eignungsmangel. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht stützte seine Entscheidung darauf, dass die Studentin bei bekanntem Desinteresse unverzüglich hätte wechseln müssen, sodass der späte Wechsel nicht förderfähig war.
- Rechtsbereich Doppelstudium unter BAföG: Förderungsfähig ist nur das Hauptstudium, das vom Studierenden eindeutig benannt wird; ein Doppelstudium wird nur unter strengen Voraussetzungen bei nachvollziehbarem Studienfortschritt anerkannt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht erkannte das Lehramtsstudium als Hauptstudium an und bewilligte BAföG-Leistungen, da die Studentin dieses weiterbetrieb und die erforderlichen Nachweise erbrachte.
- § 46 Abs. 5 BAföG (Vorabentscheidung): Erlaubt die Vorlage von Anträgen zur vorzeitigen Klärung der Förderungsfähigkeit bei besonderen Sachverhalten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Studentin nutzte diese Möglichkeit, um frühzeitig eine Entscheidung über die Förderungsfähigkeit nach dem Fachrichtungswechsel zu erwirken.
- § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Kostenentscheidung): Regelt die Kostenverteilung bei Verwaltungsgerichtsverfahren, insbesondere bei teilweisem Erfolg beider Parteien. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Gerichtskosten wurden zwischen der Studentin und dem BAföG-Amt geteilt, da beide Seiten teilweise Recht bekamen.
Das vorliegende Urteil
VG Frankfurt – Az.: 3 K 3225/20.F – Gerichtsbescheid vom 25.02.2022
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz