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Ausbildungskosten – Rückzahlungsanspruch Arbeitgeber

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Az.: 3 Sa 207/11

Urteil vom 20.12.2011


Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 24.03.2011 – 4 Ca 136/11 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 701,95 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.12.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Auf die Widerklage der Beklagten wird der Kläger verurteilt, an die Beklagte 701,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.11.2011 zu zahlen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 1/9 und die Beklagte zu 8/9. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Auszahlung des von seiner abgerechneten Vergütung für den Monat November 2010 in Abzug gebrachten Betrags von 789,- € netto. Die Beklagte macht im Wege der Aufrechnung und Eventualwiderklage einen Gegenanspruch auf Rückzahlung verauslagter Ausbildungskosten in entsprechender Höhe geltend.

Der am 31. Mai 1969 geborene, verheiratete Kläger war bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrags vom 07. Juni 2010 (Bl. 109 bis 110 d. A.) in der Zeit vom 01. Juni 2010 bis 12. November 2010 als Kraftfahrer gegen ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.000,- € beschäftigt; wegen der vereinbarten Arbeitsbedingungen wird im Übrigen auf den Arbeitsvertrag der Parteien Bezug genommen. Zuvor war er bereits auf der Grundlage eines Subunternehmervertrags für die Beklagte tätig gewesen.

In der Zeit vom 04. September bis 23. Oktober 2010 nahm der Kläger zusammen mit weiteren Fahrern der Beklagten jeweils samstags an fünf Schulungsmaßnahmen für Berufskraftfahrer (fünf Module der „BKF-Weiterbildung 2010“, Anlage K3 zum Schriftsatz des Klägers vom 24. Februar 2011 = Bl. 25 d. A.) teil, die vom Gefahrgutbüro H. durchgeführt wurden. Auf Nachfrage des Klägers wurde für diese Schulungsmaßnahmen auch seine Ehefrau angemeldet, die keine Arbeitnehmerin der Beklagten ist und die für ihre Teilnahme die Kosten selbst zu tragen hatte.

Mit Schreiben vom 11. November 2010 (Bl. 112 d. A.) kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten „fristgerecht“ zum 12. November 2010.

Unter dem 06. Dezember 2010 stellte die Beklagte dem Kläger „laut beiliegender Rechnungskopie der Fa. Gefahrgutbüro H.“ die Kosten für fünf Schulungen (Fahrsicherheitstraining ADAC, Schulung 27.03.2010, Schulung 20.02.2010, Schulung 13.03.2010, Schulung 20.03.2010) in Höhe von insgesamt 789,- € in Rechnung (Anlage K1 zur Klageschrift = Bl. 3 R d. A.). Diesen Betrag brachte sie mit der Abrechnung für den Monat November 2010 (Anlage K1 zur Klageschrift = Bl. 3. d. A.) von dem darin ausgewiesenen Netto-Verdienst des Klägers in Abzug; wegen der für den Monat November 2010 abgerechneten Bezüge des Klägers wird auf die Abrechnung verwiesen. Der Kläger hat die Abrechnung für den Monat November 2010 und die Rechnung von 06. Dezember 2010 zwei bis drei Tage später erhalten.

Mit seiner am 24. Januar 2011 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Auszahlung des von seiner abgerechneten Vergütung für den Monat November 2010 in Abzug gebrachten Betrags von 789,- € netto.

Er hat erstinstanzlich vorgetragen, er sei nicht verpflichtet, für seine auf Wunsch der Beklagten erfolgte Schulungsteilnahme die Kosten zu tragen. Kurz nach Aufnahme seiner Tätigkeit für die Beklagte sei er von Herrn K. ebenso wie die weiteren von ihm genannten Mitarbeiter zur Teilnahme an der Schulung für Berufskraftfahrer aufgefordert worden. Die Parteien hätten keine Vereinbarung über eine Rückzahlung etwaiger Kosten wegen seiner Schulungsteilnahme getroffen. Es sei auch nicht die Rede davon gewesen, dass sich die Beklagte vorbehalten würde, die Kosten der Schulungsmaßnahme zurückzuverlangen. Insbesondere habe er weder wörtlich noch sinngemäß zum Ausdruck gebracht, dass er mit einem derartigen Vorschlag einverstanden sei.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 789,- € netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert, der Kläger habe bereits vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrags ihren Mitarbeiter B. darauf angesprochen, dass bis zum Jahre 2013 von allen gewerblichen Lkw-Fahrern zusätzliche Schulungsmaßnahmen gesetzlich verlangt würden. Herr B. habe den Kläger darauf hingewiesen, dass diese gesetzliche Änderung erst ab dem Jahre 2013 Gültigkeit habe und er derzeit noch ohne Besuch der Schulungsmaßnahmen für sie als Lkw-Fahrer tätig sein könne. Der Kläger habe Herrn B. schließlich dazu gedrängt, ihn zu einer solchen Schulungsmaßnahme anzumelden. Gegenüber dem Kläger sei vor seiner Anmeldung deutlich gemacht worden, dass sie sich vorbehalten würde, die Kosten der Schulungsmaßnahme von ihm zurückzuverlangen, weil nicht absehbar sei, ob er die Probezeit bestehe. Herr B. habe gegenüber dem Kläger folgendes erklärt: „Wir werden Dich und deine Frau zu diesem Kurs anmelden. Deine Frau muss die Kosten natürlich selbst tragen und bei Dir müssen wir abwarten, ob das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortgesetzt wird. Es kann ja nicht sein, dass wir den Kurs bezahlen und Du kündigst dann einfach.“ Hierauf habe der Kläger sinngemäß erwidert, dass er das verstehe und damit einverstanden sei. Entgegen der Behauptung des Klägers sei eine Zahlungsverpflichtung wegen seiner Schulungsteilnahme einzelvertraglich getroffen worden. Ihm sei deutlich gemacht worden, dass er die Schulungskosten wieder zurückzahlen müsse, falls er das Arbeitsverhältnis in der Probezeit kündigen sollte oder selbst eine Kündigung während der Probezeit erhalte. Der Kläger sei ausdrücklich mit der Regelung einverstanden gewesen.

Mit Urteil vom 24. März 2011 (Az.: 4 Ca 136/11) hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass die gegen den bestehenden Vergütungsanspruch des Klägers gerichtete Aufrechnung nicht durchgreife, weil der Beklagten kein Anspruch auf Rückzahlung von Ausbildungskosten zustehe. Der Vortrag der Beklagten zu der mündlich vereinbarten Zahlung der Ausbildungskosten für den Fall einer arbeitnehmerseitigen Kündigung in der Probezeit sei nicht hinreichend substantiiert. Eine Rückzahlungsverpflichtung könne nur dann wirksam vereinbart werden, wenn hierüber mit dem Arbeitnehmer vor Beginn der Schulungsmaßnahme eine Vereinbarung getroffen werde. Die von der Beklagten gestellte Rechnung beziehe sich auf Schulungstermine im Februar und März 2010. Zu diesem Zeitpunkt habe weder ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden, noch sei damals eine Rückzahlungsvereinbarung getroffen worden. Eine Rückzahlungsvereinbarung, die sich auf eine bereits abgeschlossene Ausbildung beziehe, sei unwirksam. Die Beklagte habe nicht konkret genug zum Zeitpunkt des Gesprächs zwischen Herrn B. und dem Kläger vorgetragen. Gerade wenn zwischen den Parteien im Streit stehe, ob ein bestimmtes Gespräch überhaupt geführt worden sei, habe die darlegungsbelastete Partei zu den wesentlichen Umständen des Gesprächs (Ort und Zeit der Unterredung sowie die Benennung aller hieran Beteiligter) so konkret wie möglich vorzutragen, um der Gegenseite hierzu eine entsprechende Erwiderung zu ermöglichen. Diesen Anforderungen genüge der Vortrag der Beklagten nicht. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob die Rückzahlungsverpflichtung wirksam vereinbart worden sei. Der Arbeitnehmer müsse die Folgen, die sich für ihn aus dem Abschluss einer Rückzahlungsvereinbarung ergeben würden, erkennen können. Nach dem Vortrag der Beklagten sei über den Umfang der ggf. auf den Kläger zukommenden Rückzahlungsverpflichtung nicht gesprochen worden, so dass er die Höhe der Rückzahlungsansprüche nicht habe einschätzen können.

Gegen das ihr am 30. März 2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 11. April 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 12. April 2011 eingegangen, Berufung eingelegt und diese innerhalb der auf ihren Antrag bis zum 30. Juni 2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 30. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Die Beklagte trägt vor, sie habe substantiiert zu Inhalt und Verlauf des Gesprächs der Parteien vorgetragen und deutlich gemacht, dass das Gespräch und die Rückzahlungsvereinbarung vor Anmeldung und vor dem Besuch der Schulungsmaßnahme stattgefunden habe. Erstmals im Kammertermin habe das Arbeitsgericht für sie überraschend die Auffassung vertreten, ihr bisheriger Vortrag sei nicht ausreichend substantiiert. Die daraufhin beantragte Einräumung einer Schriftsatznachlassfrist habe das Arbeitsgericht zu Unrecht nicht gewährt. Bei entsprechenden Hinweisen des Gerichts hätte sie ihren Vortrag weiter substantiieren können. Das von ihr detailliert geschilderte Gespräch zwischen dem Kläger, Herrn B. und Herrn K. habe am 16. August 2010 vormittags stattgefunden. In diesem Gespräch sei gegenüber dem Kläger deutlich gemacht worden, dass sie sich vorbehalten müsse, die Kosten der Schulungsmaßnahme zurückzuverlangen, falls der Kläger die Probezeit nicht bestehen oder das Arbeitsverhältnis noch während der Probezeit selbst beenden würde. Dem Kläger sei auch bekannt gewesen, dass durch den Besuch der Schulungsmaßnahme Kosten in Höhe von 789,- € entstehen würden. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts sei dem Kläger somit die Höhe der Rückzahlungsansprüche bekannt gewesen, so dass er auch habe einschätzen können, ob er die zu diesem Zeitpunkt nicht zwingend vorgeschriebene Fortbildung besuchen wolle oder nicht. Auch wenn Herr B. bei der Absprache mit dem Kläger nicht den Begriff „Rückzahlungsvereinbarung“ verwandt habe, ergebe sich bei einer Auslegung seiner Ausführungen, dass die Kostentragungspflicht des Klägers davon habe abhängig sein sollen, ob das Arbeitsverhältnis über die Probezeit hinaus fortgesetzt werde. Für den Fall, dass der Kläger selbst kündige, sollte er verpflichtet sein, die Kursgebühren zu tragen. Entgegen der Ansicht des Klägers handele es sich nicht um eine Allgemeine Geschäftsbedingung. In dem Gespräch sei eine Individualvereinbarung zu sehen, die allein zwischen dem Kläger und ihr zustande gekommen sei. Der Hinweis auf § 307 BGB gehe ersichtlich fehl. Bei Individualvereinbarungen komme entgegen der Auffassung des Klägers eine geltungserhaltende Reduktion bzw. Auslegung zugunsten des Arbeitgebers in Betracht. Die ursprünglich für das Frühjahr 2010 vereinbarten und gebuchten Schulungen hätten aufgrund von Terminsschwierigkeiten auf die zweite Jahreshälfte des Jahres 2010 verschoben werden müssen. Allerdings habe das Gefahrgutbüro R. H. darauf bestanden, dass die ursprünglich gebuchten Kurse auch bezahlt würden, so dass die Schulungen vom 04. September bis 30. Oktober 2010 nicht noch einmal gesondert in Rechnung gestellt worden seien. Durch die Schulungsteilnahme des Klägers seien ihr die anteilig in der Rechnung des Gefahrgutbüros Hauck vom 23. Juni 2010 bereits enthaltenen Schulungskosten entstanden. Soweit im Arbeitsvertrag der Parteien auf die Bestimmungen des Tarifvertrages für die kaufmännischen und technischen Angestellten des Speditions- und Verkehrsgewerbes in Rheinland-Pfalz Bezug genommen werde, handele es sich wohl um einen Schreibfehler, weil ein derartiger Tarifvertrag nicht existent sei. Ein nicht existenter Tarifvertrag könne nicht Vertragsinhalt werden, so dass auch keine tarifvertragliche Verfallklausel Anwendung finde.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 24. März 2011 – 4 Ca 136/11 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, die Beklagte habe ohne Rechtsgrundlage und ohne Berücksichtigung von Pfändungsschutzbestimmungen ihren vermeintlichen Rückzahlungsanspruch mit seiner Vergütungsforderung verrechnet. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten sei über den Umfang einer vermeintlichen Rückzahlungsverpflichtung überhaupt keine Vereinbarung getroffen worden. Das Arbeitsgericht habe deshalb den Rechtsstreit unabhängig von anderen Erwägungen als entscheidungsreif angesehen. Eine Vereinbarung über die Rückzahlung von Schulungskosten müsse transparent die Modalitäten der Rückzahlung einschließlich einer angemessenen Bindungsfrist mit monatlichen Abstufungen beinhalten. Verstoße eine Vereinbarung hiergegen, wäre sie als AGB wegen unangemessener Benachteiligung gemäß § 307 BGB unwirksam. Als Individualvereinbarung sei sie gleichfalls nach der bisherigen Rechtsprechung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam. In beiden Fällen komme eine geltungserhaltende Reduktion bzw. Auslegung zugunsten der Arbeitgeberseite nicht in Betracht. Nach dem Vorbringen der Beklagten solle eine Rückzahlungspflicht im Falle einer Probezeitkündigung jederzeit ohne Rücksicht auf die Dauer der Fortbildung, einer Bindungsfrist mit Abstufungen und eines im Verantwortungs- bzw. Risikobereich des Arbeitnehmers liegenden Ereignisses bestehen, was unzulässig sei. Die von der Beklagten angeführten Terminschwierigkeiten sowie Verschiebungen würden von ihm mit Nichtwissen bestritten. Allerdings mache er sich den Vortrag der Beklagten insoweit zu eigen, als diese die gebuchten Schulungen sowieso habe bezahlen müssen, weshalb eine Berechnung zu seinen Lasten ausscheide. Die Anordnung seiner Teilnahme an der Schulung und das spätere Begehren der Zahlung stelle allenfalls den nachträglichen Versuch dar, eine Kompensation des bereits eingetretenen Schadens durch ihn zu erreichen. Im Übrigen gehe er davon aus, dass die damaligen Schulungen subventioniert worden seien. In Bezug auf den arbeitsvertraglich in Bezug genommenen Tarifvertrag müsse sich die Beklagte als AGB-Verwenderin die arbeitgeberfeindlichste Auslegung entgegenhalten lassen. Danach sei der für die gewerblichen Arbeitnehmer geltende Manteltarifvertrag für das Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz anzuwenden, nach dessen § 27 der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch mangels form- und fristgerechter Geltendmachung ausgeschlossen sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen B. und A.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 20. Dezember 2011 verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt, hat nur in Höhe von 87,05 EUR Erfolg. Die zulässige Klage ist in Höhe von 701,95 EUR begründet. Die von der Beklagten gegen die Klageforderung in Höhe von 789,00 EUR erklärte Aufrechnung mit dem von ihr geltend gemachten Rückzahlungsanspruch ist gemäß §§ 394 BGB i.V.m. 850 ff. ZPO nur in Höhe von 87,05 EUR zulässig und begründet. Die im Berufungsverfahren für den Fall der Unzulässigkeit der Aufrechnung in Höhe des Differenzbetrags von 701,95 EUR erhobene Eventualwiderklage der Beklagten ist zulässig und vollumfänglich begründet. Die Beklagte hat einen Anspruch gegen den Kläger auf Rückzahlung der von ihr verauslagten Schulungskosten.

A. Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

Die gemäß §§ 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Entgegen der Ansicht des Klägers entspricht die Berufungsbegründung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Insbesondere hat die Beklagte mit ihrer Berufungsbegründung die Annahme des Arbeitsgerichts, ihr Vorbringen sei nicht ausreichend substantiiert und lasse mangels konkreter Darstellung eines bestimmten Gesprächs eine wirksame Rückzahlungsvereinbarung vor Beginn der Schulungsmaßnahme nicht erkennen, angegriffen und ihren diesbezüglichen Vortrag in zeitlicher Hinsicht entsprechend konkretisiert. Weiterhin hat sie in der Berufungsbegründung vorgetragen, dass dem Kläger entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts die Höhe der Rückzahlungsansprüche bekannt gewesen sei, so dass dieser auch habe einschätzen können, ob er die zu diesem Zeitpunkt nicht zwingend vorgeschriebene Fortbildung besuchen wolle oder nicht. Die Berufungsbegründung enthält mithin die erforderliche Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen des Arbeitsgerichts, so dass erkennbar ist, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil unrichtig sein soll.

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B. Die hiernach zulässige Berufung der Beklagten ist nur insoweit begründet, als die Klageforderung in Höhe von 87,05 EUR durch die von ihr erklärte Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen ist.

Die Klageforderung ist in Höhe von 701,95 EUR netto begründet.

Die gegen den Vergütungsanspruch des Klägers in Höhe von 789,00 EUR netto erklärte Aufrechnung der Beklagten mit dem von ihr geltend gemachten Rückzahlungsanspruch in gleicher Höhe ist in Höhe von 87,05 EUR zulässig und begründet, so dass ein Differenzanspruch des Klägers in Höhe von 701,95 EUR verbleibt.

I. Die Beklagte hat die Klageforderung als solche, die auf Auszahlung der restlichen Vergütung für den Monat November 2010 in Höhe des mit der Abrechnung einbehaltenen Betrags von 789,00 EUR netto gerichtet ist, nicht bestritten, sondern sich auf die von ihr in dieser Höhe erklärte Aufrechnung beschränkt (sog. Primäraufrechnung, vgl. Zöller ZPO 27. Aufl. § 145 Rn. 11; Thomas/Putzo ZPO 31. Aufl. § 145 Rn. 16).

II. Die von der Beklagten erklärte Aufrechnung mit dem von ihr geltend gemachten Rückzahlungsanspruch ist gem. §§ 394 BGB i. V. m. 850 ff. ZPO nur in Höhe von 87,05 EUR zulässig.

Das von der Beklagten für den Monat November 2010 abgerechnete Arbeitseinkommen des Klägers ist in Höhe von 87,05 EUR netto pfändbar. Nach § 850 e Nr. 1 ZPO sind für die Berechnung des pfändbaren Arbeitseinkommens die nach § 850 a ZPO der Pfändung entzogenen Bezüge und ferner die Beträge, die unmittelbar aufgrund steuerrechtlicher oder sozialrechtlicher Vorschriften zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen des Schuldners abzuführen sind, nicht mitzurechnen. Die Abrechnung der Beklagten weist einen steuerfreien Verpflegungszuschuss in Höhe von 1.300,00 EUR aus, der nach § 850 a Nr. 3 ZPO unpfändbar ist (vgl. hierzu BAG 30. Juni 1971 – 3 AZR 8/71 – AP ZPO § 850 a Nr. 4). Weiterhin ist der in der Abrechnung für den Monat November 2010 ausgewiesene Betrag in Höhe von 100,00 EUR, der für die zugunsten des Klägers abgeschlossene Direktversicherung abgeführt worden ist, nicht als pfändbares Arbeitseinkommen zu berücksichtigen (vgl. BAG 17. Februar 1989 – 3 AZR 611/97 – NZA 1998, 707). Danach verbleibt noch ein pfändbares Nettoeinkommen in Höhe von 1.533,90 EUR für den Monat November 2010, so dass nach der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Pfändungstabelle (Anlage zu § 850 c ZPO) unter Berücksichtigung der Unterhaltspflicht des Klägers für seine Ehefrau nach § 850 c ZPO noch ein pfändbarer Betrag in Höhe von 87,05 EUR verbleibt.

III. Die nur in dieser Höhe zulässige Aufrechnung der Beklagten ist begründet.

Die Beklagte hat gegen den Kläger einen Anspruch auf Rückzahlung der von ihr verauslagten Schulungskosten.

1. Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass sich der Zeuge B. als Vertreter der Beklagten und der Kläger in einem Gespräch, dass einige Wochen nach Beginn des Arbeitsverhältnisses des Klägers in dem (Vor-)Raum vor dem Dispositionsbüro stattgefunden hat, darauf geeinigt haben, dass der Kläger zu den vom Gefahrgutbüro H. durchgeführten Schulungen für Berufskraftfahrer von der Beklagten angemeldet wird und hierfür die Kosten selbst übernehmen muss, falls er nach der Probezeit nicht übernommen, sondern das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit beendet wird. Das haben die vernommenen Zeugen B. und K. übereinstimmend und glaubhaft bekundet.

a) Der Zeuge B. hat bei seiner Vernehmung glaubhaft bestätigt, dass entgegen der Einlassung des Klägers nicht nur die organisatorischen, sondern auch und gerade die finanziellen Fragen in dem Gespräch, dessen Inhalt und Verlauf er im Einzelnen geschildert hat, besprochen worden seien. An dem fraglichen Tag habe er zuerst mit dem Kläger allein gesprochen, später sei Herr K. dazugekommen, während weitere Personen, insbesondere auch die Ehefrau des Klägers, nicht anwesend gewesen seien. Zuerst sei die Organisation der Schulungstermine besprochen worden. Für den Kläger und seine Ehefrau, die beide im Fernverkehr tätig seien, hätten die jeweils samstags stattfindenden Schulungstermine auf die Disposition der Fahrtzeiten abgestimmt werden müssen. Sie hätten besprochen, dass der Kläger die Schulungskosten selbst übernehmen müsse, wenn er nicht übernommen werde, weil er nämlich noch in der Probezeit gewesen sei. Falls nach der Probezeit ein Festvertrag abgeschlossen werde, habe die Firma die Kosten übernehmen sollen. Der Kläger sei damit einverstanden gewesen. Ansonsten hätte er die Kurse ja auch später machen können, weil die Teilnahme an den Schulungen erst ab Ende 2013 notwendig sei, und er bis dahin noch Zeit gehabt habe. Sie hätten auch darüber gesprochen, wie hoch die Rechnung an die Ehefrau des Klägers sein werde, so dass dem Kläger die Höhe der Schulungskosten bekannt gewesen sei. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Zeuge glaubhaft bestätigt, dass er sich sicher sei, dass er dem Kläger erklärt habe, dass er die Kosten der Schulung selbst zu tragen habe, weil er noch in der Probezeit sei und nur im Falle seiner Übernahme die Kosten von der Firma übernommen würden. Der Kläger habe gesagt, das sei in Ordnung, so machen wir das. Sinngemäß habe er jedenfalls zugestimmt.

b) Die diesbezüglichen Angaben des Zeugen B. sind auch vom Zeugen K. glaubhaft bestätigt worden. Er sei zu dem Gespräch zwischen Herrn B. und dem Kläger im sog. Fahrer- bzw. Aufenthaltsraum vor der Disposition hinzugekommen, weil er gerade auf dem Weg zwischen seinem Büro und der Disposition gewesen sei und mitbekommen habe, dass es um die Berufskraftfahrer-Weiterbildung gegangen sei, für die eine ihm unterstellte Mitarbeiterin zuständig sei. Herr B. habe dem Kläger erläutert, dass die Beklagte die Kosten für ihn verauslage und er – der Kläger – die Kosten zu tragen habe, falls er die Probezeit nicht überstehe und das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit beendet werde bzw. er selbst kündige. Bei dem von ihm geschilderten Gespräch zwischen Herrn B. und dem Kläger sei dieser damit einverstanden gewesen, dass er die Kosten zu tragen habe, falls er nicht übernommen werde. Den genauen Wortlaut könne er heute nicht mehr sagen. Er habe den Eindruck gehabt, dass das klar gewesen sei. Für die Kosten, über denen Höhe im Detail nicht gesprochen worden sei, gebe es übliche Sätze, so dass man im Wesentlichen wisse, was auf einen zukomme. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Zeuge K. bestätigt, dass für ihn klar gewesen sei, dass der Kläger die Kosten zu tragen habe, wenn er innerhalb der Probezeit selbst kündige. Für ihn sei bei dem Gespräch aber in erster Linie die Organisation der Schulung von Interesse gewesen, weil hierfür die ihm unterstelle Mitarbeiterin zuständig sei. Auf Nachfrage des Prozessbevollmächtigten des Klägers hat der Zeuge K. angegeben, dass nach seinem persönlichen Empfinden der Kläger mit der von Herrn B. erklärten Kostentragung einverstanden gewesen sei. Dies habe er aus seiner Gestik und Mimik entnommen. Einzelheiten hierzu könne er heute nicht mehr sagen. Er haben den Eindruck gehabt, dass der Kläger dies auch verstanden habe.

c) Soweit die Aussagen der beiden Zeugen nicht in allen Einzelheiten übereinstimmen, spricht dies nicht gegen, sondern für die Glaubwürdigkeit der Zeugen. Beide Zeugen haben ihre Aussagen erkennbar in keiner Weise zuvor abgestimmt, sondern haben sich jeweils darauf beschränkt, den Gesprächsinhalt aus ihrer eigenen Erinnerung heraus zu schildern. Die Darstellung der beiden Zeugen lässt erkennen, dass sie jeweils den Verlauf des Gesprächs aus ihrer eigenen Perspektive heraus dargestellt haben. Während der Zeuge B. das Gespräch mit dem Kläger zur Organisation der Schulungstermine und Besprechung der Kostenfrage geführt hat, ist der Zeuge K. eher zufällig hinzugekommen und hat sich in erster Linie deshalb für das besprochene Thema Berufskraftfahrer-Weiterbildung interessiert, weil hierfür die ihm unterstellte Mitarbeiterin zuständig ist. Beide Zeugen haben übereinstimmend und glaubhaft bekundet, dass nach dem geführten Gespräch klar gewesen sei, dass der Kläger nach den getroffenen Absprachen die Kosten zu tragen habe, wenn er das Arbeitsverhältnis selbst innerhalb der Probezeit kündige. Für die Darstellung der beiden Zeugen spricht, dass die Teilnahme des Klägers an den Schulungen erst zum Ende des Jahres 2013 notwendig gewesen wäre und daher ohne Weiteres plausibel ist, dass die Frage der Kostentragung mit dem noch in der Probezeit befindlichen Kläger besprochen worden ist.

d) Der Kläger hat nach der durchgeführten Zeugenvernehmung im Rahmen seiner Anhörung (§ 141 ZPO) selbst eingeräumt, dass das von den Zeugen angeführte Gespräch tatsächlich stattgefunden habe. Nach seiner Einlassung soll aber nicht darüber gesprochen worden sein, dass er die Kosten zu tragen habe. Diese Einlassung des Klägers ist aufgrund der in sich schlüssigen und in jeder Hinsicht plausiblen Darstellung der Zeugen B. und K. widerlegt. Eine Vernehmung der Ehefrau des Klägers war nicht veranlasst, weil diese an dem maßgeblichen Gespräch des Klägers mit dem Zeugen B. nicht teilgenommen hat.

Danach ist zwischen den Parteien eine Einigung erzielt worden, nach der der Kläger aufgrund der von ihm selbst innerhalb der Probezeit ausgesprochenen Kündigung die Kosten zu tragen hat. Diese Vereinbarung der Parteien beinhaltet die Verpflichtung des Klägers, die von der Beklagten verauslagten Kosten für seine Schulungsteilnahme zu erstatten bzw. zurückzuzahlen.

2. Die Rückzahlungsvereinbarung der Parteien ist auch wirksam.

a) Entgegen der Ansicht des Klägers unterliegt die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung keiner Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB, weil es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB handelt.

Nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Die Rückzahlungsabrede der Parteien, die die Beklagte nur mit dem in der Probezeit befindlichen Kläger und nicht mit ihren anderen festangestellten Fahrern getroffen hat, fällt nicht herunter, weil sie nicht von der Beklagten für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert war.

Zwar finden § 305 c Abs. 2 und die §§ 306 sowie 307 bis 309 BGB auf vorformulierte Vertragsbedingungen nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Hierfür trägt aber der Kläger die Darlegungs- und Beweislast. Im Falle von Vertragsbestimmungen, die zur Verwendung in einem einzelnen Verbrauchervertrag bestimmt sind, trägt der Verbraucher die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Vertragsbedingungen vorformuliert worden sind und er infolge der Vorformulierung keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte (BGH 15. April 2008 – X ZR 126/06 – NJW 2008, 2250). Im Streitfall lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagte die Rückzahlungsabrede vorformuliert hatte und der Kläger aufgrund einer solchen Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Vielmehr haben die Parteien in dem zwischen Herrn B. und dem Kläger geführten Gespräch individuell die Modalitäten einer Schulungsteilnahme und Kostentragung besprochen sowie verabredet, ohne dass erkennbar ist, dass der Kläger aufgrund einer von Seiten der Beklagten vorgegebenen Vorformulierung darauf keinen Einfluss nehmen konnte.

Danach unterliegt die Vereinbarung der Parteien keiner Inhaltskontrolle nach § 307 BGB. Eine Unwirksamkeit der Vereinbarung lässt sich mithin nicht daraus herleiten, dass eine vom Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag aufgestellte Klausel, nach welcher der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber getragene Ausbildungskosten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Rücksicht auf den Beendigungsgrund zurückzahlen muss, gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist und nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine geltungserhaltende Reduktion der zu weit gefassten Klausel ausscheidet (vgl. hierzu BAG 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – NZA 2006, 1042).

b) Die Rückzahlungsvereinbarung der Parteien hält bezogen auf den hier vorliegenden Fall einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers einer Überprüfung am Maßstab der Generalklauseln (§§ 242, 138 Abs. 1 BGB) stand.

aa) Hierzu kann auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 24. Juni 2004 – 6 AZR 383/03 – Rn. 20, NZA 2004, 1035) zur Rechtslage vor Einführung der Vorschriften zur Inhaltskontrolle nach §§ 307 bis 309 BGB mit Wirkung zum 01. Januar 2002 durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 zurückgegriffen werden. Danach sind einzelvertragliche Vereinbarungen grundsätzlich zulässig, nach denen sich ein Arbeitnehmer an den Kosten einer vom Arbeitgeber finanzierten Ausbildung zu beteiligen hat, soweit er vor Ablauf bestimmter Fristen aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Ausnahmsweise können derartige Zahlungsverpflichtungen, die an eine vom Arbeitnehmer zu verantwortende Beendigung des Arbeitsverhältnisses anknüpfen, gegen Treu und Glauben verstoßen. Das ist nicht der Fall, wenn die Kostentragungspflicht bei verständiger Betrachtung einerseits einem billigenswerten Interesse des Arbeitgebers entspricht, der Arbeitnehmer mit der Fortbildungsmaßnahme eine angemessene Gegenleistung für die Beteiligung an den Ausbildungskosten erhalten hat und ihm die Kostenbeteiligung zumutbar ist. Die für den Arbeitnehmer tragbaren Bindungen sind aufgrund einer Güter- und Interessenabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Anders als bei der zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gehörenden Inhaltskontrolle (§ 307 ff. BGB) ist im Rahmen des § 242 BGB bei weit gefassten Klauseln jeweils individuell zu prüfen, ob der Arbeitnehmer im konkreten Fall schutzwürdig ist (vgl. hierzu BAG 11. April 2006 – 9 AZR 610/05 – Rn. 28, NZA 2006, 1042). Danach ist das Vertrauen des Arbeitnehmers, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungspflicht entgehen zu können, im Falle einer vorzeitigen Beendigung durch eine von ihm selbst ausgesprochene Eigenkündigung nicht schutzwürdig. Das Interesse des Arbeitgebers, der seinem Arbeitnehmer eine Aus- oder Weiterbildung finanziert, geht dahin, die vom Arbeitnehmer erworbene Qualifikation möglichst langfristig für den Betrieb nutzen zu können. Dieses grundsätzlich berechtigte Interesse gestattet es dem Arbeitgeber, als Ausgleich für seine finanziellen Aufwendungen von einem sich vorzeitig abkehrenden Arbeitnehmer die Kosten der Ausbildung ganz oder zeitanteilig zurückzuverlangen (BAG 24. Juni 2004 – 6 AZR 383/03 – Rn. 21, NZA 2004, 1035).

bb) Im Streitfall hat der Kläger durch seine Teilnahme an den von der Beklagten finanzierten Fortbildungsmaßnahmen für Berufskraftfahrer einen geldwerten Vorteil erlangt, der darin liegt, dass er die erworbenen Kenntnisse, die er nach dem Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz (BKrFQG) künftig als Berufskraftfahrer benötigt (vgl. § 5 BKrFQG), auch für andere Arbeitsverhältnisse bei anderen Arbeitgebern nutzbar machen kann. Auch die vorgesehene Bindungsdauer bis zum Ablauf der vereinbarten Probezeit von sechs Monaten (Ziff. 2 des Arbeitsvertrages der Parteien) ist angemessen. Zwar ist die einzelvertragliche Abrede der Parteien über die Rückzahlung der Schulungskosten insoweit unwirksam, wie sie eine Erstattung auch für den Fall einer Kündigung der Beklagten innerhalb der Probezeit aus in ihrer Sphäre liegenden Gründen erfasst (vgl. BAG 06. Mai 1998 – 5 AZR 535/97 – NZA 1999, 79). Im Streitfall liegt jedoch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Verantwortungsbereich des Klägers, weil er selbst sein Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit vorzeitig beendet hat.

Unerheblich ist, dass die Beklagte die Schulungskosten bereits im Vorfeld für die im Frühjahr gebuchten Schulungen verauslagt hatte. Der Zeuge B. hat bei seiner Vernehmung glaubhaft bestätigt, dass die vom Kläger absolvierten Kurse bereits zuvor gebucht sowie bezahlt und dann lediglich verschoben worden seien. Aufgrund der gesetzlichen Regelung sei nämlich nicht klar gewesen, ob ausreichend Kurse angeboten würden. Entgegen der Ansicht des Klägers ist allein maßgeblich, dass die von ihm absolvierten Schulungsmaßnahmen von der Beklagten bezahlt worden waren und er ohne diese Vorfinanzierung daran nicht hätte teilnehmen können. Für die Wirksamkeit der Rückzahlungsabrede der Parteien kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit der Beklagten durch die Teilnahme des Klägers ein „Schaden“ entstanden ist. Im Übrigen hat die Beklagte zutreffend darauf verwiesen, dass sie für den Fall, dass der Kläger an der von ihr finanzierten Schulung nicht teilgenommen hätte, einen anderen Mitarbeiter hätte schulen lassen können. Weiterhin hat die Beklagte vorgetragen, dass die Schulung des Klägers auch nicht subventioniert worden sei. Unabhängig davon ist für die Wirksamkeit der Rückzahlungsvereinbarung unerheblich, ob und inwieweit die Beklagte ihrerseits für den Fall einer Rückzahlung von Schulungskosten zu einer Rückerstattung erhaltener Subventionen verpflichtet ist.

3. Der Rückzahlungsanspruch der Beklagten ist auch nicht aufgrund tarifvertraglicher Ausschlussfristen verfallen.

Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob aufgrund der im Arbeitsvertrag der Parteien vereinbarten Bezugnahme auf die „Bestimmungen des Tarifvertrages für die kaufmännischen und technischen Angestellten des Speditions- und Verkehrsgewerbes in Rheinland-Pfalz“ der vom Kläger angeführte Manteltarifvertrag für das Verkehrsgewerbe Rheinland-Pfalz mit den darin enthaltenen Ausschlussfristen Anwendung findet.

Denn die Beklagte hat mit der von ihr übersandten Rechnung vom 06. Dezember 2010, die der Kläger unstreitig zwei bis drei Tage später erhalten hat, die tarifvertraglichen Ausschlussfristen gewahrt. Nach § 27 Abs. 3 MTV ist der streitgegenständliche Anspruch binnen drei Monaten nach seiner Entstehung, im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses spätestens einen Monat nach Arbeitsvertragsende, schriftlich oder mündlich unter Zeugen geltend zu machen. Die innerhalb von einem Monat nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zum 12. November 2010 dem Kläger zugegangene Rechnung der Beklagten vom 06. Dezember 2010 enthält eine frist- und formgerechte Geltendmachung des Rückzahlungsanspruchs. Zur Wahrung der Ausschlussfrist und des Schriftlichkeitsgebots nach § 27 Abs. 3 MTV bedarf es nicht der Schriftform nach § 126 Abs. 1 BGB. Vielmehr reicht die Einhaltung der Textform des § 126 b BGB aus (vgl. BAG 07. Juli 2010 – 4 AZR 549/08 – NZA 2010, 1068). Die Rechnung der Beklagten vom 06. Dezember 2010, die ihren Namen und ihre Adresse als Aussteller der Rechnung enthält und den Abschluss der Erklärung durch den angegebenen „Endbetrag“ sowie die darunter enthaltenen Angaben zur Beklagten (nebst ihrer Bankverbindungen) als Zahlungsempfänger erkennbar macht, genügt den Erfordernissen des § 126 b BGB. Danach hat die Beklagte mit ihrer Rechnung vom 06. Dezember 2010 den streitgegenständlichen Anspruch auf (Rück-)Zahlung der aufgeführten Schulungskosten frist- und formgerecht innerhalb der tarifvertraglichen Ausschlussfrist geltend gemacht.

C. Aufgrund der in Höhe von 701,95 EUR unzulässigen Aufrechnung ist die hilfsweise in dieser Höhe erhobene (Eventual-)Widerklage zur Entscheidung gestellt.

Die Widerklage ist zulässig und begründet.

I. Nach § 533 ZPO ist die Erhebung einer Widerklage in der Berufungsinstanz zulässig, wenn der Gegner einwilligt oder das Gericht dies für sachdienlich hält (§ 533 Nr. 1 ZPO) und diese auf Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO). Diese Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt. Im Hinblick darauf, dass aufgrund der teilweise zulässigen Aufrechnung ohnehin über die von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung in der Sache entschieden werden muss, ist die von der Beklagten in Höhe ihrer teilweise unzulässigen Aufrechnung erhobene Eventualwiderklage sachdienlich und kann auf diejenigen Tatsachen gestützt werden, die die Berufungskammer ihrer Verhandlung und Entscheidung über die Berufung zugrunde zu legen hat.

II. Die hiernach zulässige Eventualwiderklage ist auch begründet. Gemäß den obigen Ausführungen hat die Beklagte gegen den Kläger einen Anspruch auf Erstattung der von ihr verauslagten Schulungskosten, so dass unter Berücksichtigung des bereits verbrauchten Teils der Gegenforderung durch die in Höhe von 87,05 EUR zulässige Aufrechnung (§ 389 BGB) noch der mit der Eventualwiderklage geltend gemachte Differenzanspruch in Höhe von 701,95 EUR verbleibt.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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