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Ausgleichsanspruch eines Fluggastes – Verjährungsfrist des Anspruchs

AG Frankfurt, Az.: 29 C 3591/13 – 44, Urteil vom 24.02.2014

Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger jeweils 600,- €, insgesamt 1.200,- €, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2010 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Ausgleichsanspruch eines Fluggastes - Verjährungsfrist des Anspruchs
Symbolfoto: Von Eviart /Shutterstock.com

Die Parteien streiten um Ausgleichsleistungen nach einer Flugverspätung.

Die Kläger waren im Rahmen eines Pauschalreisevertrags mit der … auf den Flug der Beklagten v. 27.09.2010 von Sansibar nach Frankfurt am Main, geplante Abflugzeit 07:00 Uhr, gebucht und am Abflugtag pünktlich am Flughafen Sansibar erschienen. Der Flug wurde mit einer Abflug- und Ankunftsverspätung von 24 Stunden durchgeführt. Die Entfernung zwischen Frankfurt am Main und Sansibar beträgt mehr als 3.500 km.

Die Prozessbevollmächtigte der Kläger forderte die Beklagte vorgerichtlich mit Schreiben v. 01.12.2010 unter Fristsetzung zum 10.12.2010 erfolglos zur Zahlung auf.

Die Kläger beantragen mit der am 27.11.2013 bei Gericht eingegangenen und am 19.12.2013 der Beklagten zugestellten Klage,

die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 1.200,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet die Prozessvollmacht. Sie beruft sich außerdem auf die Einrede der Verjährung. Sie ist der Auffassung, die Ansprüche der Kläger seien nach § 651g Abs. 2 BGB verjährt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die Prozessvollmacht im Original mit Schriftsatz v. 24.01.2014 vorgelegt worden.

Die Klage ist auch begründet.

Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von je 600,- € nach Art. 7 Abs. 1 lit. c) der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11.02.2004 (nachfolgend: VO).

Der Antrag der Kläger war unter Heranziehung der Begründung des Anspruchs (Seite 3 der Klageschrift v. 27.11.2013 unter II.) dahingehend auszulegen, dass jeder der Kläger Zahlung von 600,- € an sich verlangt.

Zwar steht der Ausgleichsanspruch nach Art. 7 i. V. m. Art. 4 und 5 der VO nur denjenigen Passagieren zu, die nichtbefördert wurden, oder deren Flug annulliert wurde. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19.11.2009 soll Art. 7 der VO aber auch dann anwendbar sein, wenn Passagiere – wie hier – wegen eines verspäteten Fluges einen Zeitverlust von drei Stunden oder mehr erleiden (vgl. EuGH NJW 2010, 43, diese Rechtsprechung wurde fortgeführt durch Urteil des EuGH v. 23.10.2012, Az. C-581/10 und C-629/10), so dass die Kläger von der Beklagten als dem ausführenden Luftfahrtunternehmen bei einer Entfernung von mehr 3.500 km zwischen Frankfurt am Main und Sansibar die Zahlung der Ausgleichspauschale in Höhe von 600,- EUR verlangen können.

Die Ansprüche der Kläger sind nicht verjährt. Die Verjährungsfrist richtet sich nach §§ 194, 195,199 Abs. 1 BGB und beträgt daher 3 Jahre.

Die Verordnung (EG) Nr. 261/2004 enthält keine Verjährungsvorschriften. Für die Bestimmung der zeitlichen Grenzen der Durchsetzung der Ausgleichsansprüche gilt vielmehr das jeweils ergänzend anwendbare nationale Recht, wobei umstritten ist, ob die Verjährungsfrist aus § 651g Abs. 2 BGB (2 Jahre) oder die regelmäßige Verjährungsfrist des § 195 BGB (3 Jahre) gilt.

Der BGH hat entschieden, dass Ausgleichsansprüche wie die streitgegenständlichen der regelmäßigen Verjährungsfrist nach §§ 194, 195,199 BGB unterliegen, wenn ihnen die Annullierung eines durch Luftbeförderungsvertrag mit dem Luftfahrtunternehmen versprochenen Flugs zugrunde liegt (BGH, Urteil v. 10.12.2009, Az. Xa ZR 61/09). Wie der Fall zu beurteilen ist, wenn der Luftbeförderung wie vorliegend ein Pauschalreisevertrag zugrunde liegt, ist vom BGH in der Entscheidung ausdrücklich offen gelassen worden.

Nach Auffassung des Gerichts ist auch im vorliegenden Fall die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB anzuwenden. Denn maßgeblich ist als der sachnäheste Vertrag nicht der Vertrag zwischen dem Fluggast und dem Reiseveranstalter, sondern der Vertrag, der der Verpflichtung des ausführenden Luftfahrtunternehmens bei der Luftbeförderung zugrunde liegt, d.h. der Beförderungsvertrag zwischen dem Luftfahrtunternehmen und dem Reiseveranstalter, denn das Luftfahrtunternehmen wird in Erfüllung seiner Pflichten aus diesem Beförderungsvertrag tätig. Eine Anwendung des § 651g Abs. 2 BGB bei Flugreisenden mit Pauschalreisevertrag würde darüber hinaus zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung gegenüber den Fluggästen, welche direkt beim Luftfahrtunternehmen gebucht haben, führen, welche vom Verordnungsgeber, der den Schutzbereich in Erwägungsgrund 5 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 ausdrücklich auch auf pauschalreisende Fluggäste erstreckt hat, nicht gewollt ist (ebenso Amtsgericht Rüsselsheim, Urteil v. 08.01.2014, Az. 3 C 3189/13 (36)).

Da die Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Schluss des Jahres 2010 begonnen hat, ist die Verjährung durch Erhebung der Klage im Jahr 2013 wirksam vor Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt worden, §§ 204Abs. 1 Nr. 1, 209 BGB.

Der Zinsanspruch ist als Verzugsschaden begründet, §§ 286, 288 BGB.

Der Beklagten war kein Schriftsatznachlass auf den Schriftsatz der Kläger v. 24.01.2014 zu gewähren, da der Schriftsatz keinen neuen entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag enthielt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 711,709 ZPO.

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