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Ausgleichsanspruch Fluggast bei Vorverlegung der Abflugzeit

LG Hannover – Az.: 6 S 4/14 – Urteil vom 04.06.2014

Die Berufung der Kläger gegen das am 03.12.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover – Aktenzeichen 561 C 3773/13 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das am 03.12.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hannover – Aktenzeichen 561 C 3773/13 – ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 800,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Kläger machen Ausgleichsansprüche nach einer Flugreise geltend.

Die Kläger buchten bei der Beklagten den Flug X3 2117 nach Fuerteventura, der am 05.11.2012 von 17:25 Uhr bis 22:55 Uhr durchgeführt werden sollte. Am 02.11.2012 informierte die Beklagte die Kläger, dass der Flug nunmehr am 05.11.2012 von 8:30 Uhr bis 14:00 Uhr durchgeführt werden sollte.

Ausgleichsanspruch Fluggast bei Vorverlegung der Abflugzeit
Symbolfoto: Von Jaromir Chalabala /Shutterstock.com

Die Kläger, die der Ansicht sind, ihnen stünde gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 1 b) der „Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91“ ein Ausgleichsanspruch in Höhe von jeweils 400,00 € zu, weil eine Vorverlegung des Fluges wie eine Verspätung zu behandeln sei, beauftragten die Verbraucherinkasso G. GmbH mit der Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen die Beklagte. Die Verbraucherinkasso G. GmbH forderte die Beklagte – erfolglos – zuletzt mit Schreiben 13.02.2013 zur Zahlung auch ihrer eigenen Kosten in Höhe von 120,67 € auf.

Das Amtsgericht Hannover hat mit seinem am 03.12.2013 verkündeten Urteil die auf Zahlung von jeweils 400,00 € sowie auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Verbraucherinkasso G. GmbH in Höhe von 120,67 € gerichtete Klage abgewiesen.

Die Kläger greifen mit ihrer Berufung das Urteil des Amtsgerichts Hannover in vollem Umfang an.

Sie beantragen, unter Abänderung des am 03.12.2013 verkündeten Urteils des Amtsgerichts die Beklagte zu verurteilen,

1. an sie jeweils 400,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.01.2013 zu zahlen

und

2. sie von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der Verbraucherinkasso G. GmbH in Höhe von 120,67 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Das Amtsgericht hat die unter anderem auf Zahlung von Ausgleichsansprüchen in Höhe von 400,00 € wegen eines um 9 Stunden verfrühten Fluges für jeden Kläger gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 1 b) der „Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91“ (im Folgenden VO) gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

1)

Nach Art. 5 Abs. 1 c) i.V.m. Art. 7 Abs. 1 b) VO hat der Fluggast im Falle einer Annullierung des Fluges einen Anspruch auf Zahlung von 400,00 € bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1.500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1.500 km und 3.500 km. Eine Vorverlegung eines Fluges ist schon dem Wortlaut nach keine Annullierung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 c) VO. Zwar hat der Europäische Gerichtshof im Wege der Analogie die deutliche Verspätung eines Fluges – hierfür genügen 3 Stunden – einer Annullierung gleichgestellt (vgl. EuGH, Urteil vom 19.11.2009, Az. C-402/07, nach Juris). Allerdings gibt es keine Veranlassung, im Wege einer doppelten Analogie eine deutliche Vorverlegung des Fluges – hier immerhin von 9 Stunden – wie eine Verspätung zu behandeln und damit einer Annullierung gleichzustellen. Zum einen fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke, denn der Verordnungsgeber hat eine Entschädigung ausdrücklich nur im Fall einer Annullierung vorgesehen und gilt die VO ihrem Namen nach ohnehin nur „im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen“. Zum anderen wirkt eine Vorverlegung anders als eine Verspätung: Während eine Verspätung wie eine Annullierung zu einer Verzögerung des Fluges führt, was eine Gleichbehandlung nach der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs rechtfertigt, führt eine Vorverlegung zu einer Verfrühung des Fluges, die nicht mit einer Annullierung gleichgesetzt werden kann. Ein Anspruch auf eine Entschädigung gemäß Art. 5 Abs. 1 c) i.V.m. Art. 7 Abs. 1 b) VO besteht damit nach Auffassung der Kammer im Falle einer deutlichen Vorverlegung des Fluges nicht.

2)

Die Kläger können die Zahlung von Verzugszinsen und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten nicht verlangen, weil kein Anspruch in der Hauptsache besteht.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Kammer hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

IV.

Der – nicht nachgelassene – Schriftsatz des Klägervertreters vom 14.05.2014 gab der Kammer nach pflichtgemäßem Ermessen keine Veranlassung, erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten.

 

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