Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Flugverspätungen: Rechte und Entschädigungen für betroffene Fluggäste im Fokus
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Ab welcher Verspätungsdauer haben Fluggäste Anspruch auf eine Entschädigung?
- Welche Maßnahmen muss eine Airline bei Verspätungen ergreifen?
- Was sind außergewöhnliche Umstände, die die Airline von der Zahlungspflicht befreien?
- Welche Entschädigungshöhe steht Fluggästen bei Verspätungen zu?
- Wie können Fluggäste ihre Entschädigungsansprüche durchsetzen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Saarbrücken
- Datum: 11.07.2023
- Aktenzeichen: 13 S 22/23
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Fluggastrecht, Zivilprozessrecht
Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Fluggastpassagierin, die eine Ausgleichszahlung aufgrund einer Flugverspätung von 19 Stunden und 5 Minuten forderte, basierend auf Art. 7 Abs. 1 Satz 1 lit. b), Art. 6, Art. 5 EU-Verordnung Nr. 261/2004.
- Beklagte: Ein Luftfahrtunternehmen, das diesen Ausgleichsanspruch abwehrte und argumentierte, dass die Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist (Verschmutzung der Landebahn), die auch bei Ergreifung aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätten verhindert werden können.
Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin forderte eine Ausgleichszahlung wegen einer Flugverspätung von mehr als 19 Stunden. Die Beklagte führte an, dass die Verspätung durch eine Sperrung der Landebahn am Flughafen Saarbrücken verursacht wurde, auf die sie keinen Einfluss hatte.
- Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob die Beklagte trotz der geltend gemachten außergewöhnlichen Umstände verpflichtet ist, eine Ausgleichszahlung zu leisten, weil sie möglicherweise nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Verspätung zu verhindern oder zu verringern.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung der Beklagten wurde zurückgewiesen, die Klägerin hat Anspruch auf die Ausgleichszahlung.
- Begründung: Die Beklagte hat nicht ausreichend gehandelt, um die Folgen der außergewöhnlichen Umstände zu mildern, wie z.B. Bereitstellung eines Bustransfers zum Ausweichflughafen oder Einsatz einer Ersatzcrew. Außerdem war das Vertrauen auf eine rechtzeitige Freigabe der Landebahn unangemessen.
- Folgen: Die Beklagte muss die Ausgleichszahlung leisten. Das Urteil verdeutlicht die Anforderungen an Luftfahrtunternehmen, bei außergewöhnlichen Umständen alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen, um Fluggastrechte zu wahren.
Flugverspätungen: Rechte und Entschädigungen für betroffene Fluggäste im Fokus
Flugverspätungen und -stornierungen können für Reisende äußerst frustrierend sein. Die Rechte von Fluggästen sind durch verschiedene Regelungen, darunter die EU-Verordnung zu Fluggastrechten, klar definiert. Ein zentraler Aspekt dieser Rechte ist der Ausgleichsleistungsanspruch, der betroffenen Passagieren aufgrund von Verspätungen oder Annulierungen zusteht. Insbesondere bei unvorhersehbaren Ereignissen, wie etwa einer Sperrung der Landebahn, stellen sich viele Fragen zur Höhe der Entschädigung und den Möglichkeiten zur Rückerstattung von Flugtickets.
Die Luftfahrtbranche unterliegt speziellen Regelungen, die einen fairen Ausgleich für Reiseunannehmlichkeiten schaffen sollen. Passagiere haben das Recht auf Schadensersatz von Fluggesellschaften, wenn ihre Flugreisen betroffen sind. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Thematik der Fluggastentschädigung und die damit verbundenen rechtlichen Rahmenbedingungen näher beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Airline muss 800 Euro für 19-stündige Flugverspätung zahlen

Nach einer über 19-stündigen Flugverspätung hat das Landgericht Saarbrücken einen Ausgleichsanspruch von 800 Euro gegen die Ausführende Fluggesellschaft bestätigt. Die ursprünglich für den 2. Dezember 2021 um 18:30 Uhr geplante Landung erfolgte erst am Folgetag um 13:35 Uhr.
Gesperrte Landebahn führt zu Umleitung des Vorfluges
Auslöser der massiven Verspätung war eine Hydraulikölverschmutzung auf der Landebahn des Flughafens Saarbrücken. Die Landebahn musste zwischen 13:21 Uhr und mindestens 18:05 Uhr gesperrt werden. Der für den späteren Flug benötigte Vorflug konnte daher nicht wie geplant um 14:00 Uhr in Saarbrücken landen und wurde stattdessen zum Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden umgeleitet.
Fluggesellschaft ergriff unzureichende Maßnahmen
Das Gericht stellte fest, dass die Fluggesellschaft sich nach Bekanntwerden der Sperrung zunächst passiv verhielt und lediglich auf die Reinigung der Landebahn wartete. Erst um 16:09 Uhr erhielt sie die Information, dass sich die Reinigung aufgrund der verspäteten Ankunft eines zweiten Ölentsorgungsfahrzeugs weiter verzögern würde. Zu diesem Zeitpunkt war der ursprüngliche Plan nicht mehr durchführbar, da der Flug spätestens um 17:45 Uhr hätte starten müssen, um die zulässigen Einsatzzeiten der Crew nicht zu überschreiten.
Richter sehen Versäumnisse bei der Airline
Die Richter kritisierten, dass sich die Fluggesellschaft nicht frühzeitig um Alternativen bemüht hatte. Ein Bustransfer der Passagiere von Saarbrücken nach Karlsruhe/Baden-Baden wäre möglich gewesen und hätte die Verspätung deutlich verringert. Mit einer durchschnittlichen Fahrzeit von zwei Stunden hätte der Flug noch vor der kritischen Zeit um 17:45 Uhr starten können. Die Airline konnte nicht nachweisen, diese Option ernsthaft geprüft zu haben. Auch der mögliche Einsatz einer Ersatzcrew wurde nicht ausreichend dargelegt.
Gericht bestätigt Ausgleichsanspruch
Das Landgericht bekräftigte, dass bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch besteht. Zwar lag mit der Sperrung der Landebahn ein Außergewöhnlicher Umstand vor, der nicht im Verantwortungsbereich der Fluggesellschaft lag. Diese hatte jedoch nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um die massiven Auswirkungen für die Fluggäste zu begrenzen. Die Berufung der Fluggesellschaft wurde daher zurückgewiesen und der Ausgleichsanspruch von 800 Euro bestätigt.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil stärkt die Rechte von Fluggästen bei Verspätungen von mehr als 3 Stunden, die wie Flugannullierungen zu behandeln sind. Fluggesellschaften können sich nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen, wenn diese zum normalen Flugbetrieb gehören oder von ihnen beherrschbar sind. Bei absehbaren Problemen wie Landbahnsperrungen müssen Airlines proaktiv handeln und dürfen nicht einfach auf eine rechtzeitige Lösung hoffen. Das Gericht bekräftigt damit die strenge Auslegung der Ausgleichspflicht zugunsten der Passagiere.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Fluggast haben Sie bei Verspätungen ab 3 Stunden grundsätzlich Anspruch auf die gleiche Entschädigung wie bei einer Flugannullierung. Die Fluggesellschaft muss beweisen, dass wirklich außergewöhnliche Umstände vorlagen, die sie trotz aller zumutbaren Maßnahmen nicht vermeiden konnte. Technische Defekte oder vorhersehbare Probleme im normalen Flugbetrieb zählen dabei nicht als Entschuldigungsgrund. Sie können Ihre Ansprüche auch dann geltend machen, wenn die Airline sich auf „höhere Gewalt“ beruft – lassen Sie sich davon nicht vorschnell abschrecken.
Ihre Rechte bei Flugverspätungen
Dieses Urteil zeigt, dass Fluggesellschaften in der Pflicht sind, aktiv zu werden, um Verspätungen zu minimieren und nicht auf Kosten der Passagiere zu sparen. Gerade bei längeren Wartezeiten ist es wichtig, seine Rechte zu kennen und entschlossen durchzusetzen. Wenn auch Sie von einer Flugverspätung betroffen waren und die Airline sich weigert, eine angemessene Entschädigung zu zahlen, zögern Sie nicht, sich rechtlich beraten zu lassen. Wir helfen Ihnen gerne, Ihre Ansprüche geltend zu machen und die Ihnen zustehende Entschädigung zu erhalten.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Ab welcher Verspätungsdauer haben Fluggäste Anspruch auf eine Entschädigung?
Ein Anspruch auf Entschädigung besteht, wenn Sie Ihr Reiseziel mit einer Verspätung von mindestens drei Stunden erreichen. Entscheidend ist dabei nicht die Abflugverspätung, sondern der Zeitpunkt der tatsächlichen Ankunft am Zielflughafen.
Maßgeblicher Zeitpunkt der Verspätung
Als Ankunftszeit gilt der Moment, in dem mindestens eine Flugzeugtür geöffnet wird und die Passagiere das Flugzeug verlassen können. Wenn Sie beispielsweise pünktlich landen, aber noch eine Stunde in der Maschine warten müssen, zählt diese Wartezeit zur Verspätung.
Höhe der Entschädigung
Die Entschädigungshöhe richtet sich nach der Flugdistanz:
- 250 Euro bei Flugstrecken bis 1.500 km
- 400 Euro bei Flugstrecken zwischen 1.500 und 3.500 km
- 600 Euro bei Flugstrecken über 3.500 km
Besonderheiten bei Anschlussflügen
Wenn Sie durch eine Verspätung Ihren Anschlussflug verpassen, haben Sie auch dann Anspruch auf Entschädigung, wenn der erste Flug nur eine geringe Verspätung hatte. Voraussetzung ist, dass Sie das Endziel mit einer Gesamtverspätung von mehr als drei Stunden erreichen und beide Flüge in einer Buchung gebucht wurden.
Zusätzliche Leistungen
Bereits ab zwei Stunden Verspätung stehen Ihnen Betreuungsleistungen wie Mahlzeiten, Getränke und Kommunikationsmöglichkeiten zu. Nach fünf Stunden Verspätung können Sie vom Flug zurücktreten und haben Anspruch auf Erstattung des Flugpreises.
Welche Maßnahmen muss eine Airline bei Verspätungen ergreifen?
Bei Flugverspätungen müssen Airlines gestaffelte Unterstützungsleistungen für ihre Passagiere erbringen. Die Pflichten der Fluggesellschaft richten sich nach der Dauer der Verspätung und der Flugstrecke.
Sofortige Betreuungsleistungen
Ab 2 Stunden Verspätung muss die Airline kostenlos Snacks und Getränke zur Verfügung stellen. Ab 3 Stunden müssen vollwertige Mahlzeiten angeboten werden. Ab 5 Stunden ist die Fluggesellschaft verpflichtet, eine Hotelunterbringung samt Transfer zu organisieren.
Informationspflichten
Die Airline muss Sie über den Grund der Verspätung und Ihre Rechte informieren. Bei technischen Problemen oder Personalengpässen muss die Fluggesellschaft nachweisen, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Verspätung zu vermeiden.
Beförderungspflichten
Wenn Ihr Flug mehr als 5 Stunden verspätet ist, können Sie vom Beförderungsvertrag zurücktreten. In diesem Fall muss die Airline den vollen Ticketpreis innerhalb von sieben Tagen erstatten. Bei Verspätungen von über 3 Stunden am Zielort haben Sie zusätzlich Anspruch auf eine pauschale Entschädigung zwischen 250 und 600 Euro, abhängig von der Flugstrecke.
Besondere Situationen
Bei verpassten Anschlussflügen aufgrund einer Verspätung muss die Airline eine alternative Beförderung zum Endziel organisieren, wenn die Flüge in einer Buchung gebucht wurden. Bei außergewöhnlichen Umständen wie extremem Wetter oder Flughafenschließungen entfällt zwar die Entschädigungspflicht, nicht aber die Betreuungspflicht der Airline.
Was sind außergewöhnliche Umstände, die die Airline von der Zahlungspflicht befreien?
Außergewöhnliche Umstände liegen vor, wenn ein Ereignis eintritt, das außerhalb der normalen Geschäftstätigkeit einer Fluggesellschaft liegt und von dieser auch durch alle zumutbaren Maßnahmen nicht beherrscht werden kann.
Anerkannte außergewöhnliche Umstände
Als außergewöhnliche Umstände gelten:
- Extreme Wetterbedingungen, die einen sicheren Flugbetrieb unmöglich machen
- Sicherheitsrisiken wie Terrorwarnungen oder politische Instabilität
- Sperrungen des Flughafens oder Luftraums
- Vogelschlag oder Beschädigung durch Fremdkörper auf der Landebahn
- Naturkatastrophen
- Streiks der Flugsicherung (nicht jedoch interne Streiks)
Wichtige Voraussetzungen
Wenn Sie von einer Flugverspätung oder Annullierung betroffen sind, muss die Airline drei Bedingungen erfüllen, um sich auf außergewöhnliche Umstände berufen zu können:
- Das Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands muss nachgewiesen werden
- Die Störung muss nachweislich auf diesen Umstand zurückgehen
- Die Airline muss alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen haben, um die Folgen zu vermeiden
Ihre Rechte trotz außergewöhnlicher Umstände
Auch wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorliegt, haben Sie weiterhin Anspruch auf:
- Betreuungsleistungen wie Verpflegung und Getränke
- Hotelunterbringung bei Übernachtungen inklusive Transfer
- Alternative Beförderung zum Zielort
- Ticketerstattung bei Verspätungen über 5 Stunden
Technische Probleme als Sonderfall
Technische Defekte zählen in der Regel nicht als außergewöhnlicher Umstand. Die Airlines müssen für normale technische Probleme im Rahmen ihrer Wartungspflicht aufkommen. Nur wenn ein versteckter Fabrikationsfehler vorliegt oder ein Schaden durch Sabotage oder Terrorismus verursacht wurde, kann sich die Airline auf außergewöhnliche Umstände berufen.
Welche Entschädigungshöhe steht Fluggästen bei Verspätungen zu?
Die Höhe der Entschädigung bei Flugverspätungen richtet sich nach der Flugdistanz und ist in der EU-Fluggastrechteverordnung (EG) Nr. 261/2004 geregelt. Folgende Entschädigungsbeträge stehen Ihnen als Fluggast zu:
- 250 Euro bei Flügen bis zu 1.500 km Entfernung
- 400 Euro bei Flügen zwischen 1.500 km und 3.500 km
- 600 Euro bei Flügen über 3.500 km
Diese Beträge gelten pro Person und sind unabhängig vom Ticketpreis. Wenn Sie beispielsweise einen Flug von Berlin nach London (ca. 950 km) gebucht haben und dieser mehr als drei Stunden verspätet ist, steht Ihnen eine Entschädigung von 250 Euro zu.
Voraussetzungen für den Entschädigungsanspruch
Um eine Entschädigung zu erhalten, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:
- Die Verspätung muss mindestens 3 Stunden betragen. Maßgeblich ist hierbei die Ankunftszeit am Zielort, nicht die Abflugverspätung.
- Der Flug muss unter die EU-Verordnung fallen. Dies ist der Fall, wenn der Flug innerhalb der EU stattfindet oder von einem EU-Flughafen startet. Bei Flügen aus Nicht-EU-Ländern in die EU gilt die Verordnung nur, wenn die Fluggesellschaft ihren Sitz in der EU hat.
- Die Verspätung darf nicht durch außergewöhnliche Umstände verursacht sein. Hierzu zählen beispielsweise extreme Wetterbedingungen oder Sicherheitsrisiken, nicht aber technische Probleme am Flugzeug.
Besonderheiten bei der Entschädigungshöhe
In bestimmten Fällen kann die Entschädigungshöhe reduziert werden:
- Bei einer Verspätung von weniger als 4 Stunden bei Langstreckenflügen über 3.500 km kann die Airline die Entschädigung um 50% kürzen.
- Wenn Ihnen eine alternative Beförderung angeboten wird, die Sie nur mit geringer Verspätung ans Ziel bringt, kann die Entschädigung ebenfalls reduziert werden.
Beachten Sie, dass die Entschädigung zusätzlich zu anderen Leistungen wie Mahlzeiten, Getränken oder Hotelübernachtungen gewährt wird, die Ihnen bei längeren Wartezeiten zustehen.
Wie können Fluggäste ihre Entschädigungsansprüche durchsetzen?
Fluggäste haben mehrere Möglichkeiten, ihre Entschädigungsansprüche bei Flugverspätungen durchzusetzen:
Direkter Kontakt mit der Fluggesellschaft
Der erste Schritt ist, die Airline direkt zu kontaktieren. Verfassen Sie ein Schreiben mit folgenden Informationen:
- Namen aller Passagiere, für die Sie eine Entschädigung fordern
- Flugnummer, Datum, Abflug- und Zielflughafen
- Geplante und tatsächliche Ankunftszeit
- Verspätungsdauer und Flugstrecke in Kilometern
- Höhe der geforderten Ausgleichsleistung
- Ihre Bankverbindung
- Eine angemessene Zahlungsfrist (mindestens 2 Wochen)
Viele Airlines bieten inzwischen auch spezielle Online-Formulare für Entschädigungsanträge an.
Einschaltung einer Schlichtungsstelle
Reagiert die Airline nicht oder lehnt Ihren Anspruch ab, können Sie sich an eine Schlichtungsstelle wenden. In Deutschland ist die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) eine gute Anlaufstelle. Dieses Verfahren ist für Sie kostenlos und risikolos.
Beachten Sie dabei:
- Die Fluggesellschaft muss Mitglied der söp sein
- Sie müssen zuvor selbst versucht haben, Ihren Anspruch geltend zu machen
- Es darf noch kein Mahnverfahren oder eine Klage eingeleitet worden sein
Nutzung von Fluggastrechte-Portalen
Alternativ können Sie Ihren Fall an spezialisierte Fluggastrechte-Portale abtreten. Diese Unternehmen übernehmen die Durchsetzung Ihrer Ansprüche gegen eine Erfolgsprovision. Die Provision beträgt in der Regel zwischen 25 und 33 Prozent der Entschädigungssumme.
Gerichtliche Durchsetzung
Als letzter Ausweg bleibt der Gang vor Gericht. In Deutschland haben Sie drei Jahre Zeit, um Ihre Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Die Frist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Flug stattfand.
Wenn Sie Ihre Rechte durchsetzen möchten, ist es wichtig, dass Sie alle relevanten Unterlagen und Beweise sammeln. Dazu gehören Bordkarten, Buchungsbestätigungen und schriftliche Bestätigungen über den Grund der Verspätung vom Airline-Personal.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Ausgleichsleistungsanspruch
Ein gesetzlich geregelter Anspruch von Fluggästen auf finanzielle Entschädigung bei erheblichen Flugverspätungen oder Flugausfällen. Basiert auf der EU-Verordnung 261/2004 und beträgt je nach Flugdistanz zwischen 250 und 600 Euro pro Person. Bei Verspätungen muss die Ankunft mindestens 3 Stunden nach der geplanten Zeit erfolgen. Die Airline kann sich nur durch Nachweis außergewöhnlicher Umstände und aller zumutbaren Gegenmaßnahmen von der Zahlungspflicht befreien. Beispiel: Bei einer 4-stündigen Verspätung eines Flugs von Frankfurt nach Madrid stehen jedem Passagier 400 Euro zu.
Außergewöhnlicher Umstand
Ereignisse, die außerhalb der normalen Betriebstätigkeit einer Fluggesellschaft liegen und von dieser nicht beherrschbar sind. Geregelt in Art. 5 Abs. 3 der EU-Verordnung 261/2004. Dazu gehören etwa extreme Wetterbedingungen, politische Instabilität oder versteckte Herstellungsmängel. Selbst bei Vorliegen eines außergewöhnlichen Umstands muss die Airline nachweisen, dass sie alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Auswirkungen zu minimieren. Beispiel: Ein Vulkanausbruch, der den Luftraum unbenutzbar macht.
Zumutbare Maßnahmen
Handlungen, die eine Fluggesellschaft vernünftigerweise ergreifen kann, um Verspätungen oder deren Auswirkungen zu minimieren. Diese Pflicht ergibt sich aus Art. 5 Abs. 3 der EU-Fluggastrechteverordnung. Dazu gehören etwa die Organisation von Ersatzbeförderung, Einsatz von Ersatzflugzeugen oder alternativer Crews. Die Maßnahmen müssen wirtschaftlich vertretbar und organisatorisch möglich sein. Beispiel: Bereitstellung eines Bustransfers zu einem nahegelegenen Ausweichflughafen bei gesperrter Landebahn.
Ausführende Fluggesellschaft
Das Luftfahrtunternehmen, das den Flug tatsächlich durchführt und damit für operative Entscheidungen und etwaige Ausgleichszahlungen verantwortlich ist. Definiert in Art. 2(b) der EU-Verordnung 261/2004. Diese kann von der Gesellschaft abweichen, bei der der Fluggast gebucht hat (Marketing Carrier). Ausgleichsansprüche sind immer gegen die ausführende Airline zu richten. Beispiel: Ein bei Lufthansa gebuchter Flug wird von Eurowings durchgeführt – Eurowings ist die ausführende Fluggesellschaft.
Berufung
Ein Rechtsmittel gegen Urteile der ersten Instanz, mit dem eine neue Verhandlung und Entscheidung in der nächsthöheren Instanz erreicht werden soll. Geregelt in §§ 511 ff. ZPO. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Urteilszustellung eingelegt werden und ermöglicht eine umfassende Überprüfung des erstinstanzlichen Urteils in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht. Beispiel: Eine Fluggesellschaft legt gegen ein Urteil des Landgerichts Berufung zum Oberlandesgericht ein.
Einsatzzeiten der Crew
Gesetzlich und tarifvertraglich geregelte maximale Arbeitszeiten für Flugpersonal, die aus Sicherheitsgründen strikt einzuhalten sind. Basiert auf EU-Verordnung 83/2014 und weiteren Luftfahrtvorschriften. Überschreitungen sind nicht zulässig, auch nicht bei Verspätungen. Nach Erreichen der Höchstzeiten muss eine Ersatzcrew eingesetzt oder der Flug verschoben werden. Beispiel: Eine Crew darf maximal 13 Stunden Dienst am Stück leisten, danach ist eine vorgeschriebene Ruhezeit einzuhalten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Art. 7 Abs. 1 Satz 1 lit. b), Art. 6, Art. 5 EU-Verordnung Nr. 261/2004 (Fluggastrechte-VO):
Diese Vorschriften regeln die Ansprüche von Fluggästen bei erheblichen Verspätungen und Annullierungen von Flügen. Gemäß Art. 7 Abs. 1 lit. b) besteht bei einer Verspätung von mindestens 3 Stunden ein Anspruch auf Ausgleichszahlung, abhängig von der Flugstrecke. Art. 5 und Art. 6 spezifizieren die Voraussetzungen, unter denen Fluggäste bei Verspätungen oder Annullierungen entschädigt werden müssen, sofern keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen.
Im vorliegenden Fall wurde die Verspätung von über 19 Stunden anerkannt und eine Ausgleichszahlung von 800 Euro zugesprochen, da die Voraussetzungen gemäß der Fluggastrechte-VO erfüllt waren. - Art. 5 Abs. 3 EU-Verordnung Nr. 261/2004:
Diese Regelung sieht vor, dass Luftfahrtunternehmen von der Verpflichtung zur Ausgleichszahlung befreit sind, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die auch bei Ergreifung aller zumutbaren Maßnahmen nicht hätten vermieden werden können. Außergewöhnliche Umstände müssen außerhalb der normalen Kontrolle des Unternehmens liegen.
Im Fall lag zwar ein solcher Umstand in Form einer Hydraulikölverschmutzung vor, dennoch wurde die Ausgleichszahlung nicht ausgeschlossen, da das Unternehmen nicht alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen hatte, um die Verspätung zu minimieren. - § 398 BGB (Abtretung):
Nach dieser Vorschrift können Forderungen von einer Person auf eine andere übertragen werden. Der Anspruch des Fluggasts wurde hier wirksam an die Klägerin abgetreten, die dann in eigenem Namen die Ausgleichszahlung geltend gemacht hat.
Dieser Aspekt ist relevant, weil die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des ursprünglichen Fluggasts auftrat und die Ansprüche erfolgreich durchsetzen konnte. - Erwägungsgrund 14 EU-Verordnung Nr. 261/2004:
Dieser Erwägungsgrund gibt Beispiele für außergewöhnliche Umstände, die von der Haftung befreien können, wie etwa politische Instabilität, Wetterbedingungen oder Sicherheitsrisiken. Technische Defekte gelten jedoch nur als außergewöhnlich, wenn sie nicht Teil der normalen Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens sind.
Im Fall wurde argumentiert, dass die Hydraulikölverschmutzung außerhalb der üblichen Risiken lag, das Luftfahrtunternehmen jedoch durch fehlendes Krisenmanagement keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen hat. - § 522 Abs. 2 ZPO (Zurückweisung der Berufung):
Diese Regelung ermöglicht es einem Berufungsgericht, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, wenn keine Aussicht auf Erfolg besteht und keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vorliegt.
Das Gericht nutzte diese Vorschrift, um die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, da die erstinstanzliche Entscheidung weder auf Rechtsverletzungen beruhte noch eine abweichende Beurteilung rechtfertigte.
Das vorliegende Urteil
LG Saarbrücken – Az.: 13 S 22/23 – Beschluss vom 11.07.2023
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