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Auslandseinschreiben mit Rückschein – Anforderungen an eine Zustellung

AG Kehl, Az.: 3 Cs 206 Js 2217/17, Beschluss vom 28.09.2017

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist wird als unbegründet zurückgewiesen.

2. Der Einspruch gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts Kehl vom 13.02.2017, Az. 3 Cs 206 Js 2217/17, wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I.

Auslandseinschreiben mit Rückschein - Anforderungen an eine Zustellung
Symbolfoto: Kzenon/Bigstock

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht Kehl gegen den Angeklagten am 13.02.2017 einen Strafbefehl. Am 14.02.2017 wurde auf Anordnung des Vorsitzenden der Strafbefehl mit einer Rechtsbehelfsbelehrung nebst Übersetzungen in die französische Sprache durch die Geschäftsstelle des Gerichts auf die Post zur Zustellung nach Frankreich per Einschreiben mit Rückschein gegeben. Am 07.03.2017 ging der Rückschein dieses Einschreibens beim Gericht ein. Der Rückschein ist im Empfängerfeld unterschrieben und mit einem auf den 03.03.2017 datierten Stempel der französischen Post versehen.

Mit Faxschreiben vom 21.03.2017 legte der Verteidiger des Angeklagten gegen den Strafbefehl Einspruch ein und beantragte, dem Angeklagten Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist zu gewähren. Der Verteidiger ist der Ansicht, dass die Zustellung des Strafbefehls nicht wirksam erfolgt sei, weil der Rückschein des Einschreibens nicht mit einem Datum versehen sei, dass den Tag der Empfangnahme angibt. Weiter trägt der Verteidiger vor, dass der Angeklagte den Strafbefehl erst am 14. oder 15.03.2017 von seinem Bruder habe übergeben bekommen.

II.

Der Strafbefehl ist dem Angeklagten ordnungsgemäß zugestellt worden, sein Einspruch verspätet und der Antrag auf Wiedereinsetzung in die verspätete Einspruchsfrist unbegründet.

1. Die Zustellung des Einschreibens per Einschreiben mit Rückschein ist ordnungsgemäß erfolgt, auch wenn es nicht dem Angeklagten selbst, sondern seinem Bruder, übergeben und das Datum der Empfangnahme nicht angegeben wurde.

a. Nach Art. 5 Abs. 1 des Übereinkommens vom 29.05.2000 über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (BGBl. 2005 II, S. 651) können Verfahrensurkunden unmittelbar durch die Post übersandt werden, wenn sich der Adressat in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufhält. Die Zustellung des Strafbefehls an den in Frankreich wohnenden Angeklagten per Einschreiben mit Rückschein war somit zulässig.

b. Die Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein ist mit Übergabe des Einschreibens an den Adressaten, seinen Ehe- oder Lebenspartner, seinen Postbevollmächtigten oder an einen Ersatzempfänger, welchem die Sendung nach den im Bestimmungsland geltenden Postbestimmungen ausgehändigt werden kann, wirksam vollzogen (Geimer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 183 ZPO, Rn. 43; Häublein in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl. 2016, § 183 Rn. 7). Dafür, dass die in Frankreich für derartige Einschreiben geltenden Bestimmungen nicht eingehalten wurden, gibt es keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil ist von einer bestimmungsgemäßen Übergabe des Einschreibens auszugehen, da der Rückschein des Einschreibens von der französischen Post zur Rücksendung an das Gericht abgestempelt und auf den Weg gegeben wurde.

c. Das fehlende Datum der Übergabe des Einschreibens auf dem Rückschein steht der Annahme einer wirksamen Zustellung nicht entgegen.

Zwar ist das Datum der Übergabe grundsätzlich an der dafür vorgesehenen Stelle auf dem Rückschein zu verzeichnen. Die Angabe dieses Datum dient aber lediglich der Feststellung des genauen Zeitpunkts der Zustellung, der aber, wie die Zustellung selbst, auch auf andere Weise im Freibeweisverfahren festgestellt werden kann (Häublein a.a.O.). Zweifel bei der Feststellung des Zeitpunkts der Zustellung gehen zu Gunsten desjenigen, dessen Rechte davon betroffen sind, hier des Angeklagten hinsichtlich des Beginns der Einspruchsfrist.

Dies ergibt sich im Übrigen auch aus einem Vergleich mit den Anforderungen an eine wirksame Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 174 ZPO. Obwohl § 174 Abs. 4 Satz 1 ZPO bestimmt, dass zum Nachweis der Zustellung das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis genügt, ist die Wirksamkeit der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nicht davon abhängig, dass das Datum auf dem Empfangsbekenntnis angegeben ist (BGH NJW 2005, 3216 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung). Nach § 183 Abs. 5 Satz 1 ZPO genügt hingegen der Rückschein zum Nachweis der Zustellung; von Datum und Unterschrift ist hier nicht die Rede. Wenn schon bei der Zustellung gegen Empfangsbekenntnis das Fehlen des Datums nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung führt, kann dies somit erst recht nicht bei der Zustellung per Einschreiben gegen Rückschein der Fall sein.

2. Der am 21.03.2017 eingelegte Einspruch des Verteidigers ist verspätet, weil die Einspruchsfrist spätestens mit dem 17.03.2017 ablief.

Auch wenn auf dem Rückschein des Einschreibens das Datum der Übergabe an den Empfänger nicht vermerkt ist, lässt sich aus dem Datum des Stempels der französischen Post zur Rücksendung des Rückscheins an das Gericht schließen, wann das Einschreiben dem Empfänger spätestens übergeben worden sein muss, nämlich am 03.03.2017.

Somit begann die 2-wöchige Einspruchsfrist nach § 410 Abs. 1 Satz 1 StPO an diesem Tag und endete am 17.03.2017, um 24 Uhr, während der Einspruch erst am 21.03.2017 eingelegt wurde.

3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist ist zulässig, aber unbegründet. Dabei kann es dahinstehen, ob der Angeklagte die Versäumung der Einspruchsfrist bereits deshalb verschuldet hat, weil er den Strafbefehl spätestens am 15.03.2017, also noch innerhalb der Einspruchsfrist, erhalten hat und den Einspruch somit rechtzeitig hätte einlegen können. Denn jedenfalls hat der Angeklagte entgegen § 45 Abs. 2 Satz 1 StPO nicht glaubhaft gemacht, dass er den Strafbefehl erst am 14. oder 15.03.2017 von seinem Bruder erhalten hatte.

Nach alldem war der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Einspruchsfrist als unbegründet zurückzuweisen und der Einspruch gemäß § 411 Abs. 1 Satz 1 StPO als unzulässig zu verwerfen.

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