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Hinweispflicht auf Auslaufmodelle – Unterlassungsanspruch bei Werbung

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Az.: 4 U 767/02

Verkündet am 01.10.2002

Vorinstanz: LG Mainz – Az.: 12 HK.O 119/01


In dem Rechtsstreit wegen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf die mündliche Verhandlung vom 24. September 2002 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 12. Zivilkammer – 2. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Mainz vom 2. Mai 2002 teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass sich der Klageantrag der Klägerin (negativer Feststellungsantrag) erledigt hat.

Die Klägerin wird auf die Widerklage verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- € zu unterlassen, in Zeitungsanzeigen und/oder auf sonstigen Werbeträgern im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Artikel, wie einen K……DVD-Player DVF 3530, die in den aktuellen Preislisten der Hersteller nicht mehr geführt sind, also Auslaufmodelle sind, zu bewerben, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich um Auslaufmodelle handelt; und/oder bei der Bewerbung von Auslaufmodellen mit der gleichzeitigen Angabe einer vorherigen Preisempfehlung zu werben, ohne darauf hinzuweisen, dass es sich hier um eine „ehemalige“ unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers handelt.

Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Klägerin, die in M…. einen Einzelhandel u.a. für Geräte der Unterhaltungs- und Haushaltselektronik betreibt, warb in einer Zeitungsbeilage in der 43. Kalenderwoche 2001 für einen „K…… DVF 3530 DVD-Player zu 499,– DM“ mit dem Hinweis „unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers 699,- DM, Sie sparen 200,- DM“.

Der Beklagte, ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Förderung der gewerblichen Aufgaben seiner Mitglieder gehört, mahnte die Klägerin ab.

Die Klägerin gab die geforderte Unterlassungserklärung nicht ab, sondern erhob negative Feststellungsklage.

Das Landgericht hat die negative Feststellungsklage zugesprochen und die Widerklage des Beklagten abgewiesen. Das Landgericht hat den Beklagten nicht als nach § 13 II Nr. 2 UWG prozessführungsbefugt angesehen.

Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Er begehrt weiterhin die Unterlassung der Klägerin, Artikel wie den oben bezeichneten DVD-Player zu bewerben, die in den aktuellen Preislisten der Hersteller nicht mehr aufgeführt sind, ohne sie als Auslaufmodelle zu kennzeichnen. Weiter verlangt der Beklagte für die Abmahnung eine Unkostenpauschale in Höhe von 290,- DM zzgl. Zinsen. Unter Vorlage von Mitgliedslisten weist der Beklagte auf direkte und indirekte Mitglieder hin, die Konkurrenten der Klägerin seien. Inzwischen ist der Beklagte als Wettbewerbsverband im Sinne von § 13 V S. 1 Nr. 2 Unterlassungsklagenverordnung anerkannt.

Im Hinblick auf die Widerklage des Beklagten hat die Klägerin die negative Feststellungsklage nunmehr in der Hauptsache für erledigt erklärt. In der Sache weist die Klägerin darauf hin, dass die Fa. K …… den DVD-Player im Zeitpunkt der Werbung noch ausgeliefert und im Kundenkatalog geführt habe.

Der Beklagte hat sich der Erledigungserklärung der Klägerin nicht angeschlossen.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat aufgrund der neuen Sachlage auch in der Sache Erfolg.

Die Klagebefugnis des Beklagten ergibt sich nunmehr aus seiner Anerkennung als Wettbewerbsverband im Sinne von §§ 13 V S. 1 Nr. 2 Unterlassungsklagengesetz, 13 VII UWG durch § 1 Nr. 7 der Unterlassungsklagenverordnung vom 03.07.2002 (BGBI l 2565).

Das Landgericht hat jedoch eine Klagebefugnis für die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz zu Recht verneint.

Gemäß § 13 II Nr. 2 UWG kann der Unterlassungsanspruch im Fall des § 3 UWG auch von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen geltend gemacht werden, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen, und soweit der Anspruch eine Handlung betrifft, die geeignet ist, den Wettbewerb auf diesem Markt wesentlich zu beeinträchtigen.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Der Beklagte hat weder in erster Instanz, noch im Berufungsverfahren ausreichend dargelegt, dass ihm eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreibt.

Für die Prüfung ist als maßgeblicher Markt in räumlicher Hinsicht nur der unmittelbare Einzugsbereich von M…. zugrunde zu legen. Denn in B………..und in B………..gibt es gleichfalls einen…..-Markt. Die Klägerin hat bestritten (Bl. 31 GA), auch in B……….. und B………..Märkte zu betreiben. Diesem Vortrag ist der insoweit darlegungspflichtige Beklagte nicht mehr entgegengetreten. Im Übrigen spricht der Umstand, dass für die Märkte in B………..und B………..eigene Geschäftsführer (0. W… und F. P….) bestellt sind, dafür, dass es sich um gegenüber der Klägerin selbständige Märkte handelt. Der räumliche Einzugsbereich der Klägerin ist damit auf M…. zu beschränken. Es ist nicht davon auszugehen, dass Kunden bei einer derartigen Dichte an Märkten mit weitgehend identischem Angebot erhebliche Anfahrtsstrecken zur Klägerin auf sich nehmen.

Der von dem Beklagten gerügte Wettbewerbsverstoß betrifft ein Gerät der Unterhaltungselektronik. Dies bestimmt den maßgeblichen Markt in sachlicher Hinsicht. Die seitens des Klägers in der Berufungsbegründung genannten Mitglieder, die Optikerleistungen, Computerservice oder Büroausstattungen anbieten, scheiden für diese Webemaßnahme als mögliche Konkurrenten der Klägerin ebenso aus wie die vom Beklagten in den überreichten Mitgliederlisten markierten Elektroinstallateure oder Anbieter von Haushaltselektronik.

Das Branchenfernsprechbuch weist für M…. im Bereich der Unterhaltungselektronik (Fernseh- und Radiogeräte) 21 Einträge auf. Der über die Homepage der Stadt M…. erreichbare Branchenführer zeigt in der Branche „Radio-Fernseh-Video“ 22 Treffer an. Von diesen 21 bzw. 22 Unternehmen ist lediglich die Firma Radio B…. GmbH & Co. KG indirekt – über den …-Mittelstandskreis – Mitglied bei dem Beklagten. Dies reicht nicht aus, um das Kriterium einer erheblichen Zahl von Konkurrenzunternehmen unter den Mitgliedern zu erfüllen.

Bis zu seiner Anerkennung durch die Unterlassungsklagenverordnung war der Beklagte damit nicht befugt, den Unterlassungsanspruch gerichtlich geltend, zu machen.

Damit war auf die einseitig gebliebene Erklärung der Klägerin die Erledigung der von dieser erhobenen negativen Feststellungsklage durch die seitens des Beklagten erhobene Widerklage festzustellen. Denn bis zum Eintritt des erledigenden Ereignisses war die negative Feststellungsklage zulässig und begründet.

Die beanstandete Werbung war irreführend und damit wettbewerbswidrig gem. § 3 UWG. Die Klägerin warb für den DVD-Player K……DVF 3530 in der 43. Kalenderwoche, also im Oktober 2001 unter Gegenüberstellung mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, obwohl das Gerät schon seit April 2001 nicht mehr in der Preisliste des Herstellers geführt wurde und nach den Informationen auf der Homepage der Firma K……ab Juni/Juli von dem Nachfolgegerät DVF 3550 abgelöst wurde (vgl. zur Hinweispflicht auf ein Auslaufmodell BGH NJW1999, 2190 -Auslaufmodelle I-; BGH NJW 1999, 2193 -Auslaufmodelle II-; BGH WRP 2000, 514 -Auslaufmodelle III). Dementsprechend stellte die Klägerin ihrem Preis auch schon die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers für das Nachfolgemodell gegenüber (für das Modell DVF 3530 lautete die Empfehlung noch auf 799,– DM).

Zwar sind in dem für Endverbraucher bestimmten Katalog 2001/2002 der Firma K……. den der Zeuge W…….im Rahmen seiner Vernehmung vorgelegt hat, die beiden DVD-Player DVF 3530 und 3550 parallel aufgelistet. Dieser Endkundenkatalog legt jedoch nicht das Sortiment der Firma K……für die Jahre 2001/2002 fest. Auf diesen Katalog, der den schnellen Modellwechsel im Bereich der Unterhaltungselektronik nicht berücksichtigt, kann sich die Klägerin für die Frage der Einordnung als Auslaufmodell nicht berufen. Dies ergibt sich neben einer fehlenden Preisempfehlung des Herstellers in diesem Katalog bereits aus dem Umstand, dass im aktuellen Online-Katalog der Firma K……(http://www.xxx.htm) keiner der beiden DVD-Player, sondern nur noch das Nachfolgemodell DVF 3060 geführt wird. So konnte auch der Zeuge W…,…, der allerdings im Rahmen der Werbemaßnahme die Überprüfung nicht selbst durchgeführt hatte, nicht bestätigen, dass der beworbene DVD-Player im Zeitpunkt der Werbung noch produziert und vom Hersteller zu Konditionen eines Modells aus der laufenden Produktion ausgeliefert wurde. Vielmehr war der Zeuge auf Vorhalt der Beklagten vorgelegten Preislisten selbst der Auffassung, dass es sich bei dem beworbenen DVD-Player um ein Auslaufmodell handelte. Dabei geht der Senat davon aus,

dass dies der Klägerin, die ja nicht behauptet, die Preislisten der Firma K……nicht zu kennen, auch bewusst war.

Hinsichtlich der weiter verlangten Abmahnkosten ist die Widerklage unbegründet, da der Beklagte im Zeitpunkt der Abmahnung nicht klagebefugt war.

Die Kostenentscheidung berücksichtigt, dass die Widerklage nur aufgrund einer Änderung der Rechtslage während des Berufungsverfahrens Erfolg hatte und beruht hinsichtlich der Kosten erster Instanz auf § 91 ZPO, hinsichtlich der Kosten des Berufungsverfahrens auf § 92 l ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§708 Nr. 10, 711,713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 II ZPO nicht gegeben sind.

Der Streitwert beträgt 20.290,- €, die Beschwer für die Klägerin 20.000,- € und für den Beklagten 290,- €.

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