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Auslegung eines mit einer Lebensversicherung abgesicherten Bankkreditvertrages

LG Ravensburg – Az.: 6 O 483/11 – Urteil vom 05.04.2012

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtstreits.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 26.400,00 €

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche aus einer Finanzierungsvereinbarung mit der Beklagten geltend.

Der Kläger und seine Ehefrau kauften Ende 1993 eine Eigentumswohnung in einem zu erstellenden Wohngebäude in …. Um diese zu finanzieren begaben sie sich in die Filiale der Rechtsvorgängerin der Beklagten in …. Dort wurde ihnen vorgeschlagen, den Kaufpreis der Wohnung in Höhe von 350.000,00 DM zum einen über einen Bausparvertrag über 70.000,00 DM, zum anderen über einen Darlehensvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu finanzieren.

Die Parteien schlossen einen Darlehensvertrag am 24./26.11.1993. In dem schriftlichen Darlehensvertrag ist der Nennbetrag von 350.000,00 DM angegeben. Die Auszahlungssumme betrug hiervon 90 Prozent, also 315.000,00 DM. Es handelte sich um ein Festdarlehen ohne Tilgung bis zum Rückzahlungszeitpunkt. Als Fälligkeitszeitpunkt der Rückzahlung ist der 30.11.2013 vereinbart worden. Während der Laufzeit sollte die Zinszahlung 5,6 Prozent pro Jahr betragen. Es wurde eine Zinsbindung bis 2003 vereinbart. Unter Ziffer 13.1 des Darlehensvertrages heißt es:

„Bei Darlehen mit festem Zinssatz werden die Konditionen für weitere Festschreibungszeiten neu vereinbart. Die Bank wird dem Darlehensnehmer spätestens einen Monat vor Ablauf der jeweiligen Festschreibungszeit neue, für Darlehen dieser Art bei ihr dann übliche Konditionen anbieten. Werden neue Konditionen vereinbart, bestehen diese Darlehensbestimmungen im Übrigen fort. Wird keine Vereinbarung getroffen, ist das Darlehen/sind die Darlehen zum Ablauf der Festschreibungszeit zurückzuzahlen“.

Unter 3.4 des Darlehensvertrages befinden sich neben dem Stichwort „Tilgung“ zwei Ankreuzkästchen, zum einen „Kapital-Lebensversicherung“, zum anderen „Bausparvertrag“. Angekreuzt ist das Kästchen „Kapital-Lebensversicherung“. Unter Ziffer 12.2 des Darlehensvertrages heißt es:

„Werden bei Koppelung des Darlehens mit Kapital-Lebensversicherung und/oder Bausparvertrag die ursprünglich vereinbarten Versicherungs- bzw. Bausparprämien nicht entrichtet, kann die Bank für das Darlehen ab dem Beginn des folgenden Kalendermonats eine angemessene jährliche Tilgung festlegen, um eine Darlehensrückzahlung innerhalb der Gesamtlaufzeit zu erreichen“.

Unter Ziffer 10.1 des Darlehensvertrages ist als Sicherheit für das Darlehen die Bestellung einer Grundschuld vorgesehen. Neben Ziffer 3.9 des Darlehensvertrages ist die Darlehensgesamtlaufzeit „bis ca. 30.11.2013“ angegeben.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Darlehensurkunde wird auf die Anlage K1 verwiesen.

Die Ehefrau des Klägers schloss einen Kapital-Lebensversicherungsvertrag mit der …, die von der Rechtsvorgängerin der Beklagten vermittelt wurde. Als Zeitpunkt des Beginns der Versicherung ist der 01.12.1993 in der Urkunde der Lebensversicherung angegeben. Als Ablaufzeitpunkt ist der 01.12.2013 angegeben. Die versicherte Summe beträgt 205.000,00 DM. Begünstigte der Lebensversicherung ist die Ehefrau des Klägers zu deren Lebzeiten, danach der Kläger.

Die Ehefrau des Klägers trat die Ansprüche, die ihr aus der Lebensversicherung zustehen, mittels eines Abtretungsvertrages an die Rechtsvorgängerin der Beklagten ab. Unter Ziffer 1.2 des Abtretungsvertrages ist angegeben, dass die Abtretung der Erlebensfallansprüche auf den Betrag von 315.000,00 DM begrenzt ist. Unter Ziffer 4 des Abtretungsvertrages und unter dem Wort „Sicherungszweck“ ist erklärt, dass die Abtretung zur Sicherung sämtlicher Ansprüche der Bank, die ihr aus dem Kreditvertrag gegen … und …, …, …, zustehen, erfolgt. In dem Formular des Abtretungsvertrages ist der Platz freigelassen, welcher vorgesehen wurde, um das Datum und die Nummer des gesicherten Kreditvertrages einzufügen.

Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Abtretungsurkunde wird auf die Anlage K3 verwiesen.

Im März 1999 betrug die prognostizierte Ablaufleistung der Lebensversicherung noch 348.000,00 DM.

Am 08.09.2003, nach Ablauf der Zinsbindungsfrist aus dem Darlehensvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten, schlossen der Kläger und seine Ehefrau einen neuen Darlehensvertrag mit der … . Hierbei handelt es sich um ein Annuitätendarlehen. Das Darlehen hat einen Nennbetrag von 179.000,00 €.

Der Kläger und seine Ehefrau bezahlten das Darlehen an die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahr 2003 vollständig zurück. Sämtliche Sicherheiten, namentlich die bestellte Grundschuld sowie die abgetretenen Ansprüche aus der Lebensversicherung, wurden auf die … übertragen.

Im August 2010 betrug die prognostizierte Ablaufleistung der Lebensversicherung noch 145.141,57 €.

Der Kläger behauptet, die Berater der Rechtsvorgängerin der Beklagten, die Zeugen … und …, hätten bei Vertragsschluss versichert, dass die Ablaufleistung der Lebensversicherung mindestens 350.000,00 DM betragen werde. Dies sei auf mehrfaches nachfragen hin so bestätigt worden.

Er und seine Ehefrau würden nicht wissen, wie sie seiner Zeit verfahren wären, wenn die Beklagte eine Finanzierung dergestalt angeboten hätte, dass das Risiko einer Unterdeckung bei der Versicherungsleistung nicht von der Beklagten, sondern von ihnen zu tragen ist. Möglicherweise hätten sie von dem beabsichtigten Erwerb der Eigentumswohnung Abstand genommen oder aber eine höhere Lebensversicherung mit entsprechend höheren Beitragszahlungen abgeschlossen, um das Risiko einer Unterdeckung auszuschließen und bei Vertragsablauf schuldenfrei zu sein.

Der Kläger ist der Meinung, dass das Risiko, dass die Ablaufleistung der Lebensversicherung unter dem Darlehensrückzahlungsbetrag liege, die Bank zu tragen habe. Die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung sei an Erfüllungs statt und nicht nur erfüllungshalber geschehen. Hierfür spreche der Gesamtzusammenhang des Finanzierungsmodells. So sei unter Ziffer 3.4 des Darlehensvertrages als Tilgung die Kapital-Lebensversicherung angegeben. Zudem sei unter Ziffer 12.2 des Darlehensvertrages keine Regelung dahingehend getroffen worden, dass die Bank Tilgungsraten festsetzen dürfe bei schlechter Prognose der Kapital-Lebensversicherung. Weiterhin spreche für die Übernahme des Risikos der Unterdeckung durch die Bank, dass die Bank bei Verschlechterung der Prognose der Lebensversicherung keine weiteren Sicherheiten verlangen dürfe. Die Abtretung sei nicht zu dem Zweck der Sicherung sämtlicher Forderungen der Bank gegen den Kläger erfolgt, sondern sei stattdessen auf die Darlehenssumme begrenzt. Auf Grund der Begrenzung des Abtretungsbetrags stünden mögliche Überschüsse dem Kläger und seiner Ehefrau zu. Schließlich sei die Fälligkeit der Lebensversicherung auf die Fälligkeit des Darlehens abgestimmt.

Es komme im Übrigen die Unklarheitenregelung gemäß § 5 AGBG/§ 305 c Abs. 2 BGB zum Tragen.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe zudem mit den Äußerungen der Berater bei Abschluss des Darlehensvertrages und der Kapital-Lebensversicherung eine Garantieverpflichtung dahingehend übernommen, dass die Ablaufsumme der Kapital-Lebensversicherung nicht hinter dem Rückzahlungsbetrag des Darlehens im Jahr 2013 zurückbleibe.

Er habe auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, dass die Beklagte den Betrag der Unterdeckung zu tragen habe. Er müsse andernfalls rechtzeitig Vorkehrungen für die Beseitigung der Unterdeckung treffen können.

Der Kläger beantragt: Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, nach dem 01.12.2013 an den Kläger als Gesamtgläubiger mit Frau … den Betrag zu zahlen, um den die am 01.12.2013 fällige Ablaufleistung aus der bei der .. Lebensversicherungs AG unter Versichungsnr. … bestehenden Lebensversicherung hinter den Nennbetrag von 178.952,16 € aus dem mit der … am 24./26.11.1993 geschlossenen Darlehensvertrag Nr. … zurückbleibt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, dass die Ansprüche aus der Kapital-Lebensversicherung nur erfüllungshalber abgetreten worden seien und das Risiko der Unterdeckung der Kläger zu tragen habe.

Dass in dem Darlehensvertrag neben dem Wort „Tilgung“ das Feld „Kapital-Lebensversicherung“ angekreuzt sei, bedeute nach dem Wortlaut nicht, dass ausschließlich mit der Kapital-Lebensversicherung getilgt werden solle und die Beklagte diese an Erfüllungs statt angenommen habe. Daher trage sie nicht das Risiko einer Unterdeckung.

Hierauf deute auch die Umschuldungsmöglichkeit unter Ziffer 13.1 des Darlehensvertrages hin. Im Jahr 2003, nach Ablauf der Zinsbindung, hätte die Ablaufsumme der Lebensversicherung noch auf keinen Fall ausgereicht, um das Darlehen damit zurückzuzahlen. Zur Sicherung der Darlehenssumme sei zudem eine Grundschuld bestellt worden.

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Zudem seien mögliche Ansprüche mit der Ablösung des Darlehens im Jahr 2003 untergegangen.

Die Beklagte erhebt außerdem die Einrede der Verjährung.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Klägers sowie der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

A.

Die Klage ist zulässig.

Das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse an der Klärung, ob die geltend gemachten Forderungen bestehen. Zwar berühmt sich die Beklagte – anders als im Urteil des OLG Karlsruhe vom 21.02.2006, Aktenzeichen: 17 U 151/05 – nicht eines Rückzahlungsanspruchs, aus dem sich ein schutzwürdiges Interesse des Klägers ergeben könnte. Allerdings hat der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Klärung, ob er die zu erwartende Unterdeckung der Kapital-Lebensversicherung im Hinblick auf die Rückzahlung der Darlehenssumme an die … zu tragen hat. In diesem Fall muss er gegebenenfalls rechtzeitig Vorkehrungen treffen bzw. eine Anschlussfinanzierung suchen, um sich so rechtzeitig auf das Ende des Darlehensvertrages einzustellen.

B.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

I. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Der Kläger und seine Ehefrau sind – anders als im Klagantrag angegeben – als Mitgläubiger und nicht als Gesamtgläubiger anzusehen. Der Kläger bildet mit seiner Ehefrau eine Forderungsgemeinschaft gem. § 432 Abs. 1 BGB. Die Eheleute haben beide den Darlehensvertrag mit der Beklagten unterzeichnet und sind demnach hinsichtlich geltend gemachter Forderungen aus dem Darlehensvertrag gemeinsam berechtigt. Demnach darf der Kläger alleine klagen, um die Leistung an alle, also an sich und seine Ehefrau gemeinsam, zu fordern.

II. Der Kläger macht mit seiner Klage nicht Schadenersatzansprüche geltend, die aus einem Beratungsvertrag mit der Rechtsvorgänger der Beklagten resultieren. Er fordert nicht das negative – nur dieses könnte als Schadenersatz gefordert werden –, sondern das positive Interesse. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 21.02.2012 selbst erklärt, dass er, wäre ihm das Risiko der Unterdeckung bewusst gewesen, nicht unbedingt von der gesamten Finanzierung Abstand genommen hätte, sondern möglicherweise eine höhere Lebensversicherung mit entsprechend höheren Beitragszahlungen geschlossen hätte. Der Klägervertreter hat in der öffentlichen Sitzung am 15.03.2012 im Übrigen klargestellt, dass es nicht um einen Schadensersatzanspruch gehe.

III. Ein Anspruch begründet sich nicht gem. § 812 Abs. 1 S. 1 erste Alternative BGB. Der Kläger und seine Ehefrau haben im Jahr 2003 das Darlehen an die Rechtsvorgängerin der Beklagten vollständig zurückgezahlt und damit an sie geleistet. Dies ist nicht ohne Rechtsgrund geschehen, da der Kläger und seine Ehefrau mit der Abtretung der Ansprüche aus der Kapital-Lebensversicherung an die Rechtsvorgängerin der Beklagten den Rückzahlungsanspruch der Beklagten noch nicht erfüllt hatten.

1. Der Darlehensvertrag des Klägers und seiner Ehefrau mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten enthält in Ziffer 13.1 des Darlehensvertrages die Möglichkeit, das Darlehen nach dem Ende der Zeit, in der die Zinsen festgeschrieben sind, vor Fälligkeit zurückzuzahlen. Dies ist im vorliegenden Fall auch geschehen. Es war von Beginn an klar, dass jedenfalls zu diesem frühen Zeitpunkt im Jahr 2003 die Ablaufleistung der Kapital-Lebensversicherung noch nicht zur Darlehensrückzahlung ausreichen würde und daher die Abtretung der Ansprüche aus der Kapital-Lebensversicherung nicht an Erfüllung statt wirken kann. Eine Risikoverlagerung auf die Rechtsvorgängerin der Beklagten erfolgte für das Jahr 2003 nicht. Es wäre wirtschaftlich nicht nachvollziehbar und wiederspräche jeder Lebenserfahrung, der beklagten Bank zu unterstellen, sie hätte sich darauf eingelassen, ihren Anspruch auf Darlehensrückzahlung durch Auszahlung einer der Höhe nach ungewissen, zu diesem frühen Zeitpunkt jedenfalls weit niedrigeren Versicherungsleistung abfinden zu lassen (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.04.2007, Aktenzeichen 6 U 2558/06).

Spätestens seit der Rückzahlung des Darlehensbetrages an die Rechtsvorgängerin der Beklagten im Jahr 2003 bestehen keine Ansprüche gegen die Beklagte wegen einer möglichen Übernahme des Risikos der Unterdeckung mehr. Selbst wenn eine Vereinbarung bestanden haben sollte, dass die Kapital-Lebensversicherung an Erfüllungs statt gegeben wurde, wäre hierbei insofern eine Vertragsänderung anzunehmen. Der Kläger und seine Ehefrau waren sich mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten einig, dass das Darlehen abgelöst werden sollte und dass die Darlehenssumme zu diesem Zweck an die Rechtsvorgängerin der Beklagten zurückgezahlt wird. Mit der Umschuldung und der damit verbundenen Übergabe sämtlicher Sicherheiten an die … sollte die bestehende Geschäftsbeziehung zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau und der Beklagten endgültig beendet werden.

2. Es kommt daher nicht mehr darauf an, ob die Abtretung der Ansprüche aus der Kapital-Lebensversicherung an die Rechtsvorgänger der Beklagten an Erfüllungs statt erfolgte. Dies kann im Übrigen auch nicht angenommen werden. Die Abtretung erfolgte erfüllungshalber.

Dies ergibt sich aus der Auslegung des Darlehensvertrages und des Abtretungsvertrages. Verträge sind nach § 157 BGB so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften (§ 133 BGB).

In der Regel ist nicht davon auszugehen, dass die finanzierende Bank das Risiko einer Unterdeckung bei einer Kapital-Lebensversicherung tragen wollte. Diese Ansicht wird auch durch die obergerichtliche Rechtsprechung bestätigt. Ist eine Kreditschuld mit einer Lebensversicherung abgesichert, kann nur dann von einer Leistung an Erfüllungs statt ausgegangen werden, wenn der Kreditvertrag eine eindeutige und klare Bestimmung dahingehend enthält, dass mit der Zahlung der Lebensversicherungssumme die gesamte Darlehensschuld nicht nur im Todesfall, sondern auch im Erlebensfall unabhängig von der Höhe der dann zur Auszahlung kommenden Versicherungssumme an Erfüllungs statt getilgt werden soll (OLG Karlsruhe – Beschluss vom 09.02.2006, Aktenzeichen: 9 U 154/05). Die in einem Darlehensvertrag enthaltene Klausel, nach der die Tilgung durch eine neu abgeschlossene Lebensversicherung erfolgt, ist bei einem Festdarlehen und einer ausdrücklich im Vertrag übernommene Rückzahlungsverpflichtung zu einem bestimmten Termin dahingehend auszulegen, dass die Tilgung nicht auf den durch die Lebensversicherung ausbezahlten Betrag beschränkt ist, sondern der Darlehensnehmer das Risiko einer gegebenenfalls entstehenden Deckungslücke trägt (OLG Karlsruhe – Urteil vom 21.02.2006, Aktenzeichen 17 U 151/05). Der BGH bestätigt mit Beschluss vom 20.11.2007, Aktenzeichen XII ZR 259/06, dass sich in diesen Fällen die Tilgungsabrede regelmäßig nur auf die Höhe der tatsächlich ausgezahlten Summe aus der Lebensversicherung bezieht und das Risiko der Deckung grundsätzlich der Darlehensnehmer zu tragen hat. Die abweichende Entscheidung des 15. Zivilsenats des OLG Karlsruhe vom 04.04.2003 (WM 2003, 2412, 2413) beruht auf individuellen Umständen und einer Einzelfallwürdigung. In diesem Fall waren Formulierungen im Darlehensvertrag handschriftlich gestrichen worden. Außerdem haben sich die genannten nachfolgenden Entscheidungen des OLG Karlsruhe von dieser Entscheidung deutlich abgegrenzt.

Die Würdigung der Gesamtheit aller Umstände ergibt, dass eine Vereinbarung der Parteien, dass mit der Abtretung der Ansprüche aus der Kapital-Lebensversicherung das Darlehen getilgt sein solle, nicht getroffen wurde.

Bei Ziffer 3.4 des Darlehensvertrages mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten ist als Tilgung der Kasten neben dem Wort „Kapital-Lebensversicherung“ angekreuzt. Nach dem Wortlaut ist nicht vorgesehen, dass das Darlehen ausschließlich mit der Ablaufsumme der Kapital-Lebensversicherung getilgt werden soll. Er besagt lediglich, dass die Ablaufsumme aus der Kapital-Lebensversicherung für die Tilgung verwendet wird. Die Auslegung, dass die Kapital-Lebensversicherung an Erfüllungs statt hingegeben wurde, ist hierdurch zwar nicht ausgeschlossen. Hierfür ergeben sich aus dem Gesamtzusammenhang allerdings keine Hinweise.

Die Abtretungsregel des § 364 Abs. 2 BGB findet zwar keine direkte Anwendung, weil der Kläger und seine Ehefrau keine neue Verbindlichkeit zur Befriedigung der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin übernommen haben. Überträgt oder begründet der Schuldner einen Anspruch gegen einen Dritten, gilt Abs. 2 nicht, jedoch ist auch hier in der Regel eine Leistung erfüllungshalber anzunehmen (Grüneberg, in: Palandt, 71. Aufl., § 364 Rndnr. 6). Nach dem gesetzlichen Leitbild, welches in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommt, ist im Fall der Kombination eines Festdarlehens mit einer Kapital-Lebensversicherung das Risiko, dass die Ablaufleistung der Lebensversicherung nicht zur vollständigen Rückführung des Darlehens ausreicht, dem Darlehensnehmer zugewiesen (OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.02.2006, Aktenzeichen: 17 U 151/05).

Einer Auslegung des Darlehensvertrages dahingehend, dass die Bank das Risiko einer Unterdeckung zu tragen hätte, wirkt auch die Bestellung einer Grundschuld als zusätzliche Sicherheit entgegen. Einer solchen zusätzlichen Sicherheit hätte es jedenfalls nicht zwingend bedurft, wenn mit der Abtretung der Ansprüche aus der Kapital-Lebensversicherung das Darlehen getilgt sein sollte. Zwar ist es möglich, dass die Grundschuld das Darlehen nur im Fall von Leistungsstörungen sichern sollte. Allerdings kann dies das gefundene Auslegungsergebnis nicht erschüttern. Die Grundschuld sichert das Darlehen gerade auch dann, wenn die Ablaufsumme der Lebensversicherung zur Tilgung nicht ausreicht, was jedenfalls zum Zeitpunkt einer gem. Ziffer 13.1 des Darlehensvertrages möglichen vorzeitigen Ablösung des Darlehens schon bei Vertragsschluss absehbar war.

Insgesamt gibt es somit keine Anhaltspunkte, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten das Risiko der Unterdeckung übernehmen wollte.

Da das Auslegungsergebnis insofern eindeutig ist, besteht für den Kläger keine Möglichkeit, sich auf die Unklarheitenregelung gem. § 5 ABGB bzw. § 305 c Abs. 2 BGB zu berufen. Dies würde voraussetzen, dass nach der Auslegung von allgemeinen Geschäftsbedingungen Zweifel verbleiben und die Klausel objektiv mehrdeutig ist. Nach Ausschöpfung aller Auslegungsmethoden müsste ein nicht behebbarer Zweifel bestehen und mehrere Auslegungen rechtlich vertretbar sein. Dies ist hier jedoch, wie oben gezeigt, nicht der Fall. Das Risiko der Unterdeckung sollte bei dem Kläger und seiner Ehefrau verbleiben (vgl. dazu OLG Karlsruhe, Urteil vom 21.02.2006, Aktenzeichen: 17 U 151/05).

IV. Es besteht zudem kein Anspruch aus einer selbstständigen Garantieverpflichtung der Beklagten. Eine Vereinbarung dahingehend, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten auch nach Ablösung des Darlehens durch die … für einen Fehlbetrag haften wolle ist nicht schlüssig vorgetragen.

Es ist davon auszugehen, dass die schriftlichen getroffenen Abreden abschließend sind. Die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit einer Urkunde ist begründet, wenn der Urkundstext nach Wortlaut und innerem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Verkehrssitte einen bestimmten Geschäftsinhalt zum Ausdruck bringt. Die Partei, die sich zum Nachweis eines vom Urkundstext abweichen übereinstimmenden den Willens der Beteiligten auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände beruft, trifft die Beweislast für deren Vorliegen. Dabei sind hohe Anforderungen zu stellen (Ellenberger, in: Palandt, 71. Aufl., § 125 Rn 21). Nur unklare Regelungen können keine Vermutung für eine Erklärung begründen. (BGH, Urteil vom 05.02.1999, Aktenzeichen V ZR 353/97, sowie Urteil vom 05.07.2002, Aktenzeichen V ZR 143/01). Die Vermutung ist aber dann entkräftet, wenn die Parteien eine Nebenabrede getroffen haben. Es muss allerdings nachgewiesen werden, dass die Parteien die Abrede auch noch bei Vertragserrichtung als Vertragsbestandteil wollten (Palandt, aaO).

Die vorgelegten Urkunden, bestehend aus Darlehensvertrag, Kapital-Lebensversicherung und Abtretungsvertrag, bringen das Finanzierungsmodell klar zum Ausdruck. Aus den genannten Gründen ergeben sich aus dem Inhalt der Urkunden keine Unklarheiten.

Durch die vom Kläger behaupteten Aussagen der Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Beklagten kann die genannte Vermutung nicht erschüttert werden. Insofern ist zu vermuten, dass die schriftlichen Verträge richtig sind und weitere Vereinbarungen über deren Inhalt hinaus nicht getroffen wurden.

Die von dem Kläger behaupteten Aussagen der Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Beklagten bei Abschluss des Finanzierungsmodells im Jahr 1993, deren Richtigkeit unterstellt, begründen keine zusätzliche Verpflichtung der Beklagten in der Form einer Garantie, die Differenz zwischen der Ablaufsumme der Lebensversicherung und dem Rückzahlungsbetrag des Darlehens auszugleichen. Dies ergibt sich aus der Auslegung nach dem Empfängerhorizont. Willenserklärungen sind nach ständiger Rechtsprechung so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste.

Mit den möglicherweise getätigten Aussagen wollten die Mitarbeiter über die bestehenden Verträge und deren Regelungen informieren. Es ist aus Sicht des Kunden nicht davon auszugehen, dass Mitarbeiter einer Bank über die schriftlich getroffenen Vereinbarungen hinaus weitere mündliche Zusagen treffen, welche die schriftlichen Vereinbarungen wesentlich abändern. Wären solche getroffen worden, wären diese schriftlich niedergelegt. Selbst wenn die von dem Kläger behaupteten Aussagen der Mitarbeiter so getroffen worden wären, kann nicht angenommen werden, dass rechtlich bindende vertragliche Abreden seitens der Mitarbeiter gewollt gewesen wären. Erst recht kann den Aussagen der Mitarbeiter nicht entnommen werden, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst nach einer Ablösung des Darlehens und nach Beendigung der Geschäftsbeziehung auch noch Jahre später die Haftung für eine Unterdeckung übernehmen möchte.

Die Versicherung der Mitarbeiter, die Ablaufsumme der Lebensversicherung erreiche auf jeden Fall den Rückzahlbetrag des Darlehens, kann nur unter dem Aspekt einer möglichen Falschberatung gesehen werden. Dies setzt voraus, dass Schadensersatz geltend gemacht wird, was in dieser Klage jedoch nicht der Fall ist.

Da die Behauptungen des Klägers hinsichtlich der Aussagen der Mitarbeiter der Rechtsvorgängerin der Beklagten nicht streiterheblich sind, konnte auf eine Beweisaufnahme insofern verzichtet werden.

C.

Die Entscheidung über die Kosten erging gem. § 91 Abs. 1 ZPO.

D.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit erfolgte gem. § 709 ZPO.

 

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