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Auslegung Gegenvorstellung als Gehörsrüge

Eine Schuldnerin wollte partout nicht, dass eine bestimmte Richterin über ihren Fall entscheidet. Der zentrale Vorwurf: die Befangenheit der Richterin, begründet durch eine alte Akte, die schon Jahre zurücklag. Trotz wiederholter Versuche, die Richterin abzulehnen, setzte das Gericht in Detmold dieser endlosen Serie von Anträgen nun einen klaren Riegel vor.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 03 T 155/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Detmold
  • Datum: 09.05.2022
  • Aktenzeichen: 03 T 155/20
  • Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Eine Schuldnerin, die die Besetzung einer Richterbank wegen Befangenheit bzw. eines gesetzlichen Ausschlussgrundes anfocht. Sie legte eine sogenannte „Gegenvorstellung“ und wiederholte Ablehnungsgesuche gegen die Präsidentin des Landgerichts B ein.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Schuldnerin begehrte wiederholt die Ablehnung der Präsidentin des Landgerichts B wegen deren Mitwirkung in einem früheren Rechtsstreit. Nachdem ein erstes Ablehnungsgesuch zurückgewiesen wurde, legte die Schuldnerin eine „Gegenvorstellung“ und weitere Ablehnungsgesuche mit denselben Gründen ein.
  • Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Zulässigkeit und Begründetheit der als „Gegenvorstellung“ bezeichneten Eingabe der Schuldnerin als Gehörsrüge. Zudem wurde die Zulässigkeit wiederholter Ablehnungsgesuche gegen dieselbe Richterin auf Basis bereits zurückgewiesener Gründe geprüft.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Gericht wies die Rüge der Schuldnerin wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kostenpflichtig zurück. Die weiteren Ablehnungsgesuche gegen die Richterin wurden als unzulässig verworfen. Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.
  • Begründung: Die als „Gegenvorstellung“ bezeichnete Eingabe war unzulässig, wurde aber als Gehörsrüge ausgelegt und inhaltlich als unbegründet zurückgewiesen, da die Argumente bereits berücksichtigt wurden. Die wiederholten Ablehnungsgesuche waren unzulässig, da sie auf denselben, bereits abgelehnten Gründen basierten und keine neuen Gründe hinzukamen.

Der Fall vor Gericht


Wenn das Gericht bereits entschieden hat: Ein zweiter Blick auf die Richterbank?

Manchmal hat man im Leben das Gefühl, bei einer wichtigen Entscheidung nicht richtig gehört worden zu sein. Oder man wünscht sich, eine bestimmte Person möge über eine Angelegenheit nicht entscheiden, weil man Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit hat. Ähnliche Situationen können auch vor Gericht entstehen. Doch was passiert, wenn man als Beteiligter in einem Gerichtsverfahren Bedenken gegen einen Richter oder eine Richterin hat, diese Bedenken aber vom Gericht bereits zurückgewiesen wurden? Darf man es immer wieder versuchen? Mit genau solchen Fragen musste sich das Landgericht Detmold in einem Beschluss vom 09. Mai 2022 (Aktenzeichen: 03 T 155/20) auseinandersetzen.

Der lange Weg einer Schuldnerin und ihre Bedenken gegen eine Richterin

Frau übergibt Gerichtsdokument im nüchternen Gerichtssaal, symbolisiert rechtliche Verhandlung.
Schuldnerin rügt Richterin wegen Befangenheit – Gerichtssaal, alte Akte und Konflikt im Fokus. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Stellen Sie sich vor, Sie sind in ein Gerichtsverfahren verwickelt und haben den Eindruck, dass eine der beteiligten Richterinnen nicht unparteiisch sein könnte. Genau das war die Situation einer Frau, die in diesem Fall als „die Schuldnerin“ bezeichnet wird. Sie hatte bereits vor der hier besprochenen Entscheidung versucht, die Präsidentin des Landgerichts, also eine bestimmte Richterin, von ihrem Fall auszuschließen. Diesen Antrag nennt man Befangenheitsgesuch. Ein Befangenheitsgesuch ist ein Antrag, mit dem eine Partei vor Gericht erklärt, dass sie befürchtet, ein Richter oder eine Richterin sei nicht unparteiisch und könne daher nicht fair entscheiden.

Die Schuldnerin begründete ihr Misstrauen damit, dass diese Richterin viele Jahre zuvor, im Jahr 2003, in einem anderen Rechtsstreit mitgewirkt hatte, der die Schuldnerin ebenfalls betraf (Aktenzeichen 1 O 7/03). Aus dieser früheren Tätigkeit leitete die Schuldnerin ab, dass die Richterin entweder per Gesetz von der aktuellen Verhandlung ausgeschlossen sein müsste – dies nennt man einen gesetzlichen Ausschlussgrund nach § 41 Nr. 6 der Zivilprozessordnung (ZPO), der Sammlung von Regeln für Zivilverfahren. Ein solcher Ausschlussgrund kann beispielsweise vorliegen, wenn ein Richter in derselben Sache schon einmal in einer früheren Instanz entschieden hat. Alternativ sah die Schuldnerin zumindest die Besorgnis der Befangenheit. Die Besorgnis der Befangenheit bedeutet, dass es Gründe gibt, die aus Sicht einer vernünftigen, am Verfahren beteiligten Person Zweifel an der Unparteilichkeit des Richters aufkommen lassen.

Das Gericht hatte dieses erste Ablehnungsgesuch der Schuldnerin jedoch mit einem Beschluss vom 18. Oktober 2021 zurückgewiesen. Doch damit gab sich die Schuldnerin nicht zufrieden.

Die „Gegenvorstellung“ – Ein neuer Versuch, gehört zu werden?

Kurz nach der Zurückweisung ihres Ablehnungsgesuchs, am 26. Oktober 2021, reichte die Schuldnerin einen neuen Schriftsatz ein. Ein Schriftsatz ist ein schriftliches Dokument, das Parteien bei Gericht einreichen, um ihre Argumente darzulegen. Dieses Dokument nannte sie ausdrücklich „Gegenvorstellung“. Eine Gegenvorstellung ist ein eher formloser Rechtsbehelf, mit dem man eine gerichtliche Entscheidung noch einmal überprüfen lassen möchte, ohne dass dafür ein spezielles förmliches Verfahren vorgesehen ist. Sie ist sozusagen ein Appell an das Gericht, seine eigene Entscheidung zu überdenken.

Die Schuldnerin argumentierte in ihrer Gegenvorstellung, das Gericht habe bei seiner Entscheidung vom 18. Oktober 2021 ihre Argumente zur Mitwirkung der Richterin im früheren Verfahren und den daraus folgenden Ausschlussgrund nicht ausreichend beachtet. Sie fühlte sich in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist ein Grundrecht (festgeschrieben in Artikel 103 des Grundgesetzes) und bedeutet, dass jeder das Recht hat, sich zu den für die gerichtliche Entscheidung wichtigen Punkten zu äußern und dass das Gericht diese Äußerungen auch zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss, bevor es entscheidet.

Zusätzlich zu dieser Gegenvorstellung reichte die Schuldnerin an diesem 26. Oktober 2021 sowie später am 3. Dezember 2021 und am 30. Dezember 2021 erneut Ablehnungsgesuche gegen dieselbe Richterin ein. Die Begründung war immer die gleiche: die Mitwirkung der Richterin in dem alten Fall aus dem Jahr 2003. Ein wichtiger Punkt dabei: Seit dem allerersten Ablehnungsgesuch der Schuldnerin vom 12. März 2021 war die betroffene Richterin in der aktuellen Sache gar nicht mehr tätig geworden; sie hatte also keine weiteren Entscheidungen getroffen oder Handlungen vorgenommen.

Die Entscheidung des Gerichts: Ein klares Nein zu den Anträgen der Schuldnerin

Das Landgericht Detmold musste nun über diese verschiedenen Eingaben der Schuldnerin entscheiden. Die Entscheidung fiel klar aus:

  1. Die Rüge der Schuldnerin vom 26. Oktober 2021 wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör wurde zurückgewiesen. Die Schuldnerin musste zudem die Kosten hierfür tragen.
  2. Die weiteren Ablehnungsgesuche der Schuldnerin vom 26. Oktober 2021, 3. Dezember 2021 und 30. Dezember 2021 gegen die Richterin wurden als unzulässig verworfen. Unzulässig bedeutet, dass ein Antrag oder eine Klage die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt, um vom Gericht überhaupt inhaltlich geprüft zu werden.
  3. Eine Rechtsbeschwerde, also die Möglichkeit, diese Entscheidung von einem höheren Gericht überprüfen zu lassen, wurde nicht zugelassen.

Aber warum hat das Gericht so entschieden? Schauen wir uns die Begründung genauer an.

Warum die „Gegenvorstellung“ nicht funktionierte, aber trotzdem geprüft wurde

Zunächst befasste sich das Gericht mit der „Gegenvorstellung“ der Schuldnerin, die sie gegen die Ablehnung ihres ursprünglichen Befangenheitsgesuchs gerichtet hatte.

Ist eine „Gegenvorstellung“ hier überhaupt erlaubt?

Das Gericht stellte fest, dass eine Gegenvorstellung gegen eine Entscheidung, die ein Befangenheitsgesuch zurückweist, eigentlich nicht vorgesehen und damit unzulässig ist. Es verwies dabei auf die ständige Rechtsprechung, also darauf, wie Gerichte und insbesondere der Bundesgerichtshof (das höchste deutsche Zivilgericht) solche Fälle üblicherweise entscheiden. Der Grund dafür ist, dass solche Entscheidungen über Befangenheitsgesuche gemäß § 318 der Zivilprozessordnung (ZPO) bindend sind. Bindend bedeutet, sie stehen fest und können nicht einfach durch eine erneute Prüfung derselben Sache im Wege einer Gegenvorstellung wieder aufgerollt werden. Man kann es vergleichen mit einer Schiedsrichterentscheidung im Sport: Ist sie einmal getroffen, gilt sie.

Eine Umdeutung im Sinne der Schuldnerin: Die Gegenvorstellung als Gehörsrüge

Obwohl die Gegenvorstellung formal unzulässig war, entschied sich das Gericht, die Eingabe der Schuldnerin anders zu interpretieren. Es legte sie als Gehörsrüge im Sinne des § 321a ZPO aus. Eine Gehörsrüge ist ein spezieller Rechtsbehelf, mit dem man geltend machen kann, dass das Gericht den eigenen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, also wichtige Argumente nicht ausreichend berücksichtigt hat. Warum diese Umdeutung? Weil die Schuldnerin ja gerade damit argumentiert hatte, dass ihr Vorbringen zur früheren Tätigkeit der Richterin nicht ausreichend berücksichtigt worden sei – ein klassischer Fall für eine mögliche Verletzung des rechtlichen Gehörs.

Diese so umgedeutete Gehörsrüge war dann auch formal zulässig. Die Schuldnerin hatte sie form- und fristgerecht eingereicht, wie es § 321a Absatz 2 ZPO vorschreibt.

Trotzdem kein Erfolg: Das rechtliche Gehör wurde nicht verletzt

Obwohl die Gehörsrüge also formal korrekt war, hatte sie in der Sache selbst keinen Erfolg. Die Schuldnerin hatte ja bemängelt, das Gericht habe im vorherigen Beschluss vom 18. Oktober 2021 nicht ausreichend berücksichtigt, dass die abgelehnte Richterin im früheren Verfahren 1 O 7/03 mitgewirkt habe und deshalb nach § 41 Nr. 6 ZPO vom Richteramt ausgeschlossen sei.

Dem hielt das Gericht jedoch entgegen: Genau mit diesem Einwand habe man sich im Beschluss vom 18. Oktober 2021 bereits sehr ausführlich beschäftigt! Das Gericht hatte damals detailliert dargelegt, warum die Ansicht der Schuldnerin nicht zutrifft und warum die frühere Tätigkeit der Richterin auch keine Besorgnis der Befangenheit begründet. Die Schuldnerin hatte keine neuen Argumente oder Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass das Gericht bei seiner damaligen Entscheidung ihren Anspruch auf rechtliches Gehör tatsächlich verletzt haben könnte. Es gab also keinen Grund, die frühere Entscheidung zu ändern.

Wiederholte Ablehnungsgesuche: Warum hier Schluss war

Nun zu den weiteren Ablehnungsgesuchen der Schuldnerin vom 26. Oktober, 3. Dezember und 30. Dezember 2021. Diese wurden vom Gericht als unzulässig verworfen. Aber was bedeutet „unzulässig“ hier und warum diese Entscheidung?

Immer dieselbe Leier: Keine neuen Gründe für die Ablehnung

Der Hauptgrund für die Verwerfung war, dass die Schuldnerin ihre erneuten Ablehnungsgesuche immer wieder mit derselben Begründung versehen hatte: der Mitwirkung der Richterin in dem alten Zivilprozess aus dem Jahr 2003. Das Gericht stellte fest, dass die Schuldnerin damit lediglich den Ablehnungsgrund wiederholte, der bereits im Beschluss vom 18. Oktober 2021 geprüft und zurückgewiesen worden war.

Nach herrschender Meinung in der juristischen Fachliteratur sind wiederholte Ablehnungsgesuche, die auf denselben, bereits gerichtlich geprüften und zurückgewiesenen Gründen basieren, als unzulässig zu verwerfen. Man kann nicht immer wieder mit dem gleichen Argument kommen, wenn dieses schon einmal bewertet wurde. Stellen Sie sich vor, Sie bewerben sich für einen Job, werden abgelehnt, und bewerben sich dann mehrmals hintereinander mit exakt denselben Unterlagen und Argumenten – die Erfolgsaussichten wären gering.

Keine neuen Vorfälle, keine neuen Ablehnungsgründe

Ergänzend führte das Gericht an, dass seit dem ersten Ablehnungsgesuch der Schuldnerin vom 12. März 2021 gar keine neuen Gründe für eine Ablehnung der Richterin entstanden sein konnten. Warum? Weil die abgelehnte Richterin seit diesem Datum in der Sache gar nicht mehr tätig geworden war. Wenn eine Richterin aber keine weiteren Handlungen im Verfahren vornimmt, können sich daraus auch keine neuen Umstände ergeben, die eine frische Besorgnis der Befangenheit oder einen neuen gesetzlichen Ausschlussgrund hätten begründen können. Es gab also schlicht keine neuen Tatsachen, die eine erneute Prüfung gerechtfertigt hätten.

Kein Weg zur nächsten Instanz: Die Rechtsbeschwerde bleibt verschlossen

Zuletzt entschied das Gericht, die Rechtsbeschwerde gegen seinen Beschluss nicht zuzulassen. Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem eine Entscheidung eines Gerichts von einer höheren Instanz auf Rechtsfehler überprüft werden kann. Sie ist aber nicht in jedem Fall automatisch möglich. Das Gericht muss sie zulassen, und dafür gibt es bestimmte Voraussetzungen, die in § 574 der Zivilprozessordnung geregelt sind.

Das Gericht befand, dass diese Voraussetzungen hier nicht vorlagen. Die Rechtssache habe weder grundsätzliche Bedeutung – das wäre der Fall, wenn eine ungeklärte Rechtsfrage von allgemeinem Interesse betroffen wäre – noch sei eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts (also zur Weiterentwicklung der Rechtsauffassungen) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (damit Gerichte in ähnlichen Fällen ähnlich entscheiden) erforderlich. Die aufgeworfenen Fragen waren aus Sicht des Gerichts bereits geklärt oder nicht von so weitreichender Bedeutung, dass ein höheres Gericht sich damit hätte befassen müssen.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt klar auf, dass Verfahrensbeteiligte nicht beliebig oft dieselben Einwände gegen Richter vorbringen können, wenn diese bereits gerichtlich geprüft und abgelehnt wurden. Wiederholte Ablehnungsgesuche mit identischer Begründung werden als unzulässig verworfen, da das deutsche Rechtssystem auf Rechtssicherheit und Verfahrenseffizienz setzt. Die Entscheidung verdeutlicht auch, dass eine „Gegenvorstellung“ gegen Befangenheitsentscheidungen rechtlich nicht vorgesehen ist, Gerichte aber kulant prüfen können, ob eine Gehörsrüge vorliegt. Für Betroffene bedeutet dies: Befangenheitseinwände müssen von Anfang an sorgfältig und vollständig vorgebracht werden, da spätere Wiederholungen mit derselben Begründung aussichtslos sind.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was kann ich tun, wenn mein erster Versuch, einen Richter wegen Befangenheit abzulehnen, vom Gericht zurückgewiesen wurde?

Wenn das Gericht ein Gesuch auf Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit zurückgewiesen hat, bedeutet das, dass der Richter weiterhin für das Verfahren zuständig bleibt. Ein solcher Beschluss ist eine gerichtliche Entscheidung. Für Sie ist es wichtig zu verstehen, dass ein erneuter Versuch, den Richter aus denselben Gründen oder auf Basis derselben Fakten abzulehnen, grundsätzlich nicht zulässig ist. Das Gericht hat die Angelegenheit bereits geprüft und entschieden.

Möglichkeiten bei neuen Tatsachen oder Verfahrensfehlern

Eine erneute Ablehnung eines Richters ist nur dann denkbar, wenn sich neue Tatsachen ergeben, die den Vorwurf der Befangenheit begründen könnten, und die zum Zeitpunkt der ersten Ablehnung noch nicht bekannt oder entstanden waren. Das bedeutet, wenn sich die Richterin oder der Richter nach der ersten Entscheidung erneut in einer Weise verhält, die Zweifel an ihrer oder seiner Unparteilichkeit aufkommen lässt, kann dies einen neuen Ablehnungsgrund darstellen. Es muss sich also um eine neue, eigenständige Begründung handeln, die sich von den bereits geprüften und abgelehnten Gründen unterscheidet.

Die Gehörsrüge als spezielles Rechtsmittel

Eine weitere, sehr spezifische Möglichkeit kann die Gehörsrüge sein. Eine Gehörsrüge ist ein besonderes Rechtsmittel, das eingelegt werden kann, wenn Sie der Auffassung sind, dass das Gericht in seiner Entscheidung über die Befangenheit Ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt hat. Das Recht auf rechtliches Gehör bedeutet, dass Sie die Möglichkeit haben müssen, sich zu äußern und Ihre Argumente sowie Beweismittel vom Gericht berücksichtigt werden müssen.

Für eine Gehörsrüge bei einer zurückgewiesenen Befangenheit wäre dies der Fall, wenn das Gericht bei der Entscheidung über die Befangenheit:

  • Ihre wesentlichen Argumente zur Befangenheit vollständig übersehen oder nicht zur Kenntnis genommen hat.
  • Wesentliche Beweismittel, die Sie zur Begründung der Befangenheit vorgelegt haben, ignoriert wurden.

Die Gehörsrüge ist keine erneute inhaltliche Prüfung der Befangenheitsfrage, sondern zielt darauf ab, einen Verfahrensfehler des Gerichts bei der Bearbeitung Ihres ersten Antrags zu korrigieren. Sie muss innerhalb einer sehr kurzen Frist nach Bekanntgabe der Entscheidung erfolgen und ist an strenge formale Voraussetzungen gebunden.

Warum eine „Gegenvorstellung“ meist nicht greift

Informelle Mittel wie die Gegenvorstellung (eine Bitte an das Gericht, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken) sind bei der Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit in der Regel nicht zielführend. Die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags ist eine formelle Gerichtsentscheidung. Gegen solche Entscheidungen sind in der Regel nur spezifische, im Gesetz vorgesehene Rechtsmittel zulässig, nicht aber informelle Eingaben.


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Wofür dient eine Gegenvorstellung und wann ist sie in einem Gerichtsverfahren sinnvoll oder nicht?

Eine Gegenvorstellung ist ein informelles Schreiben oder eine mündliche Bitte an ein Gericht oder eine Behörde, eine bereits getroffene Entscheidung oder einen Beschluss nochmals zu überdenken. Sie ist kein förmliches Rechtsmittel wie eine Berufung, Revision oder Beschwerde, für die das Gesetz klare Fristen und Formerfordernisse vorschreibt. Ihr Zweck ist es, auf offensichtliche Fehler, Missverständnisse oder übersehene Sachverhalte hinzuweisen, die der Entscheidung zugrunde liegen könnten.

Wann eine Gegenvorstellung sinnvoll sein kann

Eine Gegenvorstellung ist in der Regel sinnvoll, wenn das Gericht einen klaren, offensichtlichen Fehler gemacht hat, der leicht zu korrigieren ist, ohne dass ein aufwendiges, förmliches Rechtsmittel nötig wäre. Stellen Sie sich vor, das Gericht hat in seinem Urteil versehentlich ein wichtiges, eingereichtes Dokument übersehen oder einen Namen falsch geschrieben, was die Entscheidung maßgeblich beeinflusst. Auch bei Rechenfehlern oder ähnlichen eindeutigen Versehen, die keine neue rechtliche Bewertung erfordern, kann eine Gegenvorstellung einen schnellen Weg zur Korrektur bieten. Für Sie bedeutet das: Es geht um das Beheben klarer Irrtümer, nicht um eine Neuverhandlung des gesamten Falles.

Wann eine Gegenvorstellung nicht sinnvoll oder unzulässig ist

Eine Gegenvorstellung ist in den meisten Fällen nicht zulässig oder sinnvoll, wenn das Gesetz für die jeweilige Entscheidung ein förmliches Rechtsmittel vorsieht. Förmliche Rechtsmittel sind dafür gedacht, Gerichtsentscheidungen umfassend überprüfen zu lassen, sei es rechtlich oder faktisch. Wenn Sie beispielsweise mit der rechtlichen Bewertung des Gerichts nicht einverstanden sind oder die Beweiswürdigung anzweifeln, ist eine Gegenvorstellung der falsche Weg. Hierfür gibt es spezifische Rechtsmittel wie die Berufung oder die Beschwerde, die innerhalb bestimmter Fristen und unter Beachtung formaler Anforderungen eingelegt werden müssen.

Ein klares Beispiel, wo eine Gegenvorstellung unzulässig ist, ist die Ablehnung eines Befangenheitsgesuchs gegen einen Richter. Für solche Entscheidungen gibt es im Gesetz spezifische, förmliche Rechtsmittel, die eingehalten werden müssen. Eine Gegenvorstellung würde in diesem Fall nicht zur gewünschten Überprüfung führen. Sie dient also nicht als Ersatz für die im Gesetz vorgesehenen Verfahren.

Umdeutung durch das Gericht

Manchmal kann ein Gericht ein als Gegenvorstellung bezeichnetes Schreiben auch umdeuten, wenn es inhaltlich die Voraussetzungen eines zulässigen förmlichen Rechtsmittels erfüllt, zum Beispiel einer Beschwerde. Dies geschieht aber nicht automatisch und nur, wenn der Inhalt des Schreibens klar erkennen lässt, dass eigentlich ein solches förmliches Rechtsmittel gemeint ist und die gesetzlichen Voraussetzungen (wie Frist und Form) eingehalten wurden. Für Sie bedeutet das: Obwohl eine Umdeutung in seltenen Fällen möglich ist, ist es wichtig zu wissen, dass eine Gegenvorstellung keine Garantie für eine inhaltliche Prüfung bietet und nicht als Ersatz für die korrekte Einlegung eines förmlichen Rechtsmittels dient.


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Wann kann ich mich darauf berufen, dass das Gericht meine Argumente nicht ausreichend berücksichtigt hat (Verletzung des rechtlichen Gehörs)?

Das Recht auf rechtliches Gehör ist ein sehr wichtiger Grundsatz in jedem Gerichtsverfahren. Es bedeutet, dass Sie als Prozessbeteiligter die Möglichkeit haben müssen, sich zu äußern und Ihre Sicht der Dinge darzulegen. Es geht dabei nicht nur darum, dass Sie sprechen dürfen, sondern auch darum, dass das Gericht Ihre Argumente, Tatsachen und Beweise tatsächlich zur Kenntnis nimmt und in seine Überlegungen einbezieht, bevor es eine Entscheidung trifft.

Wann ist das rechtliche Gehör verletzt?

Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt vor, wenn das Gericht:

  • Ihnen keine Gelegenheit gegeben hat, sich zu einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt zu äußern. Stellen Sie sich vor, das Gericht stützt seine Entscheidung auf einen Aspekt, den Sie vorher nicht kannten und zu dem Sie sich daher nicht äußern konnten.
  • Ihre wesentlichen Argumente oder Beweisanträge komplett ignoriert hat, obwohl diese für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein könnten. Das Gericht muss Ihre Ausführungen nicht für richtig halten, aber es muss sie zur Kenntnis nehmen und in seine Entscheidungsfindung einfließen lassen. Es darf nicht so wirken, als hätte es Ihre Argumente gar nicht gelesen oder schlicht übergangen.
  • Seine Entscheidung auf einen völlig neuen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt stützt, mit dem niemand rechnen konnte und zu dem Sie daher keine Stellungnahme abgeben konnten.

Es ist wichtig zu verstehen, dass eine Verletzung des rechtlichen Gehörs nicht schon dann vorliegt, wenn das Gericht Ihren Argumenten nicht folgt oder sie für nicht überzeugend hält. Das Gericht darf und muss eine eigene Bewertung vornehmen. Entscheidend ist, ob Ihre Beiträge überhaupt wahrgenommen und in die Überlegungen des Gerichts einbezogen wurden.

Die Gehörsrüge als Reaktion auf eine Verletzung

Wenn Sie der Meinung sind, dass Ihr rechtliches Gehör verletzt wurde und dies die Gerichtsentscheidung maßgeblich beeinflusst hat, können Sie in bestimmten Fällen eine sogenannte Gehörsrüge einlegen. Dies ist ein spezielles Rechtsmittel, das direkt an das Gericht gerichtet wird, welches die Entscheidung getroffen hat.

Die Gehörsrüge ist kein normales Rechtsmittel wie eine Berufung oder Revision, mit der die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung überprüft wird. Sie ist ein außerordentliches Rechtsmittel, das ausschließlich dazu dient, eine Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend zu machen.

Für die Gehörsrüge gelten sehr strenge Voraussetzungen und Fristen:

  • Sie muss in der Regel innerhalb von zwei Wochen eingereicht werden, nachdem Sie von der Gerichtsentscheidung erfahren haben.
  • Sie müssen genau darlegen, welcher konkrete Vortrag von Ihnen nicht beachtet wurde und wie sich dies auf die Entscheidung ausgewirkt haben könnte.
  • Eine Gehörsrüge ist oft nur dann möglich, wenn gegen die Entscheidung kein anderes Rechtsmittel mehr zur Verfügung steht.

Der Zweck der Gehörsrüge ist es, dem Gericht die Möglichkeit zu geben, die Entscheidung zu überprüfen und gegebenenfalls aufzuheben oder abzuändern, wenn tatsächlich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorlag.


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Gibt es Grenzen dafür, wie oft ich dieselben Einwände gegen einen Richter oder eine Gerichtsentscheidung vorbringen kann?

Ja, es gibt klare Grenzen dafür, wie oft dieselben Einwände oder Anträge in einem Gerichtsverfahren wiederholt werden können. Gerichtsverfahren sind so aufgebaut, dass sie zu einem Abschluss kommen müssen, und nicht endlos in die Länge gezogen werden können. Ein Gericht prüft Argumente und Beweise sorgfältig und trifft auf dieser Grundlage Entscheidungen.

Endgültigkeit von Entscheidungen und Verfahrensfortschritt

Sobald ein Gericht über einen bestimmten Einwand, Antrag oder eine bestimmte Frage entschieden hat und diese Entscheidung nicht mehr mit den üblichen Rechtsmitteln angegriffen werden kann (also zum Beispiel keine Berufung oder Revision mehr möglich ist oder die Fristen dafür abgelaufen sind), gilt dieser Punkt als geklärt. Man spricht hier von der Rechtskraft einer Entscheidung oder davon, dass ein Punkt prozessual überholt ist. Dies bedeutet, dass dieselbe Frage nicht einfach immer wieder neu aufgerollt werden kann. Der Gedanke dahinter ist, dass Verfahren irgendwann abgeschlossen werden müssen, um Rechtssicherheit zu schaffen. Wenn ein Gericht beispielsweise eine bestimmte Beweisaufnahme ablehnt oder einen Antrag, einen Richter wegen Befangenheit auszutauschen, geprüft und abgewiesen hat, dann ist diese Ablehnung für den weiteren Verlauf des Verfahrens bindend.

Neue Tatsachen als Voraussetzung für erneute Prüfung und Folgen von Wiederholungen

Eine erneute Prüfung eines bereits abgewiesenen Einwands ist nur dann denkbar, wenn tatsächlich neue und erhebliche Umstände oder Beweismittel vorliegen, die dem Gericht bei der ursprünglichen Entscheidung noch nicht bekannt waren und auch nicht hätten bekannt sein können. Es muss sich also um eine echte Neuheit handeln, die die ursprüngliche Entscheidung in einem anderen Licht erscheinen lässt. Das bloße Wiederholen desselben Arguments oder Antrags ohne neue, relevante Grundlage führt nicht zu einer erneuten inhaltlichen Prüfung, selbst wenn Sie von der Richtigkeit Ihres Anliegens überzeugt sind.

Das ständige Wiederholen von bereits geprüften und abgelehnten Einwänden oder Anträgen ohne neue Begründung kann vom Gericht als Rechtsmissbrauch oder prozessuale Mutwilligkeit angesehen werden. Solche Anträge können vom Gericht als unzulässig zurückgewiesen werden. Im Extremfall kann ein solches Verhalten auch dazu führen, dass Ihnen zusätzliche Kosten auferlegt werden, weil Sie das Verfahren unnötig verzögern oder die gerichtlichen Abläufe belasten. Die Gerichte achten darauf, dass die Verfahren effizient und zielgerichtet ablaufen und nicht durch endlose Wiederholungen blockiert werden.


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Unter welchen Voraussetzungen kann eine gerichtliche Entscheidung nicht von einem höheren Gericht überprüft werden?

Grundsätzlich besteht in Deutschland ein Instanzenzug, das heißt, viele gerichtliche Entscheidungen können von einem höheren Gericht überprüft werden. Es gibt jedoch bestimmte Situationen, in denen eine solche Überprüfung nicht mehr möglich ist oder von vornherein ausgeschlossen ist. Dies geschieht, wenn eine Entscheidung rechtskräftig wird, also endgültig und nicht mehr anfechtbar ist.

Wenn der Wert des Streitfalls zu gering ist (Bagatellgrenze)

Für die Überprüfung von Urteilen durch ein höheres Gericht, die sogenannte Berufung (in Zivil- oder Verwaltungsprozessen), gibt es oft eine sogenannte Bagatellgrenze. Das bedeutet, dass eine Entscheidung des Amtsgerichts beispielsweise nur dann von einem Landgericht überprüft werden kann, wenn der Wert des Streitfalls (der sogenannte Streitwert) einen bestimmten Betrag übersteigt, oft 600 Euro. Liegt der Streitwert darunter, ist eine Berufung meist nicht zulässig, es sei denn, das Gericht lässt sie wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Für Sie bedeutet das: Bei sehr geringfügigen Geldforderungen ist die erste gerichtliche Entscheidung oft die letzte.

Wenn Fristen versäumt oder keine Rechtsmittel eingelegt werden

Eine gerichtliche Entscheidung wird auch dann unanfechtbar, wenn die Parteien die gesetzlich vorgeschriebenen Fristen für die Einlegung eines Rechtsmittels (wie Berufung oder Revision) versäumen. Jede Gerichtsentscheidung enthält einen Hinweis auf die Möglichkeiten, sie anzufechten, und die dafür geltenden Fristen. Wenn diese Fristen ungenutzt verstreichen, wird die Entscheidung rechtskräftig und kann nicht mehr überprüft werden. Ebenso wird eine Entscheidung rechtskräftig, wenn die Beteiligten auf ein Rechtsmittel verzichten oder keines einlegen wollen.

Besondere Hürden für die Überprüfung durch oberste Gerichte (Zulassung der Revision/Rechtsbeschwerde)

Um eine gerichtliche Entscheidung von den höchsten Gerichten wie dem Bundesgerichtshof (BGH), dem Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) oder dem Bundesarbeitsgericht (BAG) überprüfen zu lassen, sind die Voraussetzungen nochmals deutlich höher. Eine sogenannte Revision oder Rechtsbeschwerde wird in der Regel nur zugelassen, wenn der Fall:

  • grundsätzliche Bedeutung hat, das heißt, wenn eine Rechtsfrage noch nicht von den obersten Gerichten geklärt wurde und für eine Vielzahl ähnlicher Fälle relevant ist.
  • zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist, also wenn neue Regeln oder Interpretationen notwendig sind.
  • zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient, um zu verhindern, dass verschiedene Gerichte in ähnlichen Fällen unterschiedlich entscheiden.

Wenn diese Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, wird die Entscheidung des zuvor befassten Gerichts (z.B. Oberlandesgericht) endgültig, und eine weitere Überprüfung durch die obersten Gerichte ist ausgeschlossen.

Formelle Anforderungen und Verfahrensmängel

Auch die Einhaltung formeller Anforderungen ist entscheidend. Wenn ein Rechtsmittel nicht in der vorgeschriebenen Form oder auf dem richtigen Weg eingelegt wird, kann es als unzulässig verworfen werden. Das Urteil oder der Beschluss wird dann ebenfalls rechtskräftig, ohne dass es zu einer inhaltlichen Überprüfung durch die höhere Instanz kommt.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Befangenheitsgesuch

Ein Befangenheitsgesuch ist ein Antrag einer Prozesspartei, mit dem sie geltend macht, dass ein Richter oder eine Richterin nicht unparteiisch ist und deshalb von einem bestimmten Verfahren ausgeschlossen werden sollte. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 42 der Zivilprozessordnung (ZPO). Ein Befangenheitsgesuch zielt darauf ab, ein faires Verfahren zu sichern, indem verhindert wird, dass ein Richter über einen Fall entscheidet, bei dem Interessenkonflikte oder Vorurteile bestehen könnten. Beispiel: Wenn ein Richter früher einmal in einem verwandten Prozess eine Partei verurteilt hat, kann dies der Grund für ein Befangenheitsgesuch sein.


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Gesetzlicher Ausschlussgrund nach § 41 Nr. 6 ZPO

Der gesetzliche Ausschlussgrund nach § 41 Nr. 6 ZPO bedeutet, dass ein Richter von der Mitwirkung in einem Verfahren ausgeschlossen ist, wenn er bereits in einer früheren Instanz über dieselbe Sache entschieden hat. Dies dient dazu, die Unparteilichkeit und Neutralität des Gerichts zu gewährleisten und Interessenkonflikte zu vermeiden. Diese Regelung verhindert, dass ein Richter denselben Fall mehrmals beurteilt und sich möglicherweise im Ergebnis festlegt. Beispiel: Hat ein Richter in einem Verfahren bereits ein Urteil erlassen, darf er bei einer Berufung desselben Streitfalls nicht erneut mitwirken.


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Besorgnis der Befangenheit

Die Besorgnis der Befangenheit liegt vor, wenn den Umständen nach ein vernünftiger Dritter Zweifel an der Unparteilichkeit eines Richters haben kann, auch wenn keine konkreten Beweise für Befangenheit vorliegen. Im Unterschied zum tatsächlichen Bestehen von Befangenheit genügt also der objektive Anschein, dass der Richter nicht neutral ist. Dies wird im Rahmen der Befangenheitsregelungen der ZPO geprüft, um ein faires Verfahren zu wahren. Beispiel: Wenn ein Richter eine emotionale Verbindung zu einer der Parteien hat, kann dies die Besorgnis der Befangenheit begründen, auch wenn keine konkreten Nachweise vorliegen.


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Gehörsrüge (§ 321a ZPO)

Eine Gehörsrüge ist ein besonderes Rechtsmittel, mit dem eine Prozesspartei geltend machen kann, dass das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat, also relevante Argumente oder Beweismittel nicht oder unzureichend berücksichtigt wurden. Anders als eine Berufung überprüft die Gehörsrüge nicht die materielle Richtigkeit der Entscheidung, sondern rein verfahrensrechtliche Fehler. Gemäß § 321a ZPO kann die Gehörsrüge innerhalb kurzer Frist nach der Entscheidung eingelegt werden und ermöglicht dem Gericht, seine Entscheidung zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Beispiel: Wenn das Gericht bei seiner Entscheidung wichtige Einwendungen einer Partei übersieht, kann diese Partei eine Gehörsrüge erheben.


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Rechtsbeschwerde

Die Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel, mit dem eine gerichtliche Entscheidung von einem höheren Gericht auf Rechtsfehler überprüft werden kann. Anders als Berufung oder Revision ist die Rechtsbeschwerde speziell für bestimmte Beschlüsse im Zivilprozess vorgesehen und unterliegt strengen Zulassungsvoraussetzungen, die in § 574 ZPO geregelt sind. Die Rechtsbeschwerde wird nur dann zugelassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dient. Im vorliegenden Fall wurde die Zulassung einer Rechtsbeschwerde versagt, weil diese Voraussetzungen nicht erfüllt waren. Beispiel: Eine Partei kann gegen eine Ablehnung ihres Befangenheitsgesuchs Rechtsbeschwerde einlegen, wenn die Voraussetzungen zur Zulassung gegeben sind.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 41 Nr. 6 Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt den gesetzlichen Ausschluss eines Richters von einem Verfahren, insbesondere wenn dieser Richter bereits in derselben Sache früher mitgewirkt hat. Dies soll die Unparteilichkeit und Neutralität des Gerichts sicherstellen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Schuldnerin berief sich auf diesen Ausschlussgrund, da die Richterin 2003 in einem früheren Verfahren beteiligt war; das Gericht prüfte diese Ausnahme und kam zu dem Ergebnis, dass kein gesetzlicher Ausschluss vorlag.
  • Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Grundgesetz i.V.m. § 321a ZPO): Jeder Beteiligte hat das Recht, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Fragen umfassend zu äußern, und das Gericht muss diese Äußerungen in seine Entscheidung einbeziehen. Die Gehörsrüge nach § 321a ZPO dient dazu, eine Verletzung dieses Rechts rügen zu können. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Schuldnerin erhob eine Gehörsrüge gegen die Entscheidung über das Befangenheitsgesuch; das Gericht wertete die Gegenvorstellung als Gehörsrüge, erkannte aber keine Gehörsverletzung an, da alle Argumente bereits eingehend geprüft waren.
  • § 318 Zivilprozessordnung (ZPO): Bestimmt, dass Entscheidungen über Befangenheitsgesuche für das Verfahren verbindlich sind und eine erneute Prüfung derselben Befangenheit unannehmbar ist. Dies dient der Verfahrensstabilität. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht lehnte die Gegenvorstellung der Schuldnerin als unzulässig ab, weil eine erneute Überprüfung der Befangenheitsentscheidung nach § 318 ZPO grundsätzlich ausgeschlossen ist.
  • Unzulässigkeit wiederholter Ablehnungsgesuche: Nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur sind mehrfach vorgebrachte Ablehnungsgesuche, die auf bereits zurückgewiesenen Gründen basieren, unzulässig; dies verhindert Missbrauch und Verzögerungen im Verfahren. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Schuldnerin reichte mehrere weitere Ablehnungsgesuche ohne neue Tatsachen ein; diese wurden daher vom Gericht als unzulässig verworfen.
  • § 574 Zivilprozessordnung (ZPO): Regelt die Zulassung der Rechtsbeschwerde, die nur unter besonderen Voraussetzungen wie grundsätzlicher Bedeutung, Fortbildung des Rechts oder Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung zulässig ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verweigerte die Zulassung der Rechtsbeschwerde, da die Sachlage keine dieser Voraussetzungen erfüllte und somit kein weiterer Rechtsmittelweg offenstand.
  • Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit: Verfassungsrechtlicher Grundsatz, dass Richter unparteiisch und frei von Vorurteilen entscheiden müssen, um das Vertrauen in die Justiz zu gewährleisten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Befangenheitsanträge zielten darauf ab, Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richterin auszuräumen; das Gericht bestätigte aber, dass keine berechtigten Zweifel vorlagen und daher die Richterin an der Entscheidung mitwirken durfte.

Das vorliegende Urteil


Landgericht Detmold – Az.: 03 T 155/20 – Beschluss vom 09.05.2022


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