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Ausschließung eines Grundstückseigentümers im Wege des Aufgebotsverfahrens

OLG Düsseldorf – Az.: I-3 Wx 221/17 – Beschluss vom 15.12.2017

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Geschäftswert: 3.000,00 €

Gründe

I.

Die Brüder B. und C. A. waren Eigentümer des im Grundbuch von Stadt 1, Bl. …, verzeichneten Flurstücks …, Flur …, … Straße … Am 28. Februar 1968 erwarb D. D. das Grundstück im Rahmen eines Zwangsversteigerungsverfahrens (Amtsgericht Düsseldorf, Az. 27 K 78/67). Im Mai 1974 veräußerte er es an seine Tochter E. E., die das Grundstück im März 1996 an den Beteiligten zu 1 veräußerte. Im Jahre 2001 wurde das Grundstück in Miteigentumsanteile geteilt und im Grundbuch von Stadt 1, Bl. … bis …, eingetragen. Miteigentümer waren seither die Beteiligten zu 1 bis 3. Mit Schriftsatz vom 7. September 2015 (Bl. 22 d. A.) hat der damalige Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1 – 3 (ohne nähere Begründung) mitgeteilt, Eigentümer des Grundstücks … Str. … sei nunmehr ausschließlich der Beteiligte zu 1.

C. A. verstarb am 4. September 1989. B. A. wurde im gleichen Jahr von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet.

Anlässlich einer Bauvoranfrage des Beteiligten zu 1 beim Bauamt der Stadt 1 im September 2004 stellte sich heraus, dass ein straßenseitig vor der Grundstückseinfriedung gelegener, optisch in den Bürgersteig integrierter, ca. 17 m langer und 1 m breiter Grundstücksstreifen (vgl. Foto Bl. 31 d. A.) nicht Bestandteil des Grundstücks der Beteiligten zu 1 bis 3 ist. Vielmehr sind – da dieses im Rubrum näher bezeichnete Grundstück nicht Gegenstand der Zwangsversteigerung war – als Eigentümer nach wie vor B. und C. A. zu je ½ Anteil im Grundbuch eingetragen.

Die Beteiligten haben im Wege des Aufgebotsverfahrens die Ausschließung der Eigentümer C. und B. A. beantragt und geltend gemacht, das Grundstück befinde sich seit mindestens 30 Jahren in ihrem Eigenbesitz bzw. dem ihrer Rechtsvorgänger. Sie hätten keinen Anhaltspunkt zu der Annahme gehabt, dass das im Rubrum bezeichnete Flurstück nicht Gegenstand der Zwangsversteigerung gewesen sei. B. A. sei als verschollen anzusehen.

Mit Beschluss vom 3. August 2017 hat das Amtsgericht den Antrag der Beteiligten zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, B. A. gelte nicht als verschollen i.S. des Verschollenheitsgesetzes. Dieser sei nach Angaben seines Sohnes vor geraumer Zeit bewusst „untergetaucht“. Es stehe nicht fest, dass B. A. verstorben sei; dies sei auch nicht aufgrund seines Alters naheliegend, ein Todeserklärungsbeschluss könne nicht vorgelegt werden. Das „Untertauchen“ eines Eigentümers sei für dessen Ausschließung nicht ausreichend.

Der hiergegen gerichteten Beschwerde hat das Amtsgericht durch weiteren Beschluss vom 16. Oktober 2017 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 58 FamFG statthaft und auch im Übrigen zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen für ein Aufgebotsverfahren nach §§ 927 Abs. 1 BGB, 442 ff. FamFG nicht vorliegen.

Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass B. A. nicht als verschollen i.S.d. § 927 Abs. 1 S. 3 BGB i.V.m. § 1 VerschG anzusehen ist.

Nach der Legaldefinition des § 1 Abs. 1 VerschG ist verschollen, wessen Aufenthalt während längerer Zeit unbekannt ist, ohne dass Nachrichten darüber vorliegen, ob er in dieser Zeit noch gelebt hat oder gestorben ist, sofern nach den Umständen hierdurch ernstliche Zweifel an seinem Fortleben begründet werden. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit zwingend unter Berücksichtigung des Merkmals der Nachrichtenlosigkeit zu gewichten. Von einem Fehlen von Nachrichten im Sinne des Gesetzes ist demnach nur dann auszugehen, wenn über das Schicksal des Betroffenen keine Nachrichten zu erlangen sind, obwohl sie nach Lage des Falles zu erwarten gewesen wären. Es ist deshalb erforderlich, genau zu prüfen, ob der Betroffene nach den feststellbaren Umständen überhaupt die Absicht gehabt hat, Nachrichten zu geben, was vor allem in Fällen des „Untertauchens“ oder „Aussteigens“ keineswegs gegeben sein muss (Senat MDR 2011, 1046; FamRZ 2002, 339; Schleswig-Holsteinisches OLG FamRZ 2015, 691; Habermann, in: Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2013, § 1 VerschG Rn. 5). B. A. ist nach Angaben seines Sohnes, F. A., bewusst „untergetaucht“ (Bl. 45 f. d. A.). Zweifel an seinem Fortleben ergeben sich hieraus nicht; vielmehr ist davon auszugehen, dass er bewusst den Kontakt zu seiner Umgebung abgebrochen hat.

Waren keine Nachrichten von dem Vermissten zu erwarten, können ernstliche Zweifel an seinem Fortleben i.S.d. § 1 VerschG nur dann angenommen werden, wenn sie im Einzelfall aus anderen Umständen, die die Wahrscheinlichkeit des Todes größer als die Wahrscheinlichkeit des Fortlebens erscheinen lassen, herzuleiten sind (BGHZ 3, 230; Schleswig-Holsteinisches OLG, a.a.O). Solche Umstände können sich zum Beispiel aus dem Lebensalter oder dem Gesundheitszustand des Betroffenen ergeben; herangezogen werden können auch die Umstände unter denen jemand verschwunden ist (Habermann, a.a.O., § 1 VerschG Rn. 5, 7). Im vorliegenden Fall sind nähere Informationen über Lebensumstände des Vermissten, dessen Gesundheitszustand, die Gründe für das Untertauchen sowie die näheren Umstände nicht bekannt. Herangezogen werden kann allein das Lebensalter des am 25. März 1933 geborenen Betroffenen, das mit 84 Jahren über der durchschnittlichen Lebenserwartung für im Jahr 1933 geborene Männer liegt.

Die Frage, ab welchem Alter einer Person unbekannten Aufenthalts berechtigte Zweifel an ihrem Fortleben begründet sind, ist vom Standpunkt eines vernünftig denkenden Menschen zu beantworten (OLG Oldenburg, Beschluss vom 11. Mai 2017 – 12 W 53/17 -, BeckRS 2017, 114683). Die Annahme, dass bei einer 84 Jahre alten vermissten Person ein zwischenzeitliches Versterben wahrscheinlicher erscheint als deren Fortleben, erscheint danach noch nicht gerechtfertigt. Hierzu ist die Anzahl von Personen, die dieses Alter erreichen, zu groß. Der Umstand, dass das Alter des Vermissten über der durchschnittlichen Lebenserwartung liegt, reicht für sich genommen nicht aus, um erhebliche Zweifel an dessen Fortleben zu begründen (vgl. OLG Oldenburg a.a.O.).

Im Hinblick auf mögliche zukünftige, auf Durchführung eines Aufgebotsverfahrens gerichtete Anträge der Beteiligten weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin:

Der Eigentümer des Grundstücksstreifens kann nur dann im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Recht ausgeschlossen werden, wenn sich die Parzelle seit mindestens 30 Jahren im Eigenbesitz des Beteiligten zu 1 bzw. seiner Rechtsvorgänger (vgl. § 927 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 943 BGB) befindet. Ob diese Voraussetzung erfüllt ist, erscheint nach dem bisherigen Sachvortrag der Beteiligten zweifelhaft.

Eigenbesitzer ist derjenige, der eine Sache als ihm gehörend besitzt, § 872 BGB. In der Antragsschrift (Bl. 2 d. A.) haben die Beteiligten vorgetragen, der im Rubrum bezeichnete Grundstücksstreifen sei Teil des umfriedeten Besitztums des Beteiligten zu 1 gewesen. Aus dem Schreiben des Beteiligten zu 1 vom 26. Februar 2016 und dem beigefügten Foto (Bl. 29 ff. d. A.) ergibt sich aber etwas anderes: Danach liegt der Grundstücksstreifen vor der Einfriedung und ist optisch an den Bürgersteig angeglichen. Wenn sich die Parzelle aber außerhalb der Einfriedung befindet und sie optisch nicht vom Bürgersteig zu unterscheiden ist, dann bedarf es einer näheren Begründung, aus welchem Grund und in welcher Weise der Beteiligte zu 1 sie als eigene besessen haben will. Näher liegt die Annahme, dass der Grundstücksstreifen als Teil des Bürgersteigs angesehen und behandelt worden ist. Das gilt auch, soweit der Beteiligte die Parzelle von Schnee und Eis befreit sowie gereinigt hat. Etwas anderes mag sich aus dem Umstand ergeben, dass der Beteiligte zu 1 den Streifen auf eigene Kosten zweimal geteert haben will. Auch insoweit wäre aber näher dazu vorzutragen und ggfs. glaubhaft zu machen (§ 927 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. § 444 FamFG), inwiefern und aus welchem Grund der Beteiligte zu 1 den Grundstücksstreifen als eigenen angesehen und instandgehalten hat. Abgesehen davon fehlt es an jeglichem Vortrag zu einem möglichen Eigenbesitz der Rechtsvorgänger des Beteiligten zu 1.

Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren beruht auf § 84 FamFG.

Die Wertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 1 S. 1 GNotKG.

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