Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Keine Verzögerungsgebühr für Bauträger: KG Berlin hebt Gebühr nach § 38 GKG bei Streit um Baumängel auf
- Ausgangslage: Streit um Restzahlung aus Bauträgervertrag wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum
- Komplexe Situation: Zahlreiche Parallelverfahren und Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Baumängel
- Verfahrensverlauf: Wiederholte Fristverlängerungen für Vergleichsgespräche auf Antrag beider Parteien
- Entscheidung des Landgerichts: Auferlegung einer Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG gegen den Bauträger
- Beschwerde des Bauträgers: Anfechtung der Verzögerungsgebühr vor dem Kammergericht
- Entscheidung des Kammergerichts Berlin: Aufhebung der Verzögerungsgebühr gegen den Bauträger
- Begründung des Kammergerichts: Keine schuldhafte Verzögerung durch den Bauträger – Voraussetzungen für § 38 GKG nicht erfüllt
- Kostenentscheidung: Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet es, wenn ein Bauträgervertrag vorliegt und welche typischen Streitpunkte können dabei entstehen?
- Wann spricht man von einer einvernehmlichen Fristverlängerung und welche Auswirkungen hat diese auf die ursprünglichen Vereinbarungen im Bauträgervertrag?
- Was ist eine Gebühr nach § 38 GKG und wann wird diese bei Gerichtsverfahren erhoben?
- Was bedeutet Gemeinschaftseigentum und warum ist die Unterscheidung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum im Zusammenhang mit Baumängeln wichtig?
- Welche Rolle spielt ein Sachverständigengutachten bei Streitigkeiten über Baumängel und wie wirkt sich die Einholung auf den Verfahrensablauf aus?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 21 W 12/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Kammergericht
- Datum: 07.04.2025
- Aktenzeichen: 21 W 12/25
- Verfahrensart: Beschwerde
- Rechtsbereiche: Bauträgerrecht, Wohnungseigentumsrecht, Kostenrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Partei (Klägerin), die restliche Zahlungen aus einem Bauträgervertrag forderte und Beschwerde gegen eine Gebührenentscheidung einlegte.
- Beklagte: Eine Partei (Beklagter), die von der Klägerin auf Zahlung verklagt wurde und sich auf Mängel am Gemeinschaftseigentum berief.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Klägerin hatte den Beklagten wegen offener Zahlungen aus einem Bauträgervertrag verklagt. Der Beklagte wandte Mängel am Gemeinschaftseigentum ein. Ähnliche Verfahren liefen parallel. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer übernahm die Geltendmachung der Mängelansprüche. Das Landgericht beauftragte einen Gutachter. Später legte das Landgericht der Klägerin eine besondere Gebühr wegen Prozessverzögerung auf, wogegen sich die Klägerin mit dieser Beschwerde wehrte.
- Kern des Rechtsstreits: Prüfung, ob die vom Landgericht gegen die Klägerin festgesetzte besondere Gebühr (Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG) rechtmäßig war.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Entscheidung des Landgerichts Berlin II vom 28.02.2025 (Az. 14 O 67/19), mit der der Klägerin die besondere Gebühr auferlegt wurde, wurde aufgehoben.
- Folgen: Für das Beschwerdeverfahren fallen keine Gerichtsgebühren an. Jede Seite trägt ihre eigenen außergerichtlichen Kosten (z.B. Anwaltskosten) selbst.
Der Fall vor Gericht
Keine Verzögerungsgebühr für Bauträger: KG Berlin hebt Gebühr nach § 38 GKG bei Streit um Baumängel auf
Das Kammergericht Berlin hat in einem Beschluss vom 07.04.2025 (Az.: 21 W 12/25) entschieden, dass einem Bauträger zu Unrecht eine besondere Gebühr wegen Verfahrensverzögerung nach § 38 Gerichtskostengesetz (GKG) auferlegt wurde.

Die Gebühr war vom Landgericht Berlin II im Rahmen eines Rechtsstreits über Restzahlungsansprüche aus einem Bauträgervertrag festgesetzt worden, bei dem der Käufer Mängel am Gemeinschaftseigentum geltend machte. Das Kammergericht hob diese Gebührenentscheidung auf.
Ausgangslage: Streit um Restzahlung aus Bauträgervertrag wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum
Der Ursprung des Falls liegt in einer Klage, die ein Bauträger bereits am 15. Februar 2019 beim Landgericht Berlin II (Az. 14 O 67/19) eingereicht hatte. Mit dieser Klage forderte der Bauträger von einem Erwerber einer Immobilie die Zahlung noch offener Beträge aus dem Bauträgervertrag.
Der Erwerber weigerte sich jedoch, die Restsumme zu zahlen. Als Begründung führte er an, dass am Gemeinschaftseigentum der Wohnanlage erhebliche Mängel bestünden. Dieser Streitpunkt – Mängel am Gemeinschaftseigentum – ist nicht nur auf diesen Einzelfall beschränkt.
Komplexe Situation: Zahlreiche Parallelverfahren und Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Baumängel
Die Auseinandersetzung zwischen dem Bauträger und diesem speziellen Erwerber ist Teil eines größeren Konflikts. Auch zahlreiche andere Erwerber derselben Wohnanlage haben ähnliche Probleme und führen mindestens elf parallele Gerichtsverfahren gegen den Bauträger vor demselben Landgericht Berlin II. Wieder andere Erwerber haben ebenfalls Zahlungen zurückgehalten, wurden aber bisher noch nicht vom Bauträger verklagt. Einige wenige Käufer haben den Bauträger trotz der Mängelproblematik vollständig bezahlt.
Erschwerend kam hinzu, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdW) – also der Zusammenschluss aller Eigentümer der Anlage – die Ansprüche wegen der Mängel am Gemeinschaftseigentum mittlerweile an sich gezogen hat. Das bedeutet, dass nicht mehr jeder einzelne Eigentümer für sich, sondern die Gemeinschaft als Ganze die Mängelbeseitigung oder entsprechenden Schadensersatz verfolgt.
Um in dem konkreten Fall des verklagten Erwerbers Klarheit über die behaupteten Mängel zu schaffen, hat das Landgericht Berlin II mit Beschluss vom 01. September 2020 eine Beweiserhebung angeordnet. Es sollte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden, um zu klären, ob das Gemeinschaftseigentum tatsächlich mängelfrei ist, wie vom Bauträger behauptet.
Angesichts der Komplexität und der Beteiligung weiterer Firmen am Bauvorhaben hatte der Bauträger bereits im Juli 2019 mit einem Schriftsatz vom 30.07.2019 anderen am Bau beteiligten Unternehmen den Streit verkündet. Dies ist ein juristisches Mittel, um Dritte in einen Prozess einzubeziehen, die möglicherweise für die strittigen Punkte (hier: die Baumängel) mitverantwortlich sein könnten.
Verfahrensverlauf: Wiederholte Fristverlängerungen für Vergleichsgespräche auf Antrag beider Parteien
Nachdem das Sachverständigengutachten vom 30. September 2021 vorlag, wurde es den Parteien am 12. Oktober 2021 vom Gericht zugestellt. Das Gericht setzte den Parteien eine Frist zur Stellungnahme zu diesem Gutachten. Diese Frist wurde jedoch – auf Antrag und mit Zustimmung beider Seiten – mehrfach verlängert, ursprünglich bis zum 13. Mai 2022. Der Grund für diese Verlängerungen waren laufende Vergleichsgespräche zwischen dem Bauträger und dem Erwerber (sowie vermutlich auch im Kontext der anderen Parallelverfahren).
Das Gericht selbst zeigte Verständnis für die Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung. Mit einer Verfügung vom 31. März 2022 regte das Landgericht sogar an, zu prüfen, ob das Ruhen des Verfahrens beantragt werden könne, um alle Beteiligten zu entlasten. Gleichzeitig signalisierte das Gericht seine Bereitschaft, weitere einvernehmliche Fristverlängerungen für die Vergleichsgespräche zu gewähren.
In der Folgezeit beantragten die Anwälte des Bauträgers mehrfach weitere Fristverlängerungen zur Stellungnahme zum Gutachten:
- Antrag vom 13.05.2022 auf Verlängerung bis 13.06.2022 (stattgegeben am 13.05.2022)
- Einvernehmlicher Antrag beider Parteien auf Verlängerung bis 13.07.2022 (stattgegeben am 21.06.2022)
- Antrag des Bauträgers vom 13.07.2022 auf Verlängerung bis 31.08.2022; die Anwälte des Erwerbers schlossen sich am selben Tag an (stattgegeben für den Bauträger am 15.07.2022; für den Erwerber abgelehnt, da dessen ursprüngliche Frist schon abgelaufen war)
- Antrag des Bauträgers vom 31.08.2022 auf Verlängerung bis 28.09.2022 (stattgegeben am 02.09.2022)
- Weitere Verlängerungen auf Antrag bis zum 15.11.2022, 15.12.2022 und schließlich 15.02.2023.
Entscheidend ist hierbei, dass die Fristverlängerungen überwiegend auf gemeinsamen Wunsch oder zumindest mit Zustimmung beider Parteien erfolgten und ausdrücklich dem Zweck dienten, eine gütliche Einigung durch Vergleich zu ermöglichen. Das Gericht unterstützte dieses Vorgehen aktiv.
Entscheidung des Landgerichts: Auferlegung einer Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG gegen den Bauträger
Trotz dieser Vorgeschichte erließ das Landgericht Berlin II am 28. Februar 2025 einen Beschluss, mit dem es dem Bauträger eine besondere Gebühr gemäß § 38 GKG auferlegte. Diese Gebühr, oft als Verzögerungsgebühr bezeichnet, kann Gerichten zufallen, wenn eine Partei durch ihr Verhalten (z.B. verspätete Anträge, Nichterscheinen) den Prozess schuldhaft verzögert. Die genauen Gründe des Landgerichts für die Auferlegung der Gebühr gehen aus dem Beschlusstext des Kammergerichts nicht hervor, aber sie stand offensichtlich im Zusammenhang mit den wiederholten Fristverlängerungen.
Beschwerde des Bauträgers: Anfechtung der Verzögerungsgebühr vor dem Kammergericht
Der Bauträger war mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legte Beschwerde beim Kammergericht Berlin ein. Er argumentierte sinngemäß, dass ihm die Verzögerung nicht angelastet werden könne, da die Fristverlängerungen einvernehmlich und zur Förderung von Vergleichsgesprächen beantragt und vom Gericht gewährt worden seien.
Entscheidung des Kammergerichts Berlin: Aufhebung der Verzögerungsgebühr gegen den Bauträger
Das Kammergericht Berlin gab der Beschwerde des Bauträgers statt. Es hob den Beschluss des Landgerichts Berlin II vom 28. Februar 2025 auf, soweit darin die Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG gegen den Bauträger festgesetzt worden war.
Im Ergebnis muss der Bauträger die vom Landgericht verhängte Verzögerungsgebühr nicht bezahlen.
Begründung des Kammergerichts: Keine schuldhafte Verzögerung durch den Bauträger – Voraussetzungen für § 38 GKG nicht erfüllt
Das Kammergericht begründete seine Entscheidung damit, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erhebung einer Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG im vorliegenden Fall nicht gegeben waren.
Nach § 38 Abs. 1 GKG kann das Gericht einem Beteiligten eine besondere Gebühr auferlegen, wenn dieser das Verfahren durch grobes Verschulden verzögert. Eine solche schuldhafte Verzögerung, die allein dem Bauträger zuzurechnen wäre, konnte das Kammergericht hier jedoch nicht erkennen.
Die entscheidenden Punkte für das Kammergericht waren:
- Einvernehmliche Anträge: Die zahlreichen Fristverlängerungen wurden nicht einseitig vom Bauträger beantragt, um das Verfahren zu verschleppen. Vielmehr basierten sie überwiegend auf einvernehmlichen Anträgen beider Parteien oder wurden zumindest vom Gegner (dem Erwerber) mitgetragen.
- Legitimer Zweck: Der Zweck der Fristverlängerungen war die Führung von Vergleichsgesprächen. Dies ist ein anerkannter und legitimer Grund, der im Interesse beider Parteien und auch des Gerichts liegt, da eine Einigung den Rechtsstreit beenden kann.
- Unterstützung durch das Gericht: Das Landgericht hatte die Vergleichsbemühungen nicht nur geduldet, sondern aktiv unterstützt, indem es die Fristverlängerungen wiederholt gewährte und sogar selbst das Ruhen des Verfahrens zur Entlastung vorschlug.
Vor diesem Hintergrund sah das Kammergericht kein grobes Verschulden auf Seiten des Bauträgers, das die Auferlegung einer zusätzlichen Gebühr rechtfertigen würde. Wenn beide Parteien im Einvernehmen und mit Billigung des Gerichts Fristen verlängern, um eine Einigung zu suchen, kann dies nicht als schuldhafte Verzögerung durch nur eine Partei gewertet werden. Die Verzögerung diente einem prozessökonomisch sinnvollen Zweck und war von allen Beteiligten, einschließlich des Gerichts, getragen.
Daher fehlte es an den Voraussetzungen für die Anwendung des § 38 GKG.
Kostenentscheidung: Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei
Das Kammergericht entschied außerdem, dass für das Beschwerdeverfahren selbst keine Gerichtsgebühren anfallen. Dies ist in § 66 Abs. 8 GKG für erfolgreiche Beschwerden gegen Kostenentscheidungen vorgesehen. Außergerichtliche Kosten (z.B. Anwaltskosten für das Beschwerdeverfahren) werden nicht erstattet. Das bedeutet, jede Seite trägt ihre eigenen Anwaltskosten für dieses spezielle Beschwerdeverfahren selbst.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil verdeutlicht, dass bei komplexen Baurechtsstreitigkeiten mit vielen Parteien auch mehrfache Terminverlegungen für Vergleichsverhandlungen ohne Verhängung einer Verzögerungsgebühr zulässig sind. Gerichte müssen ernsthaften Einigungsbemühungen ausreichend Raum geben, besonders wenn beide Prozessparteien den Aufschub befürworten und konkrete Fortschritte bei den Verhandlungen erkennbar sind. Für Bauherren und Erwerber bedeutet dies, dass aktive Vergleichsbemühungen vom Gericht unterstützt werden und nicht mit zusätzlichen Kosten sanktioniert werden sollten, solange sie nachvollziehbar begründet werden.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet es, wenn ein Bauträgervertrag vorliegt und welche typischen Streitpunkte können dabei entstehen?
Ein Bauträgervertrag ist eine spezielle Art von Vertrag, der häufig beim Kauf von neu gebauten Häusern oder Eigentumswohnungen geschlossen wird. Stellen Sie sich das wie ein Kombi-Paket vor: Sie kaufen nicht nur das Grundstück (oder einen Anteil daran), sondern beauftragen gleichzeitig den Verkäufer (den Bauträger) damit, auf diesem Grundstück ein Gebäude nach bestimmten Vorgaben neu zu errichten oder ein bestehendes umfassend zu sanieren.
Dieser Vertrag ist eine Mischung aus einem Kaufvertrag für den Grund und Boden und einem Werkvertrag für die Bauleistungen. Damit der Vertrag gültig ist, muss er immer von einem Notar beurkundet werden.
Hauptpflichten der Vertragsparteien
- Pflichten des Bauträgers: Der Bauträger ist verpflichtet, das Bauvorhaben wie im Vertrag beschrieben (z.B. gemäß Baubeschreibung und Plänen) und ohne wesentliche Mängel fertigzustellen. Nach Fertigstellung muss er Ihnen das Eigentum am Grundstück und dem Gebäude verschaffen. Das bedeutet, er muss dafür sorgen, dass Sie als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden.
- Pflichten des Erwerbers (Käufers): Ihre Hauptpflicht als Käufer ist es, den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Eine Besonderheit beim Bauträgervertrag ist, dass die Zahlung nicht auf einmal, sondern üblicherweise in Raten entsprechend dem Baufortschritt erfolgt. Wann und in welcher Höhe diese Raten fällig werden, ist gesetzlich in der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) geregelt, um Sie als Käufer zu schützen. Sie zahlen also immer nur für bereits erbrachte Bauleistungen.
Typische Streitpunkte beim Bauträgervertrag
Da es beim Bauen um komplexe Vorgänge und oft um viel Geld geht, können verschiedene Probleme auftreten. Häufige Konflikte entstehen bei:
- Mängeln am Bau: Dies ist einer der häufigsten Streitpunkte. Mängel sind Fehler am Bauwerk, also wenn etwas nicht so ist, wie es sein sollte oder wie es vereinbart war. Das können zum Beispiel Risse in der Wand, undichte Fenster, eine fehlerhafte Heizungsanlage oder Abweichungen von der Baubeschreibung sein. Hier geht es dann darum, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt, wer dafür verantwortlich ist und wie er behoben wird (Nachbesserung).
- Bauverzögerungen: Der Bauträger wird nicht rechtzeitig fertig, also der vereinbarte Fertigstellungstermin wird überschritten. Dann stellt sich die Frage, ob der Bauträger die Verzögerung zu verantworten hat und ob Ihnen als Käufer dadurch ein Schaden entstanden ist (z.B. weil Sie länger Miete zahlen müssen). Haben Sie jedoch gemeinsam mit dem Bauträger einer Fristverlängerung zugestimmt, können Sie aus der ursprünglichen Fristüberschreitung in der Regel keine Ansprüche mehr wegen Verzugs herleiten.
- Uneinigkeiten über die Bauausführung: Manchmal gibt es unterschiedliche Auffassungen darüber, wie bestimmte Details ausgeführt werden sollen oder welche Qualität geschuldet ist. Dies passiert oft, wenn die Baubeschreibung unklar oder lückenhaft ist. Auch nachträgliche Sonderwünsche des Käufers können zu Diskussionen über Ausführung und Kosten führen.
- Zahlungsstreitigkeiten: Es kann zu Konflikten kommen, wenn der Käufer eine Rate nicht oder nicht pünktlich zahlt, oder wenn Uneinigkeit darüber besteht, ob eine Rate bereits fällig ist, weil der entsprechende Bauabschnitt angeblich noch nicht abgeschlossen oder mangelhaft ist.
Diese Beispiele zeigen, dass bei einem Bauträgervertrag verschiedene Probleme auftreten können, die oft eine genaue Prüfung des Vertrages und der Umstände erfordern.
Wann spricht man von einer einvernehmlichen Fristverlängerung und welche Auswirkungen hat diese auf die ursprünglichen Vereinbarungen im Bauträgervertrag?
Eine einvernehmliche Fristverlängerung liegt vor, wenn sich Bauträger und Erwerber gemeinsam darauf einigen, eine ursprünglich im Bauträgervertrag festgelegte Frist (z.B. für die Fertigstellung des Baus) nach hinten zu verschieben. Es handelt sich also um eine Änderung des bestehenden Vertrags, die von beiden Vertragsparteien gewollt und vereinbart wird. Der Begriff „einvernehmlich“ bedeutet hier „im gegenseitigen Einverständnis“.
Wie kommt eine einvernehmliche Fristverlängerung zustande und welche Form braucht sie?
Eine solche Verlängerung kommt durch eine neue Vereinbarung zwischen Ihnen als Erwerber und dem Bauträger zustande. Beide müssen sich einig sein, dass die ursprüngliche Frist nicht mehr gelten soll und durch eine neue, spätere Frist ersetzt wird.
Diese Einigung kann ausdrücklich erfolgen, also indem man klar darüber spricht und sich mündlich oder schriftlich einigt. Sie kann theoretisch auch stillschweigend zustande kommen, wenn das Verhalten beider Seiten eindeutig zeigt, dass sie mit einer Verlängerung einverstanden sind (z.B. wenn der Erwerber weiß, dass es Verzögerungen gibt, aber widerspruchslos zusätzliche Wünsche äußert, die Zeit kosten).
Bezüglich der Form ist Folgendes zu beachten: Bauträgerverträge enthalten oft Klauseln, die für Änderungen die Schriftform verlangen (also eine schriftliche und unterschriebene Vereinbarung). Auch wenn eine mündliche oder stillschweigende Einigung rechtlich unter Umständen wirksam sein kann, schafft eine schriftliche Festhaltung der neuen Frist Klarheit und dient als eindeutiger Nachweis für die getroffene Vereinbarung. Dies hilft, spätere Missverständnisse oder Streitigkeiten darüber zu vermeiden, ob und um wie lange eine Frist verlängert wurde.
Welche Auswirkungen hat die Verlängerung auf den ursprünglichen Vertrag?
Eine wirksam vereinbarte Fristverlängerung ändert den ursprünglichen Bauträgervertrag in diesem spezifischen Punkt. Die neue, spätere Frist tritt an die Stelle der alten. Für beide Seiten – Sie und den Bauträger – ist nun dieser neue Zeitpunkt verbindlich für die Erfüllung der betreffenden Pflicht (z.B. die Fertigstellung).
Alle anderen Regelungen des ursprünglichen Vertrages, die nicht direkt von der Fristverlängerung betroffen sind (z.B. der vereinbarte Kaufpreis, die Beschreibung der Bauleistungen, Qualitätsstandards), bleiben normalerweise unverändert bestehen, es sei denn, es wurde im Rahmen der Fristverlängerung ausdrücklich etwas anderes vereinbart.
Wie wirkt sich die Verlängerung auf Ansprüche wegen Verzugs oder Mängeln aus?
Dies ist ein entscheidender Punkt mit folgenden Konsequenzen:
- Verzug: Wenn Sie einer Fristverlängerung zugestimmt haben, kann der Bauträger für den Zeitraum bis zum neuen, vereinbarten Fertigstellungstermin nicht in Verzug geraten. Verzug bedeutet rechtlich, dass jemand eine fällige Leistung trotz Mahnung (oder wenn ein fester Termin vereinbart war) nicht erbringt. Da durch die Einigung der Fälligkeitstermin verschoben wurde, ist die Leistung bis zum neuen Termin nicht „überfällig“.
- Das bedeutet für Sie: Für die Zeit zwischen der ursprünglich geplanten und der neu vereinbarten Frist können Sie in der Regel keine Ansprüche wegen Verzugs geltend machen. Dazu gehören beispielsweise Schadensersatz wegen der Verzögerung (z.B. Kosten für eine Ersatzunterkunft) oder eine eventuell im Vertrag vereinbarte Vertragsstrafe für den Fall des Verzugs. Der Bauträger ist ja nach der neuen Vereinbarung bis zum Ablauf der neuen Frist nicht „zu spät dran“. Verzug kann erst dann eintreten, wenn auch die neue, verlängerte Frist überschritten wird.
- Mängel: Die Vereinbarung einer neuen Fertigstellungsfrist ändert grundsätzlich nichts an der Pflicht des Bauträgers, Ihnen das Bauwerk frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Ihre Ansprüche wegen Mängeln am Bauwerk (z.B. auf Reparatur oder Minderung des Kaufpreises) bleiben also unberührt.
- Die Fristen, innerhalb derer Sie Mängel nach der Übergabe des Hauses oder der Wohnung geltend machen können (die sogenannten Gewährleistungsfristen), beginnen in der Regel erst mit der tatsächlichen Abnahme des fertiggestellten Werks zu laufen. Eine reine Fristverlängerung für die Fertigstellung beeinflusst also die Mängelrechte als solche meist nicht direkt, kann aber dazu führen, dass der Beginn der Gewährleistungsfristen sich nach hinten verschiebt, weil die Abnahme später stattfindet.
Was ist eine Gebühr nach § 38 GKG und wann wird diese bei Gerichtsverfahren erhoben?
Bei der Regelung in § 38 des Gerichtskostengesetzes (GKG) handelt es sich streng genommen nicht um eine zusätzliche feste Gebühr, sondern um die Möglichkeit für das Gericht, einer Prozesspartei oder ihrem Vertreter die durch ein Fehlverhalten verursachten unnötigen Kosten aufzuerlegen. Dies kann unabhängig davon geschehen, wer den Prozess am Ende gewinnt oder verliert.
Worum geht es bei § 38 GKG genau?
Kern der Vorschrift ist die sogenannte „unrichtige Sachbehandlung“. Das bedeutet, dass sich jemand im Laufe eines Gerichtsverfahrens grob fehlerhaft verhalten hat und dadurch unnötige Kosten entstanden sind.
- Unrichtige Sachbehandlung: Darunter versteht man zum Beispiel:
- Anträge zu stellen oder Behauptungen aufzustellen, von denen die Person bei sorgfältiger Prüfung hätte wissen müssen, dass sie völlig aussichtslos oder falsch sind.
- Wichtige Informationen oder Beweismittel bewusst oder aus grober Nachlässigkeit viel zu spät vorzubringen.
- Einen Gerichtstermin grundlos zu versäumen, sodass dieser neu angesetzt werden muss.
- Grobes Verschulden: Wichtig ist, dass ein einfacher Fehler oder eine leichte Unachtsamkeit nicht ausreicht. Das Gericht muss feststellen, dass die Person vorsätzlich (absichtlich) oder grob fahrlässig (also besonders sorglos) gehandelt hat. Man hätte den Fehler bei minimaler Sorgfalt erkennen und vermeiden können.
- Unnötige Kosten: Durch dieses grob fehlerhafte Verhalten müssen zusätzliche Kosten entstanden sein, die vermeidbar gewesen wären. Das können zum Beispiel Kosten für einen überflüssigen Gerichtstermin, zusätzliche Anwaltskosten der Gegenseite oder unnötige Auslagen für Zeugen oder Sachverständige sein.
Wann kann diese Kostenauferlegung erfolgen?
Eine Kostenauferlegung nach § 38 GKG kommt nur unter den oben genannten strengen Voraussetzungen in Betracht, insbesondere muss grobes Verschulden vorliegen.
Stellen Sie sich vor, eine Partei reicht kurz vor einem wichtigen Gerichtstermin völlig neue, umfangreiche Unterlagen ein, obwohl sie dies schon Wochen vorher hätte tun können. Wenn der Termin deshalb verschoben werden muss und dadurch Mehrkosten entstehen, könnte das Gericht prüfen, ob hier eine unrichtige Sachbehandlung mit grobem Verschulden vorliegt.
Im Gegensatz dazu stellt eine einvernehmliche Fristverlängerung, also wenn sich beide Seiten darauf einigen, eine Frist zu verlängern (wie im genannten Beispiel des Bauträgers), in aller Regel keine unrichtige Sachbehandlung dar. Solche Absprachen sind oft sinnvoll und Teil eines normalen Verfahrensablaufs und basieren nicht auf grobem Verschulden.
Wie hoch sind die Kosten nach § 38 GKG?
Es gibt keinen festen Betrag oder eine feste „Gebühr“. Vielmehr kann das Gericht anordnen, dass die verantwortliche Person genau die konkret entstandenen unnötigen Mehrkosten tragen muss. Die Höhe hängt also immer vom Einzelfall ab und entspricht den Kosten, die ohne das Fehlverhalten nicht angefallen wären. Das Gericht prüft auch, ob die Auferlegung der Kosten im konkreten Fall angemessen ist.
Was kann man gegen die Kostenauferlegung tun?
Wenn ein Gericht entscheidet, jemandem Kosten nach § 38 GKG aufzuerlegen, wird dies in einer gerichtlichen Entscheidung (meist einem Beschluss) festgehalten. Gegen eine solche Entscheidung gibt es rechtliche Möglichkeiten.
Grundsätzlich sieht das Gesetz die Beschwerde (§ 66 GKG) gegen eine solche Kostenentscheidung vor. Diese ist in der Regel möglich, wenn der Wert der aufzuerlegenden Kosten einen bestimmten Betrag (derzeit 200 Euro) übersteigt oder wenn das Gericht die Beschwerde ausdrücklich zugelassen hat, weil die Sache eine besondere Bedeutung hat. Die Beschwerde muss innerhalb einer bestimmten Frist beim Gericht eingereicht werden.
Was bedeutet Gemeinschaftseigentum und warum ist die Unterscheidung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum im Zusammenhang mit Baumängeln wichtig?
Wenn Sie eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus kaufen, erwerben Sie in der Regel nicht nur die Wohnung selbst, sondern auch einen Anteil an gemeinsamen Bereichen. Hier kommt die Unterscheidung zwischen Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum ins Spiel.
Sondereigentum gehört Ihnen allein. Das sind typischerweise die Räume Ihrer Wohnung (wie Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad), einschließlich nicht tragender Innenwände, Bodenbeläge, Tapeten und Sanitäreinrichtungen innerhalb der Wohnung. Auch ein Ihnen zugewiesener Kellerraum oder ein Garagenstellplatz kann Sondereigentum sein (dann oft als Teileigentum bezeichnet). Für alles, was Ihr Sondereigentum betrifft, sind Sie als Eigentümer allein verantwortlich.
Gemeinschaftseigentum gehört allen Wohnungseigentümern gemeinsam. Dazu zählen alle Teile des Gebäudes und des Grundstücks, die für den Bestand oder die Sicherheit des Gebäudes erforderlich sind oder von allen Eigentümern genutzt werden. Beispiele hierfür sind:
- Das Grundstück selbst
- Das Fundament, die Außenmauern und das Dach
- Tragende Wände innerhalb des Gebäudes
- Das Treppenhaus und der Aufzug
- Fenster und die Wohnungseingangstür (oft Gemeinschaftseigentum, auch wenn sie nur zu einer Wohnung gehören)
- Gemeinsame Leitungen (Heizung, Wasser, Abwasser) bis zum Abzweig in die jeweilige Wohnung
- Eine zentrale Heizungsanlage
Warum die Unterscheidung bei Mängeln wichtig ist
Die Unterscheidung ist entscheidend, wenn Baumängel auftreten, denn sie bestimmt, wer für die Beseitigung des Mangels zuständig ist und wer die Kosten dafür trägt.
- Ist ein Bauteil dem Sondereigentum zuzuordnen (z.B. ein Riss in einer nicht tragenden Innenwand Ihrer Wohnung oder ein defekter Wasserhahn in Ihrem Bad), sind Sie als Sondereigentümer selbst für die Behebung und die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Verantwortlichen (z.B. Bauträger, Handwerker) zuständig.
- Betrifft der Mangel das Gemeinschaftseigentum (z.B. ein undichtes Dach, Risse in der Fassade, eine defekte zentrale Heizungsanlage), ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) in der Pflicht.
Wer ist für Mängel zuständig und wer macht Ansprüche geltend?
Bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum ist die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) verantwortlich. Das bedeutet:
- Die GdWE muss die Mängelbeseitigung organisieren und bezahlen (die Kosten werden in der Regel über das Hausgeld auf alle Eigentümer verteilt).
- Die GdWE ist auch dafür zuständig, Mängelansprüche (z.B. auf Reparatur oder Schadensersatz) gegenüber dem Bauträger oder anderen Verantwortlichen geltend zu machen. Sie wird dabei durch den bestellten Verwalter vertreten. Ein einzelner Eigentümer kann diese Ansprüche für das Gemeinschaftseigentum in der Regel nicht mehr selbst durchsetzen. Er kann aber innerhalb der Gemeinschaft darauf hinwirken, dass die GdWE tätig wird (z.B. durch einen Antrag in der Eigentümerversammlung).
Bei Mängeln am Sondereigentum sind Sie als einzelner Eigentümer selbst verantwortlich. Sie müssen sich um die Reparatur kümmern und eventuelle Ansprüche gegen den Bauträger oder Handwerker selbst verfolgen.
Wie sieht es mit der Verjährung aus?
Für Mängelansprüche wegen Baumängeln gegen den Bauträger oder Verkäufer gibt es gesetzliche Verjährungsfristen.
- Bei Bauwerken beträgt die Frist für Mängelansprüche in der Regel fünf Jahre. Diese Frist gilt grundsätzlich sowohl für Mängel am Gemeinschaftseigentum als auch am Sondereigentum, die auf den ursprünglichen Bauvertrag zurückgehen.
- Wichtig ist der Beginn der Frist: Die Verjährung beginnt normalerweise mit der Abnahme des Baus. Da das Gemeinschaftseigentum (oft durch den Verwalter oder einen Sachverständigen für die Gemeinschaft) und Ihr Sondereigentum (durch Sie selbst) zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgenommen werden können, können auch die Verjährungsfristen unterschiedlich beginnen zu laufen.
- Beachten Sie, dass die Verjährungsfrist durch bestimmte Umstände beeinflusst werden kann. Zum Beispiel können Verhandlungen über einen Mangel oder Mängelbeseitigungsversuche durch den Bauträger die Verjährung unterbrechen oder hemmen (also den Ablauf hinausschieben). Auch einvernehmliche Absprachen, wie eine Fristverlängerung zur Prüfung von Mängeln, können sich auf den Fristablauf auswirken.
Welche Rolle spielt ein Sachverständigengutachten bei Streitigkeiten über Baumängel und wie wirkt sich die Einholung auf den Verfahrensablauf aus?
Ein Sachverständigengutachten spielt bei Streitigkeiten über Baumängel oft eine entscheidende Rolle, da Gerichte oder die streitenden Parteien selbst meist nicht über das spezielle technische Wissen verfügen, um Baumängel fachgerecht beurteilen zu können.
Der Sachverständige als „Helfer“ des Gerichts
Stellen Sie sich vor, es gibt Streit über Risse in einer Wand oder einen feuchten Keller. Ein Richter kann juristisch bewerten, wer im Recht ist, aber er kann oft nicht technisch beurteilen, ob die Risse ein echter Mangel sind, was ihre Ursache ist oder wie teuer die Reparatur wird. Hier kommt der Sachverständige ins Spiel:
- Er ist ein unabhängiger Experte (z.B. ein Bauingenieur, Architekt oder Handwerksmeister) mit besonderem Fachwissen.
- Seine Aufgabe ist es, objektiv technische Fragen zu klären. Er untersucht den Bau, beschreibt den Zustand, stellt fest, ob tatsächlich ein Mangel nach den anerkannten Regeln der Technik vorliegt, erklärt dessen Ursache und schätzt oft auch die Kosten für die Beseitigung.
- Das Gutachten liefert dem Gericht somit eine fachliche Grundlage, um den Sachverhalt zu verstehen und eine Entscheidung treffen zu können.
Wann und wie wird ein Gutachten eingeholt?
Ein Sachverständigengutachten wird meist dann relevant, wenn sich die Parteien (z.B. Bauherr und Baufirma) über das Vorhandensein, die Ursache oder die Behebung von Mängeln streiten und technische Fragen im Raum stehen, die nur ein Experte beantworten kann.
- Im Gerichtsverfahren: Am häufigsten wird ein Gutachten im Rahmen eines Gerichtsverfahrens eingeholt. Eine Partei kann dies beantragen, oder das Gericht kann es von sich aus anordnen, wenn es dies zur Klärung für notwendig hält. Das Gericht wählt dann einen neutralen, öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen aus.
- Außergerichtlich: Manchmal einigen sich die Parteien auch außergerichtlich darauf, einen Sachverständigen einzuschalten, um eine Einigung zu finden (Schiedsgutachten). Auch die Einholung eines Privatgutachtens durch eine Partei ist möglich, dieses hat vor Gericht aber nicht den gleichen Stellenwert wie ein vom Gericht beauftragtes Gutachten.
Kosten und Dauer des Gutachtens
Die Einholung eines Gutachtens ist mit Kosten verbunden und kann Zeit beanspruchen:
- Kosten: Wer ein Gutachten im Gerichtsverfahren beantragt, muss in der Regel einen Vorschuss auf die Kosten des Sachverständigen zahlen. Wie die Kosten am Ende verteilt werden, entscheidet das Gericht mit dem Urteil. Meist trägt die Partei die Kosten, die den Prozess verliert. Die Höhe der Kosten hängt vom Umfang und der Komplexität des Gutachtens ab und kann erheblich sein.
- Dauer: Die Erstellung eines Gutachtens braucht Zeit. Der Sachverständige muss Termine vor Ort wahrnehmen, Messungen durchführen, Unterlagen prüfen und das Gutachten schreiben. Dieser Prozess kann mehrere Monate dauern und führt oft zu einer Verlängerung der gesamten Verfahrensdauer.
Bedeutung des Gutachtens für die Entscheidung
Ein vom Gericht beauftragtes Sachverständigengutachten ist ein wichtiges Beweismittel.
- Das Gericht ist zwar nicht absolut an die Feststellungen des Sachverständigen gebunden und muss das Gutachten wie jeden anderen Beweis selbst würdigen (freie Beweiswürdigung).
- In der Praxis folgen Gerichte den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen eines unabhängigen Sachverständigen bei technischen Fragen aber sehr häufig. Das Gutachten bildet daher oft die entscheidende Grundlage für das Urteil in Bezug auf die festgestellten Mängel.
- Die Parteien erhalten das Gutachten zur Stellungnahme und können Einwände erheben oder Fragen an den Sachverständigen stellen, die dieser dann beantworten oder in einer mündlichen Anhörung erläutern muss.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Bauträgervertrag
Ein Bauträgervertrag ist ein spezieller Vertragstyp im deutschen Recht, der Elemente des Kaufvertrags und des Werkvertrags kombiniert. Der Bauträger verpflichtet sich dabei nicht nur, dem Erwerber das Eigentum an einem Grundstück oder einer Wohnung zu verschaffen, sondern auch, das darauf befindliche oder zu errichtende Gebäude (mangelfrei) herzustellen. Geregelt ist dies nicht in einem eigenen Gesetz, sondern ergibt sich aus den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), insbesondere dem Werkvertragsrecht (§§ 631 ff. BGB) und dem Kaufrecht (§§ 433 ff. BGB). Im vorliegenden Fall streiten sich Bauträger und Erwerber über die Restzahlung aus einem solchen Vertrag, weil der Erwerber Mängel geltend macht.
Beispiel: Sie kaufen eine Wohnung „vom Plan“, die erst noch gebaut wird. Der Vertrag, den Sie mit dem Unternehmen schließen, das baut und verkauft, ist typischerweise ein Bauträgervertrag.
Gemeinschaftseigentum
Gemeinschaftseigentum bezeichnet im Wohnungseigentumsrecht (geregelt im Wohnungseigentumsgesetz – WEG) die Teile eines Gebäudes und des Grundstücks, die allen Wohnungseigentümern gemeinsam gehören und nicht zum Sondereigentum (also zur einzelnen Wohnung) zählen. Dazu gehören typischerweise das Fundament, tragende Wände, das Dach, das Treppenhaus, der Aufzug oder Außenanlagen. Mängel am Gemeinschaftseigentum betreffen daher alle Eigentümer. Im Text ist dies relevant, weil der Erwerber die Restzahlung wegen Mängeln genau an diesen gemeinschaftlichen Teilen verweigert.
Beispiel: Risse in der Außenfassade oder ein undichtes Dach eines Mehrfamilienhauses sind Probleme am Gemeinschaftseigentum, während ein kaputter Wasserhahn in Ihrer Wohnung das Sondereigentum betrifft.
Ansprüche wegen Mängeln an sich gezogen (durch die GdW)
Dies bedeutet, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdW) durch einen Beschluss die alleinige Zuständigkeit übernommen hat, Mängelansprüche bezüglich des Gemeinschaftseigentums geltend zu machen. Gesetzliche Grundlage hierfür ist § 9a Abs. 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Dadurch können die Ansprüche zentral und einheitlich verfolgt werden, anstatt dass jeder Eigentümer einzeln klagen muss. Für den einzelnen Eigentümer bedeutet dies, dass er diese spezifischen Ansprüche (z.B. auf Mängelbeseitigung am Dach) nicht mehr selbstständig gerichtlich durchsetzen kann. Im Text erklärt dies, warum neben den Einzelklagen auch die GdW als relevanter Akteur für die Mängel am Gemeinschaftseigentum auftritt.
Streitverkündung
Die Streitverkündung ist ein förmliches Mittel im Zivilprozess (geregelt in §§ 72 ff. Zivilprozessordnung – ZPO), mit dem eine Prozesspartei (hier der Bauträger) einen Dritten über den laufenden Rechtsstreit informiert. Der Zweck ist oft, diesen Dritten an das Prozessergebnis zu binden und spätere Regressansprüche (Rückgriffsansprüche) gegen ihn zu sichern, falls die Partei den Prozess verliert. Man will damit auch verhindern, dass Gerichte in Folgeprozessen zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Im Text hat der Bauträger den am Bau beteiligten Firmen den Streit verkündet, weil diese möglicherweise für die behaupteten Baumängel verantwortlich sein könnten.
Beispiel: Ein Autohändler wird wegen eines defekten Motors verklagt. Er verkündet dem Motorenhersteller den Streit, damit dieser im Falle einer Verurteilung des Händlers später nicht behaupten kann, der Motor sei nicht fehlerhaft gewesen.
Sachverständigengutachten
Ein Sachverständigengutachten ist ein wichtiges Beweismittel im Gerichtsverfahren, insbesondere wenn spezielle Fachkenntnisse zur Klärung von Tatsachenfragen erforderlich sind, über die das Gericht nicht verfügt. Das Gericht beauftragt einen unabhängigen Experten (Sachverständigen), um objektive Feststellungen zu treffen und Fragen zu beantworten (Teil der Beweiserhebung gemäß Zivilprozessordnung, ZPO). Im vorliegenden Fall sollte das Gutachten klären, ob die vom Erwerber behaupteten Mängel am Gemeinschaftseigentum tatsächlich vorhanden sind und welchen Umfang sie haben. Das Gutachten bildet dann eine wichtige Grundlage für die weitere Entscheidung des Gerichts.
Besondere Gebühr wegen Verfahrensverzögerung (§ 38 GKG)
Dies ist eine zusätzliche Gerichtsgebühr, die nach § 38 des Gerichtskostengesetzes (GKG) einer Partei auferlegt werden kann, die ein Gerichtsverfahren durch grobes Verschulden verzögert. Voraussetzung ist ein Fehlverhalten der Partei oder ihres Anwalts, das zur Verzögerung führt (z.B. wiederholtes unentschuldigtes Fehlen bei Terminen, verspätetes Einreichen wichtiger Unterlagen ohne triftigen Grund). Sie dient als Sanktion und soll zu einer zügigen Prozessführung anhalten. Im Text hat das Kammergericht entschieden, dass diese Gebühr dem Bauträger zu Unrecht auferlegt wurde, da die Verzögerungen (Fristverlängerungen) einvernehmlich erfolgten und den legitimen Zweck von Vergleichsgesprächen verfolgten.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 38 Gerichtskostengesetz (GKG): Diese Norm erlaubt es dem Gericht eine zusätzliche Gebühr, die sogenannte Verzungsgeb, zu erheben, wenn ein Rechtsstreit durch das Verschulden einer Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten verzögert wird. Verschulden setzt dabei ein vorwerfbares Verhalten voraus, das die Verfahrensdauer unnötig verlängert. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Kammergericht musste prüfen, ob das Landgericht Recht eine solche Verzögerungsgebühr gegen die Klägerin verhängt hat, weil es eine vermeidbare Verzögerung des Prozesses durch sie sah.
- § 91 Zivilprozessordnung (ZPO): Diese Vorschrift regelt die Kostentragung im Zivilprozess und bestimmt grundsätzlich, dass die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Gerichtskosten und der Anwaltskosten der Gegenseite, zu tragen hat. Gerichtskosten umfassen unter anderem Gebühren für das Verfahren selbst, aber auch eventuelle Zusatzgebühren wie die Verzögerungsgebühr nach § 38 GKG. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Verzögerungsgebühr ist eine zusätzliche finanzielle Belastung im Rahmen der Gerichtskosten, die im Ergebnis nach § 91 ZPO von einer Partei getragen werden kann, wenn sie anfällt und die Partei im Prozess unterliegt oder ihr die Gebühr gesondert auferlegt wird.
- § 113 GKG i.V.m. § 567 ff. Zivilprozessordnung (ZPO): § 113 GKG erklärt die Vorschriften der ZPO über die Beschwerde für sinngemäß anwendbar auf Entscheidungen in Kostensachen, sofern das GKG keine eigenen Regelungen trifft. Die §§ 567 ff. ZPO regeln das Rechtsmittel der Beschwerde gegen Entscheidungen des Gerichts, einschließlich Kostenentscheidungen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Auf Grundlage dieser Vorschriften konnte die Klägerin gegen die Entscheidung des Landgerichts, ihr eine Verzögerungsgebühr aufzuerlegen, Beschwerde beim Kammergericht einlegen, um diese Entscheidung überprüfen zu lassen.
- § 278 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO): Diese Norm verpflichtet das Gericht, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits hinzuwirken und sieht insbesondere die Möglichkeit einer Güteverhandlung vor. Das Gericht soll den Parteien helfen, eine einvernehmliche Lösung zu finden, um einen langwierigen und kostenintensiven Prozess zu vermeiden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die erwähnten Vergleichsgespräche und Fristverlängerungen zur Einigungssuche zeigen, dass die Parteien und das Gericht versucht haben, den Rechtsstreit gütlich beizulegen. Solche Bemühungen um eine außergerichtliche Einigung können die Verfahrensdauer verlängern, sollten aber grundsätzlich nicht zur Auferlegung einer Verzögerungsgebühr führen, da sie im Sinne des Gesetzes liegen.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Wohnungseigentümer zum Umgang mit Baumängeln am Gemeinschaftseigentum gegenüber dem Bauträger
Als Eigentümer einer Neubauwohnung hoffen Sie auf ein mängelfreies Zuhause. Treten dennoch Baumängel am Gemeinschaftseigentum auf, wie am Dach oder an der Fassade, stellt sich die Frage nach dem richtigen Vorgehen gegenüber dem Bauträger. Solche Auseinandersetzungen können leider langwierig und komplex werden.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Gemeinschaftlich handeln bei Mängeln am Gemeinschaftseigentum
Mängel an Teilen des Gebäudes, die allen Eigentümern gemeinsam gehören (z.B. Dach, Fassade, Treppenhaus, Heizungsanlage), betreffen die gesamte Eigentümergemeinschaft (WEG). Die WEG kann durch Beschluss entscheiden, die Mängelansprüche gegen den Bauträger gemeinschaftlich geltend zu machen. Dieses Vorgehen ist oft schlagkräftiger und kosteneffizienter als Einzelaktionen. Informieren Sie Ihre Hausverwaltung und drängen Sie auf eine entsprechende Beschlussfassung in der Eigentümerversammlung.
Tipp 2: Mängel frühzeitig und korrekt dokumentieren und rügen
Sobald Sie Mängel am Gemeinschaftseigentum feststellen, dokumentieren Sie diese detailliert (Fotos mit Datum, genaue Beschreibung des Mangels und des Ortes). Melden Sie die Mängel unverzüglich schriftlich sowohl an Ihre Hausverwaltung als auch direkt an den Bauträger. Setzen Sie dem Bauträger eine angemessene Frist zur Beseitigung der Mängel (Mängelrüge). Eine saubere Dokumentation und formgerechte Rüge sind entscheidend für die spätere Durchsetzung Ihrer Ansprüche, auch wenn ein Gutachter oder Gericht eingeschaltet werden muss.
Tipp 3: Zahlungen bei Mängeln nur überlegt zurückhalten
Bestehen wesentliche Mängel, können Sie oder die WEG unter Umständen einen Teil der noch offenen Zahlung an den Bauträger zurückhalten (Zurückbehaltungsrecht). Wichtig: Der zurückbehaltene Betrag muss in einem angemessenen Verhältnis zu den voraussichtlichen Kosten der Mängelbeseitigung stehen (in der Regel das Doppelte der Mängelbeseitigungskosten). Halten Sie nicht einfach eigenmächtig Zahlungen zurück, sondern lassen Sie sich rechtlich beraten, um nicht selbst in Zahlungsverzug zu geraten und eine Klage des Bauträgers zu riskieren.
⚠️ ACHTUNG: Ein ungerechtfertigter oder zu hoher Zahlungseinbehalt kann dazu führen, dass der Bauträger Sie erfolgreich auf Zahlung verklagt und Ihnen zusätzliche Kosten entstehen.
Tipp 4: Auf langwierige Verfahren vorbereitet sein
Auseinandersetzungen über Baumängel, insbesondere am Gemeinschaftseigentum, können sich über Jahre hinziehen und die Einschaltung von Sachverständigen und Gerichten erfordern, wie der geschilderte Fall zeigt. Auch wenn im konkreten Fall eine „Verzögerungsgebühr“ für den Bauträger gekippt wurde, zeigt dies die Komplexität solcher Verfahren. Stellen Sie sich auf einen langen Atem ein, aber prüfen Sie gemeinsam mit der WEG und Ihrem Anwalt auch immer Möglichkeiten einer gütlichen Einigung oder alternativer Streitbeilegung (z.B. Mediation), um Zeit und Kosten zu sparen.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
- Verjährung: Beachten Sie unbedingt die Verjährungsfristen für Mängelansprüche (Gewährleistungsfristen)! Diese betragen bei Bauwerken in der Regel fünf Jahre ab Abnahme. Versäumen Sie diese Fristen, können Sie Ihre Ansprüche verlieren.
- Abnahme: Die Abnahme des Gemeinschaftseigentums ist ein zentraler Akt, der oft durch den Verwalter oder einen Sachverständigen begleitet wird. Hier sollten Mängel bereits protokolliert werden.
- WEG-Beschluss: Für die gerichtliche Geltendmachung von Mängeln am Gemeinschaftseigentum durch die WEG ist in der Regel ein formeller Beschluss der Eigentümerversammlung notwendig.
✅ Checkliste: Baumängel am Gemeinschaftseigentum
- Mängel detailliert dokumentieren (Fotos, Protokolle, Zeugen).
- Mängel unverzüglich und schriftlich dem Verwalter UND dem Bauträger melden.
- Dem Bauträger schriftlich eine angemessene Frist zur Mängelbeseitigung setzen.
- In der Eigentümerversammlung auf einen Beschluss zur gemeinschaftlichen Rechtsverfolgung hinwirken.
- Bei Zurückbehaltung von Zahlungen oder Klageandrohung des Bauträgers anwaltlichen Rat einholen.
- Verjährungsfristen im Auge behalten!
Das vorliegende Urteil
KG – Az.: 21 W 12/25 – Beschluss vom 07.04.2025
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