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Außervollzugssetzung Sächsische Corona-Schutz – Schließung von Einrichtungen und Angeboten

Oberverwaltungsgericht Sachsen – Az.: 3 B 438/20 – Beschluss vom 22.12.2020

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin verfolgt mit ihrem Eilantrag gemäß § 47 Abs. 6 VwGO sinngemäß das Ziel, § 4 Abs. 1 der Verordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt zum Schutz vor dem Coronavirus SARS-CoV-2 und COVID-19 (Sächsische Corona-Schutz-Verordnung – SächsCoronaSchVO) vom 11. Dezember 2020 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 14. Dezember 2020 (SächsGVBl. 2020, S. 686) einstweilen außer Vollzug zu setzen. Die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung hat – soweit hier streitgegenständlich – nachfolgenden Wortlaut:

㤠4

Schließung von Einrichtungen und Angeboten

(1) Untersagt ist die Öffnung von Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäften mit Ausnahme zulässiger Telefon- und Onlineangebote ausschließlich zum Versand oder zur Lieferung. Erlaubt ist nur die Öffnung von folgenden Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung beschränkt auf ein entsprechendes Sortiment des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung: Lebensmittelhandel, Tierbedarf, Getränkemärkte, Abhol- und Lieferdienste, Apotheken, Drogerien, Sanitätshäuser, Orthopädieschuhtechniker, Bestatter, Optiker, Hörgeräteakustiker, Sparkassen und Banken, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons und Ladengeschäfte des Zeitungsverkaufs, Verkauf von Weihnachtsbäumen, Tankstellen, Wertstoffhöfe, Kfz- und Fahrradwerkstätten sowie einschlägige Ersatzteilverkaufsstellen, Großhandel beschränkt auf Gewerbetreibende, selbstproduzierende und -vermarktende Baumschulen, Gartenbau- und Floristikbetriebe.

(…)

(3) Von dem Verbot nach Absatz 1 sind das Betreten und Arbeiten durch Betreiber und Beschäftigte und Prüfer nicht erfasst.

§ 12

Außervollzugssetzung Sächsische Corona-Schutz - Schließung von Einrichtungen und Angeboten
(Symbolfoto: Von Jiaye Liu/Shutterstock.com)

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Diese Verordnung tritt am 14. Dezember 2020 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vom 27. November 2020 (SächsGVBl. S. 666) außer Kraft. (…)

(2) Diese Verordnung tritt mit Ablauf des 10. Januar 2021 außer Kraft.“

Die Antragstellerin trägt in ihrem Schriftsatz vom 15. Dezember 2020 zusammengefasst vor: Sie betreibe auf dem Gebiet des Antragsgegners vier Elektronikfachmärkte, in denen sie Haushaltsgeräte, Unterhaltungselektronik, Telekommunikation, IT, Tonträger und Software anbiete. Neben dem Vor-Ort-Verkauf biete sie auch das sog. Click & Collect-System, d. h. die Online-Auswahl und -Bestellung sowie Abholung im Einzelhandelsgeschäft, an. Das Weihnachtsgeschäft habe für sie eine sehr hohe wirtschaftliche Bedeutung. Dies betreffe auch ihr Angebot im Click & Collect-System. Die erneute Schließung des Ladengeschäfts bedrohe die Existenz des Unternehmens. Die Verordnung enthalte keine Regelung über eine Entschädigung für das Öffnungsverbot. Derzeit existierten nur abstrakte Ankündigungen der Staatregierung, den von der Schließung betroffenen Handelsunternehmen ihre Fixkosten zu erstatten. Nach anderen Verlautbarungen solle die „Überbrückungshilfe II bzw. III“ des Bundes auch den nun betroffenen Handelsunternehmen eröffnet werden. Ob und wann diese zur Verfügung stünden, sei indes offen. Selbst wenn diese Überbrückungshilfen gewährt würden, erhielte sie damit zudem lediglich ein Zuschuss zu den betrieblichen Fixkosten, während das Unternehmen einen hohen Umsatzeinbruch erleide. Die sog. November- und Dezember-Hilfen des Bundes, die bis zu 75 % des Vergleichsumsatzes im November/Dezember 2019 ausgleichen sollten, seien den durch § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO betroffenen Unternehmen hingegen nicht eröffnet.

Die Antragstellerin macht geltend, die Verordnungsermächtigung genüge nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Sie sei nicht hinreichend bestimmt. Hieran ändere auch § 28a IfSG nichts. Dies ergebe sich zum einen aus der katalogartigen Aufzählung der unterschiedlichen Maßnahmen in § 28a Abs. 1 IfSG, die eine Unterscheidung hinsichtlich Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen anhand der Eingriffsintensität und der betroffenen Grundrechte vermissen ließen. Zum anderen sei es nicht ausreichend, die möglichen Maßnahmen, insbesondere stark freiheitsbeeinträchtigende Maßnahmen aufzulisten, ohne sie zu definieren. Bedenken ergäben sich auch daraus, dass die Auflistung nicht abschließend sei, obwohl es um eingriffsintensive Maßnahmen gehe. Schließlich bleibe offen, wie sich die vom Gesetzgeber getroffene Abstufung nach „umfassenden“, „breit angelegten“ und „unterstützenden“ Schutzmaßnahmen auswirke.

Auch die Regelung des § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO selbst sei nicht hinreichend bestimmt. Sie verhänge sehr weitgehende Eingriffe in die Grundrechte, sodass die Anforderungen an ihre Bestimmtheit sehr hoch seien. Sie enthalte keine Definition der verwendeten Begriffe „Sortiment des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung“, sodass offen bleibe, was hierunter falle. Nach den Angaben des Antragsgegners solle hierzu u. a. auch der Verkauf von Pyrotechnik zählen. Der Sinngehalt dieser Begriffe erschließe sich auch sonst nicht aus den aufgezählten Einrichtungen und Betrieben, da Weihnachtsbäume und Waren aus Gartenbaubetrieben kein Sortiment des täglichen Bedarfs oder der Grundversorgung seien. Unklar sei weiter, ob bestimmte Sortimente in Lebensmittelhandelsbetrieben und Drogerien wie etwa Küchengeräte oder Elektronikgeräte derzeit nicht zum Verkauf angeboten werden dürften. Dies habe der Verordnungsgeber nicht offen lassen dürfen. Offen bleibe weiter, was mit „Abhol- und Lieferdiensten“ gemeint sei, und warum das Click & Collect-System der Antragstellerin hierunter nicht fallen solle.

Die Regelung verletze schon mangels stringenter Vergleichsgruppenbildung in der Folge auch das Gebot der Gleichbehandlung. Das Ausnahmesystem sei inkonsequent. Der Verordnungsgeber habe in seiner Normbegründung nur auf epidemiologische Kriterien abgestellt. Es erschließe sich nicht, weshalb Reinigungen, Waschsalons, Friseure, Ladengeschäfte des Zeitungsverkaufs, Weihnachtsbaumverkaufsstellen und Telefon- und Onlineangebote existenznotwendig sein sollten oder sonst bei infektionsschutzbezogener Betrachtung gegenüber der Antragstellerin privilegiert würden. Gleiches gelte für sonstige Betriebsstätten der gewerblichen Wirtschaft. Nach der Risikoeinschätzung des Bundes bestehe auch im Einzelhandel allgemein kein besonderes Infektionsrisiko. Das Infektionsgeschehen könne nicht kausal auf die Öffnung von Einzelhandelsbetrieben zurückgeführt werden. Damit würden keine systemgerechten Begünstigungsausnahmen vorgenommen. Eine Ungleichbehandlung liege auch wegen der erheblich unterschiedlichen Entschädigungsregime in ein und derselben Zeitphase – 14. bis 31. Dezember 2020 – vor. Während die in § 4 Abs. 2 SächsCoronaSchVO genannten Einrichtungen und Angebote in diesem Zeitraum für ihre Umsatzausfälle entschädigt würden, gelte dies trotz identischen sachlichen Anknüpfungspunktes nicht für die in § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO aufgeführten Handelsunternehmen. „Ob“ und „Höhe“ von Umsatzausfallentschädigungen sei aber für die Verhältnismäßigkeit der Öffnungsverbote wesentlich. Sie seien darüber hinaus auch gleichheitsrelevant, denn Bund und Länder hätten ein Gesamtsystem von Restriktions- und Entschädigungsmaßnahmen entwickelt und positiviert. Durch die unterschiedlichen Entschädigungsregelungen verschiebe sich das Regelungsgefüge von § 4 SächsCoronaSchVO insgesamt, ohne dass hierfür eine sachliche oder systemgerechte Begründung ersichtlich sei.

Die angegriffene Regelung sei auch unverhältnismäßig. Die angeordneten Schließungen seien nicht geeignet, eine Weiterverbreitung des SARS-CoV-2-Virus zu vermeiden. Die Verordnungsbegründung erläutere dies nicht, obwohl dies geboten sei. Es sei auch nicht ersichtlich, dass in den von den Schließungen betroffenen Geschäften Kontakte zwischen Menschen stattgefunden hätten, die eine Weiterverbreitung des Virus zumindest mitverursacht haben könnten. Valide Studien hierzu seien der Antragstellerin nicht bekannt. Die in den letzten Wochen gestiegenen Infektionszahlen seien auf andere Umstände zurückzuführen. Die Untersagung der Öffnung des Handels sei auch nicht erforderlich. Gleich geeignete, mildere Mittel seien die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasenbedeckung, die Beschränkung der Kundenanzahl in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche und die Pflicht zur Aufstellung eines Hygienekonzeptes. Dies ergebe sich schon daraus, dass der Verordnungsgeber sie selbst in der Vorgängerverordnung als geeignet zur Erreichung des unverändert bestehenden Zieles angesehen habe. Hierfür spreche auch die Begründung zu § 5 Abs. 2 SächsCoronaSchVO. Als milderes Mittel sei zudem eine sortimentsbezogene Schließung anzusehen, die es etwa der Antragstellerin erlauben würde, Elektronikartikel des täglichen Bedarfs anzubieten. Auch die Offenhaltung von Click & Collect-Systemen stelle einen weniger belastenden Eingriff gleicher Eignung dar, der durchaus in anderen Bundesländern erwogen werde. Die angeordneten Schließungen seien auch unverhältnismäßig im engeren Sinn, weil Ausgleichszahlungen, die geeignet wären, das durch die Antragstellerin zu erbringende Sonderopfer zu kompensieren, nicht ersichtlich seien. Die Förderung nur der betrieblichen Fixkosten stelle keine adäquate Entschädigung dar.

Der Erlass der einstweiligen Anordnung sei dringend geboten, weil die Nachteile einer unterbleibenden Öffnung des Ladengeschäfts im Zweifel nicht mehr zu korrigieren seien. Demgegenüber sei die Gefahrenlage durch die Pandemie nicht auf die Öffnung von Betrieben des Einzelhandels zurückzuführen. Die Risiken der Pandemie seien auch ohne eine Schließung des Handels auf ein vertretbares Maß reduziert. Zudem könne der Antragsgegner jederzeit eine Verordnung mit neuem, rechtmäßigem Inhalt beschließen.

Die Antragstellerin beantragt,

§ 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO vom 11. Dezember 2020 vorläufig außer Vollzug zu setzen,

hilfsweise vorläufig festzustellen, dass § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO mit Art. 18 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 und Art. 31 Abs. 1 SächsVerf unvereinbar ist.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung legt er mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2020 im Einzelnen dar, weshalb die angegriffene Verordnung nach seiner Auffassung rechtmäßig ist.

II.

Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. § 24 Abs. 1 SächsJG statthaft. Danach entscheidet das Sächsische Oberverwaltungsgericht über die Gültigkeit von im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften. Dazu gehören Verordnungen der Staatsregierung. Der Senat entscheidet gemäß § 24 Abs. 2 SächsJG hierüber in der Besetzung von fünf Berufsrichtern.

Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO, da sie geltend machen kann, in ihren Rechten verletzt zu sein. Sie kann sich auf eine mögliche Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG stützen.

Der Antrag ist allerdings sowohl im Haupt- wie auch im Hilfsantrag unbegründet.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Oberverwaltungsgericht die Anwendung der Verordnung des Antragsgegners vorübergehend außer Vollzug setzen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Da sich der Wortlaut der Vorschrift an § 32 BVerfGG anlehnt, sind die vom Bundesverfassungsgericht hierzu entwickelten Grundsätze (BVerfG, Beschl. v. 8. November 1985 – 1 BvR 1290/85 -, juris Rn. 10 und v. 8. November 1994 – 1 BvR 1814/94 -, juris Rn. 21) auch bei § 47 Abs. 6 VwGO heranzuziehen. Als Entscheidungsmaßstab dienen die Erfolgsaussichten eines anhängigen oder möglicherweise nachfolgenden Hauptsacheverfahrens. Ergibt die Prüfung, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nicht geboten. Ist hingegen voraussichtlich von einem Erfolg des Normenkontrollantrags auszugehen, wird die angegriffene Norm einstweilen außer Vollzug zu setzen sein, wenn der (weitere) Vollzug der angegriffenen Norm bis zum Ergehen einer Hauptsachentscheidung Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist. Erweisen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn eine einstweilige Anordnung nicht erginge, eine Hauptsache aber Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, einem anhängigen oder möglicherweise nachfolgenden Normenkontrollantrag aber der Erfolg zu versagen wäre. Die für den Erlass der einstweiligen Anordnung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass der Erlass der einstweiligen Anordnung – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (SächsOVG, Beschl. v. 15. April 2020 – 3 B 114/20 -, juris Rn. 11 und Beschl. v. 15. März 2018 – 3 B 82/18 -, juris Rn. 16 m. w. N.). Mit diesen Voraussetzungen stellt § 47 Abs. 6 VwGO an die Aussetzung des Vollzugs einer untergesetzlichen Norm erheblich strengere Anforderungen als § 123 VwGO sie sonst an den Erlass einer einstweiligen Anordnung stellt (BVerwG, Beschl. v. 18. Mai 1998 – 4 VR 2/98 -, juris Rn. 3).

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Antrag auf vorläufige Außervollzugsetzung von § 4 Abs. 2 Nr. 6 SächsCoronaSchVO keinen Erfolg, da die angegriffene Vorschrift im Normenkontrollverfahren voraussichtlich standhalten wird. Auch eine Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin aus.

1. Die Verordnung stützt sich voraussichtlich auf eine den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG genügende parlamentsgesetzliche Verordnungsermächtigung.

Die Verordnung beruht ausweislich der Präambel auf § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 IfSG. Der Senat hat mit Beschluss vom 11. November 2020 (- 3 B 357/20 -, juris Rn. 15 ff. m. w. N.) im Hinblick auf die Ermächtigungsgrundlage für die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung in den §§ 32, 28 IfSG festgestellt, dass derzeit jedenfalls bei der gebotenen summarischen Prüfung keine durchgreifenden Bedenken dahingehend bestehen, dass die vorgenannte Bestimmungen eine ausreichende Verordnungsermächtigung für die durch die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung vorgenommenen Grundrechtseingriffe darstellen und sie insbesondere auch dem Wesentlichkeitsgrundsatz und dem Bestimmtheitsgebot des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG entsprechen. Angesichts der jüngst vorgenommenen Einführung eines neuen § 28a IfSG und anderer flankierender Regelungen in das Infektionsschutzgesetz sieht der Senat keine Veranlassung, von seiner bisher vertretenen Ansicht abzurücken.

Die von der Antragstellerin erhobenen Einwände gegen die hinreichende Bestimmtheit von § 28a IfSG führen zu keinem anderen Ergebnis. Für die Auslegung dieser Norm, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 spezifische notwendige Schutzmaßnahmen sowie deren Voraussetzungen und Einsatzanforderungen regelt, ist zu berücksichtigen, dass diese Befugnisse allein und gerade auf das Ereignis der Corona-Pandemie zugeschnitten sind und jedenfalls flächendeckend nur für die Dauer der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG durch den Deutschen Bundestag erlassen werden können. Durch diese Norm hat der Bundestag eine spezifische Gefährdungseinschätzung der Corona-Pandemie zum Ausdruck gebracht (BayVGH, Beschl. v. 8. Dezember 2020 – 20 NE 20.2461 -, juris Rn. 24), die sich insbesondere darauf erstreckt, welche Gefahren er für den Fortgang der Corona-Pandemie prognostiziert, welche Mittel er grundsätzlich für geeignet, erforderlich und angemessen zur Abwehr dieser Gefahren erachtet (vgl. § 28a Abs. 1 IfSG), an welchen Zielen, Kenngrößen und Strategien die Bekämpfung dieser Pandemie auszurichten ist (vgl. § 28a Abs. 3 und Abs. 6 IfSG), welches Gewicht er den Gefahren für Leben und Gesundheit und für die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems durch die Pandemieentwicklung gegenüber den Grundrechtseingriffen durch die Maßnahmen der Gefahrenabwehr in verschiedenen Stadien der Pandemie beimisst und welchen Rechtsgütern er insoweit Vorrang beilegt (vgl. § 28a Abs. 2 und Abs. 6 IfSG). Danach kann für die Corona-Pandemie voraussichtlich hinreichend vorausgesehen werden, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Verordnungsermächtigung der § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 IfSG Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die auf Grund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 26. September 2016 – 1 BvR 1326/15 -, juris Rn. 26; Beschl. v. 21. April 2015 – 2 BvR 1322/12 u. a. -, juris Rn. 54 f.; Urt. v. 19. September 2018 – 2 BvF 1/15 u. a. -, juris Rn. 198 ff.; SächsOVG, Beschl. v. 29. April 2020 – 3 B 144/20 -, juris Rn. 18). Hieran ändern auch die von der Antragstellerin geltend gemachten einzelnen Unklarheiten des Normverständnisses von § 28a IfSG nichts. Der Wortlaut des § 28a IfSG, Zweck und Systematik seiner einzelnen Regelungen, seine Gesetzesbegründung und Vorgeschichte bieten voraussichtlich hinreichend Anknüpfungspunkte, mit Hilfe allgemeiner Auslegungsregeln alle erforderlichen parlamentsgesetzlichen Vorgaben der Verordnungsermächtigung zu erschließen. Dies würde den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG genügen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14. März 1989 – 1 BvR 1033/82 -, juris Rn. 58; Beschl. 28. April 2009 – 1 BvR 224/07 -, juris Rn. 14; SächsOVG, Beschl. v. 11. November 2020 – 3 B 357/20 -, juris Rn. 84). Weshalb die sich aufdrängende Anwendung dieser üblichen Auslegungsmethoden hier nicht zu einer hinreichend klaren Bestimmung des Inhalts der Norm in den von ihr benannten Punkten führen können sollte, zeigt die Antragstellerin mit ihrem pauschalen Vorbringen nicht auf.

Zudem bestehen keine Bedenken an der formellen Rechtmäßigkeit der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung. Insbesondere genügt die Verordnung den Maßgaben von § 28a Abs. 5 IfSG, wonach Rechtsverordnungen, die nach § 32 i. V. m. § 28 Abs. 1 und § 28a Abs. 1 IfSG erlassen werden, mit einer allgemeinen Begründung zu versehen und zeitlich zu befristen sind. Wie sich aus der allgemeinen Begründung sowie der Begründung zu § 4 SächsCoronaSchVO ergibt, hat sich der Verordnungsgeber davon leiten lassen, dass allein die bislang verfolgte Hotspotstrategie, der Teillockdown und die Verpflichtung der Kommunen zu stufenweise verschärfenden Maßnahmen mit der SächsCoronaSchVO vom 27. November 2020 nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt hätten. Die Infektionszahlen stiegen im Freistaat Sachsen weiterhin landesweit an und überschritten vielerorts den Inzidenzwert von 500 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner in sieben Tagen. Die Gefährdung für die Gesundheit der Bevölkerung im Freistaat Sachsen sei aktuell im bundesweiten Vergleich am höchsten. Unverändert sei auch eine Zunahme der Fallzahlen älterer Menschen zu verzeichnen. Nur durch eine schnell wirksame Verlangsamung des Infektionsgeschehens könne erreicht werden, dass das Gesundheitssystem funktionsfähig bleibe. Im Vergleich zum Frühjahr 2020 seien in Sachsen die Belastungen in den Krankenhäusern durch COVID-19-Patienten höher. Es zeichne sich ab, dass auch regionale Umverteilungen von Patienten aus Krankenhäusern im Einzelfall die Situation nicht mehr entlasteten. Gerade dadurch werde deutlich, dass eine Überlastung des Gesundheitswesens abgewendet werden müsse. Dies erfordere weitere Einschränkungen. Vor diesem Hintergrund werde die zuletzt am 27. November 2020 geänderte Corona-Schutz-Verordnung weiterentwickelt, indem die bislang in der Verantwortung der Landkreise und Kreisfreien Städte liegenden verschärfenden Maßnahmen verpflichtend landeseinheitlich vorgegeben würden. Vorgesehen seien eine erweiterte Schließung von Einrichtungen und Angeboten sowie Ausgangsbeschränkungen und zeitlich beschränkte Ausgangssperren. Diese Maßnahmen dienten der Kontaktreduzierung. Als verschärfende Maßnahmen sei insbesondere vorgesehen die Schließung sämtlicher Einrichtungen und Angebote, sofern sie nicht der Sicherung des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung dienten. § 4 Abs. 1 der Verordnung ordne die grundsätzliche Schließung von Einrichtungen und Angeboten an. Ausgenommen würden lediglich Geschäfte und Märkte des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung. Unberührt hiervon blieben die Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen. Die maßgeblichen Überlegungen für die Schließung auch von Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäften zum Zweck der Kontaktreduzierung werden so ausgeführt und erläutert. Hierdurch werden die gesetzlich vorgesehenen Begründungsanforderungen auch in Bezug auf die Regelungsermessensausübung des Verordnungsgebers erfüllt.

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2. Die angegriffene Regelung erweist sich auch mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als materiell rechtmäßig und ist daher nicht geeignet, die Antragstellerin in ihren Rechten zu verletzen.

2.1 Die Voraussetzungen von § 32 Satz 1, § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 sowie § 28a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 IfSG sind erfüllt.

Im Hinblick auf die Voraussetzungen der Verordnungsermächtigung (§ 32 Satz 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1, § 28a IfSG) hat der Senat in seinem Beschluss vom 11. November 2020 (a. a. O.) darauf abgehoben, dass angesichts der dort näher geschilderten Infektionslage, der Zahl der Patienten, die auf einer Intensivstation behandelt werden müssen, der Tatsache, dass es nach wie vor keine zugelassenen Impfstoffe gibt und der weiterhin für die Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland hohen, für Risikogruppen sehr hohen Gefährdungslage die zuständigen Behörden zum Handeln verpflichtet sind. Dabei kommt ihnen ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, welcher durch die Notwendigkeit der Maßnahme im Einzelfall begrenzt wird. Wenn wie hier die Freiheits- und Schutzbedarfe der verschiedenen Grundrechtsträger in unterschiedliche Richtung weisen, haben der Gesetzgeber und auch die von ihm zum Verordnungserlass ermächtigte Exekutive nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts von Verfassungs wegen einen Spielraum für den Ausgleich dieser widerstreitenden Grundrechte. Auch die speziellen Voraussetzungen des § 28a Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 IfSG für Verordnungsregelungen zu besonderen Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 sind erfüllt. Es liegt eine vom Bundestag festgestellte (BT-PlPr 19/154, S. 19169C) epidemische Lage von nationaler Tragweite nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG vor, weil eine dynamische Ausbreitung dieser bedrohlichen übertragbaren Krankheit über mehrere Länder in der Bundesrepublik Deutschland stattfindet (§ 5 Abs. 1 Satz 4 Nr. 2 IfSG). Es ist ferner im Freistaat Sachsen mittels aller bisher getroffenen weitreichenden Schutzmaßnahmen nicht gelungen, eine wirksame Eindämmung der Verbreitung von COVID-19 auf ein Maß zu erreichen, das einen wirksamen Schutz von Leben und Gesundheit gewährleistet und insbesondere die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems nicht gefährdet.

Für den Freistaat Sachsen waren in den letzten 7 Tagen 17.600 neue Fälle zu verzeichnen. Der Inzidenzwert für den gesamten Freistaat ist auf nunmehr 432 Fälle je 100.000 Einwohner in den letzten 7 Tagen gestiegen. Sechs der Landkreise weisen hierbei Inzidenzwerte von über 500, z. T. sogar von über 600 Fällen je 100.000 Einwohner auf. Unter den zehn Landkreisen mit der bundesweit höchsten Inzidenz befinden sich damit sechs Landkreise des Freistaates Sachsen (RKI, COVID-19-Dashboard, https://www.rki.de/DE/Home/homepage_node.html, Stand 19. Dezember 2020). Mittlerweile zeigt der Freistaat Sachsen nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes auch eine auffällige Entwicklung der Sterbefallzahlen und der Übersterblichkeit. Die Differenz der Sterbefallzahlen zum Durchschnitt der vier Vorjahre nimmt derzeit von Woche zu Woche deutlich zu. In der 41. Kalenderwoche lag die Zahl der Sterbefälle noch unter dem Durchschnitt; in der 47. Kalenderwoche lag sie 46 % beziehungsweise 476 Fälle darüber (https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/12/PD20_523_12621.html).

In Sachsen sind derzeit ca. 1.500 Intensivbetten vorhanden. Davon sind derzeit nur noch etwa 200 Intensivbetten frei. Der Anteil der COVID-19-Patienten an der Gesamtzahl der Intensivbetten beträgt in Sachsen 38,04 %. Von diesen 577 aktuell intensivmedizinisch behandelten Patienten müssen 273 invasiv beatmet werden (https://www.intensivregister.de/#/aktuelle-lage/kartenansichten Stand: 19. Dezember 2020). In den letzten Wochen und Tagen ist in verschiedenen Regionen des Freistaates bereits immer wieder die Situation eingetreten, dass keine neuen COVID-19- Patienten in die Krankenhäuser der Regionen aufgenommen werden konnten und in andere Regionen Sachsens oder in andere Bundesländer verlegt werden mussten. Die Krankenhäuser haben ihre Leistungen reduziert, um Personal für die Corona-Patienten freizustellen ((https://www.freiepresse.de/nachrichten/sachsen/krankenhaeuser-knallhart-an-der-auslastungsgrenze-artikel11220706; https://www.mdr.de/sachsen/corona-krankenhausgesellschaft-sachsen-schlaegt-alarm-100.html; https://www.zeit.de/wissen/2020-12/corona-sachsen-krankenhaus-zittau-notbetrieb-triage-patienten-goerlitz; https://www.mdr.de/sachsen/dresden/dresden-radebeul/corona-intensivbetten-dresden-belegt-100.html). Der Umstand, dass mittels des Intensivregisters i. S. eines Kleeblattprinzips eine Umverteilung in weniger stark belastete Regionen ermöglicht wird, führt angesichts der Tatsache, dass die Infektionszahlen bundesweit rasant steigen, nicht zu einer anderen Bewertung der Sachlage. Zudem ist ebenso zu berücksichtigen, dass es bei einem derart umfangreichen Infektionsgeschehen auch vermehrt zur Infizierung des klinischen Personals kommt, so dass nicht mehr alle Bettenkapazitäten genutzt werden können, zumal die intensivmedizinische Betreuung der an COVID-19 erkrankten Patienten besonders aufwendig ist (https://www.aerzteblatt.de/archiv/216577/Intensivbetten-Die-Kapazitaeten-schwinden). Es ist mithin unmittelbar greifbar, dass bei einem Ausbleiben einer deutlichen Reduzierung der Infektionszahlen ein Gesundheitsnotstand mit der sehr ernst zu nehmenden Gefahr, dass nicht mehr jeder Mensch optimal medizinisch versorgt werden kann, unmittelbar bevorsteht. Im schlimmsten Fall wird sogar eine Triage durchzuführen sein. Dass ein umfangreiches Handeln des Staates vor diesem Hintergrund unumgänglich ist, drängt sich daher geradezu auf.

Da nach dem Vorgesagten in allen sächsischen Landkreisen ferner der Schwellenwert von über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen – massiv – überschritten wird, sind umfassende Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens erwarten lassen (§ 28a Abs. 3 Satz 5 IfSG). Weil diese Situation bundes- und landesweit gegeben ist, sind bundes- und landesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben (§ 28a Abs. 3 Satz 9 und Satz 10 IfSG).

Der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung liegt die in der Beratung der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin vom 28. Oktober 2020 beschlossene Maßnahmekonzeption zugrunde. Danach ist es „zur Vermeidung einer akuten nationalen Gesundheitsnotlage (…) erforderlich, durch eine erhebliche Reduzierung der Kontakte in der Bevölkerung insgesamt das Infektionsgeschehen aufzuhalten und die Zahl der Neuinfektionen wieder in die nachverfolgbare Größenordnung von unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in einer Woche zu senken.“ Denn ohne solche Beschränkungen würde das weitere exponentielle Wachstum der Infiziertenzahlen unweigerlich binnen weniger Wochen zu einer Überforderung des Gesundheitssystems führen und die Zahl der schweren Verläufe und der Todesfälle würde erheblich ansteigen. Die Konzeption sieht dabei in einem ersten Komplex vor, durch normative Beschränkungen wie auch Verhaltensappelle einen Ausschluss oder eine deutliche Verringerung persönlicher Kontakte in nicht als gesellschaftlich prioritär eingeordneten Bereichen wie privaten Treffen, Freizeit, Tourismus, Unterhaltung, Gastronomie und Körperpflege zu erreichen. Hierfür wird im Gegenzug für die in ihren Erwerbsmöglichkeiten Betroffenen die Gewährung finanzieller Hilfen zugesagt. In einem zweiten Komplex werden die geforderten Schutzmaßnahmen und Hygienekonzepte für die als gesellschaftlich prioritär bewerteten und deshalb von einer Schließung ausgenommenen Bereiche wie Handel, Schulen, Kindertagesstätten oder Unternehmen angepasst und es wird auch dort auf eine möglichst weitgehende Vermeidung persönlicher Kontakte hingewirkt. In einem dritten Komplex sieht das Konzept besondere Schutzvorkehrungen für vulnerable Gruppen und eine Stärkung der Kapazitäten der Krankenhäuser vor. Ein Kern der verabschiedeten Maßnahmen soll also eine deutliche Kontaktreduzierung unter den Bürgern sein, um Infektionsketten zu durchbrechen.

Diese Maßnahmekonzeption wurde durch den im Rahmen der Videoschaltkonferenz der Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin am 25. November 2020 gefassten Beschluss vertieft und fortgeführt. Angesichts des exponentiellen Infektionswachstums haben die Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin am 13. Dezember 2020 eine Verlängerung der Corona-Maßnahmen bis zum 10. Januar 2021 und deren Verschärfung beschlossen. Neben spezifischen Maßnahmen zum Schutz vulnerabler Gruppen wie etwa der Übernahme der Kosten für FFP2-Masken und der Anordnung von Antigen-Schnelltests für Pflegepersonal zielt die Konzeption vor allem auf eine durchgreifende Ausweitung der Kontaktreduzierung ab, die durch eine Verschärfung der Vorgaben für private Zusammenkünfte, das Schließen des nicht dem täglichen Bedarf zuzuordnenden Einzelhandels, das grundsätzliche Schließen von Schulen und Kindertagesstätten und ein möglichst weitgehendes Schließen von Betriebsstätten durch Betriebsferien und Heimarbeits-Lösungen erreicht werden soll. Für die Wirtschaftsbereiche, die erhebliche Einschränkungen hinnehmen müssen, wird eine finanzielle Unterstützung des Bundes durch eine verbesserte Überbrückungshilfe III zugesagt, die Zuschüsse zu den Fixkosten vorsieht. Wertverlust an Waren und anderen Wirtschaftsgütern soll durch Teilabschreibungen aufgefangen werden, sodass der Handel Verluste unmittelbar verrechnen und steuermindernd ansetzen könne. Für Gewerbemiet- und Pachtverhältnisse, die von staatlichen COVID-19-Maßnahmen betroffen sind, soll gesetzlich vermutet werden, dass erhebliche Nutzungsbeschränkungen infolge der Pandemie eine schwerwiegende Veränderung der Geschäftsgrundlage darstellen können. Dies soll Verhandlungen dieser Vertragsparteien vereinfachen und stützt die Position der Mieter und Pächter.

Daher handelt es sich nicht um eine willkürliche, sondern um eine von sachlichen Erwägungen getragene Entscheidung, nun auch weitergehende Lebens- und Wirtschaftsbereiche herunterzufahren, aber andere Bereiche, denen nachvollziehbar noch größeres Gewicht beigemessen wird, am Laufen zu halten (zu alledem SächsOVG, Beschl. v. 11. November 2020 a. a. O.). Diese Regelungskonzeption, die nunmehr gravierende Einschränkungen auch für besonders bedeutsame Lebens- und Wirtschaftsbereiche wie etwa die Gewährleistung der Beschulung und Kinderbetreuung vorsieht, steht in Einklang mit den Vorgaben des § 28a Abs. 6 Satz 2 und Satz 3 IfSG, wonach bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 vereinbar ist. Einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, können von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 nicht zwingend erforderlich ist. Nach dem Willen des parlamentarischen Bundesgesetzgebers soll mit den Regelungen des § 28a Abs. 6 IfSG verdeutlicht werden, dass alle nach dem Infektionsschutzgesetz und anderen einschlägigen Gesetzen zur Bekämpfung einer Krankheit, hier der SARS-Cov-2-Pandemie, erforderlichen Schutzmaßnahmen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit bis hin zu einem vollständigen Herunterfahren des öffentlichen Lebens und zu weitreichenden Einschränkungen des Privatlebens angeordnet werden können. Damit werde klargestellt, dass nicht nur einzelne, begrenzte Maßnahmen, sondern auch weitreichende und langandauernde Maßnahmen zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten vom Willen des Gesetzgebers getragen sind (BT-Drs. 19/24334, S. 82). Das Ziel einer Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 überwiegt mithin nach der parlamentsgesetzlichen Bewertung des Infektionsschutzgesetzgebers auch überaus gravierende soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Nachteile von Maßnahmen nach § 28a Abs. 1 IfSG, soweit deren Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 zwingend erforderlich ist. Von Letzterem ist für die von der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung getroffenen Maßnahmen für den Freistaat Sachsen aber voraussichtlich auszugehen. Auch der seit November 2020 bereits geltende Teillockdown hat im Freistaat Sachsen nicht dazu geführt, dass das Infektionsgeschehen zurückgegangen wäre oder sich auch nur stabilisiert hätte. Angesichts der nun im Gegenteil zu verzeichnenden sehr weiten Verbreitung des Infektionsgeschehens in der Bevölkerung und des unmittelbar drohenden Erreichens der Belastungsgrenze des Gesundheitssystems im Freistaat Sachsen ist es daher nachvollziehbar und erkennbar nicht zu beanstanden, dass der Verordnungsgeber es i. S. d. § 28a Abs. 6 Satz 2 und Satz 3 IfSG als zwingend erforderlich zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erachtet, zur Kontaktreduktion nunmehr auch auf soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, zuzugreifen und die hiermit verbundenen gravierenden Auswirkungen für die Belange der Einzelnen und der Allgemeinheit dem Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung unterzuordnen.

§ 28a Abs. 1 Nr. 14 IfSG sieht hierbei die Schließung oder Beschränkung von Einzel- oder Großhandel als eine mögliche notwendige Schutzmaßnahmen i. S. d. § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 ausdrücklich vor. Nach alledem ist die in § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO angeordnete Schließung von Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäften von der Verordnungsermächtigung voraussichtlich gedeckt. Die Geltungsdauer der Sächsischen Corona-Schutzverordnung vom 11. Dezember 2020 beschränkt sich ferner nach ihrem § 12 Abs. 1 und 2 auf vier Wochen und überschreitet den von § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG vorgegebenen Regelgeltungszeitraum nicht.

2.2 Die in § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO angeordnete Schließung von Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäften ist voraussichtlich auch sonst rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Die Norm wird nach summarischer Prüfung den verfassungsrechtlichen Anforderungen an ihre Bestimmtheit gerecht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen gesetzliche Regelungen so gefasst sein, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag. Die Anforderungen an die Bestimmtheit erhöhen sich mit der Intensität, mit der auf der Grundlage der betreffenden Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden kann. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Norm dann überhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn diese mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (BVerfG, Beschl. v. 27. November 1990 -1 BvR 402.87 -, juris Rn. 45). Es ist auf die Sicht des durchschnittlichen Normadressaten abzustellen, wobei ein objektiver Maßstab anzulegen ist (SächsOVG, Beschl. v. 29. April 2020 – 3 B 144/20 -, juris Rn. 31).

Gemessen hieran lassen sich die von der Antragstellerin benannten Auslegungsprobleme mit den herkömmlichen juristischen Methoden bewältigen.

Was der Verordnungsgeber zu den Waren des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung zählt, wird aus diesen Rechtsbegriffen selbst und ihrer näheren Ausformung durch die in § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO abschließend benannten Geschäfte und Märkte, die mit einem entsprechend beschränkten Sortiment von der Schließung ausgenommen werden, hinreichend deutlich. Dem Wortsinn nach zählen zu den Waren des täglichen Bedarfs und der Grundversorgung Waren, die regelmäßig benötigt werden und der Befriedigung der Grundbedürfnisse dienen, sodass auf ihren Erwerb auch für die beschränkte Zeit des Geltungszeitraums der Verordnung nicht verzichtet werden kann. Aus dem Umstand, dass der Verordnungsgeber zum Zweck der Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung mit den Waren des täglichen Bedarfs und der Grundversorgung Geschäfte und Märkte des Lebensmittelhandels, Tierbedarfs, Getränkemärkte, Abhol- und Lieferdienste, Apotheken, Drogerien, Sanitätshäuser, Orthopädieschuhtechniker, Bestatter, Optiker, Hörgeräteakustiker, Sparkassen und Banken, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons und Ladengeschäfte des Zeitungsverkaufs, den Verkauf von Weihnachtsbäumen, Tankstellen, Wertstoffhöfe, Kfz- und Fahrradwerkstätten sowie einschlägige Ersatzteilverkaufsstellen, Großhandel beschränkt auf Gewerbetreibende, selbstproduzierende und -vermarktende Baumschulen, Gartenbau- und Floristikbetriebe von der angeordneten Ladengeschäftsschließung ausgenommen hat, zeigt, dass der Verordnungsgeber zu den Waren des täglichen Bedarfs und der Grundversorgung Lebensmittel und Getränke, Tierbedarf, Arzneimittel, Sanitäts- und Orthopädiebedarf, Körperpflegeprodukte, Reinigungsmittel und Hygieneprodukte, Seh- und Hörhilfen, Kfz-Kraftstoffe, Weihnachtsbäume und Presseprodukte zählt und darüber hinaus auch die Versorgung der Bevölkerung mit Bank- und Postdienstleistungen, Bestattungsleistungen, Hol- und Bringediensten, Möglichkeiten der Wäschereinigung, der Entsorgung von Müll, der Vornahme von Reparaturen an Kfz und Fahrrädern, die Versorgung von Gewerbetreibenden durch den Großhandel sowie der Bevölkerung mit Produkten der Baumschulen, Gartenbau- und Floristikbetriebe als notwendig zu gewährleisten erachtet, im letztgenannten Fall allerdings nur dann, wenn es sich um selbstproduzierende und -vermarktende Unternehmen handelt. Der Verkauf von Pyrotechnik fällt hierunter nicht. Ein anderes Normverständnis ist auch den eigenen Erläuterungen des Antragsgegners nicht (mehr) zu entnehmen (https://www.coronavirus.sachsen.de/haeufige-fragen-zu-den-ausgangsbeschraenkungen-und-einschraenkungen-des-oeffentlichen-lebens-5074.html?_cp=%7B%22accordion-content-4969%22%3A%7B%220%22%3Atrue%2C%226%22%3Atrue%7D%2C%22previousOpen%22%3A%7B%22group%22%3A%22accordion-content-4969%22%2C%22idx%22%3A6%7D%7D, abgerufen am 19. Dezember 2020; vgl. zur Begriffsbestimmung bereits SächsOVG, Beschl. v. 29. April 2020 – 3 B 144/20 -, juris Rn. 45).

Der Sinngehalt der Norm wird auch nicht dadurch unklar, dass Weihnachtsbäume und Waren aus Gartenbaubetrieben vom Verordnungsgeber zum Sortiment des täglichen Bedarfs oder der Grundversorgung gezählt werden. Es unterfällt voraussichtlich der Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers und erscheint auch verglichen mit anderen, derzeit nur im Online- und Versandhandel veräußerbaren Waren und Produkten nicht offensichtlich fehlsam und Zweifel am Regelungsinhalt des Rechtsbegriffs der Waren des täglichen Bedarfs und der Grundversorgung begründend, dass der Verordnungsgeber die Unaufschiebbarkeit und Dringlichkeit eines dahingehenden saisonalen Bedarfs der Bevölkerung gerade in der Vorweihnachtszeit angenommen hat.

Aus der Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO lässt sich auch durch Auslegung klar und bestimmt entnehmen, dass die von der Schließung ausgenommenen Geschäfte und Märkte des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung das Angebot auf das Sortiment der Waren des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung im oben erläuterten Sinn beschränken müssen und ihr darüber hinausgehendes Sortiment nicht zum Verkauf stellen dürfen. Dies hat der Verordnungsgeber entgegen der Auffassung der Antragstellerin mithin nicht offen gelassen. Denn der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 SächsCoronaSchVO ist unmissverständlich, wenn er die Öffnung von Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung ausdrücklich nur „beschränkt auf ein entsprechendes Sortiment des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung“ erlaubt. Wechselnde Auffassungen des Antragsgegners zur Auslegung dieser Norm oder deren anderweitige Anwendung durch die Verwaltung sind nicht geeignet, dies in Zweifel zu ziehen.

Desgleichen lässt sich durch Auslegung der Inhalt des Rechtsbegriffs der „Abhol- und Lieferdienste“ bestimmen. Dies sind Dienste, die den Transport von Waren zwischen einem Hersteller oder Händler und dem Kunden zum Gegenstand haben. Hierunter fällt das Click & Collect-System der Antragstellerin nicht, weil dort die Waren der Antragstellerin nicht zum Kunden geliefert, sondern vom Kunden selbst bei der Antragstellerin abgeholt werden. Dieses Abholsystem wird durch § 4 Abs. 1 Satz 1 SächsCoronaSchVO jedoch eindeutig ausgeschlossen, weil danach eine Ausnahme von den Öffnungsverboten für Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäfte nur für Telefon- und Onlineangebote ausschließlich zum Versand oder zur Lieferung, hingegen nicht zur Abholung durch die Kunden gemacht wird. Ein solches Aufsuchen der Händler durch die einzelnen Kunden zum Zweck der Warenabholung liefe auch klar der Intention der Regelungen der Sächsischen Corona-Schutz-Verordnung zuwider, zum Erreichen der gewünschten massiven Kontaktreduktion darauf hinzuwirken, dass die jeweilige Unterkunft von der Bevölkerung des Freistaates Sachsen möglichst wenig verlassen wird. Auch insoweit ist ein Bestimmtheitsmangel der Norm mithin nicht erkennbar (vgl. tagesschau.de, „click & collect“ Länder-Wirrwarr um Abholstellen Stand: 17.12.2020, 14.44 Uhr).

b) Die angegriffene Verpflichtung erweist sich darüber hinaus voraussichtlich als verhältnismäßig und auch vor dem Hintergrund der durch sie bewirkten Grundrechtseingriffe als gerechtfertigt.

aa) Die infektionsschutzrechtliche Schließungsanordnung greift jedenfalls in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit der Antragstellerin ein (Art. 12 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG). Offen und im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht abschließend klärbar erscheint hingegen, ob auch ein Eingriff in das Recht auf Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG i. V. m. Art. 19 Abs. 3 GG) vorliegt, wie die Antragstellerin geltend macht. Hiergegen spricht, dass mit dem Eigentumsschutz für die Betriebsgrundstücke und -anlagen sowie für deren Nutzung (BVerfG, Urt. v. 6. Dezember 2016 – 1 BvR 2821/11 -, BVerfGE 143, 246, juris Rn. 240) nicht die gewerbliche Tätigkeit als solche geschützt wird (Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, GG, Stand April 2020, Art. 14 Rn. 205). Zudem wird davon ausgegangen, dass in dem Fall, dass die öffentlich-rechtliche Rechtsposition des Gewerbetreibenden mit der normativen Möglichkeit nachträglicher Anordnungen behaftet und deswegen beschränkt ist, wie dies hier mit Blick auf § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG schon vor dem letztlich tatsächlichen Eintreten der Pandemie normativ zu bejahen wäre, in der Folge auch das darauf aufbauende Privateigentum am Gewerbebetrieb in dieser Hinsicht von vornherein labil und im Verhältnis zu seinen verwaltungsrechtlichen Grundlagen akzessorisch ist. Aus Art. 14 Abs. 1 GG soll kein besonderer gewerberechtlicher Bestandsschutz zur Überspielung der spezifischen Verwaltungsrechtsordnung folgen können (Papier/Shirvani, in: Maunz/Dürig, GG, Stand April 2020, Art. 14 Rn. 209 f.). Auch das Bundesverfassungsgericht nimmt etwa für den Fall eines Widerrufs einer Betriebserlaubnis „nur“ einen Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG an (BVerfG, Beschl. v. 4. März 1997 – 1 BvR 327/97 -, juris Rn. 10).

bb) Die angegriffene Maßnahme ist voraussichtlich verhältnismäßig.

Der Senat hat bisher bezüglich der angeordneten Schließungen von Einrichtungen und Angeboten, die den nicht als gesellschaftlich prioritär eingeordneten Bereichen zugerechnet wurden, darauf abgestellt, dass die angeordneten Schließungen nicht willkürlich, sondern insgesamt von sachlichen Gründen getragen sind (vgl. zu Betriebsschließungen für körpernahe Dienstleistungen SächsOVG, Beschl. v. 11. November 2020 – 3 B 357/20 -, juris Rn. 47; zu Aus- und Fortbildungseinrichtungen, Freibädern und Hallenbädern, Anlagen und Einrichtungen des Freizeit- und Amateursportbetriebs, Freizeit- und Vergnügungsparks, Messen, Tagungen und Kongresse, und Gastronomiebetrieben SächsOVG, Beschl. v. 17. November 2020 – 3 B 350/20 -, juris Rn. 35 ff.; zu Fitnessstudios SächsOVG, Beschl. v. 9. Dezember 2020 – 3 B 381/20 -, juris Rn. 30).

Der Senat ist hierbei davon ausgegangen, dass die Maßnahmen das legitime Ziel einer Vermeidung der Weiterverbreitung des Virus SARS-CoV-2 mittels einer Reduktion der physisch-sozialen Kontakte zu anderen Menschen als den Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolutes Minimum und der Wahrung des nötigen Mindestabstands zu anderen Personen (§ 1 Abs. 1 SächsCoronaSchVO) verfolgen und geeignet, erforderlich und aus epidemiologischen Gründen auch verhältnismäßig im engeren Sinne sind. Auf die diesbezüglichen ausführlichen Ausführungen wird verwiesen.

Diese Überlegungen gelten auch für hier angegriffene Schließung von Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäften. Denn der Betrieb von Einzel- und Großhandelsgeschäften hat mit diesen Einrichtungen gemeinsam, dass er nicht nur Ansammlungen von Menschen hervorruft, sondern zusätzliche Kontaktmöglichkeiten auf dem Weg zu und von der Einrichtung schafft, denen auch mit dem Hygienekonzept der Antragstellerin nicht begegnet werden könnte.

Die angeordneten Schließungen sind insbesondere geeignet, Kontakte zwischen Menschen zu reduzieren, um weitere Infektionen mit dem hochansteckenden Virus SARS-CoV-2 einzudämmen und damit den Erhalt der Leistungsfähigkeit des Gesundheitswesens und insbesondere der Krankenhäuser zur Behandlung schwer- und schwerstkranker Menschen sicherzustellen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Da es insbesondere im Bereich des stationären Handels üblich ist, dass sich mit Verkäufern wie auch Kunden eine Vielzahl von Menschen für einen gewissen Zeitraum begegnen, handelt es sich bei der Untersagung derartiger Tätigkeiten um eine zur Kontaktvermeidung geeignete Anordnung. Zudem werden auch Kontaktmöglichkeiten verhindert, die auf dem Weg zum und vom Geschäft der Antragstellerin stattfinden können. Da kein weniger belastender Eingriff bei gleicher Eignung vorliegt, ist die angeordnete Schließung auch erforderlich.

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, es sei nicht nachgewiesen, dass es in Zusammenhang mit den von der Schließung betroffenen Geschäften bisher zu einer Weiterverbreitung des Virus gekommen sei, steht dies der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme nicht entgegen. Es ist nämlich auch das Gegenteil nicht belegt, also, dass es nicht zu einer Übertragung des Virus in Zusammenhang mit den vorgenannten Tätigkeiten gekommen ist. Zuletzt konnten nämlich nur noch etwa ein Fünftel der insgesamt gemeldeten COVID-19 Fälle einem konkreten Ausbruchsgeschehen zugeordnet werden (Lagebericht des RKI zur Coronavirus-Krankheit-2019 [COVID-19], Stand: 10. November 2019, S. 10, veröffentlicht unter: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Nov_2020/2020-11-10-de.pdf?__blob=publicationFile). Auch der Infektionsumfang zeigt, dass das Virus die Bevölkerung mittlerweile zu weit durchdrungen hat, als dass sich einzelne Treiber der Infektion noch in nennenswerten Umfang bestimmen lassen könnten. Zudem dienen die Betriebsschließungen gerade auch der Verhinderung von Kontakten während des Aufsuchens dieser Angebote, auf die Hygienemaßnahmen innerhalb der Geschäftsräume keinen Einfluss haben. Da nach wie vor weder eine für breite Bevölkerungsteile sofort verfügbare Impfung noch durchgreifend wirksame Medikamente zur Behandlung der Erkrankten vorhanden sind, kommt als Gegenmaßnahme nur die Verhinderung von Infektionen in Betracht. Die Bewertung des Verordnungsgebers, dass dies unter den derzeitigen Bedingungen eines schnellen Anstiegs der Infektionszahlen mit hinreichender Verlässlichkeit und Effektivität vor allem dadurch möglich ist, dass die Menschen ihre persönlichen Kontakte im weitest möglichen Maße reduzieren, ist nicht zu beanstanden. Gleiches gilt für seine Einschätzung, angesichts der Dramatik der Lage und der Notwendigkeit, die Infektionsfälle um ein Vielfaches zu reduzieren, könnten dies nur umfangreiche Kontaktbeschränkungen sein, welche die Sächsische Corona-Schutz-Verordnung durch verschiedene Einzelmaßnahmen in Summe zu erreichen sucht. Da es sich mithin um ein Gesamtpaket an Maßnahmen handelt, kommt es auch nicht darauf an, ob jede einzelne Maßnahme einen besonders großen oder nur kleinen Beitrag zu leisten vermag. Im Grunde geht es bereits um die Reduzierung jedes einzelnen Kontakts, der nicht unbedingt erforderlich ist. Daher sind nur solche Maßnahmen nicht geeignet und erforderlich, mit denen von vornherein keine Kontaktreduzierung erreicht werden kann. Das ist beim stationären Handel aber, wie ausgeführt, gerade nicht der Fall.

Die von der Antragstellerin benannten alternativen Mittel der Infektionsvermeidung sind gegenüber der Schließung der betroffenen Geschäfte nicht in gleicher Weise zur Vermeidung der Weiterverbreitung der Infektionen geeignet.

Das Tragen einer Mund-Nasenbedeckung trägt zwar zu einer Reduzierung der Reichweite des Aerosolausstoßes bei, verhindert diesen aber nicht grundsätzlich. Gerade bei längerem Aufenthalt in geschlossenen Räumen kann es daher auch beim Tragen einer Mund-Nasenbedeckung zu einer Infektion kommen. Auch die Beschränkung der Kundenanzahl in Abhängigkeit von der Verkaufsfläche und sonstige Bestandteile der Hygienekonzepte sind zwar geeignet, das Infektionsrisiko bei dem persönlichen Kontakt der Menschen in den Einrichtungen des stationären Handels zu verringern, können dieses angesichts der äußerst leichten Übertragbarkeit des Virus aber weder dort völlig ausschließen noch haben sie einen Einfluss auf die entstehenden Kontakte während des Aufsuchens dieser Angebote. Sie sind deshalb gegenüber dem völligen Unterbleiben von persönlichen Kontakten infolge der Schließung dieser Angebote kein gleich geeignetes Mittel zu Verhinderung von Infektionen.

Dass der Verordnungsgeber diese Mittel in früheren Verordnungen als hinreichend geeignet zur Pandemiebekämpfung erachtet hat, kann schon angesichts seiner Beobachtungs- und Nachbesserungspflicht (vgl. dazu BVerfG, Urt. v. 19. September 2018 – 2 BvF 1/15 -, juris Rn. 174 ff.) keine Bindungswirkung für seine gesetzgeberische Entscheidung über die zu wählenden Mittel und seine Einschätzung der dem Einzelnen und der Allgemeinheit drohenden Gefahren in der aktuellen Pandemielage entfalten. Es ist angesichts der hohen Zunahme der Infektionsfälle, die trotz des seit November 2020 geltenden Teillockdowns in besonderem Maße im Freistaat Sachsen zu verzeichnen sind, und mit Blick auf die damit einhergehende dramatische Entwicklung im sächsischen Gesundheitssystem auch nicht zu beanstanden, sondern liegt im Gegenteil auf der Hand und ist unausweichlich, dass der Verordnungsgeber eine Neubewertung vorzunehmen hatte, inwieweit er gegenüber den zwar stärker in Grundrechte eingreifenden, aber wegen der damit erreichten völligen Kontaktverhinderungen epidemiologisch effektiveren Schließungen auch ein weiteres Offenhalten von Einrichtungen und Angeboten unter Wahrung von Hygienemaßnahmen noch als in hinreichender Weise geeignet erachtet, die Weitergabe der Infektionen im zwingend erforderlichen Ausmaß zu begrenzen. Es überschreitet angesichts der beschriebenen Pandemieentwicklung im Freistaat Sachsen ersichtlich auch nicht die Einschätzungsprärogative des Verordnungsgebers, dass er diese Frage nunmehr für noch weitere Angebote und Einrichtungen – wie auch die der Antragstellerin – verneint und auf die erhebliche Ausweitung des Infektionsgeschehens im Freistaat Sachsen mit einer Verschärfung der infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen reagiert. Eine andere Bewertung des Verordnungsgebers ergibt sich auch nicht aus seiner Begründung zu § 5 Abs. 2 SächsCoronaSchVO, die die Antragstellerin ohne Beachtung des dortigen konkreten Sinnzusammenhangs und der sonstigen Ausführungen in der Verordnungsbegründung zitiert.

Auch eine bloße sortimentsbezogene Schließung der Läden bei einer gleichzeitigen Ausweitung des Begriffs der Waren des täglichen Bedarfs stellt kein gleich geeignetes Mittel des Infektionsschutzes dar, weil es dazu führen würde, dass neben den nun von der Schließung ausgenommenen Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung noch zahlreiche weitere Einkaufszentren und Geschäfte des Einzelhandels öffnen dürften und von Kunden aufgesucht würden, die dort vor Ort sowie beim Aufsuchen des Angebots persönliche Kontakte eingehen würden. Eine solche Ausgestaltung der Maßnahmen würde mithin zu einem „Mehr“ an persönlichen Kontakten führen, die ihrerseits auch ein „Mehr“ an Infektionsrisiken nach sich ziehen, und ist deshalb gegenüber der angeordneten weiterreichenden Geschäftsschließung nicht in gleichem Maße zur Verhinderung von Infektionen geeignet. Gleiches gilt für ein Offenhalten von Click & Collect-Systemen, das ebenfalls dazu führen würde, dass die Kunden die jeweiligen Geschäfte aufsuchen, anstelle, wie im Fall der völligen Schließung zu erwarten, in ihrer Unterkunft zu verbleiben und dementsprechend keine persönlichen Kontakte jenseits ihres Hausstandes, von Beschäftigten des Versandhandels oder von Abhol- und Lieferdiensten zu haben.

Die angeordneten Schließungen sind voraussichtlich auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinn. Der Eingriff in die Berufausübungsfreiheit der Antragstellerin ist zwar überaus gravierend. Er betrifft einen für den Handel besonders umsatzstarken Zeitraum des Jahres. Im Rahmen der Bewertung der Intensität dieses Eingriffs ist auch zu berücksichtigen, dass diese Betriebe in der Regel bereits von den Maßnahmen des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 betroffen gewesen sind, auch wenn staatliche Unterstützungs- und Hilfsmaßnahmen dies abzumildern versuchten. In die Abwägung ist auf der anderen Seite aber ebenso einzustellen, dass bei einem ungehinderten Fortgang der Infektion das durch Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG geschützte Recht auf Leben und körperlicher Unversehrtheit einer sehr großen Anzahl von Menschen, zu dessen Schutz der Staat verpflichtet ist, in massiver Weise beeinträchtigt werden würde. Das sächsische Gesundheitssystem befindet sich an seinen Kapazitätsgrenzen. Bei einem nicht wesentlich gebremsten weiteren Fortschreiten des Infektionsgeschehens steht unmittelbar zu befürchten, dass an COVID-19 Erkrankte wie auch andere Patienten, die insbesondere eine intensivmedizinische Behandlung benötigen, nicht mehr die bestmögliche medizinische Behandlung erhalten können oder eine Triage durchzuführen sein wird. Zum Schutz der danach akut und in hohem Maße bedrohten Güter von Leben und körperlicher Unversehrtheit der Bevölkerung sind auch erhebliche Grundrechtseingriffe und hierunter voraussichtlich auch die hier in Rede stehenden Geschäftsschließungen verhältnismäßig. Dies entspricht, wie ausgeführt, auch der Wertung des Bundesgesetzgebers in § 28a Abs. 6 IfSG. Demgegenüber sind die angegriffenen Geschäftsschließungen zeitlich auf einen begrenzten Zeitraum befristet, auch wenn man die Möglichkeit in Rechnung stellt, dass sich das Pandemiegeschehen nicht schon während des Geltungszeitraums der Verordnung von vier Wochen in einem solch starken Maße abschwächt, dass die Maßnahmen dann wegfallen können. Den Händlern verbleibt die Möglichkeit, ihr Geschäft über Online- und Versandhandel oder über Abhol- und Lieferdienste weiterzubetreiben. Darüber hinaus wurden auch den von diesen Schließungen betroffenen Unternehmen staatliche Hilfen zugesagt, insbesondere eine finanzielle Unterstützung des Bundes durch eine verbesserte Überbrückungshilfe III, die Zuschüsse zu den Fixkosten vorsieht, die Möglichkeit, etwaige Wertverluste an Waren und anderen Wirtschaftsgütern durch Teilabschreibungen aufzufangen, sodass der Handel Verluste unmittelbar verrechnen und steuermindernd ansetzen kann, und gesetzliche Erleichterungen für eine Nachverhandlung von Gewerbemiet- und Pachtverträgen. Des Weiteren bestehen auch allgemeine Instrumente zur Bewältigung unternehmerischer Krisen wie etwa die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld. Die Antragstellerin hat weder dargetan noch glaubhaft gemacht, dass das Gesamtpaket der staatlich zugesicherten und ihr sonst offen stehenden Unterstützungsleistungen, das sich insbesondere nicht auf die von ihr in den Vordergrund gerückte Förderung nur der betrieblichen Fixkosten beschränkt, nicht ausreicht, um eine Existenzgefährdung ihres Unternehmens auszuschließen.

Soweit die Antragstellerin die Frage anspricht, ob sie – unabhängig von einer Existenzgefährdung ihres Unternehmens – für die Schließung ihrer Geschäfte zum Zweck des Infektionsschutzes eine höhere „adäquate Entschädigung“, insbesondere eine Umsatzausfallentschädigung beanspruchen kann, um die Schließungsanordnung verhältnismäßig auszugestalten, lässt sich im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht feststellen, dass die ihr in Aussicht gestellten und bereits bestehenden Unterstützungsmöglichkeiten völlig hinter dem zurückbleiben, was sie in der gegebenen Situation von der Allgemeinheit vernünftigerweise an Hilfestellung oder „Entschädigung“ erwarten kann. Hierfür ist zu berücksichtigen, dass den Unternehmen des Einzelhandels in der derzeitigen Situation keine individuell besondere Last zu Bekämpfung der Pandemie auferlegt wird, sondern die Lage dadurch gekennzeichnet ist, dass die Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung schon bisher und erst recht unter den nun wieder geltenden rechtlichen Rahmenbedingungen eines erneuten „Lockdowns“ bundes- und landesweit nicht lediglich bei Unternehmen des Handels, sondern bei einem großen Teil der Bevölkerung und auch einer Vielzahl anderer Unternehmen zu erheblichen Eingriffen in Grundrechte wie auch zu tiefgreifenden Einschnitten in deren Erwerbsmöglichkeiten geführt haben, welche zwar in ihren wirtschaftlichen Folgen durch verschiedenste, unterschiedlich ausgestaltete staatliche Hilfen abzufedern gesucht wurden und werden, welche aber regelmäßig nicht vollständig ausgeglichen werden und – unabhängig von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit derartiger Beihilfen – schon angesichts begrenzter finanzieller Mittel des Staates auch nicht vollständig kompensiert werden können (vgl. zum offenen Streitstand zu diesem Problemkreis etwa LG Hannover, Urt. v. 20. November 2020 – 8 O 4/20 – juris, Rn. 80 ff. m. w. N.; Schwintowski, Haftung des Staates für (rechtmäßige) hoheitliche Corona-Eingriffe, NJOZ 2020, S. 1473; Papier, Freiheitsrechte in Zeiten der Pandemie, DRiZ 2020, S. 180 [183]; Schmitz/Neubert, Praktische Konkordanz in der Covid-Krise, NVwZ 2020, S. 666 [669]; Rommelfanger, Entschädigung für Vermögensschäden aufgrund Betriebsbeschränkungen/-schließungen infolge Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz, COVuR 2020, S. 178). Dass sich die der Antragstellerin in Aussicht stehenden Unterstützungsmaßnahmen auch unter Berücksichtigung dieser Umstände als offensichtlich völlig unzureichend darstellen und ihre danach verbleibende Belastung gegenüber dem verfolgten Ziel des Gesundheits- und Lebensschutzes in einer akuten Gefahrensituation als unangemessen erscheinen lassen, ist nicht erkennbar.

c) Auch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG liegt voraussichtlich nicht vor.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfG, Beschl. v. 7. Februar 2012 – 1 BvL 14/07 -, juris Rn. 40; Beschl. v. 15. Juli 1998 – 1 BvR 1554/89 u. a. -, juris Rn. 63). Es sind nicht jegliche Differenzierungen verwehrt, allerdings bedürfen sie der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18. Juli 2012 – 1 BvL 16/11 -, juris Rn. 30; Beschl. v. 21. Juni 2011 – 1 BvR 2035/07 – juris Rn. 65; Beschl. v. 21. Juli 2010 – 1 BvR 611/07 u. a. -, juris Rn. 79). Hieraus folgt, dass die sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergebenden Grenzen für die Infektionsschutzbehörde bei Regelungen eines dynamischen Infektionsgeschehens weniger streng sind (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 17. April 2020 – 11 S 22/20 -, juris Rn. 25; SächsOVG, Beschl. v. 29. April 2020 a. a. O. Rn. 49). Auch kann eine strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden (vgl. OVG Hamburg, Beschl. v. 26. März 2020 – 5 Bs 48/20 -, juris Rn. 13).

Die in § 4 Abs. 1 SächsCoronaSchVO getroffene Differenzierung zwischen den vom Öffnungsverbot erfassten Einkaufszentren und Einzel- oder Großhandel sowie Ladengeschäften und den hiervon ausgenommenen Geschäften und Märkten des täglichen Bedarfs sowie der Grundversorgung knüpft entgegen der Auffassung der Antragstellerin ersichtlich nicht an epidemiologische Kriterien an, sondern an die Bedeutung dieser Geschäfte und Märkte für die Versorgung der Bevölkerung und damit daran, dass diese wirtschaftlichen Bereiche für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind (§ 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG). Dies rechtfertigt sich für Reinigungen und Waschsalons daraus, dass diese zur Wahrung hygienischer Bekleidung und Haushaltstextilien erforderlich sind. Auch die Versorgung mit Informationen über den Zeitungskauf zählt zu den Grundbedürfnissen der Bevölkerung. Gleiches gilt in der Vorweihnachtszeit für den Kauf von Weihnachtsbäumen, dem weite Teile der Bevölkerung für das Weihnachtsfest ein sehr großes Gewicht beimessen. Friseure sind nunmehr von den Schließungsanordnungen nicht mehr ausgenommen, sodass sich die Prüfung einer Ungleichbehandlung erübrigt.

Ein sachlicher Grund für die Privilegierung von Telefon- und Onlineangeboten ausschließlich zum Versand oder zur Lieferung gegenüber Ladengeschäften wie denen der Antragstellerin besteht darin, dass bei Ersteren die Kunden persönliche Kontakte allenfalls im Rahmen der unmittelbaren Anlieferung haben, sofern nicht sogar diese kontaktlos ausgestaltet wird, während es bei einem Aufsuchen der Ladengeschäfte der Antragstellerin, wie ausgeführt, in den dortigen Räumlichkeiten wie auch auf dem Weg zu einer Vielzahl von persönlichen Kontakten mit entsprechenden Infektionsrisiken kommen kann.

Die Privilegierung sonstiger Betriebsstätten der gewerblichen Wirtschaft gegenüber dem Einzel- und Großhandel rechtfertigt sich ebenfalls daraus, dass der Verordnungsgeber diesen wirtschaftlichen Bereichen für die Allgemeinheit eine besondere Bedeutung beilegen durfte (§ 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG). Im Übrigen soll nach der Maßnahmekonzeption der Ministerpräsidenten und der Bundeskanzlerin auch insoweit über freiwillige Lösungen ein möglichst weitgehendes Schließen von Betriebsstätten durch Betriebsferien und Heimarbeits-Lösungen erreicht werden.

Eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung durch die angegriffene Regelung des Antragsgegners liegt voraussichtlich auch nicht wegen der erheblich unterschiedlichen Entschädigungsregime für die verschiedenen geschlossenen Einrichtungen und Angebote in der Zeitphase vom 14. bis zum 31. Dezember 2020 vor.

Diese unterschiedlichen Entschädigungsleistungen beruhen bereits nicht auf Regelungen oder Entscheidungen des Antragsgegners, gegen dessen Norm sich die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren wendet, sondern auf denen des Bundes. Ansprüche auf Gleichbehandlung mit den Entschädigungsempfängern von Leistungen der sog. November- und Dezemberhilfe wären daher von der Antragstellerin gegenüber dem Bund geltend zu machen. Zwar erscheint es nicht völlig ausgeschlossen, dass diese auf einem Gesamtkonzept des Bundes und der Länder beruhenden staatlichen Hilfen des Bundes, auch wenn sie in den infektionsschutzrechtlichen Schließungsanordnungen der Landesverordnungen des Antragsgegners nicht mitgeregelt sind, gleichwohl die Intensität der dortigen Grundrechtseingriffe unmittelbar mitausgestalten und -prägen, sodass Unterschiede in den staatlichen Hilfen auch zu unmittelbaren Unterschieden in der Ausgestaltung und dem Gewicht der Schließungsanordnungen der Landesverordnung führen könnten. Es spräche jedoch auch in diesem Fall Vieles dafür, dass die vorgenommene Differenzierung bei den staatlichen Hilfen auf einem hinreichenden sachlichen Grund beruht. Zum einen steht es einem Hoheitsträger frei, eine bislang verfolgte Konzeption aufzugeben und für die Zukunft eine neue Konzeption zu verfolgen, wenn er feststellt, dass die bisherige Konzeption zu unerwünschten Ergebnissen führt. Ein solcher Konzeptionswechsel kann insbesondere auch dann stattfinden, wenn der Hoheitsträger erkennt, dass eine zu bewältigende Krise länger andauert und umfangreichere Maßnahmen erfordert als zunächst erwartet, sodass die hierfür zur Verfügung stehenden staatlichen Mittel neu und anders eingeteilt werden müssen. Ein solcher Grund für die vorgenommene Differenzierung könnte zum anderen auch darin liegen, dass unterbliebene Einkäufe in der Vorweihnachtszeit nach dem Ende des Lockdowns nachgeholt werden können, während dies für die von der sog. November- und Dezemberhilfe profitierenden Einrichtungen und Angebote des Freizeitbereichs nicht in gleicher Weise gilt.

2.3 Überdies wäre der Antrag auch dann unbegründet, wenn die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags bei summarischer Prüfung als offen anzusehen wären.

Die von der Antragstellerin angegriffene Norm bewirkt zwar einen gravierenden Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Andererseits währt dieser Eingriff in zeitlicher Hinsicht, auch wenn die Betriebsschließungen über das Jahresende 2020 erfolgen und möglicherweise nochmals verlängert werden, insgesamt nur kurz und das durch die Inhaber der geschlossenen Einrichtungen für die Bekämpfung der Pandemie erbrachte Opfer wird durch die angekündigten Ausgleichszahlungen teilweise kompensiert. Die danach verbleibenden wirtschaftlichen und grundrechtlich geschützten Interessen der Antragstellerin überwiegen, auch wenn sie sehr erheblich sind, gegenüber dem Interesse am Schutz von Leben und Gesundheit einer Vielzahl von Menschen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), welche angesichts des derzeitigen Infektionsgeschehens in überaus hohem Maße gefährdet sind, nicht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 11. November 2020 – 1 BvR 2530/20 -, juris Rn. 13 ff.; BbgVerfG, Beschl. v. 11. Dezember 2020 – 21/20 EA -, juris Rn. 17ff.).

3. Da die angegriffene Verordnungsregelung demnach voraussichtlich die Rechte der Antragstellerin aus dem Gleichbehandlungsgebot (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 18 Abs. 1 SächsVerf), der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 28 Abs. 1 SächsVerf) und der Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG, Art. 31 Abs. 1 SächsVerf) nicht verletzt, hat auch ihr Hilfsantrag keinen Erfolg. Auf die Frage, inwieweit der Senat nach § 47 Abs. 6 VwGO überhaupt befugt wäre, als Inhalt einer einstweiligen Anordnung die von Antragstellerin hilfsweise begehrte Unvereinbarkeitsfeststellung auszusprechen, kommt es danach nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1, § 39 Abs. 1 GKG. Da die angegriffene Regelung mit Ablauf des 10. Januar 2021 außer Kraft tritt, zielt der Antrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, sodass eine Reduzierung des Auffangstreitwerts für das Eilverfahren nicht veranlasst ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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