SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT
Az.: 4 U 439/99 – 169
Verkündet am 04.04.2000
Vorinstanz: LG Saarbrücken – Az.: 1 O 459/98
URTEIL
Der 4. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts hat auf die mündliche Verhandlung vom 21.03.2000 für R e c h t erkannt:
1.Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.03.1999 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken, Az:: 1 O 459/98, wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Der Klägerin steht gemäß § 463 Satz 1 BGB ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang zu, weil das verkaufte Fahrzeug zur Zeit des Kaufs zwar neue Bremsscheiben und Bremsbeläge an den Vorderrädern, aber keine neuen Bremsbeläge an den Hinterrädern aufwies. Ihm fehlte deshalb die von der Beklagten gemäß § 459 Abs. 2 BGB zugesicherte Eigenschaft, (insgesamt) mit neuen Bremsbelägen und mit neuen Bremsscheiben ausgestattet zu sein. Der Senat folgt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils (§ 543 Abs. 1 ZPO), die durch das Berufungsvorbringen nicht in entscheidungserheblicher Weise entkräftet werden.
I. Soweit sich die Beklagte nunmehr darauf beruft dass nicht, die Erneuerung sämtlicher Bremsbeläge sondern nur der Austausch der Bremsbeläge an den Vorderrädern vereinbart worden sei (B1.136 d. A.), steht dem die Geständniswirkung ihres erstinstanzlichen Vortrags entgegen, die Parteien hätten sich darauf geeinigt, „die“ Beläge sowie die Scheiben auf Kosten der Beklagten erneuern zu lassen (B1. 34 i.V.m.. Bl.18 d.A.). Mit diesem Vortrag hat die Beklagte auf die Behauptung der Klägerin reagiert, von Seiten des Ehemannes der Beklagten sei zugesichert worden, „dass er die Bremsbeläge austauschen werde“. Eine Einschränkung dahingehend, dass nur die Bremsbeläge an den Vorderrädern erneuert werden sollten, ist weder ihrem Vortrag noch dem vorausgehenden Vortrag der Klägerin zu entnehmen. Dass bei einer Bloßen Sichtkontrolle, wie sie von dem Vater der Klägerin anlässlich der Probefahrt vorgenommen worden ist, nur der Zustand der Bremsbeläge an den Vorderrädern erkennbar ist, besagt nichts für den Inhalt der aufgrund dieser Feststellung getroffenen Vereinbarung. Die Beklagte hat also in erster Instanz im Sinne von § 288 Abs. 1 ZPO zugestanden, dass eine Erneuerung sämtlicher Bremsbeläge, vereinbart worden ist..
Dieses Geständnis wirkt gemäß § 532 ZPO auch für die Berufungsinstanz, das Berufungsvorbringen der Beklagten beinhaltet folglich einen Widerruf des Geständnisses. Ein solcher Widerruf ist gemäß § 290 ZPO nur wirksam, wenn die Partei neben der Unwahrheit des Geständnisses beweist,. dass es durch einen Irrtum veranlasst war. Das hat die Beklagte nicht dargetan.
II. Das Landgericht hat die Vereinbarung der Parteien, dass das Fahrzeug mit neuen Bremsbelägen und Bremsscheiben ausgestattet sein sollte, zu Recht als Zusicherung einer Eigenschaft im Sinne von § 459 Abs.2 BGB qualifiziert. 1. Die Beklagte hat keine werkvertragliche Verpflichtung zur Ausführung der entsprechenden Arbeiten am Fahrzeug übernommen. Nach dem übereinstürmenden Vortrag der Parteien hat sich die Beklagte bzw. deren Ehemann bereit erklärt; die Bremsbeläge und Bremsscheiben zu erneuern, nachdem der Vater der Klägerin bei einer Probefahrt eine mangelhafte Bremswirkung gerügt hatte, aber bevor die Parteien den schriftlichen Kaufvertrag vom 14.07.97 (B1. 10 d. A.) geschlossen haben. Mit der Durchführung der Reparaturarbeiten sollte also die Klägerin zum – anschließenden – Kauf des Fahrzeugs veranlasst werden. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu dem Zeitpunkt, als sie die Arbeiten tatsächlich durchgeführt hat bzw. durchführen wollte, gegenüber der Klägerin zur Durchführung dieser Arbeiten auch verpflichtet sein sollte. Da die Parteien eine privatschriftliche (Kauf-)Vertragsurkunde gefertigt haben – war gemäß § 154 Abs.2 BGB der Vertrag im Zweifel vor der Beurkundung nicht geschlossen. Als der Kaufvertrag am 14.07.97 geschlossen wurde, bestand für eine (zusätzliche) werkvertragliche Verpflichtung der Beklagten kein Bedürfnis mehr, weil nach diesem Zeitpunkt keine Arbeiten am Fahrzeug mehr ausgeführt werden sollten.
2. Der Umstand, dass das Fahrzeug mit neuen Bremsbelägen und Bremsscheiben ausgestattet sein sollte, kann deshalb nur Gegenstand einer kaufvertraglichen Regelung geworden sein. Ob eine Angabe zur Kaufsache lediglich deren Beschreibung dient (§ 459 Abs. 1 BGB) oder mit ihr eine Eigenschaft zugesichert wird (§ 459 Abs.2 BGB) ist, wie bei jeder Willenserklärung, nach anerkannten Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 157 BGB) in erster Linie danach zu beurteilen, in welchem Sinne sie der Geschäftsgegner als Erklärungsempfänger verstehen durfte. Entscheidend für die Annahme einer Zusicherung ist, dass aus der Sicht des Käufers der Wille des Verkäufers erkennbar wird, die Gewähr für das Vorhandensein einer bestimmten Eigenschaft zu übernehmen (st. Rspr. des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 21.April 1993 -VIII ZR lI3/92 = BGHZ 122, 256, 259 mit weit. Nachw.).
Der Erneuerung der Bremsbeläge und Bremsscheiben kam für den Kaufentschluss der Klägerin besondere Bedeutung zu, was die Beklagte auch erkennen musste. Die Klägerin habe den Kaufvertrag erst unterzeichnet, nachdem sich die Beklagte bzw. deren Ehemann zur Erneuerung der Bremsbeläge und Bremsscheiben bereit erklärt und einige Zeit später versichert hatte, dass nunmehr alles in Ordnung sei (Bl. 152 d. A.). Dieses Verhalten der Beklagten bzw. ihres als ihr Vertreter handelnden Ehemanns konnte und durfte die Klägerin – gerade auch im Hinblick auf den im übrigen vereinbarten Gewährleistungsausschluss – nur so verstehen; dass die Beklagte für das Vorliegen der anlässlich der Probefahrt vereinbarten Eigenschaften der Bremsanlage des Fahrzeugs eine besondere Gewähr übernehmen wollte, auch wenn dies in der Kaufvertragsurkunde keinen Niederschlag gefunden hat.
III. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung aus § 463 Satz .1 HGB umfasst entgegen der. Ansicht der Beklagten auch die durch die Rückgabe des Fahrzeugs nutzlos werdenden Kosten zur Finanzierung des Kaufpreises. Dabei handelt es sich zwar nicht um Vertragskosten gemäß § 467 Satz 2 BGB (BGH, Urteil vom 19.06.1996 = VIII ZR 117j.95 = NJW 1996, 250 unter IV; Senatsurteil vom 26.08.97 Az.: 4 U 766/96 -168). Finanzierungskosten gehören jedoch zum sog. „großen Nichterfüllungsschaden“ im Sinne von § 463 Satz 1 BGB, soweit sie die vom Verkäufer ohnehin zu zahlenden gesetzlichen Zinsen übersteigen (Reinking-Eggert, Der Autokauf, 6. Auf1., Rn 2004; Soergel-Huber, BGB 12. Aufl., § 463 Rn. 49 i.V.m. § 467 Rn. 114; a.A. LG Zweibrücken, NZV 2000, 129, 130).
Der Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung aus § 463 Satz 1 BGB ist darauf gerichtet, den Käufer so zu stellen; als wenn die zugesicherte Eigenschaft vorhanden gewesen wäre. Im Vertrauen auf die Zusicherung getätigte Aufwendungen wie diejenigen zur Finanzierung des Kaufpreises sind dadurch gekennzeichnet, dass sie auch dann angefallen wären, wenn die Kaufsache den Mangel nicht aufgewiesen hätte. Nach der für die Berechnung von Vermögensschäden grundsätzlich maßgeblichen Differenzmethode sind sie dennoch ausgleichsfähig, wenn ihnen ohne die Leistungsstörung ein Vermögenswert gegenübergestanden hätte. Dabei kommt dem Geschädigten die auf dem Geschäftswillen der Vertragsparteien beruhende Vermutung zugute, im synallagmatischen Austauschverhältnis seien Leistung und Gegenleistung gleichwertig. Maßgeblich hierfür ist die Erwägung, die Aufwendungen würden durch den Vorteil der erwarteten Gegenleistung wieder eingebracht (sog. „Rentabilitätsvermutung“ – BGH, Urteil vom 19.04.91 – V ZR 2290 = BGHZ 114, 193, 196 f.).
Finanzierungskosten sind Aufwendungen zur Erbringung der Gegenleistung für den Erwerb der Kaufsache. Aus der Sicht des Käufers stellen sie einen durch Eigentum und Besitz an der Kaufsache und die damit verbundenen Nutzungsmöglichkeiten aufgewogenen Passivposten dar. Dies rechtfertigt es, sie wenn der Käufer großen Schadensersatz wählt und die Kaufsache zurückgibt (zum Anspruch auf kleinen Schadensersatz vgl. OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.01.97 – 1 U 402/96-67 = OLGR 1997,.17, 19)- in den Kreis der wegen des Sachmangels nutzlos gewordenen Aufwendungen einzubeziehen, für die grundsätzlich die Rentabilitätsvermutung gilt (vgl. BGH, Urteil vom 18.09.85 – VIII ZR 244/84 = WM 1985, 1361, 1364; Urteil vom 18.09.85 – VIII ZR 249/84 = WM 1985,1497, 1499). Diese Vermutung hat die Beklagte im vorliegenden Fall nicht widerlegt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO. Die Beschwer der Parteien übersteigt nicht die Revisionssumme (§§ 2 ff., 546 ZPO). Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 12.005,68 DM (§§ 12, 14, 25 Abs. 2 GKG).