Beschluss vom 17.03.2025
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg – 4. Kammer – vom 26. Februar 2024 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Beschluss ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert der vollstreckungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 42.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Kläger wenden sich als Parteien eines Grundstückskaufvertrags gegen die Ausübung eines Vorkaufsrechts durch die Beklagte und begehren von ihr die Erteilung eines Negativattests.
Mit dem am 21. Juli 2021 notariell beurkundeten Vertrag (UR-Nr. …/… des Notars Prof. Dr. Z. in W-Stadt) verkauften die Kläger zu 3 bis 5 das im Gemeindegebiet der Beklagten gelegene Grundstück der Gemarkung …, Flur …, Flurstück … (R-B-Straße …) an die Kläger zu 1. und 2. zu einem Kaufpreis von 148.000,00 Euro. Das Grundstück ist mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut. Auf dem nördlich angrenzenden Flurstück 3322 befindet sich ein befestigter Innenhof mit Tordurchfahrt, auf dem Stellplätze angelegt sind. Das daran nördlich angrenzende Grundstück R-B-Straße … (Flurstück …) ist ebenfalls mit einem Wohn- und Geschäftshaus bebaut; auf dem rückwärtigen Grundstücksteil sind Stellplätze angelegt, die über das Flurstück … angefahren werden können (vgl. Bl. 171, 172 des Verwaltungsvorgangs, Bl. 96 ff. der VG-Akte). Nach § 3 Nr. 2 des Kaufvertrages befinden sich im Vertragsobjekt 3 Wohn- und 2 Gewerbeeinheiten (Ladengeschäfte). Eine Wohneinheit im 1. OG und eine Gewerbeeinheit im Erdgeschoss seien nicht vermietet; die übrigen Wohn- bzw. Gewerbeeinheiten seien vermietet. Die vorerwähnten Grundstücke liegen im Geltungsbereich der von der Beklagten am 5. Juni 1996 beschlossenen Satzung über die städtebauliche Sanierungsmaßnahme „A-Stadt Kernstadt“.
Der mit der Beurkundung des Kaufvertrags beauftragte Notar teilte der Beklagten die Protokollierung des Vertrags mit Schreiben vom 30. Juli 2021 mit und bat um Bescheinigung, dass ein Vorkaufsrecht nach dem Baugesetzbuch und ein Vorkaufsrecht nach dem Denkmalschutzgesetz nicht bestehe oder nicht ausgeübt werde. Mit weiterem Schreiben beantragte er die Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung nach § 144 BauGB. Diese Schreiben gingen bei der Beklagten am 4. August 2021 ein. Auf einem Bearbeitungsformular zur sanierungsrechtlichen Genehmigung gemäß § 144 und § 145 BauGB, das zunächst durch die Bauverwaltung der Beklagten ausgefüllt, um Berechnungen zum Kaufpreis und zur Grundschuldbestellung ergänzt und am 25. August 2021 gezeichnet wurde, wurde festgehalten, dass der Vertrag zu genehmigen sei. Hinter diesem gekreuzten Formularfeld findet sich der handschriftliche Zusatz „vorbehaltlich VKR-Prüfung Stadtrat“. In einem weiteren Freitextfeld ist sodann eine „Fristverlängerung bis nach Stadtratssitzung am 29. September 2021“ vermerkt. Die Beklagte beantragte beim beurkundenden Notar mit dem am 31. August 2021 versandten Telefaxschreiben vom 27. August 2021 eine Fristverlängerung gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 2 BauGB bis zum 4. November 2021. Sie verwies darauf, dass eine abschließende Prüfung der Anträge nicht erfolgen könne.
In seiner Sitzung vom 29. September 2021 beschloss der Stadtrat der Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung, das Vorkaufsrecht für das Grundstück zugunsten der A-Stadt Wohnungsbaugesellschaft mbH (IWG) auszuüben. Zur Begründung heißt es, das Gebäude in der R-B-Straße … befinde sich zentral gelegen im denkmalgeschützten Straßenzug zwischen M-Straße und K-Straße mit besonders dichtem historischen Baubestand des 16. bis 20. Jahrhunderts. Das Gebäude gehöre zur älteren Bebauungsform zumeist traufständiger, zweistöckiger Fachwerkbauten entlang der beidseitig bebauten Straße, die ehemals als Wohnhäuser errichtet und später zum Teil für Geschäftsnutzung im Erdgeschoss umgebaut worden seien. Das Wohn- und Geschäftsgebäude zeuge von der Bautradition I-Stadt und sei zur Erhaltung des Denkmalbereichs in markanter Lage und Gestalt städtebaulich wertvoll. Das Gebäude befinde sich des Weiteren im Sanierungsgebiet „Kernstadt I-Stadt“ in einem gemäß städtebaulichem Rahmenplan für das Stadtbild besonders wichtigen Bereich mit sehr hohen Anforderungen an die Gestaltung. Die R-B-Straße sei Anfang der 1990er Jahre grundhaft ausgebaut und städtebaulich gestaltet worden. Sie entspreche dem Verkehrskonzept des städtebaulichen Rahmenplans mit innerörtlicher Erschließungs- und Aufenthaltsfunktion und Einbahnverkehr. Öffentlicher Parkraum stehe aufgrund der engen Bebauung nur sehr begrenzt zur Verfügung.
Das Grundstück der R-B-Straße … mit einer Fläche von nur 269 m2 sei nahezu vollständig bebaut. Es befänden sich laut Kaufvertrag drei Wohn- und zwei Gewerbeeinheiten im Gebäude. Der Zugang zum Gebäude sowie zum kleinen Hinterhof sei rechtlich nur durch die Hauseingangstür straßenseitig möglich. Das Wohn- und Geschäftsgebäude stehe jedoch im engen baulich genutzten Zusammenhang mit den benachbarten Grundstücken (Flurstücke … und …) des Wohn- und Geschäftsgebäudes R-B-Straße …, welche im Eigentum der IWG stünden. Eine dingliche Sicherung von Dienstbarkeiten oder anderen Rechten an den Grundstücken bestehe nicht. Zur Erhaltung des beschriebenen denkmalgeschützten Straßenzuges R-B-Straße, des Sanierungsziels und insbesondere zur Deckung des sozialen Wohnbedarfs im Zentrum I-Stadt solle im Sinne des Wohls der Allgemeinheit das Vorkaufsrecht zugunsten der IWG ausgeübt werden. Auch der Wohnungsmarkt in der I-Stadt Innenstadt habe in den letzten Jahren einen Wandel erlebt. Es seien in den zentralen, neu erschlossenen Baugebieten „I-Garten“ und „G-Garten“ hochpreisige Eigentums- und Mietwohnungen entstanden. Kaufpreise für Grundstücke und Eigentumswohnungen seien enorm gestiegen. In der stark nachgefragten Innenstadtlage trieben hohe Renditeerwartungen die Kauf- und Mietpreise; Umbaumaßnahmen zu Ferienwohnungen stärkten dies. Kostengünstige Mietwohnungen nähmen kontinuierlich ab. Gerade die benachbarte Lage zum Wohn- und Geschäftshaus R-B-Straße … im Eigentum der IWG und die tatsächliche Mitnutzung des Hinterhofes insbesondere durch parkende Autos begründe die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten des städtischen Tochterunternehmens. Der Einsatz dieses städtebaulichen Instruments sei geeignet, um die Zusammensetzung der Bewohnerschaft in der Innenstadt stärker zu schützen.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2021 erklärte die Beklagte gegenüber dem Grundbuchamt ihre Absicht der Ausübung des Vorkaufsrechts und beantragte die Eintragung einer Vormerkung zugunsten der IWG. Diese verpflichtete sich gegenüber der Beklagten mit schriftlicher Vereinbarung vom 8./11. Oktober 2021, für 20 Jahre unter anderem das Wohn- und Geschäftshaus auf dem Kaufgrundstück und die Wohnungen zu erhalten, die Wohnungen innerhalb von vier Jahren moderat zu sanieren und der Wohnbevölkerung sozialverantwortlich zur Verfügung zu stellen, auf die Umnutzung der Wohneinheiten in Ferienwohnungen, Büro- oder andere Geschäftsräume sowie auf die Begründung von Wohn- und Teileigentum an dem Kaufgrundstück zu verzichten und private Parkflächen zugunsten des Kaufgrundstücks auf dem benachbarten Grundstück der R-B-Straße … bereitzustellen. Weiter umfasste die Vereinbarung die Sicherung der Verpflichtungen durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit.
Mit Schreiben vom 22. Oktober 2021 gab der Bürgermeister der Beklagten den Klägern Gelegenheit, sich zum Sachverhalt der beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts bis zum 29. Oktober 2021 zu äußern. Die Kläger zu 1. und 2. wandten mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 ein, dass die Ausübung zugunsten der IWG nicht dem Wohl der Allgemeinheit diene. Mit dem – den Klägern jeweils am 24 Dezember 2021 zugestellten – Bescheid vom 22. Dezember 2021 erklärte die Beklagte, das Vorkaufsrecht gemäß § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB aufgrund des Beschlusses des Stadtrats zum vereinbarten Kaufpreis zugunsten der IWG auszuüben. Die Beklagte gab als Verwendungszweck des Grundstücks die Erhaltung des Wohn- und Geschäftshauses und der Wohnungen, die Deckung des sozial verantwortlichen Wohnraumbedarfs im Zentrum der Beklagten sowie die Verbesserung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse für die Frist von 20 Jahren an. Zur Begründung führte sie die im Beschluss des Stadtrates angegebenen Gründe an. Ergänzend führte sie aus, zu einem gesicherten Wohnraum gehöre auch die Bereitstellung von privaten Parkplätzen. Die unmittelbar benachbarte Lage zur R-B-Straße … und die tatsächliche Mitbenutzung des Hinterhofs rechtfertigten die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten der IWG. Das Instrument des Vorkaufsrechts sei geeignet, die Konfliktsituationen im ruhenden Verkehr zu reduzieren und das städtebauliche Ziel zur Verbesserung der innerörtlichen Verhältnisse im Hinblick auf den fließenden und ruhenden Verkehr zu verfolgen. Der öffentliche Parkraum in der Kernstadt sei äußerst angespannt. Die Verfügbarkeit alternativer Grundstücke im Umfeld des Kaufgrundstücks zur Bereitstellung von Parkraum sei nicht erkennbar. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei nach Abwägung der privaten und öffentlichen Interessen aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt, um dem Missstand fehlender Parkflächen zu begegnen.
Hiergegen erhoben die Kläger zu 1. und 2. am 14. Januar 2022 und die Kläger zu 3. bis 5. am 20. Januar 2022 Widerspruch und führten zur Begründung unter anderem aus, dass die bestehenden Mietverhältnisse unbefristet aufrechterhalten würden und das Ziel der Sanierungssatzung erreicht sei. Das Verhalten der Beklagten hingegen widerspreche dem Ziel des Erhalts kostengünstigerer Mietwohnungen und der Deckung sozialen Wohnbedarfs. Die gesamte Wohnsituation verändere sich weder durch das Vorkaufsrecht noch durch den Kauf. Die leergewordene Wohneinheit, die bisher durch die Verkäuferseite genutzt worden sei, solle als Gäste-/Ferienwohnung weitergeführt werden, was der Interessenlage der Beklagten beim Ausbau des Tourismus als Hauptpriorität entspreche. Die Argumentation zur Lage und Bebauungsform begründe kein Vorkaufsrecht. Die Verzögerungshaltung der Beklagten blockiere notwendige Sanierungs- und Reparaturmaßnahmen am Dach sowie an den Fassaden und Fenstern. Die bisherige und zukünftige Nutzung habe keinen Einfluss auf die Parkplatzsituation. Die Parkplätze zur R-B-Straße … nutzten ausschließlich die dortigen Mieter. Anwohnern, die bisher dort Parkplatze nutzten, könne die Beklagte dauerhafte Parkmöglichkeiten auf dem Gelände hinter dem alten Gymnasium gewähren. Sollte eine Zuwegung zur R-B-Straße … nicht mehr gewährleistet werden, gewährten die Kläger zu 1. und 2. zeitnah einen Zutritt von der Straße aus.
Die Widersprüche der Kläger wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 13. Juli 2022 als unbegründet zurück. Zur Begründung gab sie u.a. an, nach der Satzung über die förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets „Kernstadt I-Stadt“ seien die Stärkung der Ortsmitte als Wohnstandort, die Verbesserung der Wohnsituation und die Aufwertung des Ortsbilds Sanierungsziele. Das Grundstück liege im Geltungsbereich dieser Satzung. Die Gemeinde könne zudem das Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten ausüben. Hierfür sei die Beschränkung des Verkaufszwecks auf Zwecke der sozialen Wohnraumförderung bzw. die Wohnbebauung für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf entfallen. Lediglich die in der Person des Dritten liegenden Voraussetzungen seien gegeben. Die Voraussetzung, dass der Dritte zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung des Grundstücks innerhalb angemessener Frist in der Lage ist, sei bei Unternehmen zu bejahen, zu deren Geschäftsfeld der soziale Wohnungsbau zähle. Die lWG sei ein städtisches Tochterunternehmen, deren Zweck vorrangig eine sichere und sozialverantwortliche Wohnungsversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung mit gemeinnützigem Charakter sei. Zweckmäßig und daher von der Ermessenseinräumung gedeckt sei der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zur Verpflichtung des Dritten unter so konkret wie möglicher Bestimmung der durchzuführenden Maßnahmen. Zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung habe sich die IWG verpflichtet. Das Vorkaufsrecht sei mit Zustellung am 24. Dezember 2021 fristgerecht ausgeübt worden. Der Kaufvertrag sei mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 145 Abs. 1 Satz 1 BauGB am 4. November 2021 wirksam geworden. Die Dreimonatsfrist des § 28 Abs. 2 BauGB beginne erst zu laufen, wenn der Kaufvertrag rechtswirksam geworden sei, und schließe die Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung bzw. den Eintritt der Genehmigungsfiktion ein. Der Käufer habe auch das Abwendungsrecht des § 27 Abs. 1 BauGB nicht erklärt. Dieses Recht könne vor und nach der Ausübung des Vorkaufsrechts, nicht aber nach Ablauf der Dreimonatsfrist erklärt werden. Eine solche Verpflichtung habe der Käufer bis spätestens zum 4. Februar 2022 nicht erklärt.
Am 12. August 2022 haben die Kläger Klage erhoben und zur Begründung u.a. ausgeführt: Die Beklagte habe die Benennung des konkreten Verwendungszwecks verabsäumt. Der Zugang zum gegenständlichen Grundstück führe seit Jahrzehnten über das benachbarte Flurstück …. Zwar sei ein dingliches Wegerecht nicht grundbuchrechtlich gesichert, die Kläger zu 1. und 2. hätten aber einen Anspruch hierauf. Unabhängig davon sei ein Zugang über einen eigenen Eingang im Frontbereich des Hauses über die R-B-Straße … möglich.
Aufgrund der Verwendung der Parkflächen für die Mieter des Wohnhauses R-B-Straße … gebe es keine Möglichkeit, den Anwohnern des gegenständlichen Grundstücks eigene Parkmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Für die sieben Wohneinheiten seien sieben Parkplätze abgeteilt. Das gegenständliche Grundstück verfüge lediglich über einen einzelnen Ein- bzw. Abstellplatz. Auch fehle es an einem ordnungsgemäß zustande gekommenen Beschluss des Stadtrates. Der Beschluss vom 29. September 2021 sei durch – wohl bewusst – fehlerhafte oder unvollständige Informationen seitens des Bürgermeisters zustande gekommen, weil die Mitglieder des Stadtrats nicht über den erfolgten Verkauf, sondern darüber informiert worden seien, dass keine Käufer vorhanden seien. Keinesfalls habe der Bürgermeister über das Verhältnis der Sanierungsziele zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechts informiert. Darüber hinaus ermangele es dem Dritten an den finanziellen Möglichkeiten und dem Willen zur Kaufpreiszahlung. Zur Kaufabsichtserklärung habe der Geschäftsführer der IWG dem Kläger zu 3. mitgeteilt, nicht die üblichen Kosten des Vertrags zu tragen. Im Übrigen sei die IWG finanziell überhaupt nicht in der Lage, einen derartigen Kauf zu finanzieren. Der Abschluss von Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der IWG werde bestritten. Die Beklagte hätte mit ihnen, den Klägern, solche Vereinbarungen schließen können und müssen, ansonsten sei der Eingriff in die Privatautonomie unverhältnismäßig. Auch aus materiellen Gründen sei der Bescheid aufzuheben. Er orientiere sich nicht an den Sanierungszielen, die durch die Ausübung des Vorkaufsrechts gar nicht tangiert würden. Vielmehr gewährleiste die zivilrechtlich verpflichtende Übernahme der Mietverhältnisse eine Erfüllung der Sanierungsziele. Es sei auch das Ziel der Kläger zu 1. und 2., die Wohnungen zu erhalten. Die Kaltmiete für das erste Obergeschoss betrage 5,11 Euro Euro/m2 und für die Dachgeschosswohnung 4,09 Euro/m2. Auch die weitere Voraussetzung des § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB, dass die Grundstücke erhebliche nachteilige Auswirkungen auf das soziale oder städtebauliche Umfeld aufweisen, insbesondere durch ihren baulichen Zustand oder ihre der öffentlichen Sicherheit und Ordnung widersprechende Nutzung, sei nicht erfüllt. Die Lage in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet genüge nicht. Ein Ausschlusstatbestand des § 26 Nr. 4 Alt. 2 BauGB sei gegeben, weil es keine Missstände im Sinne der Satzungsziele gebe. Die Nutzungsabsichten der Kläger zu 1. und 2. seien mit den Zielvorstellungen und Zwecken der Sanierungsmaßnahmen kompatibel. Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei willkürlich, weil in den letzten zwei Jahren mehrere Immobilien benachbarter Grundstücke verkauft worden seien und die Beklagte gerade kein Vorkaufsrecht ausgeübt habe. Es handele sich um einen willkürlichen Akt zur Verschaffung vermögensrechtlicher Vorteile. Ferner sei die Ausübung des Vorkaufsrechts aufgrund des Fristablaufs unzulässig. Die begehrte zulässige Fristverlängerung habe am 4. November 2021 geendet.
Die Kläger haben beantragt,
1. den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 2021 in Form des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 13. Juli 2022 aufzuheben und
2. die Beklagte zu verpflichten, den Klägern ein Zeugnis gemäß § 26 Abs. 1 Satz 3 und 4 BauGB zum Nachweis über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts beim Kauf des in der Gemarkung I-Stadt, Flur …, Flurstück …/… gelegenen Grundstücks durch den am 21. Juli 2021 notariell beurkundeten Vertrag {Urkundenrollennummer …/… des Notars Prof. Dr. Z. in W-Stadt) zu erteilen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und wie folgt vorgetragen: Im Bescheid vom 22. Dezember 2021 sei der Verwendungszweck ausreichend angegeben worden. Es handele sich um klare Aussagen zum Gebäude. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertige die Ausübung des Vorkaufsrechts. Die Vereinbarung mit der lWG sichere eine zeitnahe Modernisierung der drei Wohnungen und sichere sie gegen eine Änderung der Nutzungsart. Die Modernisierung von Wohnraum sei ein ausdrückliches Ziel ihrer Sanierungssatzung. Die von den Klägern angegebene Verwendung sei demgegenüber rechtlich nicht gesichert, weil es sich um reine Absichtserklärungen handele. Die Verpflichtung, Einstellplatze zur Verfügung zu stellen, diene ebenfalls dem Wohl der Allgemeinheit. Diese Maßnahme diene den Sanierungszielen einer Verbesserung der Verkehrsverhältnisse unter anderem des ruhenden Verkehrs. Das Grundstück sei auch nicht entsprechend den Zielen der Sanierung bebaut und genutzt. Die Läden und Wohnungen seien nicht modernisiert, ein Laden stehe leer. Sie verfügten nicht über Einstellplätze. Ihr Bürgermeister habe die Stadträte auch nicht bewusst fehlerhaft oder unvollständig informiert. Die Ratsvorlage enthalte an verschiedenen Stellen das Wort „Vorkaufsrecht“. Hinweise auf eine Zahlungsunfähigkeit der IWG bestünden nicht. Die Zwei-Monats-Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts beginne erst nach Wirksamkeit des vorgelegten Grundstückskaufvertrags. Diese Frist vermengten die Kläger mit der Frist zur sanierungsrechtlichen Genehmigung. Den Klägern habe genügend Zeit zur Verfügung gestanden, eigene Vorschläge zur Herstellung von Einstellplätzen zu machen und das Vorkaufsrecht gemäß § 27 BauGB abzuwenden.
Mit dem angegriffenen Urteil hat das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 2. Dezember 2021 aufgehoben und die Beklagte dazu verpflichtet, den Klägern ein Zeugnis über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts zu erteilen. Zur Begründung hat es angegeben: Alle Kläger seien klagebefugt. Für die Kläger zu 1. und 2. als Käufer ergebe sich dies daraus, dass das obligatorische Recht des Käufers aus dem Kaufvertrag, in dem er betroffen sei, zu seinen vermögenswerten privaten Rechten und damit zum Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG gehöre. Für die Kläger zu 3. bis 5. folge die Klagebefugnis aus dem Umstand, dass sich die Ausübung des Vorkaufsrechts auch für die Verkäufer als belastender Verwaltungsakt darstelle. In die Privatautonomie der Kläger zu 3. bis 5. werde schon dadurch eingegriffen, dass mit einer wirksamen Vorkaufsrechtsausübung gemäß § 27a Abs. 2 Satz 2 BauGB der Kaufvertrag mit der drittbegünstigten IWG zustande komme. Der Wechsel des den Kaufpreis schuldenden Vertragspartners könne nicht zuletzt unter Solvenzgesichtspunkten Bedeutung gewinnen.
Der von den Klägern im Wege der Klagehäufung nach § 44 VwGO weiterhin gestellte Antrag auf Erteilung eines Zeugnisses zum Nachweis der Nichtausübung oder des Nichtbestehens eines Vorkaufsrechts sei ebenfalls statthaft. Die Erteilung des auf § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB beruhenden Nachweises könne im Wege der Verpflichtungsklage geltend gemacht werden, weil das Zeugnis zum Nachweis der Nichtausübung und des Nichtbestehens des Vorkaufsrechts mit Blick auf § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB ein Eintragungshindernis behebe und ihm schon insofern Regelungswirkung zukomme. Zudem liege die zur Annahme eines Verwaltungsakts notwendige Regelungswirkung des Zeugnisses gemäß § 28 Abs. 1 Satz 4 BauGB darin, dass es als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts gelte. Die Kläger seien auch zur Erhebung der Verpflichtungsklage befugt. Denn das Grundbuchamt dürfe nach § 28 Abs. 1 Satz 2 BauGB bei Kaufverträgen den Käufer als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen sei und daher ein anderweitiger den Anforderungen des § 29 Abs. 1 GBO genügender Nachweis grundsätzlich nicht mehr ausreiche. Dadurch seien die Kläger ungeachtet ihrer Käufer- oder Verkäuferstellung betroffen. Denn mit der Bewilligung der Auflassung durch die Verkäufer und die Beantragung der Eintragung der Auflassung durch die Käufer jeweils gemäß Ziffer VII Nr. 3 Abs. 2 des Grundstückskaufvertrages seien beide am grundbuchrechtlichen Verfahren beteiligt.
Die Klage sei auch begründet. Die durch den angefochtenen Bescheid erfolgte Erklärung der Beklagten, ihr Vorkaufsrecht zugunsten der IWG auszuüben, erweise sich als rechtswidrig. Das von der Beklagten geltend gemachte Vorkaufsrecht des § 24 Abs. 1 Nr. 3 und § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB habe wegen Ablaufs der dafür maßgebenden Frist nicht mehr wirksam durch den am 24. Dezember 2021 jeweils zugestellten Bescheid vom 22. Dezember 2021 ausgeübt werden können. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB könne das Vorkaufsrecht nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Diese Frist von drei Monaten sei durch Art. 1 Nr. 10 Buchst. a des Gesetzes zur Mobilisierung von Bauland (Baulandmobilisierungsgesetz) vom 14. Juni 2021 (BGBl. I, S. 1802) eingeführt worden, am 23. Juni 2021 in Kraft getreten und auf den erst im Nachgang hierzu geschlossenen Grundstückskaufvertrag vom 21. Juli 2021 anzuwenden. Die Mitteilung dieses Vertrags an die Beklagte sei mit dem am 4. August 2021 bei ihr eingegangen Schreiben erfolgt, das der beurkundende Notar übersandt habe, den die Kläger hierzu gemäß Ziffer VIII Nr. 1 Buchst. b des Kaufvertrages ausdrücklich bevollmächtigt hätten.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die am 24. Dezember 2021 bekanntgegebenen Verwaltungsakte vom 22. Dezember 2021 sei nicht innerhalb der Frist von drei Monaten erklärt worden. Die Frist habe zwar noch nicht mit dem Antragseingang am 4. August 2021, wohl aber mit Ablauf des 6. September 2021 zu laufen begonnen und habe mit Ablauf des 6. Dezember 2021 und damit vor der Ausübung des Vorkaufsrechts geendet. Die Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB beginne erst mit Eintritt des Vorkaufsfalls und setze dafür gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB i.V.m. § 463 BGB das Zustandekommen eines rechtswirksamen Kaufvertrags voraus. Das sei erst dann der Fall, wenn auch die für die Wirksamkeit des Vertrags erforderlichen Genehmigungen erteilt seien, weil bis zu diesem Zeitpunkt Verkäufer und Käufer den Vertrag willkürlich aufheben und damit das Vorkaufsrecht aufgrund des Umstands gegenstandslos machen könnten, dass der Vorkaufsberechtigte kein Recht auf den Eintritt des Vorkaufsfalls habe. Zu den die Vertragswirksamkeit bedingenden erforderlichen Genehmigungen nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zähle auch die sanierungsrechtliche Genehmigung im Sinne des § 144 BauGB. Für die Wirksamkeit des hier gegenständlichen Grundstückskaufvertrags sei eine sanierungsrechtliche Genehmigung erforderlich gewesen. Bei dem beurkundeten Grundstückskauf handele es sich um ein nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 BauGB genehmigungspflichtiges Vorhaben, weil das veräußerte Grundstück im Sanierungsgebiet „Kernstadt I-Stadt“ liege, das durch die Satzung der Beklagten vom 28. Mai 1997 in der Gestalt der ersten Änderung vom 28. November 2003 und – nachfolgend – der zweiten Änderung vom 11. Dezember 2021 förmlich festgelegt worden sei.
Die Wirkung der erforderlichen sanierungsrechtlichen Genehmigung sei mit Ablauf des 6. September 2021 eingetreten, womit zugleich die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts begonnen habe. Eine Genehmigung habe die Beklagte als nach § 145 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BauGB zuständige Gemeinde nicht erteilt, so dass für den Eintritt der sanierungsrechtlichen Genehmigungswirkung die gesetzliche Genehmigungsfiktion entscheidend sei.
Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i. V m § 42a Abs. 1 Satz 1 VwVfG gelte eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion). Für die sanierungsrechtliche Genehmigung bestimme § 145 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 22 Abs. 5 Satz 4 BauGB, dass die Genehmigung als erteilt gelte, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt werde. Die dafür wiederum maßgebende Frist, die vorliegend von der Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts zu unterscheiden sei, betrage gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 22 Abs. 5 Satz 2 BauGB einen Monat nach Eingang des Antrags. Den Antrag auf Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung habe für die Kläger der von ihnen bevollmächtigte Notar mit seinem weiteren, ebenfalls bei der Beklagten am 4. August 2021 eingegangenen Schreiben gestellt. Die durch den gestellten Antrag in Gang gesetzte Frist von einem Monat sei gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 31 Abs. 1 und 3 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 und § 188 Abs. 2 BGB am Montag, dem 6. September 2021 abgelaufen. Die Frist zur sanierungsrechtlichen Genehmigung habe die Beklagte entgegen ihrem Einwand nicht wirksam bis einschließlich zum 4. November 2021 verlängert. Die Beklagte habe zwar mit dem am 31. August 2021 per Telefax übermittelten Schreiben vom 27. August 2021 gegenüber dem durch die Kläger beauftragten Notar einen Zwischenbescheid erteilt. Durch diesen Zwischenbescheid sei die Frist aber nicht (wirksam) verlängert worden, weil die für eine Fristverlängerung erforderlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass innerhalb der kurzen Genehmigungsfrist die erforderlichen Prüfungen grundsätzlich abgeschlossen werden könnten, sodass es umgekehrt für eine längere Frist besonderer Gründe bedürfe, wie beispielsweise außergewöhnliche rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten, auf Grund derer trotz Einsatzes eines vom Gesetzgeber erwarteten Verwaltungsaufwands innerhalb der Regelfrist nicht abschließend geprüft werden könne. Ein Zwischenbescheid werde diesen Anforderungen nicht gerecht, wenn sich dem Ablauf der Ereignisse entnehmen lasse, dass eine solche Verlängerung gar nicht erforderlich oder sogar die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit bereits abgeschlossen sei. Letzteres sei hier der Fall gewesen. Nach dem tatsächlichen Ablauf des sanierungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens habe die Beklagte der Sache nach ihre Prüfung insoweit bereits Ende August 2021 abgeschlossen. Sie habe ihre Prüfung des Antrags auf Erteilung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung auf einem formularmäßigen Bearbeitungsbogen zum Kaufvertrag vom 6. August 2021 dokumentiert, der zunächst durch die Bauverwaltung der Beklagten handschriftlich ausgefüllt, um Berechnungen zum Kaufpreis und zur Grundschuldbestellung ergänzt und am 25. August 2021 sodann endgültig gezeichnet worden sei. Im Ergebnis sei auf der ersten Seite des Bearbeitungsbogens festgehalten worden, dass das Grundstück im Sanierungsgebiet liege, ein gesetzliches Vorkaufsrecht bestehe und dieses von der Gemeinde ausgeübt werden solle. Als gesetzliche Grundlage sei § 24 Abs. 1 Nr. 3 BauGB angegeben worden. Auf der zweiten Seite des Bearbeitungsbogens sei festgehalten worden, dass der Vertrag zu genehmigen sei. Hinter diesem gekreuzten Feld des Vordrucks unter der Teilrubrik der Prüfung des Kaufpreises finde sich der handschriftliche Zusatz „vorbehaltlich VKR- Prüfung Stadtrat“. In einem weiteren Freitextfeld, dass sich den Kreuzfeldern unter der Teilrubrik der Prüfung der Zulässigkeit der Belastung eines Grundstücks anschließe, sei sodann eine „Fristverlängerung bis nach Stadtratssitzung am 29. September 2021“ vermerkt. Damit habe die Beklagte zunächst dokumentiert, dass die Prüfung der sanierungsrechtlichen Genehmigungsfähigkeit im Hinblick auf diesen Gesichtspunkt jedenfalls bereits am 25. August 2021 erfolgt sei. Die Prüfung sei positiv ausgefallen. Eine weitere Prüfung des Antrags auf Genehmigung sei danach aus Sicht der Beklagten gerade nicht mehr durchzuführen gewesen. Ein darüberhinausgehender Klärungsbedarf gehe weder aus dem Prüfungsbogen, gezeichnet am 25. August 2021, noch dem im Anschluss gefertigten Zwischenbescheid vom 27. August 2021 hervor. Die Fristverlängerung habe sich vielmehr ausdrücklich nur auf die offene Prüfung der Ausübung eines Vorkaufsrechts bezogen.
Anhaltspunkte für eine von der Beklagten dennoch angenommene Prüfbedürftigkeit offener Punkte der sanierungsrechtlichen Genehmigungsfähigkeit oder gar Anhaltspunkte für eine Fortführung dieser Prüfung ergäben sich auch nicht aus dem weiteren Verfahrensverlauf. Konkret offen gebliebene Punkte für eine sanierungsrechtliche Genehmigung am Maßstab der Versagungsgründe des § 145 Abs. 2 BauGB seien weder in den zeitlich nachfolgenden Bestandteilen der Verwaltungsvorgänge dokumentiert noch anderweitig ersichtlich. Ein weiterer Klärungsbedarf gehe insbesondere nicht aus der Vorlage und der Beschlussfassung des Stadtrats in seiner Sitzung am 29. September 2021 hervor. Dort habe die sanierungsrechtliche Genehmigung nicht zur Entscheidung angestanden, die Beratung des Stadtrats habe gemäß der Vorlage die Ausübung des Vorkaufsrechts betroffen. Dies gehe sowohl aus dem Gegenstand der Vorlage als auch aus der Beschlussbegründung und der hierbei angegebenen Rechtsgrundlage des § 27a BauGB hervor. Die sanierungsrechtliche Genehmigung sei hingegen nicht Teil der beratenen Beschlussfassung des Stadtrats gewesen. Sie sei überdies nicht mittelbar Teil der dortigen Prüfungen gewesen. Auch die Begründung der Beschlussvorlage in der Sache betreffe nur die Geeignetheit des städtebaulichen Instruments des Vorkaufsrechts. Diese Geeignetheit werde auch nicht etwa in Abgrenzung zur Versagung einer sanierungsrechtlichen Genehmigung thematisiert.
Sei die Fristverlängerung damit aus Gründen der Prüfung der Ausübung eines Vorkaufsrechts erfolgt, habe kein Grund dafür vorgelegen, dass die Prüfung des Antrags im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i. V. m. § 22 Abs. 5 Satz 3 BauGB nicht in der Zeit von einem Monat habe abgeschlossen werden können. Denn die entsprechende Anwendung des § 22 Abs. 5 Satz 3 BauGB gelte für die Prüfung des Antrags auf Genehmigung im Sinne der §§ 144 und 145 BauGB und beziehe sich nicht auf die Prüfung eines Vorkaufsrechts nach §§ 24 ff. BauGB. Die Ausübung des Vorkaufsrechts könne auch nicht mittelbar zur Rechtfertigung einer Verlängerung der Frist zur Erteilung der sanierungsrechtlichen Genehmigung dienen. Diese beiden Fristenregime seien nicht nur unabhängig voneinander geregelt, sondern unterschieden sich darin, dass die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts in § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB, der keine Fristverlängerung vorsehe, abschließend geregelt sei, und nach § 1 Abs. 1 Satz 1 VwVfG LSA i.V.m. § 31 Abs. 7 VwVfG nur behördlich gesetzte Fristen verlängerbar seien. Umgekehrt seien die Fristen des § 145 Abs. 1 BauGB als gesetzliche, aber grundsätzlich verlängerbare Fristen ausgestaltet. Die Verlängerungsgründe seien ausdrücklich geregelt. Angesichts dieser Regelungssystematik hätte es für die Zulässigkeit einer Berücksichtigung ausschließlich von Vorkaufsrechten bei der Entscheidung über die Verlängerung der sanierungsrechtlichen Genehmigung einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Eine solche Regelung wäre nicht nur wegen dieser Regelungssystematik zu erwarten gewesen. Dies ergebe sich auch aus einem systematischen Gegenschluss zu den Regelungen für andere gesetzliche Genehmigungsfristen, bei denen die – neben die Dauer der Prüfung der Genehmigung tretende – Berücksichtigung eines Vorkaufsrechts ausdrücklich angeordnet werde. So sehe beispielsweise die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GrdstVG als Grund für eine Verlängerung der Frist zur Entscheidung über die Genehmigung vor, dass entweder die Prüfung des Antrags nicht innerhalb der Frist abgeschlossen werden könne oder die Behörde eine Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts herbeizuführen habe. Diesen Weg einer Einbeziehung der Ausübung von Vorkaufsrechten beschreite das Baugesetzbuch für die Frist zur sanierungsrechtlichen Genehmigung hingegen nicht.
Aus diesem Verstoß der im Zwischenbescheid der Beklagten vom 27. August 2021 ausgesprochenen Fristverlängerung gegen § 145 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i. V. m. § 22 Abs. 5 Satz 3 BauGB folge, dass die Fristverlängerung nicht eingetreten sei. Diese Rechtsfolge ergebe sich schon aus dem verletzten materiellen Fachrecht, weil es der Behörde ansonsten möglich wäre, den Fiktionseintritt durch beliebig viele, rechtswidrige Zwischenbescheide hinauszuzögern, was mit dem Gesetzeszweck einer beschleunigten Entscheidung zur Herbeiführung von Rechtsklarheit nicht vereinbar wäre. Zudem stünden dem Eintritt dieser Rechtsfolge – gegenüber vorstehender Erwägung selbständig tragend – nicht die Wirkungen des Zwischenbescheids vom 27. August 2021 entgegen. Mit ihm habe die mitgeteilte Fristverlängerung nicht in Bestandskraft erwachsen und die Beteiligten und das Verwaltungsgericht an eine Wirksamkeit der rechtswidrigen Verlängerung binden können. Denn bei dem Zwischenbescheid im Sinne des § 145 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m § 22 Abs. 5 Satz 3 BauGB handele es sich um eine selbständige Verfahrenshandlung gemäß § 44a Satz 1 VwGO, die, selbst wenn die selbständige Verfahrenshandlung einen Verwaltungsakt darstelle, nicht in Bestands- oder Rechtskraft erwachsen könne, weil gegen sie kein selbständiger Rechtsbehelf zulässig gewesen sei.
Die Kläger hätten einen Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses zum Nachweis über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts. Der Anspruch folge aus § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB.
Die vom Senat zugelassene Berufung hat die Beklagte wie folgt begründet: Die Ausübung des Vorkaufsrechts durch den angefochtenen Bescheid sei nicht durch den Ablauf der dreimonatigen Ausübungsfrist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausgeschlossen. Diese Frist beginne erst nach Mitteilung des Kaufvertrages durch den beurkundenden Notar. Das setze die Mitteilung des rechtswirksamen Kaufvertrages voraus. Solange der Kaufvertrag mangels Erteilung bzw. Fiktion der sanierungsrechtlichen Genehmigung noch schwebend unwirksam sei, laufe die Frist nicht. Mitzuteilen seien ferner alle Wirksamkeitsvoraussetzungen, und zwar auch bei dem Eintritt einer Genehmigungsfiktion. Infolgedessen hätte der Notar entweder erneut den nunmehr wirksamen Kaufvertrag mitteilen müssen oder gesondert über das Wirksamwerden des Vertrages durch Eintritt der Genehmigungsfiktion des § 145 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 22 Abs. 5 Satz 4 BauGB informieren müssen.
Mangels jeglicher Mitteilung des beurkundenden Notars über den Eintritt einer Genehmigungsfiktion komme es nicht auf die vom Verwaltungsgericht behandelte Frage an, ob sie die Frist zur Entscheidung über die sanierungsrechtliche Genehmigung zuvor wirksam verlängert habe. Vorsorglich sei der Auffassung des Verwaltungsgerichts entgegenzuhalten, dass die Prüfung der Beklagten auf dem formularmäßigen Bearbeitungsbogen hinsichtlich der für die Entscheidung über die sanierungsrechtliche Genehmigung maßgeblichen Gesichtspunkte nicht abschließend gewesen sei. Es habe sich lediglich um einen internen Bearbeitungsbogen der verschiedenen an einem derartigen Vorgang beteiligten Abteilungen Liegenschaften, sanierungsrechtliche Prüfung und Vorkaufsrechtsprüfung gehandelt. Es handele sich nicht um ein offizielles Dokument, einen Bescheid oder einen irgendwie gearteten abschließenden Vorgang. Außerdem sei die betreffende Mitarbeiterin, die den Bearbeitungsbogen unterschrieben habe, eigentlich nur für die Vorkaufsrechtsausübung zuständig und habe die sanierungsrechtliche Prüfung auf diesem Bearbeitungsbogen nur vertretungsweise übernommen. Auf der zweiten Seite des Bearbeitungsbogens finde sich lediglich die Rubrik zur Prüfung des Kaufpreises, die eine der wesentlichen bei der sanierungsrechtlichen Genehmigung zu prüfenden Fragen sei. Der Kaufpreis sei aber nicht im Sinne des § 153 Abs. 2 BauGB überhöht gewesen. Auch hinsichtlich der auf Seite 2 des Bearbeitungsbogens enthaltenen Rubrik der Zulässigkeit der Belastung des Grundstückes habe es kein Problem gegeben. Infolgedessen habe sich der Vermerk auf Seite 2 des Bearbeitungsbogens ausschließlich auf die darin aufgeführten Prüfungsgegenstände bezogen. Die Bemerkung, dass der Vertrag zu genehmigen sei, habe sich deshalb auf diese beiden Gesichtspunkte der Kaufpreishöhe und möglicher Belastungen bezogen. Im Rahmen der sanierungsrechtlichen Genehmigung eines Grundstückskaufvertrages sei mehr zu prüfen. Die insoweit zu behandelnden Gesichtspunkte würden im Bearbeitungsbogen gar nicht abgefragt. Allein deshalb sei die auf dem Bearbeitungsbogen dokumentierte Prüfung der Beklagten nicht abschließend gewesen, sodass die Fristverlängerung rechtmäßig gewesen sei.
Vielmehr finde sich auf Satz 1 unten der Hinweis auf das gesetzliche Vorkaufsrecht der Gemeinde im Sanierungsgebiet gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, das vorliegend auch habe ausgeübt werden sollen. Das ergänze der handschriftliche Zusatz auf Seite 2 „vorbehaltlich Vorkaufsrechts-Prüfung Stadtrat“. Auch die Vorkaufsrechtsausübung setze aber in der Sache voraus, dass sie durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt ist. Das wiederum verweise inhaltlich auf die in der Sanierungssatzung dokumentierten Sanierungsziele. Denn anders als durch Verweis auf die Sanierungsziele könne das gesetzliche Vorkaufsrecht im Sanierungsgebiet nicht durch das Wohl der Allgemeinheit gerechtfertigt werden. Infolgedessen verweise der zweifache Hinweis auf dem Bearbeitungsbogen auf das Vorkaufsrecht inhaltlich auf die sachlichen Sanierungsziele unabhängig von den finanziellen Gesichtspunkten des Kaufpreises und möglicher Belastungen des Grundstücks. Gerade der Verweis auf die Vorkaufsrechtsausübung dokumentiere daher auf dem internen Bearbeitungsbogen, dass es der Beklagten neben der Kaufpreishöhe und möglichen Belastungen des Grundstückes um die Sanierungsziele in der Sache gegangen sei. Deren Prüfung sei aber am 25. August 2021 noch nicht abgeschlossen gewesen, wie der Verweis auf die noch vorzunehmende Vorkaufsrechtsprüfung durch den Stadtrat belege.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei formell nicht zu beanstanden. Die Kläger seien mit Schreiben vom 7. und 22. Oktober 2021 angehört worden und hätten daraufhin mit Schreiben vom 29. Oktober, 11. November und 14. Dezember 2921 nur pauschal vorgetragen, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht vom Wohl der Allgemeinheit gedeckt sei. Dass der Stadtratsbeschluss bereits zuvor gefasst worden sei, sei unschädlich. Die Kläger vermengten die verschiedenen Anforderungen des Verfahrens durch Anhörung einerseits mit der Organzuständigkeit des Stadtrats andererseits. Die Entscheidung des Stadtrats sei frei von Ermessensfehlern. Die für die Vorkaufsrechtsausübung entscheidenden Gesichtspunkte einer Modernisierung der Wohnungen und der Bereitstellung von Einstellplätzen auf dem Nachbargrundstück der IWG seien im Protokoll der Ratssitzung ausdrücklich angesprochen worden und seien daher Gegenstand der Ermessensentscheidung gewesen. Es sei auch nicht ersichtlich, welche Tatsachen aus einem der Schreiben der Kläger dem Stadtrat nicht bekannt gewesen sein sollen.
Auch die materiellen Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB für die Ausübung des Vorkaufsrechts lägen vor. Die Ausübung zugunsten der IWG sei gemäß § 27a BauGB gesetzlich zugelassen. Die Verbindlichkeit der von der IWG durchzuführenden Maßnahmen werde durch die Vereinbarung vom 8./11. Oktober 2021 einschließlich der dort verpflichtend vorgesehenen dinglichen Sicherung zugunsten der Stadt hergestellt.
Im Bescheid über die Ausübung des Vorkaufsrechtes sei der Verwendungszweck ausreichend angegeben. Auf Seite 2 oben sei dieser unter der ausdrücklichen Überschrift als Verwendungszweck des Grundstückes im Detail mit drei Stützen angegeben. Es handele sich dabei auch nicht um „Plattitüden“, sondern um klare Aussagen zum Gebäude. Insbesondere die Verbesserung der Verkehrssituation ziele auf die Zugänglichkeit des Hinterhofes und dessen Nutzung bzw. die Herstellung notwendiger Einstellplätze auf dem Nachbargrundstück ab.
Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertige die Ausübung des Vorkaufsrechts mit den im Bescheid dargelegten und den erstinstanzlich vorgetragenen Gründen. Da es sich um eines der zentralen Grundstücke und alten Gebäude in der Kernstadt von A-Stadt handele, liege der Erhalt des äußeren Erscheinungsbildes im Wohl der Allgemeinheit. Die Vereinbarung mit der IWG sichere die zeitnahe Modernisierung der drei Wohnungen, sichere diese gegen eine Änderung der Nutzungsart und regle die Vermietung zu moderaten Mieten. Die Deckung des Wohnbedarfs sei ein gesetzlich geregelter Belang des Wohls der Allgemeinheit. Die Modernisierung von Wohnraum sei ausdrückliches Ziel der Sanierungssatzung. Demgegenüber gebe es keinerlei verbindliche Erklärungen der Käufer zur Miethöhe. Insbesondere fördere die vertragliche Verpflichtung der IWG, auf dem ihr gehörenden Nachbargrundstück Einstellplätze zugunsten des hier streitigen Grundstücks zur Verfügung zu stellen, dass Wohl der Allgemeinheit. Die Bereitstellung von Einstellplätzen auf dem Baugrundstück oder in dessen unmittelbarer Nachbarschaft anstelle des Parkens auf der öffentlichen Straße sei in der BauO LSA vorgegeben. Sie entlaste die öffentliche Straße sowohl verkehrlich als auch optisch, was in der denkmalgeschützten Straße von Bedeutung sei. Sie entspreche den Sanierungszielen, zu denen eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse u.a. des ruhenden Verkehrs zählten.
Dadurch würden Stellplätze im öffentlichen Verkehrsraum frei, auch wenn dort keine neuen Parkplätze geschaffen würden. Diese wichtige Verbesserung für das Grundstück und den öffentlichen Verkehrsraum und die Sanierungsmaßnahmen könne aufgrund der vorgegebenen baulichen Situation jedoch ausschließlich die IWG als Eigentümerin des Nachbargrundstücks leisten. Diese Maßnahme sei auch unter dem Verwendungszweck auf Seite 2 oben des Bescheides genannt.
Es treffe auch nicht zu, dass es bereits ein durch eine Dienstbarkeit oder eine Baulast gesichertes Wegerecht zum Hinterhof über das Nachbargrundstück gebe. Eine langjährige Duldung begründe nach der neuen Rechtsprechung des BGH kein Gewohnheitsrecht. Die bisherige Duldung möge einen Leihvertrag begründen, der jedoch jederzeit kündbar sei. Aufgrund der unmittelbaren Lage des Grundstückes an der öffentlichen Straße bestehe auch kein Notwegerecht.
Das Vorkaufsrecht sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Grundstück entsprechend den Zielen der Sanierung genutzt werde (§ 26 Nr. 4 BauGB). Die Läden und insbesondere die Wohnungen seien nicht modernisiert. Die Kläger zu 1. und 2. hätten sich dazu auch nicht vor Ausübung des Vorkaufsrechts verbindlich verpflichtet, sondern allenfalls reine Absichtserklärungen abgegeben. Die inhaltlich und rechtlich viel weitergehende Verpflichtung zu einer Modernisierung und Vermietung zu sozial verträglichen Mieten durch den Vertrag der IWG und die dingliche Sicherung zugunsten der Gemeinde sei daher ein deutlicher Mehrwert, der dem Wohl der Allgemeinheit zur Deckung von Wohnbedarf zu sozial verträglichen Bedingungen diene.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts greife auch nicht unverhältnismäßig in die Rechte der Kläger ein, weil der Gesetzgeber jegliche Veräußerungsvorgänge im Sanierungsgebiet unter den Vorbehalt des sanierungsrechtlichen Vorkaufsrechts gestellt habe.
Die ursprünglichen Sanierungsziele insbesondere hinsichtlich der Verbesserung des ruhenden Verkehrs und der Modernisierung von Wohnraum seien auch zum Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts ausreichend bestimmt gewesen. Sie seien konkret auf jedes einzelne Grundstück und jeden Fall der sanierungsrechtlichen Genehmigung oder Vorkaufsrechtsausübung anzuwenden und könnten tauglicher Maßstab der Prüfung sein.
Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie tragen vor: Der angefochtene Bescheid sei bereits deshalb formell rechtswidrig, weil es an einem rechtmäßig zustande gekommenen Stadtratsbeschluss fehle. Die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts betreffe eine gemeindliche Selbstverwaltungsangelegenheit. Da es sich nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung handele, sei der Stadtrat der Beklagten für die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechts zuständig gewesen. Zwar habe dieser in seiner Sitzung vom 29. September 2021 einen Beschluss zur Ausübung des Vorkaufsrechts gefasst, jedoch sei der Beschluss durch fehlerhafte bzw. unvollständige Informationen durch den Bürgermeister zustande gekommen. Infolgedessen sei die Verfahrensvorschrift des § 28 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 1 VwVfG LSA verletzt. Dieser Verfahrensfehler sei auch nicht durch ordnungsgemäße Nachholung geheilt worden und auch nicht unerheblich. Eine ordnungsgemäße Anhörung nach § 28 Abs. 1 VwVfG sei nicht erfolgt, da diese Anhörung durch das für die Entscheidung zuständige Organ, hier den Stadtrat, hätte erfolgen müssen. Da die Beklagte erst nach der Beschlussfassung im Stadtrat Anhörungsschreiben an die Kläger versandt habe, hätten die Antworten der Kläger und die nachfolgende Kommunikation zwischen ihnen und der Beklagten während der Stadtratssitzung nicht thematisiert werden können. Ihnen sei auch keine andere Möglichkeit der Stellungnahme vor oder während der Sitzung eingeräumt worden. Dem Stadtrat seien in der Sitzung am 29. September 2021 durch den Bürgermeister Informationen zur Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes zur Verfügung gestellt worden, ohne dass die Interessen der Kläger, deren Pläne für das Grundstück oder mögliche Alternativen zur Ausübung des Vorkaufsrechts überhaupt erwähnt worden wären. Auch die Möglichkeit bzw. die Planung der später getroffenen Vereinbarung zwischen der Stadt und der IWG sei dem Stadtrat nicht bekannt gegeben worden.
Eine Heilung nach § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 VwVfG durch das auf den Erlass des Bescheides folgende Verwaltungs- bzw. Klageverfahren sei nicht erfolgt, da diese nur dann anzunehmen wäre, wenn dem Sinn der Anhörung noch entsprochen werden könnte. Sinn der Anhörung sei, dass sich die Behörde, und zwar im speziellen das innerhalb der Behörde zuständige Organ, hier der Stadtrat, mit den Argumenten der Beteiligten auseinandersetzen und ihre Interessen bei der Entscheidung berücksichtigen könne. Der Verfahrensmangel sei auch nicht unerheblich, da nicht offensichtlich sei, dass er die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Bei Entscheidungen, die der Behörde, wie vorliegend, einen Ermessensspielraum einräumten, könne grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden, dass es bei Beachtung des Verfahrensrechts zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Der auf mangelhaften Informationen basierende Stadtratsbeschluss wirke sich außerdem entscheidend auf die materielle Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aus. Da dem Stadtrat nicht alle Informationen zur Verfügung gestellt worden seien, habe dieser nur ermessensfehlerhaft entscheiden können. Eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung setze bei der Ausübung eines Vorkaufsrechts voraus, dass nicht nur einzelne Entscheidungsgesichtspunkte ermittelt und dargestellt werden, sondern auch eine Gewichtung oder Abwägung des „Für und Wider“ der sich gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Belange erkennbar sei oder dass Alternativen im Rahmen des Ermessensspielraums diskutiert werden. Diese Abwägung müsse der Stadtrat durchführen. Dabei reiche es gerade nicht aus, nur die für die Ausübung des Vorkaufsrechts sprechenden Gesichtspunkte zu diskutieren. Werden die Interessen der Vertragsparteien des ursprünglichen Kaufvertrags nicht bei der Entscheidung berücksichtigt, liege ein Ermessensdefizit vor, das zwangsläufig zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führe. Vor bzw. während der Sitzung am 29. September 2021 seien die Stadtratsmitglieder nicht über die Interessen und Pläne der Käufer informiert worden. Einige Stadtratsmitglieder hätten später auf Nachfrage angegeben, gar nicht gewusst zu haben, dass es an dem Grundstück interessierte Käufer gegeben habe. Dass es für die Ausübung eines gemeindlichen Vorkaufsrechtes eines privaten Kaufvertrages bedürfe, möge bei entsprechenden Kenntnissen selbstverständlich erscheinen, erschließe sich juristischen Laien aber nicht unbedingt.
Die Kläger zu 1 und 2 hätten jedoch bereits am 12. August 2021 zugesichert, das Wohn- und Geschäftshaus erhalten und die Wohnungen sanieren zu wollen. Eine Interessenabwägung zwischen den öffentlichen Interessen und dem „Wohl der Allgemeinheit“ im Sinne des § 24 Abs. 3 BauGB und den Interessen der Käufer habe somit gar nicht stattfinden können. Auch Alternativen zur Ausübung des Vorkaufsrechts, etwa eine Vereinbarung zwischen der IWG und den Klägern oder zwischen der Stadt und den Klägern, ebenso wie die später tatsächlich geschlossene Vereinbarung zwischen der Stadt und der IWG seien nicht erwähnt worden. Des Weiteren sei der Stadtrat vor Beschlussfassung nicht darüber informiert worden, dass sich die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts an der Erfüllung der in der Sanierungssatzung festgelegten Sanierungsziele orientieren müsse. Aus dem Protokoll der Sitzung ergebe sich, dass lediglich der Umstand, dass das gegenständliche Grundstück im Sanierungsgebiet „Kernstadt“ liege, erwähnt worden sei.
Weder die Sanierungsziele der Satzung noch die rechtliche Bedeutung des Bestehens einer Sanierungssatzung noch die Möglichkeit der Umsetzung der Sanierungsziele durch die Käufer seien thematisiert worden. Auch diese Aspekte, die notwendigerweise in die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts hätten einfließen müssen, hätten somit nicht vorn Stadtrat berücksichtigt werden können.
Es mangele zudem an der materiellen Voraussetzung des 24 Abs. 3 BauGB. ach dürfe ein Vorkaufsrecht durch die Gemeinde nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertige, und bei der Ausübung des Vorkaufsrechts sei außerdem der Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben. Die Beklagte habe im angefochtenen Bescheid als Verwendungszweck des Grundstücks „Erhaltung des Wohn- und Geschäftshauses und der Wohnungen, Deckung des sozial verantwortlichen Wohnraumbedarfs im Zentrum I-Stadt sowie Verbesserung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse für die Frist von 20 Jahren“ angegeben. Abgesehen davon, dass diese Verwendungszwecke nicht konkret genug formuliert seien, genügten auch die erstinstanzlich und in der Berufungsbegründung gemachten Ausführungen der Beklagten zu den einzelnen Verwendungszwecken nicht, um eine Ausübung des Vorkaufsrechtes zum Wohl der Allgemeinheit zu rechtfertigen.
Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet sei konkret an den Erfordernissen der Sanierung auszurichten. Weiter seien an das „Wohl der Allgemeinheit“ höhere Anforderungen zu stellen als an ein einfaches öffentliches Interesse. Die von der die Beklagten angeführten Gründe fielen nicht darunter. Weder die Miethöhe für die Wohnungen noch die Parkplatzsituation seien ein Bestandteil der Sanierungsziele und auch kein konkret für die Sanierung bedeutsamer Aspekt. Zudem bestünden aktuell Dauermietverhältnisse für die Wohnungen in dem betreffenden Gebäude, deren Miethöhe der „sozialverträglichen“ Kaltmiete entspreche. Die Kläger zu 1. und 2. beabsichtigten außerdem, die Wohnungen zu sanieren und weiterhin zu vermieten. Entscheidend sei hierbei, dass alle den Sanierungszielen dienenden Belange (mit Ausnahme der Parkplätze des IWG-Grundstücks) auch durch die Käufer umgesetzt worden wären. Sie hätten vor dem Kauf des Grundstücks bereits bei einem Gespräch mit dem Bürgermeister ihre Pläne zur Sanierung des Gebäudes und zur weiteren Vermietung der Wohnungen erläutert. Eine Vereinbarung, wie sie die Beklagte ohne vorheriges Gesprächsangebot an die Kläger mit der IWG geschlossen habe, wäre auch mit den Klägern möglich gewesen. Umgekehrt stelle das isolierte Herantreten an die IWG eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar. Daraus, dass die IWG bereit gewesen sei, diese Vereinbarung mit der Beklagten zu schließen, ergebe sich, dass sie diese auch mit Klägern geschlossen hätte bzw. schließen würde. Andernfalls wäre die Vereinbarung durch rechtsmissbräuchliche Einflussnahme der Beklagten auf die IWG, deren Gesellschafterin sie selbst mit 99.7 % sei, zustande gekommen. Ohnehin habe eine rechtliche Verpflichtung der IWG zum Abschluss der Vereinbarung mit der Beklagten nicht bestanden und hätte durch die Beklagte auch gegenüber anderen Grundstückseigentümern nicht durchgesetzt werden können.
Grundlagen hierfür seien auch nicht in der Sanierungssatzung und den formulierten Sanierungszielen zu finden.
Auch die Parkplatzsituation könne die Ausübung des Vorkaufsrechts und den damit verbundenen Eingriff in die Privatautonomie und das Eigentum der Kläger nicht rechtfertigen. Entscheidend sei hierbei, dass die mit der IWG geschlossene Vereinbarung gar nicht den Sanierungszielen entspreche. Die Sanierungssatzung enthalte als Zielsetzungen zu verkehrsbezogenen Belangen die Verbesserung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse im Hinblick auf den fließenden und ruhenden Verkehr, die Erhöhung der Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer durch verkehrsberuhigende Maßnahmen sowie die Verbesserung des Erscheinungsbildes von Platz- und Straßenräumen durch öffentliche und private Baumaßnahmen. Die Bereitstellung von Parkplätzen auf dem benachbarten Grundstück schaffe keinen einzigen neuen Parkplatz für das Sanierungsgebiet als solches. Dem allgemeinen Ziel der „Verbesserung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse im Hinblick auf den fließenden und ruhenden Verkehr“ würde nur entsprochen werden, wenn durch die Maßnahme zusätzliche Parkplätze geschaffen würden. Entweder fehlten aber die Parkplätze den Bewohnern des Grundstücks R-B-Straße … oder sie wären, falls sie ansonsten ungenutzt blieben, durch die IWG auch den Klägern zu 1. und 2. als neuen Eigentümern zur Verfügung zu stellen.
Die Ausübung des Vorkaufsrechts sei schließlich deswegen materiell rechtswidrig, weil das Grundstück entsprechend den Zielen der Sanierungssatzung genutzt werde. Die vor dem Kauf geänderten Pläne der Kläger entsprächen diesen Zielen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe:
A.
Der Senat entscheidet über die Berufung der Beklagten gemäß § 130a Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130a Satz 2, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
B.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht aufgehoben und die Beklagte zu Recht verpflichtet, den Klägern ein Zeugnis über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts zu erteilen.
I.
Die von den Klägern erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig. Insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil verwiesen werden.
II.
Die Anfechtungsklage ist auch begründet. Der Bescheid vom 22. Dezember 2021 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Maßgebliche Sach- und Rechtslage für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ausübung eines (gemeindlichen) Vorkaufsrechts ist grundsätzlich diejenige zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (VGH BW, Urteil vom 20. Juli 2022 – 3 S 3915/21 -).
Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheids sind die §§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3, 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB steht der Gemeinde ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet. Nach § 23 Abs. 3 BauGB darf das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Dem Wohl der Allgemeinheit kann insbesondere die Deckung eines Wohnbedarfs in der Gemeinde dienen. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben. Nach § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB kann die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht zugunsten eines Dritten ausüben, wenn der Dritte zu der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts bezweckten Verwendung des Grundstücks innerhalb angemessener Frist in der Lage ist und sich hierzu verpflichtet. Gemäß § 27a Abs. 1 Satz 2 BauGB hat die Gemeinde in diesen Fällen bei der Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines Dritten die Frist, in der das Grundstück für den vorgesehenen Zweck zu verwenden ist, zu bezeichnen.
1. Der angefochtene Bescheid ist bereits formell rechtswidrig, weil die Kläger vor Erlass des angefochtenen Bescheids nicht ordnungsgemäß angehört wurden und der Mangel weder geheilt wurde noch unbeachtlich ist.
a) Nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Kläger zu 3 bis 5 waren nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA) Beteiligte des Verwaltungsverfahrens, da sich die Ausübung des Vorkaufsrechts gegen sie richtete. Das Vorkaufsrecht wird gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB gegenüber dem Verkäufer ausgeübt. Die Kläger zu 1 und 2 waren ebenfalls Beteiligte, und zwar sog. geborene Beteiligte im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA), da der Käufer eines Grundstücks gemäß § 27 BauGB ein Abwendungsrecht hat, dass er nur geltend machen kann, wenn er am Verfahren beteiligt ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Januar 2023 – 4 B 26.22 -).
Der Bürgermeister der Beklagten hat die Kläger zwar mit Schreiben vom 7. und 22. Oktober 2021 dazu angehört, dass beabsichtigt sei, das Vorkaufsrecht auszuüben. Dies genügte aber nicht für eine ordnungsgemäße Anhörung, da – gemeindeintern – nicht der Bürgermeister bzw. die Verwaltung der Beklagten, sondern deren Stadtrat für die Ausübung des Vorkaufsrechts und damit auch für die Anhörung der Kläger zuständig war und die Anhörung zudem erst nach der Entscheidung des Stadtrates in seiner Sitzung am 29. September 2021 erfolgte.
Zuständig für die Durchführung der Anhörung ist grundsätzlich – soweit keine abweichenden Regelungen bestehen – die für die Sachentscheidung zuständige Behörde (Schneider, in: Schoch/Schneider, VwVfG, 5. EL Juli 2024, § 28 Rn. 38; Kallerhoff/Mayen, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2022, VwVfG § 28 Rn. 46, m.w.N.). Die Anhörung des Betroffenen nach § 28 VwVfG ist zwar nicht selbst eine rechtsverbindliche Entscheidung. Sie ist jedoch Teil des Verwaltungsverfahrens, d.h. der nach außen wirkenden Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet ist und den Erlass des Verwaltungsakts einschließt (§ 9 VwVfG). Die nach § 28 Abs. 1 VwVfG erforderliche Anhörung zum beabsichtigten Erlass eines belastenden Verwaltungsakts und der nachfolgende Erlass dieses Verwaltungsakts bilden mithin verfahrensrechtlich eine Einheit. Die Durchführung der Anhörung gehört deshalb ebenso zur unentziehbaren Wahrnehmungskompetenz wie der Erlass des Verwaltungsakts selbst (BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2013 – 7 B 18.13 -).
Welches Verwaltungsorgan einer Gemeinde für die Ausübung des Vorkaufsrechts zuständig ist, lässt das BauGB offen; die Zuständigkeiten ergeben sich vielmehr aus den kommunalrechtlichen Bestimmungen (vgl. VGH BW, Urteil vom 18. Juni 1980 – III 503/79 -). Gemäß § 45 Abs. 1 KomVerfG LSA ist die Vertretung im Rahmen der Gesetze für alle Angelegenheiten der Kommune zuständig, soweit nicht der Hauptverwaltungsbeamte kraft Gesetzes zuständig ist oder ihm die Vertretung bestimmte Angelegenheiten übertragen hat. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts handelt es sich in der Regel nicht um ein Geschäft der laufenden Verwaltung, das der Bürgermeister nach § 66 Abs. 1 Satz 3 KomVerfG LSA in eigener Verantwortung erledigt (vgl. etwa OVG Rh-Pf, Urteil vom 22. März 2023 – 1 A 10150/22.OVG -). Solche Geschäfte sind im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet, dass sie weder nach der grundsätzlichen Seite noch für den Gemeindehaushalt von erheblicher Bedeutung sind und zu den normalerweise anfallenden Geschäften der Gemeinde gehören. Einen Hinweis bietet auch die in der Hauptsatzung der Gemeinde festgelegte Wertgrenze (vgl. VGH BW, Urteil vom 20. Juli 2022 – 3 S 3915/21 -). Nach § 9 Abs. 2 Satz 2 der Hauptsatzung der Beklagten gehören zu den Geschäften der laufenden Verwaltung nach § 66 Abs. 1 Satz 3 KVG LSA die regelmäßig wiederkehrenden Geschäfte, die nach bereits festgelegten Grundsätzen entschieden werden und keine wesentliche Bedeutung haben oder die im Einzelfall einen Vermögenswert von 25.000 Euro nicht übersteigen. In Anbetracht des zwischen den Klägern vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 148.000 Euro kann hiernach nicht mehr von einem Geschäft der laufenden Verwaltung gesprochen werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es dem Bürgermeister als Hauptverwaltungsbeamten übertragen ist.
Zwar schuldet hier nicht die Beklagte, sondern die durch die Ausübung des Vorkaufsrechts nach § 27a BauGB begünstigte IWG den Kaufpreis. Dies vermag aber nichts an der gemeindeinternen Zuständigkeit des Stadtrates zu ändern. Vielmehr lässt sich in dieser Konstellation die Zuständigkeit des Stadtrates auf die Regelung in § 45 Abs. 2 Nr. 10 KomVerfG LSA stützen. ach kann die Aufnahme von Krediten, Übernahme von Bürgschaften, Abschluss von Gewährverträgen, Bestellung sonstiger Sicherheiten sowie wirtschaftlich gleichzustellender Rechtsgeschäfte, soweit eine von der Vertretung allgemein festgesetzte Wertgrenze überschritten wird, nicht übertragen werden. Die Vorschrift ist von zwei sich ergänzenden Zielsetzungen getragen: Einerseits geht es um die Begrenzung der finanziellen Risiken, die die Gemeinde eingeht. Die Besonderheit der in § 45 Abs. 2 Nr. 10 KomVerfG LSA bezeichneten Geschäfte liegt darin, dass der Risikoübernahme – anders als bei einem klassischen Austauschgeschäft – typischerweise keine Gegenleistung gegenübersteht, die der Höhe des möglichen Verlusts wirtschaftlich entspricht. Tritt der Sicherungsfall ein, weil beispielsweise der Dritte zahlungsunfähig wird, der Gewährleistungsfall eintritt oder die bestellte Sicherheit fällig wird, ist die Gemeinde leistungspflichtig, ohne damit rechnen zu können, dass sie eine ihrer Leistung entsprechende Kompensation erhält. Übt die Gemeinde ihr Vorkaufsrecht nach § 27a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB zugunsten eines Dritten aus, kommt der Kaufvertrag zwar zwischen dem Begünstigten und dem Verkäufer zustande (§ 27a Abs. 2 Satz 1 BauGB). Zugleich ordnet das Gesetz jedoch die gesamtschuldnerische Haftung der Gemeinde neben dem Begünstigten an (§ 27a Abs. 2 Satz 2 BauGB). Das Gesetz nimmt zur Sicherung des Verkäufers, der durch die Ausübung des Vorkaufsrechts zugunsten eines Dritten einen ihm unbekannten privaten Akteur als Vertragspartner erhält, die Gemeinde ausdrücklich in die Haftung für die Verpflichtungen des begünstigten Dritten, d.h. auch für die Zahlung des Kaufpreises. Durch die gesamtschuldnerische Haftung der Gemeinde erhält der Verkäufer einen zweiten Schuldner, von dem er ebenso wie von dem begünstigten Dritten die Zahlung in voller Höhe verlangen kann (vgl. § 421 Satz 1 BGB).
Lediglich im Innenverhältnis wäre der Käufer in diesem Fall gemäß § 426 Abs. 2 Satz 1 BGB zum Ausgleich in voller Höhe verpflichtet, da der Regelungszweck des § 27a Abs. 2 Satz 2 BauGB „ein anderes“ i.S.v. § 426 Abs. 1 Satz 1 BauGB bestimmt. Die Gemeinde übernimmt damit das Ausfallrisiko des begünstigten Dritten. Dieses Ausfallrisiko wird auch nicht dadurch entscheidend gemildert, dass die Gemeinde gegen den Dritten nach Maßgabe der zivilrechtlichen Bestimmungen einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks erlangen kann. Ist der Dritte zahlungsunfähig, besteht die Gefahr, dass ein Übereignungsanspruch aufgrund vorrangiger Rechte Dritte nicht realisiert werden kann; das gilt insbesondere im Fall der Insolvenz. Hinzu kommt, dass die Gemeinde für das Grundstück vielfach keine eigene Verwendung haben wird und auch vor diesem Hintergrund nicht stets ein adäquater wirtschaftlicher Ausgleich vorliegt (vgl. zur Rechtslage in Niedersachsen: NdsOVG, Urteil vom 7. März 2024 – 1 LB 109/22 -). Die Beklage ist im Übrigen selbst davon ausgegangen, dass der Stadtrat für die Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts gemeindeintern zuständig ist.
Die hiernach erforderliche Anhörung durch den gemeindeintern zuständigen Stadtrat vor dessen Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechts hat nicht stattgefunden. Hat danach der Bürgermeister als unzuständiges Gemeindeorgan gehandelt, liegt nicht nur ein behördeninterner Zuständigkeitsmangel vor, der im Außenverhältnis gegenüber den Klägern unschädlich wäre. Vielmehr sind die in den kommunalrechtlichen Bestimmungen und damit gesetzlich geregelten Zuständigkeiten von Bürgermeister und Gemeinderat als den beiden Organen einer Gemeinde auch im Außenverhältnis gegenüber dem von einer hoheitlichen Regelung betroffenen Bürger als Fälle der sachlichen (Behörden-)Zuständigkeit zu qualifizieren; handelt also das gesetzlich unzuständige Gemeindeorgan, so handelt die sachlich unzuständige Behörde (vgl. VGH BW, Urteil vom 12. September 1997 – 5 S 2498/95 -).
b) Die fehlende „Beteiligung“ des richtigen, zur Entscheidung berufenen Organs führt zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, wenn keine Heilung nach § 45 VwVfG in Betracht kommt und der Fehler auch nicht nach § 46 VwVfG unbeachtlich ist (vgl. NdsOVG, Urteil vom 7. März 2024, a.a.O., Rn. 19, m.w.N.). So liegt es hier.
aa) Gemäß § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ist eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Nach § 1 Abs. 1 VwVfG LSA i.V.m. § 45 Abs. 2 VwVfG kann dies bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erfolgen.
Da der Verfahrensmangel darin liegt, dass der Stadtrat der Beklagten die Kläger vor seiner Beschlussfassung am 29. September 2021 nicht angehört hatte, wäre dieser Mangel nur geheilt worden, wenn sich der Stadtrat zu einem späteren Zeitpunkt auf die von den Klägern vorgetragenen Einwände erneut mit der Angelegenheit befasst und eine den Beschluss bestätigende Entscheidung getroffen hätte (vgl. VGH BW, Urteil vom 20. Juli 2022, a.a.O.). Dies ist aber offenbar nicht erfolgt. Die bloße Überprüfung der Ausgangsentscheidung durch den Bürgermeister der Beklagten, der jedenfalls die Zweckmäßigkeit der Entscheidung des Stadtrats nicht selbstständig überprüfen konnte, reichte nicht aus (vgl. OVG RP, Urteil vom 22. März 2023, a.a.O., Rn. 39).
bb) Der Fehler ist auch nicht nach § 1 Abs.1 VwVfG LSA i.V.m. § 46 VwVfG (i.V.m. § 1 Abs. 1 VwVfG LSA) unbeachtlich. ach kann die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Diese Vorschrift greift hier schon deshalb nicht, weil Fälle der sachlichen Unzuständigkeit nicht unter diese Bestimmung fallen. § 46 VwVfG schließt im Falle einer Verletzung von Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit den Aufhebungsanspruch unabhängig von der Ergebnisrelevanz nicht aus, wie aus der dortigen besonderen Erwähnung der örtlichen Zuständigkeit zu folgern ist (BVerwG, Urteil vom 8. November 2022 – 7 C 7.21 -.). Dies betrifft auch die Fälle der vorliegenden Art, in denen nicht der gemeindeintern zuständige Stadtrat gehandelt hat (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2006 – 1 A 11596/05 -). Darüber hinaus ist angesichts der Natur der Vorkaufsrechtsausübung als Ermessensentscheidung nicht offensichtlich, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2006, a.a.O.). Eine kollegial zu treffende Ermessensentscheidung kann schon dadurch anders ausfallen, dass eine Person durch ihre Teilnahme an der Beratung Einfluss auf die anderen Organmitglieder ausüben und diese zu einem abweichenden Abstimmungsverhalten veranlassen kann (BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2018 – 2 C 14.17 -).
Vor diesem Hintergrund geht auch der Einwand der Beklagten ins Leere, ihrem Stadtrat seien bei seiner Beschlussfassung alle für die Vorkaufsrechtsausübung maßgeblichen Umstände bekannt gewesen und die Kläger hätten in den auf die Anhörung durch den Bürgermeister folgenden Schreiben nur pauschal vorgetragen, dass das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht rechtfertige. Im Übrigen hatte der Prozessbevollmächtigte der Kläger in seinem Schriftsatz vom 29. Oktober 2021 weitere Ausführungen nach Übersendung der Sanierungssatzung der Beklagten angekündigt, so dass nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung des Stadtrates nach Kenntnisnahme dieser Ausführungen anders ausgefallen wäre.
2. Der angefochtene Bescheid ist auch materiell rechtswidrig.
a) Allerdings ist die Ausübung des Vorkaufsrechts entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht wegen Ablaufs der Frist des § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB rechtswidrig. ach kann das Vorkaufsrecht nur binnen drei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrags durch Verwaltungsakt gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden.
Diese Frist beginnt mit der Mitteilung des Inhalts des Kaufvertrags im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 BauGB an die Gemeinde durch den Verkäufer oder den Käufer. Der Gemeinde ist der Inhalt des Vertrags unter Hinweis auf das Vorkaufsrecht und den Zweck der Vorlage mitzuteilen. Mitzuteilen sind auch alle Wirksamkeitsvoraussetzungen, insbesondere die Erteilung der nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und 3 BauGB erforderlichen sanierungsrechtlichen Genehmigung. Wird der Gemeinde ein noch genehmigungsbedürftiger Kaufvertrag übersandt, muss zu gegebener Zeit die Erteilung der Genehmigung oder der Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 145 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. § 22 Abs. 5 Satz 4 BauGB mitgeteilt werden; erst dann beginnt die Frist zu laufen. Dies gilt auch dann, wenn die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde eine Dienststelle der vorkaufsberechtigten Gemeinde ist, da diese insoweit keine eigenen Ermittlungen anzustellen braucht (VGH BW, Urteil vom 30. September 2021 – 3 S 2595/20 -; OVG Bln-Bbg, Beschluss vom 27. Mai 2024 – OVG 10 N 97/21 -). An einer solchen, vor Ausübung des Vorkaufsrechts erfolgten Mitteilung der Kläger oder des von ihnen bevollmächtigten Notars an die Beklagte, dass (aus ihrer Sicht) die sanierungsrechtliche Genehmigung als erteilt gelte, fehlt es hier.
b) Auch liegt entgegen der Auffassung der Kläger der Ausschlusstatbestand des § 26 Nr. 4, 2. Alternative BauGB nicht vor. ach ist die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen, wenn das Grundstück entsprechend den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bebaut ist und genutzt wird und keine städtebaulichen Missstände oder Mängel im Sinne des § 177 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 BauGB vorliegen.
Unabhängig davon, ob derartige Missstände oder Mängel vorliegen, setzt der Ausschlusstatbestand voraus, dass sowohl die Nutzungsabsichten der Eigentümer des Kaufgrundstücks als auch die Zielvorstellungen und Zwecke der Sanierungsmaßnahme hinreichend präzisiert und konkretisiert worden sind (vgl. VGH BW, Urteil vom 30. September 2021 – 3 S 2595/20 -). Maßgeblich ist auch insoweit der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (BVerwG, Urteil vom 9. November 2021 – 4 C 1.20 -), hier also des Erlasses des Widerspruchsbescheides am 13. Juli 2022.
In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob die Nutzungsabsichten der Kläger zu 1. und 2. im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides hinreichend präzisiert und konkretisiert waren. Hinsichtlich der Zielvorstellungen der Beklagten und Zwecke der Sanierungsmaßnahmen war dies jedenfalls nicht der Fall.
Auch wenn die Sanierungsplanung im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im Regelfall noch wenig konkret sein wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. April 2018 – 4 CN 2.17 -) und zu Beginn des Sanierungsverfahrens keine hohen Anforderungen an die Konkretisierung der Sanierungsziele gestellt werden dürfen (BVerwG, Urteil vom 4. März 1999 – 4 C 8.98 -), sind mit fortschreitendem Sanierungsverfahren jedoch höhere Anforderungen an die Konkretisierung der Sanierungsziele zu stellen (BVerwG, Beschluss vom 15. März 1995 – 4 B 33.95 -; Urteil vom 4. März 1999, a.a.O.). Mit Fortgang des Sanierungsverfahrens bedarf es einer zunehmenden Konkretisierung und qualifizierten Verfestigung der Sanierungsziele, d.h. der Entwicklung konkreter Vorstellungen zur Neugestaltung, zur Verbesserung bzw. zur Neuordnung des Sanierungsgebiets (vgl. BayVGH, Beschluss vom 30. Juli 2018 – 9 ZB 16.1068 -). Allerdings muss eine solche Fortentwicklung in irgendeiner Weise planerisch formuliert sein (VGH BW, Urteil vom 30. September 2021, a.a.O., Rn. 38). Das Erfordernis einer fortschreitenden Konkretisierung der Sanierungsziele besteht gerade im Hinblick auf die in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet erforderlichen grundstücksbezogenen Einzelentscheidungen (VGH BW, Urteil vom 30. September 2021, a.a.O. Rn. 44; Urteil vom 17. September 2024, a.a.O. Rn. 86). Mit fortschreitendem Sanierungsverfahren ist eine weitere Konkretisierung geboten, die erkennen lässt, wie das Sanierungsgebiet im Einzelnen genutzt werden soll (BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2011 – 4 C 13.10 -).
In der Satzung der Beklagten über die städtebauliche Sanierungsmaßnahme „A-Stadt Kernstadt“ sind Sanierungsziele formuliert, die offenbar bereits in der am 5. Juni 1996 beschlossenen und am 28. Mai 1997 bekanntgemachten Ursprungsfassung enthalten waren. Die 1. Änderung der Satzung vom 3. November 2003 betraf nur die Erweiterung des Sanierungsgebiets. In der dazu gegebenen Begründung (vgl. Bl. 65 des Verwaltungsvorgangs) heißt es:
1.0 BISHERIGER ABLAUF DER SANIERUNG
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt I-Stadt hat in ihrer Sitzung am 29.04.1992 beschlossen, eine Sanierungsmaßnahme für den Stadtkern von A-Stadt nach dem Bundesbaugesetz vorzubereiten und durchzuführen.
Zu diesem Zweck wurde gem. §§ 140 und 141 BauGB die vorbereitende Untersuchung eingeleitet. Die Bestandsaufnahme, die Festlegung der Ziele des Sanierungsvorhabens und die Beteiligung der Bürger und Träger öffentlicher Belange erfolgte in den Jahren 1992/93.
Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt I-Stadt hat sich über die Zwischenergebnisse der vorbereitenden Untersuchung mehrfach informiert und in ihren Diskussionen die städtebaulichen Missstände und das Maßnahmenkonzept zu ihrer Behebung formuliert. Sie hat den Ergebnissen der vorbereitenden Untersuchung in ihrer Sitzung am 07.07.1993 zugestimmt.
Die abschließende förmliche Festlegung des Sanierungsgebiets erfolgte aus Gründen einer geordneten Durchführung der Sanierung erst nach der Programmaufnahme mit Beschluss vom 05.06.1996.
Die Funktionszusammenhänge und Randbedingungen für das Sanierungsgebiet sind so komplex und teilweise so veränderlich, dass die Sanierungsziele im Zuge einer Rahmenplanung fortentwickelt und in ein detailliertes Maßnahmenkonzept umgesetzt wurden. Der 1993/94 erarbeitete Sanierungsrahmenplan wurde 1997 zum Beginn der Umsetzungsphase überarbeitet und aktualisiert.
2.0 STÄDTEBAULICHE MISSSTÄNDE
Im Rahmen der vorbereitenden Untersuchung zur Stadtkernsanierung von A-Stadt wurden erhebliche städtebauliche Mängel im Sinne des § 136 Abs. 2 und 3 BauGB festgestellt. Diese werden im Folgenden nur kurz zusammengefasst, darüber hinaus wird auf den Text zur VU sowie die Begründung zur Satzung über das Sanierungsgebiet verwiesen,
Neben allgemeinen Mängeln an der vorhandenen Bausubstanz, Gestaltungs- und Funktionsdefiziten bei Gebäuden und Freiflächen, Problemen bei der verkehrlichen und technischen Erschließung sowie strukturellen Schwierigkeiten im gewerblichen Bereich ist vor allem auf die umfangreichen Aufgaben bei der Umstellung des örtlichen Fremdenverkehrs der DDR-Zeit auf moderne Erfordernisse hinzuweisen. Ohne Erhaltung und Vermehrung der Arbeitsplätze in der Tourismusbranche und Sicherung der davon mittelbar abhängigen Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe ist die Stadt wirtschaftlich nicht lebensfähig. Eng damit verknüpft ist die Pflege der überwiegend denkmalgeschützten historischen Bausubstanz, die Belastung und Chance zugleich bedeutet.
3.0 SANIERUNGSZIELE
Die festgestellten städtebaulichen Missstände können durch Sanierungsmaßnahmen gem. § 136 BauGB behoben werden. Der Sanierung wurde folgende allgemeine Zielsetzung zugrunde gelegt (Hervorhebungen durch den Senat):
– Verbesserung der Wohn- und Arbeitsbedingungen für die im Stadtkern wohnenden und arbeitenden Menschen durch Modernisierung von Wohn- und Geschäftshäusern, Verbesserung des Wohnumfeldes und der Infrastruktureinrichtungen
– Stärkung und Ausbau der Fremdenverkehrs- und Erholungsfunktion der Stadt I-Stadt durch Aufbau einer touristischen Infrastruktur, Ausbau des Beherbergungswesens und Sicherung und Pflege des historischen Stadt- und Landschaftsbildes
– Pflege und Erhaltung der charakteristischen historischen Baustruktur im Grundriss und Erscheinungsbild, Entwicklung von individuellen, parzellenbezogenen Nutzungskonzepten
– Stärkung des Stadtkerns bei der Wahrnehmung seiner grundzentralen Aufgaben als Versorgungsträger für das Stadtgebiet, den Fremdenverkehr und den unmittelbaren Verflechtungsbereich
– Schaffung von neuem Wohnraum
– Verbesserung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse im Hinblick auf den fließenden und ruhenden Verkehr
– Erhöhung der Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmer durch verkehrsberuhigende Maßnahmen
– Verbesserung des Erscheinungsbildes von Platz- und Straßenräumen durch öffentliche und private Baumaßnahmen
– Verknüpfung von Grün- und Erholungsbereichen unter Berücksichtigung auch ökologischer Gesichtspunkte, Ausbau des Fußwegenetzes
– Verbesserung der Freiraum- und Gewässerqualitäten der Ilse, der Gräben und Teiche, Sicherung und Erschließung der Uferbereiche unter Berücksichtigung der Gewässerschonstreifen gemäß § 94 WG LSA
– Ausbau der Ver- und Entsorgungssysteme
Mit der 2. Änderung der Satzung vom 24. November 2021 sollte der Geltungsbereich der Satzung nochmals festgestellt und die Dauer der Sanierung bis zum 31. Dezember 2025 verlängert werden (vgl. Bl. 82 des Verwaltungsvorgangs).
Die Beklagte hat somit die in der Sanierungssatzung ausdrücklich als „allgemeine Zielsetzungen“ bezeichneten Sanierungsziele nach Inkrafttreten der Ursprungsfassung der Sanierungssatzung im Mai 1997 offenbar nicht weiter konkretisiert. Selbst bei Zugrundelegung der von der Beklagten mit der 2. Änderungssatzung neu festgelegten Umsetzungsfrist bis zum 31. Dezember 2025 und damit einer Dauer des Sanierungsverfahrens von ca. 28 Jahren lag im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung am 13. Juli 2022 nach Ablauf von mehr als 25 Jahren nach Inkrafttreten der Satzung eine fortgeschrittene Sanierung vor (vgl. BayVGH, Beschluss vom 30. Juli 2018 – 9 ZB 16.1068 -). Das seitdem unverändert gebliebenen Sanierungskonzept aus den Jahren 1996/1997 genügte den Konkretisierungsanforderungen im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts und im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nicht mehr. Die von der Beklagten hier in Bezug genommenen Sanierungsziele lassen nicht erkennen, welche Anforderungen die Beklagte an die Nutzung des in Rede stehende Grundstück insoweit stellen will.
(1) Das im ersten Spiegelstrich angegebene Sanierungsziel „Verbesserung der Wohn- und Arbeitsbedingungen für die im Stadtkern wohnenden und arbeitenden Menschen durch Modernisierung von Wohn- und Geschäftshäusern, Verbesserung des Wohnumfeldes und der Infrastruktureinrichtungen“, lässt nicht erkennen, wann ein Modernisierungsbedarf anzunehmen ist, welche Grundstücke betroffen sind und wie eine Modernisierung aussehen soll. Dies war zu Beginn des Sanierungsverfahrens und geraume Zeit danach nicht erforderlich. Von der Beklagten konnte aber unter Berücksichtigung des Zügigkeitsgebots erwartet werden, dass sie 25 Jahre nach Inkrafttreten der Sanierungssatzung dieses Sanierungsziel, wenn nicht schon grundstücksbezogen, zumindest dahingehend konkretisiert, was unter dem Begriff „Modernisierungsbedarf“ zu verstehen ist, insbesondere welchen Zustand ein Gebäude aufweisen muss, um einen Modernisierungsbedarf auszulösen. Nur dann lässt sich beurteilen, ob ein Grundstück im Sinne von § 26 Nr. 4 BauGB entsprechend den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme genutzt wird. Es fehlen auch Vorgaben, wie eine Modernisierung aussehen soll, etwa dergestalt, dass keine besonders aufwendige Sanierung erfolgen soll, um die Miethöhe begrenzen zu können. Nur dann ist es dem jeweiligen Grundstückseigentümer möglich, eine nach den Vorstellungen der Beklagten erforderliche Modernisierung selbst vorzunehmen und die Ausübung des Vorkaufsrechts nach 27 Abs. 1 BauGB abzuwenden. Der Senat vermag keine Gründe zu erkennen, weshalb der Beklagten eine solche Konkretisierung mehr als 25 Jahre nach Inkrafttreten der Sanierungssatzung nicht möglich gewesen sein könnte.
(2) Das im sechsten Spiegelstrich angeführte Sanierungsziel „Verbesserung der innerörtlichen Verkehrsverhältnisse im Hinblick auf den fließenden und ruhenden Verkehr“ ist ebenfalls nicht hinreichend konkretisiert. Es werden keine Maßnahmen benannt, auf welche Art und Weise dieses Ziel erreicht werden soll, insbesondere wird nicht angegeben, ob und in welcher Form für das Erreichen dieses Ziels auch private Grundstücke in Anspruch genommen werden sollen. Insoweit genügt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht, dass dieses bereits in der Sanierungssatzung benannte Ziel auf jeden Fall der sanierungsrechtlichen Genehmigung oder Vorkaufsrechtsausübung anzuwenden war.
c) Die unterlassene Präzisierung und Konkretisierung der in der Sanierungssatzung formulierten Sanierungsziele kommt der Beklagten aber letztlich nicht zugute. Dies führt vielmehr dazu, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts deshalb materiell rechtswidrig ist, weil sie gegen die Regelung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB verstößt, wonach das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden darf, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt.
Der Begriff des Wohls der Allgemeinheit ist ähnlich wie im Bereich des verfassungsrechtlichen Eigentumsschutzes (Art. 14 Abs. 2 und 3 GG) und der speziellen Enteignungsvorschriften (§ 87 Abs. 1 BauGB) nicht mit dem Begriff des öffentlichen Interesses gleichzusetzen. Erst ein qualifiziertes, sachlich objektiv öffentliches Interesse als Ergebnis einer Abwägung der im Einzelfall miteinander in Widerstreit stehenden privaten und öffentlichen Interessen kann mit dem Wohl der Allgemeinheit identifiziert werden. An die Ausübung des Vorkaufsrechts werden gegenüber einer Enteignung, die nur zulässig ist, wenn das Wohl der Allgemeinheit diese erfordert, qualitativ geringere Anforderungen gestellt. Es genügt, wenn der Erwerb des Grundstücks im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen zu den vom Gesetzgeber gebilligten bodenpolitischen, eigentumspolitischen und städtebaulichen Zwecken erfolgt und dabei überwiegende Vorteile für die Allgemeinheit angestrebt werden. In förmlich festgesetzten Sanierungsgebieten muss sich die Ausübung des Vorkaufsrechts grundsätzlich an den konkreten Erfordernissen der Sanierung orientieren. Wie oben bereits dargelegt, dürfen zwar an die Konkretisierung dieser Ziele bei Erlass der Sanierungssatzung nur relativ geringe Anforderungen gestellt werden, aber mit fortschreitendem Sanierungsverfahren werden die Anforderungen höher. Die Gemeinde darf und muss die Sanierungsziele im Verlauf des Sanierungsverfahrens ggf. präzisieren und fortentwickeln; sie darf auch auf eventuell neu eingetretene städtebauliche Missstände reagieren und neue Sanierungsziele entwickeln. Das in der Rechtsprechung entwickelte Erfordernis der nachträglichen Konkretisierung der anfänglichen Sanierungsziele stellt dabei keinen Selbstzweck dar.
Insbesondere stellt sich die Frage nach einer hinreichenden Konkretisierung des Sanierungszieles (auch) nach einem längeren Zeitablauf dann nicht, wenn für das im Einzelfall betroffene Grundstück bereits bei der Aufstellung der Sanierungssatzung ein auch auf lange Sicht hinreichend konkretes Sanierungsziel vorhanden war. Denn auch ein langer Zeitraum seit der Inkraftsetzung der Sanierungssatzung stellt für sich genommen nicht in Frage, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts dem Wohl der Allgemeinheit dienen kann. Bei der Bestimmung der Anforderungen an die erforderliche Konkretisierung der Sanierungsziele im Einzelfall ist jedoch zu beachten, dass es sich bei den mit dem Erlass einer Sanierungssatzung verbundenen Beschränkungen um Eingriffe in das Eigentumsgrundrecht des Verkäufers (Art. 14 GG) und die Privatautonomie des Käufers (Art. 2 Abs. 1 GG) handelt, die der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung bedürfen. Den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes trägt der Gesetzgeber dabei u.a. durch Bestimmungen Rechnung, die im Fall einer den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme entsprechenden Bebauung und Nutzung die Ausübung des Vorkaufsrechts ausschließen (§ 26 Nr. 4 BauGB), dessen Abwendung ermöglichen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB) oder die sanierungsrechtliche Genehmigungspflicht ganz oder für einzelne Grundstücke entfallen lassen (§ 163 Abs. 1 BauGB). In vergleichbarer Weise darf die sanierungsrechtliche Genehmigung nach § 145 Abs. 2 BauGB nur versagt werden, wenn Grund zur Annahme besteht, dass das Vorhaben, der Rechtsvorgang einschließlich der Teilung eines Grundstücks oder die damit erkennbar bezweckte Nutzung die Durchführung der Sanierung unmöglich machen oder wesentlich erschweren oder den Zielen und Zwecken der Sanierung zuwiderlaufen würden. Auch im Übrigen bleibt die Durchführung von Baumaßnahmen nach § 148 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BauGB grundsätzlich den Eigentümern überlassen, soweit die zügige und zweckmäßige Durchführung der Sanierung gewährleistet ist. Ebenso dient der in § 164 Abs. 1 Satz 1 BauGB normierte Rückübertragungsanspruch nach endgültiger Aufgabe der Sanierungsabsicht dem Zweck, den Eingriff in die Eigentümerposition auf das zur Erreichung der Sanierungszwecke erforderliche Maß zu beschränken. Insbesondere die Ausübung der Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt aber voraus, dass die Verwendung des Grundstücks nach den baurechtlichen Vorschriften oder den Zielen und Zwecken der städtebaulichen Maßnahme bestimmt oder mit ausreichender Sicherheit bestimmbar ist. Dies wird insbesondere zu Beginn des jeweiligen Sanierungszeitraums jedoch regelmäßig nicht der Fall sein, da zu Beginn des Sanierungsverfahrens keine zu hohen Anforderungen an die Konkretisierung der Sanierungsziele gestellt werden dürfen. Insoweit will der Gesetzgeber den Gemeinden für die Verwirklichung ihrer Sanierungsziele bis hin zur Aufstellung eines Sanierungsbebauungsplans hinreichende Zeit zur Verfügung stellen, so dass von den zur Sicherung der Sanierungsziele zur Verfügung gestellten Rechtsinstituten anfänglich auch auf Grundlage vergleichsweise vager Sanierungsvorstellungen Gebrauch gemacht werden darf. Dessen ungeachtet unterliegt die Sanierungsplanung – wie dies nicht zuletzt auch in § 142 Abs. 3 Satz 3 und 4 i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BauGB zum Ausdruck kommt – jedoch dem sog. Zügigkeitsgebot (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Juli 2003 – 4 CN 2.02 -). Mit diesem will der Gesetzgeber die von einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ausgehenden grundrechtsbeschränkenden Wirkungen von vorneherein auf einen gewissen zeitlichen Rahmen beschränken und zugleich sicherstellen, dass diese Beschränkungen nicht über das notwendige Maß hinweg aufrechterhalten werden, indem die Sanierung ohne schlüssiges Konzept oder sonst unsachgemäß betrieben wird. Ein Verstoß gegen das Zügigkeitsgebot kann ggf. dazu führen, dass die mit der förmlichen Festlegung eines Sanierungsgebiets für den betroffenen Grundstückseigentümer verbundenen verfahrensrechtlichen und inhaltlichen Beschränkungen die Grenze der Sozialbindung des Eigentums übersteigen. Gleichermaßen entfällt daher mit zunehmender Dauer des Sanierungsverfahrens die Rechtfertigung dafür, etwaigen Käufern die Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB vorzuenthalten. Insbesondere liefe es der grundrechtssichernden Funktion des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB zuwider, der Gemeinde die Möglichkeit zu eröffnen, die Ausübung der gesetzlichen Abwendungsbefugnis durch eine schleppende Planung bzw. einen dauerhaften Verzicht auf Festlegungen zur Verwendung spezifischer Grundstücke dauerhaft zu vereiteln.
Insoweit ist in der Rechtsprechung vielmehr geklärt, dass zwischen der Regelung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wonach das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden darf, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt, und den in § 26 BauGB genannten Ausschlussgründen ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Der Katalog der in § 26 BauGB ausdrücklich aufgeführten Ausschlusstatbestände konkretisiert Beispielsfälle, in denen das Allgemeinwohl die Ausübung des Vorkaufsrechts typischerweise nicht rechtfertigt.
Er bietet für die Anwendung des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB ebenfalls einen gewichtigen Orientierungspunkt.
Nichts anderes gilt für die in § 27 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauGB kodifizierten Abwendungsbefugnisse des Käufers. Jedenfalls mit zunehmender Dauer des Sanierungsverfahrens muss die Konkretisierung der Sanierungsziele daher ein Maß erreichen, das eine Ausübung der Abwendungsbefugnis nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB ermöglicht. Denn eine hiervon abweichende Normauslegung würde Anreize dafür schaffen, von einer (hinreichenden) Konkretisierung der Planung möglichst lange Abstand zu nehmen und sich so quasi durch die Hintertür die Möglichkeit zu schaffen, Grundstückseigentümer durch die dauerhafte Verweigerung sanierungsrechtlicher Genehmigungen für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksnutzung zur Veräußerung von Grundstücken zu veranlassen, ohne dass Erwerbern die Möglichkeit einer Abwendung des Vorkaufsrechts nach Maßgabe des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB eröffnet würde. Ein hinreichendes Maß an Konkretisierung ist daher erst dann erreicht, wenn die Sanierungsziele ausnahmsweise bereits im Erlass der Sanierungssatzung den vorgenannten Anforderungen genügten oder von der planenden Gemeinde im für die Beurteilung der grundstücksbezogenen Einzelentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt auch unter Berücksichtigung des Zügigkeitsgebots nicht erwartet werden konnte, ein höheres als das bereits erreichte Maß an Konkretisierung zu erreichen. Insbesondere im Fall einer sehr langen Sanierungsdauer kann die Ausübung eines Vorkaufsrechts daher erfordern, dass die Sanierungsplanung das für die Ausübung einer Abwendungsbefugnis im Sinne des § 27 Abs. 1 Satz 1 BauGB erforderliche Maß erreicht hat. Im Fall einer (im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts) unzureichenden Konkretisierung der Sanierungsziele, an deren Verwirklichung die Gemeinde dessen ungeachtet festhält, steht mithin zwar nicht in Zweifel, dass die Verwirklichung der Sanierungsziele auch weiterhin dem Wohl der Allgemeinheit dienen kann. Sie sind vor dem Hintergrund der Grenzen der Sozialbindung des Eigentums und der Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes an die schonende Ausgestaltung von Grundrechtsbeschränkungen ggf. aber nicht mehr geeignet, die Ausübung des Vorkaufsrechts im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu rechtfertigen. Vielmehr muss sich die Gemeinde ggf. auf den freihändigen Grundstückserwerb oder Kooperationsvereinbarungen mit den jeweiligen Eigentümern verweisen lassen, wenn sie den Anforderungen des Zügigkeitsgebots nicht entsprochen hat (zum Ganzen: VGH BW, Urteil vom 17. September 2024 – 3 S 865/23 -).
Ausgehend hiervon waren die im angefochtenen Bescheid bezeichneten Sanierungsziele nicht (mehr) geeignet, die Ausübung des Vorkaufsrechts im Sinne des § 24 Abs. 3 Satz 1 BauGB zu rechtfertigen. Wie oben bereits dargelegt, waren im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides die in der Sanierungssatzung ausdrücklich als „allgemeine Zielsetzungen“ bezeichneten Sanierungsziele nach Ablauf von 25 Jahren nicht (mehr) hinreichend konkretisiert.
III.
Nach alldem ist auch die auf Ausstellung eines Zeugnisses über die Nichtausübung des Vorkaufsrechts gerichtete Verpflichtungsklage begründet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Anspruch ergibt sich aus § 28 Abs. 1 Satz 3 BauGB, da ein Vorkaufsrecht nicht besteht.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
D.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 709 ZPO.
E.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe nicht vorliegen.
F.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 9.6 und Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Für die Anfechtung der Kläger zu 1 und 2 (Käufer) werden 25 % des Kaufpreises in Höhe von 148.000,00 angesetzt (Nr. 9.6.1 des Streitwertkataloges). Für die Anfechtung der Kläger zu 3 bis 5 (Verkäufer) legt der Senat gemäß Nr. 9.6.2 des Streitwertkataloges den Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG in Höhe von 5.000,00 Euro zugrunde, da es an einer Preisdifferenz fehlt, die Beklagte vielmehr bereit ist, den zwischen den Klägern vereinbarten Kaufpreis an die Kläger zu 3 bis 6 zu zahlen. Die Werte von 37.000,00 Euro und 5.000,00 Euro sind nach Nr. 1.1.3 des Streitwertkataloges zu einem Gesamtbetrag von 42.000,00 Euro zusammenzurechnen, da zwischen den Klägern zu 1 und 2 einerseits und den Klägern zu 3 bis 5 andererseits keine Rechtsgemeinschaft besteht, sondern der Kaufvertrag nur gegenseitige vertragliche Rechte und Pflichten entstehen lässt (vgl. OVG MV, Beschluss vom 3. Dezember 2009 – 3 O 67/09 -).