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Auszahlung von Hinterlegungen mit vollstreckbarer Urkunde: Was wird geprüft?

Ein Miterbe forderte die Auszahlung von Hinterlegungen mit vollstreckbarer Urkunde, obwohl die Gegenseite schwere materielle Mängel im Erbauseinandersetzungsplan rügte. Trotz dieses schwerwiegenden Einwandes musste sich die Hinterlegungsstelle möglicherweise allein auf die formelle Wirksamkeit des Titels verlassen.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 101 VA 62/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
  • Datum: 08.08.2025
  • Aktenzeichen: 101 VA 62/25
  • Verfahren: Überprüfung der Auszahlungsanordnung aus einer Hinterlegung
  • Rechtsbereiche: Hinterlegungsrecht, Erbauseinandersetzung, Verfahrensrecht

  • Das Problem: Eine Miterbin wehrte sich gegen die Auszahlung hinterlegter Versteigerungserlöse an einen anderen Miterben. Die Auszahlung erfolgte aufgrund eines notariell bestätigten Erbauseinandersetzungsplans. Die Miterbin bestritt, dem Plan zugestimmt zu haben, und rügte Verfahrensfehler.
  • Die Rechtsfrage: Muss die Hinterlegungsstelle hinterlegtes Geld auszahlen, wenn ein Beteiligter eine vollstreckbare Notarurkunde vorlegt, auch wenn die Richtigkeit dieser Urkunde von einem anderen Beteiligten bestritten wird?
  • Die Antwort: Ja. Die Hinterlegungsstelle muss die Auszahlung anordnen, wenn der Empfänger die formell notwendige, vollstreckbare Notarurkunde vorlegt. Die Behörde darf materielle Streitfragen über die Wirksamkeit der Urkunde nicht selbst prüfen.
  • Die Bedeutung: Das Hinterlegungsverfahren ist formal und prüft nur die formelle Gültigkeit der vorgelegten Dokumente. Materielle Streitigkeiten oder behauptete Fehler im notariellen Verfahren müssen in einem separaten, streitigen Gerichtsverfahren geklärt werden.

Der Fall vor Gericht


Darf die Behörde trotz Widerspruch an einen Miterben auszahlen?

Ein Miterbe verlangt die Herausgabe der hinterlegten Erbmasse und legt dafür die vollstreckbare Notarurkunde vor.
Hinterlegungsstellen dürfen Auszahlungen nur nach formellen Titeln prüfen, nicht nach inhaltlichen Mängeln. | Symbolbild: KI

Ein Miterbe betritt eine Behörde mit einer notariell beglaubigten Urkunde und verlässt sie mit einem großen Geldbetrag. Seine Schwester und Miterbin war bei der Erstellung dieser Urkunde nicht anwesend. Sie erfährt erst später von der Auszahlung und protestiert vehement. Die Urkunde, so ihre Argumentation, sei das Ergebnis eines fehlerhaften Verfahrens, dem sie niemals zugestimmt habe. Der Fall landete vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) und drehte sich um eine fundamentale Frage: Wann wird ein Stück Papier so mächtig, dass sein formaler Anschein alle inhaltlichen Einwände überstrahlt?

Worum drehte sich der Streit im Kern?

Im Mittelpunkt stand Geld aus zwei Zwangsversteigerungen, das für eine zerstrittene Erbengemeinschaft bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Rosenheim sichergestellt war. Ein Bruder aus dieser Gemeinschaft wollte seinen Anteil haben. Er initiierte bei einer Notarin ein Verfahren zur Auseinandersetzung des Erbes. Seine Schwester, die Miterbin, erschien nicht zum Termin.

Die Notarin erstellte trotzdem einen Auseinandersetzungsplan. Dieser Plan wurde der Schwester zugestellt. Da sie innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Widerspruch einlegte und keinen neuen Termin beantragte, wurde ihre Zustimmung rechtlich fingiert – so sah es das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vor (§ 366 Abs. 3 FamFG). Die Notarin bestätigte den Plan, der damit rechtskräftig und vollstreckbar wurde (§ 371 FamFG).

Mit einer vollstreckbaren Ausfertigung dieser Notarurkunde in der Hand beantragte der Bruder bei der Hinterlegungsstelle die Auszahlung seines Anteils. Die Stelle prüfte das Dokument und zahlte das Geld aus. Die Schwester legte Beschwerde ein. Sie argumentierte, die Auszahlung sei rechtswidrig gewesen, da sie dem Plan nie zugestimmt habe und das notarielle Verfahren fehlerhaft war.

Welche Fehler warf die Miterbin dem Verfahren vor?

Die Schwester griff die Auszahlung auf mehreren Ebenen an. Ihr zentraler Punkt: Ohne ihre ausdrückliche Zustimmung hätte kein Geld fließen dürfen. Sie führte an, die gesamte notarielle Auseinandersetzung sei unwirksam.

Ihre Argumente im Detail:

  • Fehlende Zustimmung: Sie habe dem Auseinandersetzungsplan nie zugestimmt. Die rechtliche Fiktion ihrer Zustimmung sei nicht eingetreten, weil die notarielle Belehrung unzureichend gewesen sei. Es sei ihr nicht klargemacht worden, dass sie bei einem Widerspruch aktiv einen neuen Termin beantragen müsse.
  • Formelle Mängel: Sie bestritt, ordnungsgemäß geladen und über alle Schritte korrekt informiert worden zu sein. Insbesondere ein entscheidender Bestätigungsbeschluss des Notars habe sie nie erreicht.
  • Materielle Mängel: Der Auseinandersetzungsplan selbst sei inhaltlich falsch. Er erfasse nicht den gesamten Nachlass und beinhalte für sie grob benachteiligende Regelungen. Zudem bestünden noch offene Schadensersatzansprüche gegen den Bruder.

Mit diesem Bündel an Vorwürfen wollte sie beweisen, dass die Grundlage für die Auszahlung – die vollstreckbare Notarurkunde – rechtlich wertlos war. Die Hinterlegungsstelle hätte die Auszahlung verweigern müssen.

Warum zählte für das Gericht nur das formale Dokument?

Das BayObLG wies den Antrag der Schwester zurück. Die Richter stellten klar, dass die Hinterlegungsstelle korrekt gehandelt hatte. Ihre Begründung trennt sauber zwischen zwei verschiedenen Welten: der Welt des formalen Hinterlegungsverfahrens und der Welt der materiellen Erbstreitigkeiten.

Die Aufgabe der Hinterlegungsstelle ist streng begrenzt. Sie ist keine Richterin über Erbstreitigkeiten. Ihre Rolle ist die einer formalen Prüfinstanz. Das Bayerische Hinterlegungsgesetz (BayHintG) schreibt genau vor, welche Nachweise für eine Auszahlung genügen. Eine vollstreckbare öffentliche Urkunde ist einer dieser Nachweise (Art. 20 Abs. 1 Nr. 2 BayHintG).

Der Bruder legte genau solch ein Dokument vor: die Vollstreckbare Ausfertigung der Notarurkunde. Für die Hinterlegungsstelle war das entscheidend. Die Urkunde bewies formell seine Empfangsberechtigung. Ob die Notarin bei der Erstellung der Urkunde Verfahrensfehler gemacht hatte, ob die Schwester korrekt geladen wurde oder ob der Auseinandersetzungsplan inhaltlich fair war – all das zu prüfen, ist nicht die Aufgabe der Hinterlegungsstelle. Ihre Prüfkompetenz endet an der Siegel-und-Unterschrift-Grenze des vorgelegten Titels.

Wieso spielten die Einwände der Schwester am Ende keine Rolle?

Die Einwände der Schwester waren im falschen Verfahren. Das Gericht erklärte, dass eine einmal erstellte vollstreckbare Urkunde rechtliche Wirkung entfaltet, bis sie in einem dafür vorgesehenen Verfahren aufgehoben wird. Die Hinterlegungsstelle darf und muss sich auf die Gültigkeit des Dokuments verlassen.

Eine Ausnahme bestünde nur in extremen Fällen – etwa, wenn die Urkunde eine offensichtliche Fälschung oder aus schwerwiegenden Gründen von Anfang an nichtig wäre. Solche extremen Mängel trug die Schwester aber nicht vor. Ihre Vorwürfe betrafen mögliche Fehler im notariellen Verfahren. Um diese Fehler zu rügen, hätte sie die Notarurkunde selbst juristisch angreifen müssen, zum Beispiel mit einer Klage vor dem zuständigen Gericht. Das Hinterlegungsverfahren war der falsche Ort dafür.

Das Gericht nutzte eine juristische Fiktion zur Verdeutlichung. Durch die Rechtskraft des notariellen Auseinandersetzungsplans gelten die darin enthaltenen Willenserklärungen aller Beteiligten als abgegeben – auch die der abwesenden Schwester. Diese Fiktion ergibt sich aus der Zivilprozessordnung (§ 894 ZPO). Die Hinterlegungsstelle sah also ein Dokument, das formal die Zustimmung aller Erben enthielt. Auf dieser Grundlage musste sie auszahlen.

Die Urteilslogik

Eine vollstreckbare Notarurkunde fungiert im Hinterlegungsverfahren als formaler Türöffner und überstrahlt alle Einwände gegen die materielle Richtigkeit des zugrundeliegenden Anspruchs.

  • Der formelle Titel gilt uneingeschränkt: Eine vollstreckbare öffentliche Urkunde entfaltet im Herausgabeverfahren ihre volle Rechtswirkung; diese Wirkung bleibt bestehen, solange der Titel nicht in einem separaten Verfahren für unwirksam oder nichtig erklärt wird.
  • Die Prüfkompetenz ist formal begrenzt: Eine Verwahrstelle prüft ausschließlich die äußere und formelle Vollstreckbarkeit eines vorgelegten Titels und darf keine Entscheidungen über die materiellen Mängel oder die inhaltliche Gerechtigkeit der zugrundeliegenden Forderung treffen.
  • Fehler im Verfahren müssen direkt angegriffen werden: Wer Mängel im notariellen Verfahren oder die Unwirksamkeit des Erbauseinandersetzungsplans rügen will, muss dafür den Titel selbst vor dem zuständigen Gericht anfechten und kann dem Herausgabeanspruch nicht im Hinterlegungsverfahren widersprechen.

Ein rechtmäßiger, formaler Ablauf kann nicht durch das Aufwerfen materieller Streitfragen im falschen Verfahrensrahmen blockiert werden.


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Experten Kommentar

Viele Erben missverstehen die Rolle der Hinterlegungsstelle völlig und genau das wird hier für die Miterbin zum Verhängnis. Dieses Urteil zieht eine klare rote Linie: Die Behörde ist keine Schiedsstelle für Familienkonflikte; sie ist eine reine Formalinstanz, die lediglich den Stempel auf dem vorgelegten Papier prüft. Sobald eine vollstreckbare Notarurkunde vorliegt, müssen die Beamten auszahlen – egal wie ungerecht der Erbe den Auseinandersetzungsplan empfindet. Die strategische Lektion ist unmissverständlich: Wer eine Auszahlung verhindern will, muss den vermeintlich fehlerhaften notariellen Titel sofort gerichtlich angreifen, bevor der Miterbe mit dem Dokument an die Kasse tritt.


Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Darf die Hinterlegungsstelle trotz meines Widerspruchs an meinen Miterben auszahlen?

Ja, die Auszahlung an den Miterben ist in den meisten Fällen rechtmäßig, selbst wenn Sie aktiv widersprechen. Die Hinterlegungsstelle agiert als reine Formalinstanz. Legt Ihr Miterbe eine vollstreckbare öffentliche Urkunde, wie eine Notarurkunde zur Erbauseinandersetzung, vor, ist die Stelle formal gebunden. Sie muss auszahlen, da sie Ihre inhaltlichen Einwände nicht prüfen darf.

Die Prüfkompetenz der Hinterlegungsstelle ist durch das jeweilige Landesrecht, beispielsweise das Bayerische Hinterlegungsgesetz, streng begrenzt. Sie fungiert lediglich als Verwalterin des hinterlegten Geldes und nicht als Richterin in Erbstreitigkeiten. Ihre Aufgabe besteht darin, ausschließlich die formellen Voraussetzungen des Auszahlungsantrags zu überprüfen. Sobald ein vollstreckbarer Titel vorliegt, gilt die Empfangsberechtigung des Miterben als formal nachgewiesen.

Ihre Einwände gegen die inhaltliche Unwirksamkeit oder eine ungerechte Teilung des Erbes werden von der Hinterlegungsstelle ignoriert, weil diese sich auf das rechtskräftige Dokument verlassen muss. Konkret endet die Prüfkompetenz der Stelle an der Siegel-und-Unterschrift-Grenze des vorgelegten Titels. Um die Auszahlung zu stoppen oder rückgängig zu machen, müssen Sie die notarielle Urkunde selbst in einem separaten Zivilverfahren anfechten, da dies der korrekte Rechtsweg ist.

Fordern Sie sofort eine Kopie des der Hinterlegungsstelle vorgelegten vollstreckbaren Titels an und prüfen Sie diesen umgehend auf ersichtliche formelle Mängel.


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Muss die Hinterlegungsstelle meine materiellen Einwände gegen die Notarurkunde prüfen?

Die Hinterlegungsstelle muss Ihre materiellen Einwände gegen eine Notarurkunde grundsätzlich nicht prüfen. Sie agiert nicht als Richterin über Erbstreitigkeiten und kann die inhaltliche Richtigkeit eines Auseinandersetzungsplans nicht bewerten. Ihre Funktion ist strikt auf die formale Prüfung beschränkt. Sie untersucht lediglich, ob der vorgelegte Auszahlungsantrag formal den gesetzlichen Anforderungen genügt.

Der Grund für diese strenge Trennung liegt in der Rolle der Behörde als reine Formalinstanz. Sie ist an die Vorgaben des Hinterlegungsgesetzes gebunden. Legt ein Miterbe eine vollstreckbare öffentliche Urkunde vor, die seine Empfangsberechtigung formell beweist, ist die Hinterlegungsstelle zur Auszahlung verpflichtet. Sie konzentriert sich nur auf die äußere Gültigkeit des Dokuments und seine Rechtskraft, nicht auf den zugrundeliegenden Inhalt.

Einwände wie inhaltliche Benachteiligung, Unwirksamkeit des Auseinandersetzungsplans oder Fehler in der notariellen Belehrung fallen in die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts. Die Hinterlegungsstelle müsste die Auszahlung nur bei extremen Ausnahmen verweigern, beispielsweise bei einer offensichtlichen Fälschung oder ersichtlichen Nichtigkeit des Titels. Die behördliche Prüfkompetenz endet an der Siegel-und-Unterschrift-Grenze des vorgelegten Titels.

Unterscheiden Sie Ihre Einwände klar in formelle und materielle Mängel und leiten Sie bei letzteren umgehend rechtliche Schritte gegen die Urkunde selbst ein.


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Wie kann ich eine Notarurkunde zur Erbauseinandersetzung nachträglich anfechten?

Der juristisch korrekte Weg, eine vollstreckbare Notarurkunde zur Erbauseinandersetzung aufzuheben, führt über die Anfechtung des Titels selbst. Sie müssen ein separates zivilrechtliches Verfahren einleiten. Nur ein Gericht kann die Rechtswirkung und die Vollstreckbarkeit der Urkunde beseitigen, nicht die Hinterlegungsstelle. Die Notarurkunde muss formal aufgehoben werden, damit sie ihre Rechtswirkung verliert.

Die Urkunde gilt bis zu ihrer Aufhebung durch ein Gericht als rechtskräftiger Titel. Daher konzentrieren Sie die Anfechtung auf mögliche Verfahrensfehler, die dem Notar unterlaufen sind. Typische Angriffspunkte sind die fehlende oder unzureichende Belehrung über die Konsequenzen der Nichtteilnahme oder Formfehler bei der Zustellung. Solange die Urkunde formell existiert, entfaltet sie die Fiktion, dass alle Beteiligten dem Auseinandersetzungsplan zugestimmt haben, wie es die Zivilprozessordnung in § 894 ZPO vorsieht.

Konkret benötigen Sie dafür eine Klage vor dem zuständigen Zivilgericht. Diese Klage richtet sich darauf, die Urkunde wegen der Verfahrens- oder Formmängel als unwirksam erklären zu lassen. Ein reiner Widerspruch gegen die Auszahlung bei der Hinterlegungsstelle ist ineffektiv, da diese nur die Form prüft. Die Miterbin im zitierten Fall scheiterte, weil sie ihre Beweise für die Unwirksamkeit im falschen Hinterlegungsverfahren vorlegte, wo sie nicht verwertet werden durften.

Beauftragen Sie umgehend einen spezialisierten Rechtsbeistand, um die Notarurkunde schnellstmöglich auf Basis der gerügten Verfahrensfehler anzufechten.


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Was tun, wenn das hinterlegte Geld aufgrund einer fehlerhaften Notarurkunde ausgezahlt wurde?

Wenn das Geld bereits an den Miterben ausgezahlt wurde, müssen Sie sofort aktiv werden. Ihr Fokus verschiebt sich nun von der Verhinderung zur Rückforderung. Leiten Sie unverzüglich juristische Schritte gegen den Empfänger ein, um den Schaden zu begrenzen. Gleichzeitig muss die zugrundeliegende Notarurkunde angefochten werden, um die Anspruchsgrundlage zu beseitigen.

Die Hinterlegungsstelle konnte die Auszahlung nicht verweigern, da der Miterbe einen vollstreckbaren formalen Titel vorlegte. Sie können die Stelle für den Verlust daher nicht haftbar machen. Ihr Anspruch auf Rückzahlung richtet sich vielmehr direkt gegen den Miterben. Sie müssen gerichtlich nachweisen, dass der notarielle Auseinandersetzungsplan materiell fehlerhaft und damit unwirksam war, beispielsweise weil er grob benachteiligende Regelungen enthielt.

Ohne einen Gerichtstitel kann das Geld nicht zurückgeholt werden, da die Zahlung formal auf einem rechtskräftigen Dokument beruhte. Starten Sie eine Bereicherungsklage gegen den Miterben, um die Rückzahlung des Betrages zu fordern. Prüfen Sie parallel, ob offene Schadensersatzansprüche gegen den Empfänger bestehen, die Sie im selben Verfahren geltend machen können. Das Ziel ist die gerichtliche Feststellung der Unwirksamkeit der Urkunde.

Lassen Sie durch einen Anwalt umgehend einen Arrestbefehl oder eine einstweilige Verfügung gegen die Vermögenswerte des Miterben prüfen, um zu verhindern, dass dieser das ausgezahlte Geld beiseite schafft.


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Wie verhindere ich, dass meine fehlende Zustimmung zur Erbauseinandersetzung fingiert wird?

Die wichtigste Maßnahme zur Unterbindung der Zustimmungsfiktion ist aktives Handeln. Gemäß § 366 Abs. 3 FamFG müssen Sie nicht nur fristgerecht Widerspruch gegen den notariellen Erbauseinandersetzungsplan einlegen. Zusätzlich müssen Sie zwingend die Anberaumung eines neuen Verhandlungstermins beim Notar fordern. Nur die Kombination dieser beiden Schritte unterbricht das Verfahren wirksam und verhindert, dass Ihre fehlende Zustimmung als erteilt gilt.

Die Regelung soll das Verfahren beschleunigen, wenn Miterben zwar nicht erscheinen, aber auch keine echte Gegenwehr zeigen. Ein bloß passiver Widerspruch ohne die explizite Forderung nach einem neuen Termin reicht oft nicht aus, um die Fiktion der Zustimmung zu beseitigen. Handeln Sie proaktiv, um das Verfahren lebendig zu halten. Gerichte sehen dies als entscheidenden Faktor an, selbst wenn Sie die notarielle Belehrung über die notwendigen Schritte für unzureichend halten.

Konkret: Wenn Sie den Plan ablehnen und lediglich per Brief Widerspruch einlegen, aber keinen Folgetermin aktiv beantragen, kann Ihre Zustimmung juristisch fingiert werden. Dies war der zentrale Mangel im Fall vor dem BayObLG. Da die Miterbin innerhalb der gesetzlichen Frist keinen Widerspruch einlegte und keinen neuen Termin beantragte, wurde ihre fehlende Zustimmung rechtlich fingiert, der Plan erlangte Rechtskraft.

Senden Sie den Widerspruch und die Forderung nach einem neuen Termin unverzüglich per Einwurfeinschreiben an die Notarin, um einen gerichtsfesten Nachweis zu sichern.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Auseinandersetzungsplan (Erbe)

Ein Auseinandersetzungsplan ist ein detailliertes Dokument, das die Aufteilung des Nachlasses regelt und festlegt, welcher Erbe welchen Vermögenswert oder Anteil erhält.
Das Gesetz schafft mit diesem Plan eine klare Grundlage, um eine zerstrittene Erbengemeinschaft ohne langwierige gerichtliche Streitigkeiten aufzulösen und die einzelnen Erben rechtssicher abzufinden.

Beispiel: Der notarielle Auseinandersetzungsplan sah vor, dass der Bruder seinen Erbanteil aus dem bei der Hinterlegungsstelle sichergestellten Versteigerungserlös unmittelbar erhalten sollte.

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Bereicherungsklage

Die Bereicherungsklage ist das zivilrechtliche Instrument, mit dem Sie Geld oder andere Werte zurückfordern, die eine andere Person ohne gültigen Rechtsgrund auf Ihre Kosten erhalten hat.
Dieses Verfahren stützt sich auf das Prinzip der ungerechtfertigten Bereicherung, um zu verhindern, dass sich eine Partei zulasten einer anderen ungerechtfertigt bereichert und Vermögensverschiebungen korrigiert werden.

Beispiel: Nachdem das Geld bereits an den Miterben ausgezahlt wurde, blieb der Schwester als einziger Rechtsweg die Einreichung einer Bereicherungsklage, um den ihrer Meinung nach zu Unrecht erhaltenen Betrag zurückzufordern.

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Hinterlegungsstelle

Die Hinterlegungsstelle ist eine staatliche Verwaltungsbehörde (meist beim Amtsgericht angesiedelt), die Gelder oder Wertpapiere treuhänderisch verwahrt, wenn der eigentliche Empfänger noch nicht feststeht oder die Auszahlungssicherheit gewährleistet werden soll.
Ihre primäre Funktion ist es, die Sicherheit der hinterlegten Werte zu garantieren und sie nur gegen strikte formale Nachweise an den berechtigten Empfänger auszuzahlen, ohne inhaltliche Prüfungen vorzunehmen.

Beispiel: Im vorliegenden Fall hielt die Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Rosenheim die Erlöse aus den Zwangsversteigerungen für die zerstrittene Erbengemeinschaft sichergestellt.

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Materielle Mängel

Materielle Mängel bezeichnen inhaltliche Fehler oder Ungerechtigkeiten eines Rechtsgeschäfts oder Dokuments, die sich auf die substanzielle Richtigkeit der zugrundeliegenden Forderungen auswirken.
Juristen unterscheiden diese Mängel klar von formalen Fehlern, da materielle Einwände tief in die Bewertung der Anspruchsgrundlage eingreifen und daher nur von einem ordentlichen Gericht geprüft werden können.

Beispiel: Die Miterbin führte an, dass der notarielle Auseinandersetzungsplan Materielle Mängel aufwies, da er nicht den gesamten Nachlass erfasste und sie dadurch grob benachteiligte.

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Vollstreckbare Ausfertigung

Als Vollstreckbare Ausfertigung bezeichnen wir die spezielle Abschrift eines Gerichtsurteils oder einer Urkunde, die amtlich mit einer Vollstreckungsklausel versehen ist.
Nur dieses spezielle Dokument berechtigt den Gläubiger, unmittelbar Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einzuleiten oder, wie hier, eine Behörde zur Auszahlung aufgrund des formalen Titels zu verpflichten.

Beispiel: Der Bruder konnte bei der Hinterlegungsstelle die Auszahlung nur beantragen, weil er die Vollstreckbare Ausfertigung der Notarurkunde vorlegen konnte, welche seine Empfangsberechtigung formal bewies.

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Zustimmungsfiktion

Die Zustimmungsfiktion ist eine gesetzliche Regelung, bei der das Gesetz unter bestimmten, klar definierten Bedingungen eine fehlende Willenserklärung oder Zustimmung als erteilt betrachtet.
Diese Fiktion dient primär der Verfahrensbeschleunigung und der Rechtssicherheit, indem sie verhindert, dass die bloße Untätigkeit eines Beteiligten ein gerichtliches oder notarielles Verfahren auf unbestimmte Zeit blockiert.

Beispiel: Da die Miterbin weder fristgerecht Widerspruch einlegte noch einen neuen Termin beantragte, trat die Zustimmungsfiktion gemäß § 366 Abs. 3 FamFG ein, weshalb ihre Zustimmung zum Auseinandersetzungsplan als gegeben galt.

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Das vorliegende Urteil


BayObLG – Az.: 101 VA 62/25 – Beschluss vom 08.08.2025


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