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Autoinhaltsversicherung – bei Werkstattwagen – Versicherungsumfang

OBERLANDESGERICHT KOBLENZ

Az.: 10 U 1272/04

Urteil vom 28.10.2005

Vorinstanz: Landgericht Mainz, Az.: 4 O 88/04


Leitsatz:

Ein Versicherungsnehmer kann die Klausel einer Autoinhaltsversicherung, nach der Versicherungsschutz auch dann besteht, wenn das Fahrzeug nachts unbeaufsichtigt auf einem umzäunten Hof abgestellt wird, nur so verstehen, dass auch die Werkzeuge und Ersatzteile versichert sind, die dauerhaft in einem Werkstattwagen aufbewahrt werden, um das Fahrzeug jederzeit einsatzbereit zu halten.


In dem Rechtsstreit hat der 10. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz auf die mündliche Verhandlung vom 7. Oktober 2005 für Recht erkannt.

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 30. September 2004 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 44.477,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2004 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, der dem Versicherungsnehmer M….. H……. durch die Nichtzahlung der Versicherungssumme aus dessen Autoinhaltsversicherung seit dem 7. Februar 2004 entstanden ist oder noch entstehen wird.

Wegen des weitergehenden Zinsanspruches wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des aufgrund des Urteils jeweils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung eine Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden  Betrages leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht Ansprüche aus einer Autoinhaltsversicherung geltend.

Der Zedent M….. H……. betreibt seit Oktober 1996 die Firma Elektrotechnik H……. und ist insoweit auf die Reparatur von computergesteuerten Gewerbebacköfen spezialisiert. Für den Lieferwagen des Zedenten, Marke Renault, amtliches Kennzeichen …, bestand bei der Beklagten seit dem 5. August 2002 eine Autoinhaltsversicherung. Vertragsgrundlage der Autoinhaltsversicherung waren unter anderem die Allgemeinen Bedingungen für die Autoinhaltsversicherung (AVB Autoinhalt 1999). Von Beginn des Versicherungsverhältnisses an war eine so genannte Nachtzeitklausel vereinbart (Klausel 1 – Nachtzeitklausel AVB 99), nach der Versicherungsschutz auch dann besteht, wenn das abgeschlossene Fahrzeug in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr während einer Beförderung unbeaufsichtigt abgestellt wird oder unbeaufsichtigt auf einem umzäunten Hof abgestellt wird, der gegen das unbefugte Betreten dritter Personen ausreichend gesichert ist und geeignet ist, solche Personen abzuhalten (Bl. 28 GA). Der Zedent lagerte in seinem Lieferwagen stets Spezialwerkzeuge zur Montage und Reparatur von Großbacköfen; so auch in der Zeit zwischen dem 3. Januar 2004 und dem 5. Januar 2004, als er sich zur Geburtstagsfeier seiner Mutter in O……….. aufhielt. Am 3. Januar 2004 hatte der Zeuge H……. gegen 10.00 Uhr den Lieferwagen rückwärts neben die Halle gefahren und ca. 10 m von dem Einfahrtstor entfernt abgestellt. Sodann hatte er sämtliche Türen des Fahrzeuges abgeschlossen und das Zufahrtstor zu dem Firmengelände verschlossen. Als sich der Zeuge H……. nach seiner Rückkehr aus O……….. am 5. Januar 2004 nach Geschäftsschluss zu seinem Firmenwagen begab, stellte er fest, dass die hintere rechte Heckscheibe des Fahrzeugs eingeschlagen war und die linke Hecktüre leicht aufstand. Ferner waren sämtliche Ersatzteile und Spezialwerkzeuge, deren Wert zwischen den Parteien streitig ist, verschwunden.

Der Kläger hat vorgetragen, der Wert der aus dem Fahrzeug des Zedenten M….. H……. entwendeten Ersatzteile habe 43.477,40 € betragen; der Wert der entwendeten Werkzeugkiste mit Inhalt sei mit 1.000 € zu beziffern. Dieser Schaden sei durch die Versicherung zu regulieren. Darüber hinaus sei die Versicherung verpflichtet, den Schaden zu ersetzen, der dem Zedenten M….. H……. durch die Verweigerung der Regulierung entstanden sei und in Zukunft noch entstehen werde. Dieser sei nämlich zur Aufrechterhaltung seines Geschäftsbetriebes gehalten gewesen, bei dem Kläger mit Wirkung zum 23. Februar 2004 ein Darlehen über 45.000 € aufzunehmen, welches der Zedent mit 10 % Zinsen pro Jahr zu verzinsen habe.

Eine Auslegung des Versicherungsvertrages ergebe, dass nicht nur beförderte Güter während einer Beförderung vom Versicherungsvertrag umfasst seien. Vielmehr ergebe sich aus Ziffern 3.2 und 3.3 der AVB Autoinhalt 1999 in Verbindung mit der Nachtzeitklausel, dass nicht nur Güter während einer Beförderung vom Versicherungsvertrag umfasst seien, sondern auch im Auto lagernde Güter, die grundsätzlich vom Versicherungsnehmer hin- und her befördert würden. Bei den Vertragsbedingungen handle es sich zudem um Allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten, so dass Unklarheiten bei der Auslegung stets zu Lasten der Beklagten als Verwenderin gingen. Unabhängig davon treffe die Beklagte bereits deshalb eine Erfüllungshaftung, da ihr Versicherungsagent vor Abschluss des Versicherungsvertrages am 5. August 2002 erklärt habe, das Fahrzeug sei mit den dort lagernden Gütern in der Nachtzeit vor Gefahren versichert.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 44.477,40 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit dem 20.2.2004 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, der Herrn M….. H……., S…….straße ., ….. S……….., durch die Nichtzahlung der Versicherungssumme aus der Autoinhaltsversicherung Nr. 6…….584/I/07/…6/ZI seit dem 7. Februar 2004 entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag stünden dem Kläger bereits deswegen nicht zu, weil der mit dem Zedenten M….. H……. abgeschlossene Versicherungsvertrag eine Transport- und keine Lagerversicherung sei. Unstreitig sei die angebliche Entwendung der Ersatzteile und Werkzeuge während einer Lagerung im Fahrzeug und nicht während eines Transportes entstanden.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Schadensfall, dessen Regulierung der Kläger augrund abgetretenen Rechts von der Beklagten verlange, unterfalle nicht dem durch den Versicherungsnehmer M….. H……. bei der Beklagten versicherten Risiko. Bei der zwischen der Beklagten und dem Zedent M….. H……. bestehenden Autoinhaltsversicherung handele es sich ihrem Wesen nach um eine Transportversicherung. Für den Zeitraum vom 3. Januar 2004 bis 5. Januar 2004, zu dem das Fahrzeug ohne jeden Bezug zu einem bestimmten Transport abgestellt worden war, habe Versicherungsschutz daher nicht bestanden.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung.

Der Kläger führt unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens aus:

Der Autoinhalt sei zum Zeitpunkt des Schadensfalles versichert gewesen. Die Parteien hätten ausdrücklich keine bloße Transportversicherung abgeschlossen, sondern eine Autoinhaltsversicherung. Bei einem solchen Begriff müsse davon ausgegangen werden, dass der Inhalt eines Autos versichert sei, unabhängig davon, ob für diesen Inhalt ein ganz bestimmter Transport vorgesehen sei. Es sei eher der Sinn eines Werkstattwagens, jederzeit einsatzbereit zu sein. Ein solches Fahrzeug sei – mit Werkzeug und Ersatzteilen – auf Dauer und jederzeit für eine Beförderung vorgesehen. Die Lagerung sei lediglich ein Hilfsmittel, damit der Werkstattwagen die Ersatzteile und das Werkzeug gefahrenfrei jederzeit befördern könne. Dementsprechend seien auch die Werte, die für die Versicherungssummen maßgeblich waren – unstreitig – je nach dem Wageninhalt dieses Werkstattwagens entwickelt worden. Der Umfang der gestohlenen Gegenstände ergebe sich aus der vom Zedenten M….. H……. zuverlässig ermittelten Stehlgutliste (Bl. 35 – 41 GA). Die Liste sei deshalb zuverlässig, weil die Inventarliste automatisch geführt werde. Der Versicherungsnehmer habe die zutreffenden Werte angesetzt.

Der Kläger beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 44.477,40 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Februar 2004 zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger sämtlichen materiellen Schaden zu ersetzen, der dem Versicherungsnehmer M….. H……. durch die Nichtzahlung der Versicherungssumme aus dessen Autoinhaltsversicherung seit dem 7. Februar 2004 entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vor:

Der Autoinhalt sei zum Zeitpunkt des Schadensfalles nicht versichert gewesen. Entscheidendes Kriterium sei, dass beförderte Güter während der Beförderung mit einem bestimmten Kraftfahrzeug versichert seien. Dabei sei Beförderung ein zweckgerichtetes Handeln, das darauf abziele, eine Ortsveränderung der Sache zu bewirken, und das mit Lagerhaltung nichts zu tun habe.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen M….. H…….. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 7. Oktober 2005 (Bl. 168 ff GA) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der entwendeten Güter sowohl dem Grunde als auch der vom Kläger begehrten Höhe nach zu.

Der eingetretene Schadensfall fällt in die Versicherungszeit.

Der zwischen dem Zeugen M….. H……. und der Beklagten bestehende Versicherungsvertrag ist nämlich dahin auszulegen, dass für die versicherten Güter Versicherungsschutz besteht, sofern sie ordnungsgemäß in dem Fahrzeug verwahrt werden. Dies folgt aus den geschriebenen Versicherungsbedingungen. Nach der unstreitig zwischen dem Zeugen M….. H……. und der Beklagten vereinbarten Klausel 1 – Nachtzeitklausel AVB 99 haftet die Beklagte in Abänderung von Ziff. 3.3 der AVB Autoinhalt 1999 für die Gefahren gemäß Ziff. 2.1.3 und Ziff. 2.1.4, wenn das abgeschlossene Kraftfahrzeug in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr

– während einer Beförderung unbeaufsichtigt abgestellt wird oder

-  unbeaufsichtigt auf einem umzäunten Hof abgestellt wird, der gegen das unbefugte Betreten dritter Personen ausreichend gesichert ist und geeignet ist, solche Personen abzuhalten.

Danach haftet die Beklagte bei Einbruch in das Kraftfahrzeug auch dann, wenn das abgeschlossene Fahrzeug in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr außerhalb einer abgeschlossenen Einzelgarage unbeaufsichtigt abgestellt wird. Diese Erweiterung des Versicherungsschutzes hat nur dann Sinn, wenn grundsätzlich auch dann Versicherungsschutz besteht, wenn die versicherten Güter während der Nachtzeit in dem Fahrzeug ordnungsgemäß verwahrt werden. Eine Beschränkung des Versicherungsschutzes dahin, dass (nur) Schäden am versicherten Gut, die während einer im Verlauf der Transportfahrt notwendigen Übernachtung und dem damit verbundenen Abstellen des Fahrzeugs entstehen – wie das Landgericht in dem angefochtenen Urteil angenommen hat –, lässt sich dem Inhalt der zwischen dem Zeugen H……. und der Beklagten vereinbarten Nachtzeitklausel nicht entnehmen. Der Kläger hat daher zu Recht darauf hingewiesen, dass sich ein sinnvoller Anwendungsbereich für eine Versicherung, die voraussetzt, dass ein Fahrzeug unbeaufsichtigt nachts auf einem umzäunten Hof abgestellt wird und dies zugleich während einer Beförderung geschehen soll, nicht ergibt.  Zu Recht weist der Kläger darauf hin, dass es der Sinn eines so genannten Werkstattwagens ist, jederzeit einsatzbereit zu sein, damit der Versicherungsnehmer die in dem Fahrzeug befindlichen Werkzeuge und Ersatzteile an Ort und Stelle für Wartungs- und Reparaturarbeiten an Großbacköfen nutzen kann. Damit wird aber die Lagerung nicht zum Hauptzweck, sondern ist notwendig, um mit dem jederzeit einsatzbereiten Werkstattwagen die Ersatzteile und das Werkzeug zu den jeweiligen Einsatzstellen befördern zu können. Dementsprechend sind auch unstreitig zwischen dem Zeugen M….. H……. und der Beklagten die Werte, die für die Versicherungssumme maßgeblich waren und nach denen sich die Versicherungsprämie bemessen hat, je nach dem Wert des Wageninhalts des Werkstattwagens ermittelt worden.

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Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind Allgemeine Versicherungsbedingungen so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung verstehen muss (BGH, VersR 1994, 1058 f m.w.N.). Nach der insoweit eindeutigen Formulierung der zwischen dem Zeugen H……. und der Beklagten vereinbarten Nachtzeitklausel besteht Versicherungsschutz unter anderem bei einem Einbruch in das Kraftfahrzeug in Abänderung von Ziff. 3.3 der AVB Autoinhalt 1999 dann, wenn das abgeschlossene Fahrzeug in der Zeit von 22.00 bis 6.00 Uhr entweder während einer Beförderung unbeaufsichtigt abgestellt wird oder wenn das Fahrzeug in dieser Zeit unbeaufsichtigt auf einem umzäunten Hof abgestellt wird, der gegen das unbefugte Betreten Dritter ausreichend gesichert ist und geeignet ist, solche Personen abzuhalten. In der zweiten Alternative der Nachtzeitklausel wird daher dem Wortlaut nach gerade nicht darauf abgestellt, dass sich der Diebstahl „während einer Beförderung“ ereignet. Es kann dahingestellt bleiben, ob sich aus der Nichtverwendung des Begriffs Beförderung bei der zweiten Alternative die Schlussfolgerung ziehen lässt, dass es sich bei der zweiten Alternative um eine Lagerversicherung handeln soll. Denn der durchschnittliche Versicherungsnehmer, der für einen Werkstattwagen eine Autoinhaltsversicherung abgeschlossen hat, kann diese Klausel nur so verstehen, dass auch die Ersatzteile versichert sind, die dauerhaft in dem Wagen aufbewahrt werden, damit das Fahrzeug jederzeit einsatzbereit und eine Beförderung der Ersatzteile und des Werkzeuges zu dem jeweiligen Kunden möglich ist. Ein solcher Werkstattwagen ist – worauf der Kläger zutreffend hinweist – jederzeit für eine Beförderung vorgesehen, auch dann, wenn er – wie hier – über ein Wochenende mit Inhalt auf einem umzäunten Hof abgestellt wird, der gegen das unbefugte Betreten Dritter ausreichend gesichert ist und geeignet ist, solche Personen abzuhalten. Entsprechend ist unter diesen Umständen auch während der Tageszeit von 6.00 bis 22.00 Uhr gemäß Nr. 3.2 AVB Versicherungsschutz für das abgestellte Fahrzeug gegeben, wenn dieses abgeschlossen ist.

Steht nach alledem fest, dass der zwischen dem Zeugen M….. H……. und der Beklagten bestehende Versicherungsvertrag dahin auszulegen ist, dass für die versicherten Gegenstände in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr stets Versicherungsschutz besteht, sofern sie ordnungsgemäß in dem Fahrzeug verwahrt werden und auch das Fahrzeug ordnungsgemäß abgestellt ist, in der übrigen Zeit, wenn dieses jedenfalls abgeschlossen ist, ist die Beklagte dem Grunde nach leistungspflichtig. Zwischen den Parteien ist ein Sachverhalt unstreitig, der nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass die versicherte Sache in einer den Versicherungsbedingungen entsprechenden Weise entwendet wurde. Der Versicherungsnehmer hat Anzeichen dargetan, die mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das äußere Bild eines versicherten Diebstahls ergeben (vgl. zu den Beweiserleichterungen beim Nachweis des äußeren Bildes eines Diebstahls BGHZ 123, 217; 130, 1 ff). Bereits in erster Instanz hat die Beklagte mit außergerichtlichem Schreiben an die Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 25. März 2004 mitgeteilt: „Zwar liegt das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls in das KFZ Ihres Mandanten vor. Jedoch ist die Angabe Ihres Mandanten, …“ Die Beklagte hat zudem den Vortrag des Klägers, der Lieferwagen sei am 3.1.2004 gegen 10.00 Uhr auf dem umzäunten Firmengelände des Zeugen M….. H……. neben der Firmenhalle abgestellt und geparkt worden, wobei anschließend das Fahrzeug wie auch das Tor der festen Umzäunung verschlossen worden seien; am 5. Januar 2004 gegen 20.00 Uhr habe der Zeuge H……. festgestellt, dass die rechte Heckscheibe zerstört und die linke Hecktür nur noch angelehnt gewesen sei, jedenfalls in der Berufung nicht mehr bestritten. Vielmehr hat sie lediglich geltend gemacht, dass Sachen, die aus einem Fahrzeug entwendet würden, das während der Freizeitgestaltung des Zeugen H……. ohne irgendwelchen Bezug auf dessen gewerbliche bzw. geschäftlichen Aktivitäten über ein Wochenende geparkt sei, nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien.

Da danach mangels weiteren Gegenvortrages unstreitig davon auszugehen ist, dass der Kläger eine bedingungsgemäße Entwendung von versicherten Gegenständen bewiesen hat, war Beweis (lediglich) über die Höhe des Anspruchs des Klägers bzw. des Versicherungsnehmers der Beklagten zu erheben. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass sich in dem Fahrzeug Ersatzteile im Wert von 43.477,40 € und eine Werkzeugkiste samt Inhalt im Wert von mindestens 1.000 € befanden. Der Zeuge H……. hat bei seiner Vernehmung bestätigt, dass er sich bei der Materialbeschaffung eines von ihm erworbenen Computerprogramms bedient habe, mit dessen Hilfe unter anderem Inventarlisten wie die vom Kläger mit der Klageschrift vorgelegte Anlage K 5 erstellt würden.  Mit diesem Programm habe er unter anderem die Materialverwaltung des betreffenden Inventars abgewickelt. Er habe gewisse Vorgaben automatisch einstellen können, z.B. bei Rechnungserstellung entsprechende Ausbuchung der betreffenden Einzelteile und bei Unterschreiten eines von ihm vorgegebenen Mindestbestandes den automatischen Auswurf von entsprechenden Bestelllisten. Beim Wareneingang habe er die Richtigkeit der Lieferscheine in Verbindung mit dem eingegangenen Bestand kontrolliert und dann unter Aufruf einer entsprechenden Maske die betreffenden Artikelnummern eingegeben, so dass sie dann wieder im Programm als vorhandener Bestand registriert gewesen seien. Die der Klageforderung zugrunde liegende Zusammenstellung K 5 stelle einen Ausdruck des Bestandsverzeichnisses des Computers dar, den er auf Bitte der Beklagten gefertigt habe. In dieser Zusammenstellung sei alles abgehakt, wofür er festgestellt habe, dass ein Lieferschein vorgelegen habe und eine entsprechende Lieferung erfolgt sei. Anhaltspunkte dafür, dass die Angaben des Zeugen nicht der Wahrheit entsprechen könnten, liegen nicht vor. Dabei verkennt der Senat nicht, dass der Zeuge M….. H……. als Versicherungsnehmer und Geschädigter ein erhebliches eigenes wirtschaftliches und persönliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Diese Tatsache ist jedoch allein nicht geeignet, Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen oder der Glaubhaftigkeit seiner Aussage zu wecken. Der Zeuge hat in sich schlüssig und gut nachvollziehbar dargelegt, dass die Inventurliste K 5 die Gegenstände und ihren Wert enthalte, die bei dem Diebstahl in der Zeit vom 3. Januar bis 5. Januar 2004 entwendet worden sind. Da der Waren- und Werkzeugbestand mit Hilfe des Computerprogramms des Zeugen M….. H……. stets aktualisiert wurde, und der gesamte Waren- und Werkzeugbestand entwendet wurde, ließ sich der Umfang und Wert der entwendeten Gegenstände zeitgenau ermitteln. Der Zeuge hat weiter erklärt, er habe sich bemüht, die Bestandserfassung nach besten Kräften sorgfältig und fehlerfrei zu führen. Er habe auch vor dem in Rede stehenden Versicherungsfall immer wieder einmal die Bestände zusammengestellt, um einen Überblick über die angesammelten Beträge zu haben, damit er nicht über- oder unterversichert sei und entsprechend falsche Prämien zahlen musste oder seinen Versicherungsschutz riskiert hätte. Aus diesem Grund habe er schon immer Wert darauf gelegt, dass die Bestandserfassung auch korrekt gewesen sei. Für die Richtigkeit dieser Aussage spricht, dass unstreitig seit Bestehen des Versicherungsverhältnisses am 5.8.2002 die Versicherungssumme wiederholt angepasst wurde mit der Folge, dass sich entsprechend die vom Zeugen H……. zu zahlende Versicherungsprämie änderte. Ab dem 1.8.2003 belief sich die Versicherungssumme unstreitig auf 43.500 € für Ersatzteile von Backöfen sowie weitere 1.000 € für Spezialwerkzeuge zur Montage von Großbacköfen. Anhaltspunkte dafür, dass seinerzeit die Versicherungssumme unzutreffend ermittelt worden ist, sind weder dargetan noch erkennbar. Da aber – was durch den Versicherungsverlauf bestätigt wird – die Versicherungssumme bei Veränderungen im Warenbestand angepasst wurde und bis zum Schadensfall eine Änderung der Versicherungssumme nicht vorgenommen wurde, ist der Senat von der Richtigkeit der Aussage des Zeugen M….. H……., der entwendete Warenbestand habe einen Wert von 43.477,40 € sowie die Werkzeugkiste samt Inhalt einen Wert von mindestens 1.000 € gehabt, überzeugt.

Auch der Feststellungsantrag des Klägers ist begründet. Unstreitig hat der Zeuge M….. H……. aufgrund der Nichtzahlung der Versicherungssumme seitens der Beklagten ein Darlehen bei dem Kläger aufgenommen, welches er ausweislich des der Anlage K 12 vorgelegten Darlehensvertrages vom 23. Februar 2004 (Bl. 54 GA) ab dem 23.2. 2004 mit 10 % Zinsen p.a. zu verzinsen hat. Nach Ziff. 2 des Darlehensvertrages ist der Darlehensvertrag mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende kündbar. Das bedeutet, dass der vom Zeugen M….. H……. geschuldete Zinsbetrag derzeit noch nicht bezifferbar ist. Da die Beklagte unberechtigt die Regulierung verweigert hat, ist sie zum Ersatz des weiteren Zinsschadens verpflichtet.

Der mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachte Zinsanspruch ist jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Soweit der Kläger 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz als Zinsen geltend macht, ergibt sich ein Anspruch des Klägers nicht aus §§ 280, 276, 288 Abs. 2 BGB. Nach der Vorschrift des § 288 Abs. 2 BGB beträgt bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, der Zinssatz für Entgeltforderungen 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. Dabei ist der Begriff der Entgeltforderung so auszulegen wie in § 286 Abs. 3 BGB (Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 288 Rdziff. 8).  Danach betrifft § 288 Abs. 2 BGB ebenso wie § 286 Abs. 3 BGB nur Forderungen, die auf Zahlung eines Entgelts für die Lieferung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind. Auf Zahlungsansprüche gegen Versicherer findet  § 288 Abs. 2 BGB keine Anwendung (vgl. hierzu auch Palandt/Heinrichs, a.a.0., § 286 Rdziff. 27).

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 2 Ziff. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 49.477,40 € festgesetzt.

 

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