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Autokauf: Rückabwicklung Mangelhaftigkeit – Navigationsgerät, Tempomat, BC

Oberlandesgericht Düsseldorf

Az: I-1 U 259/06

Urteil vom 11.06.2007


Die Berufung des Klägers gegen das am 2. Oktober 2006 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.500,00 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.
Der Kläger nimmt das beklagte Autohaus auf Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen Neuwagen in Anspruch. Die Parteien streiten vor allem darüber, ob der Pkw im Zeitpunkt der Auslieferung mangelhaft war und ob eine etwaige Mangelhaftigkeit den erklärten Rücktritt vom Kauf rechtfertigen kann.

Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Zum Preis von 34.000,00 EUR erwarb der Kläger gemäß Kaufvertrag vom 11. Juli 2003 einen neuen Pkw der Marke P. Typ 607. Am 18. Juli 2003 wurde das Fahrzeug auf den Kläger zugelassen und an ihn ausgeliefert. In der Folgezeit rügte der Kläger mehrere Defekte. Betroffen waren vor allem das Navigationsgerät und der Tempomat. Wegen dieser Rügen war das Fahrzeug in den Jahren 2003/2004 mehrfach in der Werkstatt der Beklagten.

Mit Anwaltsschreiben vom 9. Juni 2005 forderte der Kläger die Beklagte dazu auf, die genannten Mängel bis zum 16. Juni 2005 zu beseitigen. Zu diesem Zwecke brachte der Kläger das Fahrzeug in die Werkstatt der Beklagten. Seiner Ansicht nach ist der Versuch der Mängelbeseitigung fehlgeschlagen. Unter Hinweis darauf trat er mit Anwaltsschreiben vom 11. Juli 2005 vom Kauf zurück.

Das Landgericht hat über die streitgegenständlichen Mängel Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Darauf gestützt hat es die Klage durch das angefochtene Urteil abgewiesen. Ein Grund für einen Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrages sei nicht ersichtlich. Die Beweisaufnahme habe Mängel, die einen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigen könnten, nicht ergeben. Der Sachverständige habe solche nicht festgestellt.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger frist- und formgerecht Berufung eingelegt. Er verfolgt sein erstinstanzliches Klageziel weiter. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus:

Das Landgericht habe die ihm vorliegenden Beweismittel zum einen nicht vollständig, zum anderen unrichtig gewürdigt. Infolge dessen sei es aufgrund fehlerhafter Beweiswürdigung von einer falschen Tatsachengrundlage ausgegangen. Anders als vom Landgericht angenommen, habe der Sachverständige das Vorhandensein einzelner erheblicher Mängel bestätigt. Das gelte sowohl für das Navigationssystem als auch für den Bordcomputer/Tankanzeige. Was den Tempomaten angehe, so sei das Landgericht auf die diesbezügliche Mängelrüge des Klägers mit keinem Wort eingegangen.

Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Berufung. Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 15. März 2007.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Auch nach Ansicht des Senats steht dem Kläger nicht das Recht zu, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Es kann schon nicht festgestellt werden, dass das Fahrzeug bei Gefahrübergang in den genannten Punkten – Navigationsgerät, Tempomat und Bordcomputer – mangelhaft war. Im Einzelnen ist insoweit folgendes auszuführen:

1.

Navigationsgerät

Der Kläger beanstandet, das Navigationsgerät sei permanent ungenau. Es erkenne nur Hauptstraßen, nicht aber Nebenstraßen. Bei kleinen Straßen finde es den Zielort nicht. Bei dem Test des Sachverständigen habe sich herausgestellt, dass es dessen Wohnadresse nicht habe finden können. Abgesehen davon seien die Routenhinweise/Fahrhinweise unzulänglich. Insgesamt sei das Navigationssystem nicht funktionstüchtig.

Diese Rügen sind nach den Feststellungen des Sachverständigen nicht berechtigt. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass der vom Landgericht bestellte Sachverständige das Fahrzeug mehr als drei Jahre nach Übergabe untersucht hat. Am 26. Juli und am 5. August 2006 hat er das Fahrzeug besichtigt und Probe gefahren. Gravierende Fehler hat er dabei nicht festgestellt. Alle Punkte, die als Zielpunkte eingegeben worden seien, seien fehlerlos gefunden worden (Bl. 6 des Gutachtens = Bl. 98 d. A.). Abschließend heißt es auf Bl. 7 (= Bl. 99 d. A.): „Ein fehlerhaftes Navigieren des Gerätes konnte nichtfestgestellt werden“. Diese Aussage bezieht sich auf die Probefahrt vom 5. August 2006.

Im Rahmen seiner Anhörung hat der Sachverständige auch zum Navigationssystem nähere Angaben gemacht und insbesondere ausgeführt, nennenswerte Störungen des Navigationssystems seien nicht feststellbar gewesen. Soweit die Berufung in den Ausführungen des Sachverständigen Anhaltspunkte für das Vorhandensein von Mängeln sieht, kann der Senat dem nicht folgen. Die aufgezeigten „Störungen“ liegen entweder innerhalb der Fertigungstoleranzen moderner Navigationsgeräte, wobei der Senat durchaus berücksichtigt, dass es sich bei dem Fahrzeug des Klägers um ein solches der Oberklasse handelt, oder sie bleiben unterhalb der Bagatellgrenze, die das Gesetz in § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB i.V.m. § 437 Nr. 2 1. Alt. BGB zieht.

2.

Tempomat

Zwar geht das Landgericht, wie die Berufung zutreffend bemerkt, nicht näher auf die Rüge betreffend den Tempomat ein. Das ist im Ergebnis aber unschädlich. Denn die Rüge greift nicht durch. Nach einer Probefahrt von 463 km hat der Sachverständige D. nichts Ungewöhnliches festgestellt (Bl. 99 d. A.).

Auch die Berufung zeigt nicht auf, aus welchem Grund der Tempomat entgegen den Ausführungen des Sachverständigen fehlerhaft sein soll.

3.

Bordcomputer/Tankanzeige

Nach Ansicht des Klägers liegt hinsichtlich der Tankanzeige ein erheblicher Mangel vor. Gemäß der Herstellerangabe soll nach der Meldung „Geringer Treibstoff-Vorrat“ Kraftstoff für eine Restfahrstrecke von 50 km im Tank vorhanden sein. Laut Gutachten habe die Kontrollleuchte jedoch bereits zu einem Zeitpunkt aufgeleuchtet, als noch für ca. 115 km Treibstoff im Tank gewesen sei. Dies stelle eine Abweichung zu den Herstellerangaben in Höhe von 130 % dar. In dem wesentlich zu frühen Aufleuchten sei ein rechtlich erheblicher Mangel zu sehen.

Auch in diesem Punkt hat die Berufung keinen Erfolg. Nach den Feststellungen des Sachverständigen kommt der Hinweis „Geringer Treibstoff-Vorrat“ zwar etwas früh, tendenziell aber richtig (vgl. Bl. 100/117). Infolge dessen hat der Senat bereits Zweifel daran, ob überhaupt ein Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB anzunehmen ist. Jedenfalls hat er – auch in Verbindung mit der (unterstellten) Funktionsuntüchtigkeit des Navigationsgerätes – nicht das Gewicht, um den erklärten Rücktritt rechtfertigen zu können.

Ob eine erhebliche oder unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne der §§ 437 Nr. 2 1. Alt. i. V. m. § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB vorliegt, bestimmt sich in einem Fall der Mangelhaftigkeit im Sinne der objektiven Kriterien des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nach objektiven Gesichtspunkten, insbesondere nach dem objektiven Ausmaß der Qualitätsabweichung und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigung des Äquivalenzinteresses des Käufers. Die nach § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. maßgeblichen Kriterien der Wertminderung und der Gebrauchsbeeinträchtigung sind bei der Konkretisierung des Merkmals der Unerheblichkeit vorrangig heranzuziehen (vgl. Senat, Urteil vom 08.01.2007, I-1 U 177/06, ZGS 2007, 157). Wie der Senat in diesem Urteil und in anderen Entscheidungen ausgeführt hat, ist die Schwelle der unerheblichen Pflichtverletzung mit der des geringfügigen Mangels nach § 459 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. nicht identisch. Sie muss deutlich höher angesetzt werden.

Auch wenn bei technischen Unzulänglichkeiten eines fabrikneuen Pkw der Oberklasse die sogenannte Bagatellgrenze verhältnismäßig schnell überschritten sein kann, muss doch dem Ziel des Gesetzgebers Rechnung getragen werden, einen Vertragsrücktritt nur im Falle eines gravierenden Mangels zuzulassen. Jedenfalls diese Schwelle sieht der Senat nach den Gesamtumständen als nicht überschritten an.

Nach alledem war die Berufung mit den Nebenentscheidungen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO zurückzuweisen.

Ein Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Streitwert für das Berufungsverfahren: 30.848,60 EUR (29.848,60 EUR zuzüglich 1.000,00 EUR für den Feststellungsantrag).

Beschwer für den Kläger: über 20.000 EUR.

 

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