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Autokaufvertrag – Beweiswirkung einer Telefax-Sendebestätigung

Amtsgericht Hagen

Az.: 16 C 68/08

Urteil vom 02.07.2008


Leitsätze:

Eine fehlerfreie Telefax-Sendebestätigung erbringt entgegen BGH NJW 1995, 665 ff. den Beweis, dass eine entsprechende Datentransferverbindung zwischen Sendegerät und Empfangsgerät hergestellt und die die übermittelten Daten beim Empfangsgerät angekommen sind.


Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.803,14 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 31.01.2008 zu zahlen.

Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 374,90 EUR zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Ersatzansprüche im Zusammenhang mit einem behaupteten Kaufvertrag über einen Neuwagen gegen den Beklagten geltend.

Der Beklagte bestellte anlässlich der Messe I am Messestand bei der Klägerin ein Citroen Jumper 35 L2 Hdi 160 Heavy Einfachkabine Kipper.

In den zugrunde liegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen ist unter Ziffer V „Abnahme“ vorgesehen:

1. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufgegenstand innerhalb von 14 Tagen ab Zugang der Bereitstellungsanzeige abzunehmen. Im Falle der Nichtabnahme kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch machen.

2. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 15 % des Kaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist.

Mit Schreiben vom 13.07.2007 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass das Fahrzeug auslieferungsbereit sei. Der Beklagte reagierte zunächst nicht.

Im weiteren Verlauf lehnte der Beklagte die Abnahme des Fahrzeugs ab.

Die Klägerin begehrt Ersatz in Höhe von 15 % des verbliebenen Bruttokaufpreises von 25.354,29 EUR. Insoweit sei ein Rabatt von 34,5 % berücksichtigt worden.

Die Klägerin behauptet, eine Auftragsbestätigung sei per Faxübermittlung am 28.09.2006 versandt worden. Der Beklagte habe dem für die Klägerin tätigen Zeugen L unter anderem eine Faxnummer angegeben (#####/####) an die die Auftragsbestätigung versandt worden sei, und zwar am 28.09.2006, um 9.39 Uhr.

Die Klägerin behauptet, dass dieses Schreiben bei dem vom Beklagten angegebenen Faxgerät auch angekommen ist.

Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 09.10.2007 vom Beklagten Schadensersatzzahlung. Schließlich wurde der Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 27.12.2007 erneut aufgefordert, das Fahrzeug abzuholen. Ferner wurde er dann mit Schreiben vom 05.01.2008 erneut darauf hingewiesen, dass nunmehr Schadensersatz statt der Leistung gefordert werde und ihm wurde die

Summe von 3.803,14 EUR bekannt gegeben mit der Zahlungsfrist bis zum 30.01.2008. Der Beklagte zahlte nicht.

Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen

an die Klägerin 3.803,14 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 31.01.2008 zu zahlen.

an die Klägerin Anwaltskosten in Höhe von 74,90 EUR zu zahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Der Beklagte bestreitet den Erhalt einer Auftragsbestätigung, demgemäß sei sein Angebot entsprechend Ziffer I Nr. 1 der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nach Ablauf von sechs Wochen nach seiner Bestellung erloschen. Im Übrigen ist der Beklagte der Ansicht, der pauschalierte Schadensersatz von 15 % könne sich nur aus dem Nettokaufpreis und nicht aus dem Bruttokaufpreis berechnen, da die Mehrwertsteuer lediglich ein Durchlaufposten für die Klägerin darstelle.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

Die Klägerin hat einen vertraglichen Anspruch entsprechend dem mit Zugang der Auftragsbestätigung vom 28.09.2006 abgeschlossenen Kaufvertrag und dem zugrunde liegenden allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Zahlung des tenorierten Betrages gegen den Beklagten. Nach der mündlichen Verhandlung und der Beweisaufnahme steht zur hinreichenden Überzeugung des Gerichts fest, dass die entsprechende Willenserklärung der Klägerin vom Zeugen L an den vom Beklagten angegebenen Faxanschluss vom 28.09.2006 per Fax übermittelt wurde.

Der Zeuge hat insoweit glaubhaft und nachvollziehbar bekundet, dass er vom Messestand aus von dem von Citroen zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und Gerätschaften die entsprechende Auftragsbestätigung versandt hat. Er konnte auch noch nachvollziehbar darlegen, wie er in provisorischer Art und Weise, manuell die im PC erstellte Bestellung zu einer Auftragsbestätigung umgeändert hat und dies schließlich in klassischer Weise per Fax an die vom Beklagten angegebene Nummer versandt hat. Der Zeuge hat auch glaubhaft dargelegt, dass der Sendevorgang fehlerfrei von Statten ging und das auch der entsprechende Sendebericht von ihm mit der Auftragsbestätigung verbunden wurde.

Der Beweiswert dieser Aussage wird nicht entkräftet durch die Aussage des Zeugen L2. Dieser Zeuge hat zwar grundsätzlich ausgesagt, die Klägerin nicht zu kennen und auch keine Auftragsbestätigung gesehen zu haben. Er konnte aber keine konkrete Erinnerung an den streitgegenständlichen Tag, dem 28.09.2006 wiedergeben, was angesichts des Zeitablaufs nachvollziehbar erscheint. Der Zeuge konnte nicht, auch auf mehrfache Nachfrage des Gerichts, nicht ausschließen, dass entweder der Beklagte oder seine Ehefrau die entsprechenden Faxschreiben in Empfang genommen und aus dem Faxgerät entfernt haben. Der Zeuge hat insoweit vermutet, dass dies nicht wahrscheinlich sein, weil sein Sohn normalerweise ordentlich alles abhefte als selbständiger Unternehmer. Er hat aber zugegeben, dass er das Fax zwar morgens sich anschaut bevor er morgens zu seiner eigenen Firma fährt. Mittags verlässt seine Ehefrau das Haus. Der Beklagte soll regelmäßig früh morgens losfahren und erst abends wiederkommen, wobei er eher seltener mittags nach Hause kommt.

Alles in allem konnte der Zeuge also nicht lückenlos belegen, dass ein solches Faxschreiben nicht ausgedruckt worden ist.

Letztlich kommt es darauf aber nicht entscheidend an. Die klägerseits vorgelegte Sendebestätigung vermag nämlich insoweit nachzuweisen, dass eine entsprechende Datentransferverbindung zwischen Sendegerät und Empfangsgerät hergestellt worden ist. Damit ist der Anschein in beweistechnischer Sicht gegeben, dass die von der Klägerin übermittelten Daten auch beim Empfangsgerät angekommen sind. Das Gericht teilt die früher vom Bundesgerichtshof geäußerten Bedenken nicht, dass es an einer Feststellung oder an einer gesicherten gerichtsbekannten Erkenntnis fehle, wie oft Telefaxübertragungen scheitern und Sendeberichte gleichwohl einen OK-Vermerk ausdrucken. In dem zwischenzeitlich vergangenen Jahrzehnt ist die Verlässlichkeit des Telefon- und Datennetzes gesteigert worden. Inzwischen wurde in eingeholten Sachverständigengutachten z.B. Landgericht Hamburg, Aktenzeichen 317 S 23/99 die Verlässlichkeit des Netzes hinsichtlich der Bestätigung des elektronischen Datenflusses attestiert. Es steht also fest, dass eine entsprechende Auftragsbestätigung versandt wurde und auch beim Empfangsgerät angekommen ist. Ob eine solche Bestätigung damit ausgedruckt wurde, gegebenenfalls auch aus dem Gerät entfernt wurde, kann streng genommen dahinstehen, ist aber auch durch die Aussage des Zeugen L2 nicht ausgeschlossen worden.

Da der Beklagte das angebotene Fahrzeug nicht abgenommen hat, ist er verpflichtet, die 15 % Schadensersatz zu zahlen. Entgegen der Ansicht des Beklagten und entgegen einigen obergerichtlichen Entscheidungen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.12.1995, Aktenzeichen: 14 U 16/95 und OLG Celle, Urteil vom 05.04.1995, Aktenzeichen: 11 U 145/94) ist der Schadensersatz aus dem Bruttokaufpreis zu bestimmen und nicht aus dem Nettokaufpreis. Abzustellen ist im Einzelfall auf die getroffene Preisvereinbarung, incl. Nebenleistungen etwa für Überführung und Zulassung als auch der Umsatzsteuer. Die Umsatzsteuer gehört als rechtlich unselbständiger Bestandteil zum Kaufpreis, weil darunter üblicherweise der Bruttopreis zu verstehen ist, der vom Käufer auch hätte tatsächlich geleistet werden müssen. Dies gilt jedenfalls so lange, wie sich nicht aus den Umständen etwas anderes ergibt.

Das Argument in den beiden zitierten Entscheidungen, es könne nicht Sinn und Zweck der Pauschalierung sein, dem Verkäufer indirekt einen Mehrwertsteuerbetrag zukommen zu lassen, den dieser nicht an die Steuerbehörde abführen müsse, mag zutreffend sein. Er ändert aber nichts an der Tatsache, dass die vertragliche Vereinbarung dennoch maßgeblich ist. Auch bei bestehender Vorsteuerabzugsberechtigung des Verkäufers ist der Ansatz des Bruttopreises als Grundlage für die Berechnung der Schadenspauschale maßgeblich. Eine überraschende Regelung im Sinne von § 305 c BGB liegt nicht vor. Es ist auch nicht erkennbar, dass der Beklagte durch diese Klausel unangemessen benachteiligt wird. Schließlich verbleibt ihm als Korrektiv der Nachweis eines tatsächlich geringeren Schadens. Eine überraschende Klausel liegt daher gerade nicht vor, weil dem Beklagten ja die Möglichkeit eines überhöhten Schadensansatzes vorgegeben wurde und ihm ausdrücklich die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren Schadens eingeräumt wurde.

15 % des Bruttokaufpreises abzüglich aller Rabatte, d. h. aus 25.354,29 EUR betragen die zugesprochenen 3.803,14 EUR.

Der Anspruch auf Zahlung der anwaltlichen Kosten ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des Verzugs gem. §§ 286 ff. BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Vollstreckbarkeitsentscheidung ergibt sich aus § 709 ZPO.

 

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