Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 176/16 – Urteil vom 08.11.2018
Die Berufung der Beklagten gegen das am 13. Juli 2016 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Cottbus, Az.: 4 O 38/14, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 513, 517, 519, 520 ZPO. Die Beklagte stützt ihr Rechtsmittel unter anderem darauf, das Landgericht habe verkannt, dass ein Schadensersatzanspruch der Klägerin schon deshalb nicht bestanden habe, weil diese zu Unrecht die Herausgabe des Fahrzeuges an einem ca. 100 km vom Standort des PKW entfernten Ortes zu Händen eines Dritten verlangt habe, statt die Herausgabe an sich selbst am Sitz der Beklagten. Die Beklagte macht damit eine Rechtsverletzung geltend, auf der das Urteil beruhen kann, §§ 513, 546 ZPO.
2. In der Sache hat das Rechtsmittel im Ergebnis keinen Erfolg.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in Form des Ausgleichs der ihr entgangenen Nutzungen ihres Pkws in der Zeit vom 24.07. bis 05.12.2013 aus § 280 BGB in Verbindung mit dem von den Parteien am 12.03.2013 geschlossenen Kaufvertrag über einen gebrauchten PKW-Motor in Höhe von 4.674,00 €.
Die Beklagte hat eine von ihr zu beachtende Nebenpflicht aus dem Kaufvertrag verletzt, weil sie das Fahrzeug der Klägerin trotz Vorliegen eines Gewährleistungsfalles entgegen § 439 Abs. 2 BGB nicht auf ihre Kosten zurück zur Klägerin bzw. zu dem von ihr von der Klägerin bezeichneten Ort – dem Betriebsgelände der Fa. Kfz-Service Sc… in G… – transportiert hat. Zugleich befand sie sich mit der Rückgabe des Fahrzeuges nach Ablauf der von der Klägerin im Schreiben vom 22.07.2013 gesetzten Frist zur Rückgabe bis zum 24.07.2013 ab dem 25.07.2013 in Verzug.
Der von der Klägerin erworbene Motor war mangelhaft und die Beklagte daher gemäß §§ 437, 439 Abs. 1 BGB zur unentgeltlichen Nacherfüllung verpflichtet. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 02.08.2018 ausgeführt hat, ist die Klägerin entgegen den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil dem Vortrag der Beklagten durchaus hinreichend substantiiert entgegengetreten, die am PKW aufgetretenen Funktionsprobleme seien nicht auf den von der Beklagten verkauften Motor, sondern auf dessen unfachmännischen Einbau bzw. auf einen fehlerhaft durchgeführten Ölwechsel zurückzuführen. Ein entsprechendes Bestreiten, dass in zulässiger Weise mit Nichtwissen erfolgt ist, ist seitens der Klägerin jedenfalls im Prozesskostenhilfeverfahren im Schriftsatz vom 30.01.2015 erfolgt. Auf diesen Schriftsatz bezieht sich die Klageschrift vom 30.09.2015 ausdrücklich. Auch in der Berufungsinstanz hat die Klägerin diesen Vortrag wieder aufgegriffen. Im Ergebnis der vom Senat durchgeführte Beweisaufnahme hat die Beklagte – in Widerlegung der Vermutung des § 476 BGB – nicht bewiesen, dass ein Gewährleistungsfall nicht gegeben ist. Zwar hat der Zeuge U… M… angegeben, nach seiner Kenntnis sei bei der Reparatur des Fahrzeuges Nissan X-Trail der Klägerin durch eine Subunternehmerin der Beklagten festgestellt worden, dass der Ölfilter durch ein Tuch verstopft worden war, welches bei der Demontage des Ölfilters aufgefunden wurde. Hierzu hat der Zeuge auch ein Lichtbild vorgelegt, auf dem ein Stoffrest im Bereich des Ölfilters eines Motors zu sehen ist. Auch die Beklagte hat bereits mit Schriftsatz vom 16.07.2013 ein derartiges Lichtbild in Kopie vorgelegt. Der Zeuge hatte indes aus eigener Wahrnehmung keine Kenntnis vom Zustand des Motors bei Durchführung der Reparaturarbeiten durch die Subunternehmerin der Beklagten. Er hat nach seinen Bekundungen das Fahrzeug erstmals nach Durchführung der Arbeiten gesehen. Die von der Beklagten bzw. dem Zeugen vorgelegten Lichtbilder wie auch die Angaben des Zeugen, der seiner Kenntnisse aus einem Gespräch mit dem Geschäftsführer der Subunternehmerin der Beklagten herleitet, der ihm gegenüber angegeben habe, dass der Motorschaden nicht auf einen Fehler der Beklagten bzw. der Subunternehmerin – die den Motor nach Darstellung des Zeugen ursprünglich geliefert hat – zurückzuführen sei, begründen zwar Indizien dafür, dass der Motorschaden auf einen unsachgemäßen Einbau des Motors oder eine fehlerhaft durchgeführten Ölwechsel zurückzuführen ist, bei dem ein Tuch im Ölfilter belassen wurde. Diese Indizien sind für sich genommen jedoch nicht hinreichend, um die Überzeugung des Gerichtes vom Vorliegen eines Fehlers beim Einbau bzw. bei einem Ölwechsel nach Maßgabe des § 286 ZPO zu begründen. Der Senat vermag allein aus den Angaben des Zeugen und den vorgelegten Lichtbildern nicht mit der erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass sich die Situation bei Demontage des Motors tatsächlich so dargestellt hat, wie von dem Zeugen geschildert. Es ist nicht bekannt, welche Personen für die Subunternehmerin der Beklagten die Überprüfung des Motors vorgenommen und die entsprechende Lichtbilder gefertigt haben. Auch ist im Hinblick darauf, dass nach Angaben des Zeugen M… der Motor von der Subunternehmerin der Beklagten auch zuvor geliefert worden war, diese sich mithin bei berechtigten Gewährleistungsansprüchen der Klägerin entsprechenden Rückgriffsforderungen der Beklagten ausgesetzt sehen musste, nicht ausgeschlossen, dass der dem Zeugen M… vermittelte Sachverhalt auf einer Manipulation beruht. Eine Beurteilung der Seriosität der Subunternehmerin der Beklagten ist dem Senat jedenfalls in keiner Weise möglich. Nicht nachzugehen war dem Beweisantritt der Beklagten im Schriftsatz vom 19.10.2018, der Zeuge M… W… könne bestätigen, dass bei der Demontage des Motors festgestellt worden sei, dass der Ölfilter mit einem Lappen verstopft gewesen sei, § 296 a ZPO. Zwar war den Parteien nachgelassen, zum Ergebnis der Beweisaufnahme bis zum 20.10.2018 Stellung zu nehmen. Auch verpflichtet ein Schriftsatznachlass zur Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme das Gericht zur Beachtung neuer Beweisangebote, die sich als Reaktion auf das Ergebnis der Beweisaufnahme darstellen (BGH MDR 2013, S. 487; Greger in Zöller, ZPO, Kommentar, 32. Aufl., § 285, Rn. 2). So liegt der Fall hier indes nicht. Die Gelegenheit zur Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme dient nämlich nicht dazu, bereits zuvor aufgetretene Versäumnisse – wie das Zurückhalten von Zeugen – auszugleichen. Um eine solche Situation handelt es sich vorliegend. Es ist dem Senat in keiner Weise nachvollziehbar, warum der nunmehr für die Untersuchung des Motors benannte Zeuge nicht bereits zuvor angegeben wurde, und sich die Beklagte darauf beschränkte, einen Zeugen vom Hörensagen zu benennen. Auch eine Wiedereröffnung des der mündlichen Verhandlung ist vor diesem Hintergrund nicht veranlasst, § 156 ZPO. Ebenfalls unerheblich ist der Vortrag der Beklagten im nachgereichten Schriftsatz, die Klägerin habe für die von ihr behauptete starke Rauchentwicklung und den erheblichen Ölverlust am Fahrzeug bereits nach den ersten gefahrenen Kilometern nach dem Auswechseln des Motors einen Beweis nicht angeboten. Zwischen den Parteien steht nicht im Streit, dass der Motor bei der von der Beklagten veranlassten Untersuchung und Reparatur des Fahrzeuges im Juni/Juli 2013 einen Defekt aufwies, der einen Weiterbetrieb des Fahrzeuges nicht mehr ermöglichte. Dieser Mangel ist auch vor Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 476 BGB aufgetreten, so dass es Sache der Beklagten war, die Vermutung eines Defekts des Motors bereits bei Gefahrübergang am 12.03.2013 zu widerlegen. Da die Angaben des Zeugen M… und die vorgelegten Unterlagen bereits nicht geeignet sind, den Nachweis einer Mangelfreiheit des Motors zu führen, kam es auf die Angaben des gegenbeweislich benannten und vom Senat gehörten Zeugen M… Sc… nicht mehr an. Dahinstehen kann daher, ob die Angaben des Zeugen zu den von ihm durchgeführten Arbeiten glaubhaft gewesen sind. Wie ebenfalls bereits im Beschluss vom 02.08.2018 ausgeführte war der angebotene Sachverständigenbeweis nicht zu erheben. Ein Sachverständigengutachten kann allenfalls zur Klärung der Frage in Betracht, ob bei Verstopfung des Ölfilters und fehlender Schmierung des Motors grundsätzlich ein Motorschaden eintreten kann, was der Senat allerdings ohnehin als allgemein bekannt unterstellt. Eine weitergehende Aufklärung, ob eine solche Situation vorliegend gegeben war, ist durch ein Sachverständigengutachten hingegen nicht zu erreichen.
Auch ein Verschulden der Beklagten hinsichtlich der Pflichtverletzung – hier der Verweigerung des unentgeltlichen Rücktransport des Fahrzeuges zum Betriebsgelände der Firma Kfz-Service Sc… – ist gegeben, § 280 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Klägerin ist zudem ein Mitverschulden nicht anzulasten. Zwar haben sich die Parteien in dem von ihnen vor dem Amtsgericht Königs Wusterhausen geschlossenen Vergleich darauf geeinigt, dass die Klägerin ab dem 28.11.2015 das Fahrzeug bei der Beklagten abholen konnte. Dies führt indes nicht dazu, dass der Verzug der Beklagten mit der Herausgabe des Fahrzeuges beendet gewesen ist oder die Klägerin auf die ihr zustehenden Rechte – etwa die Nutzungsausfallentschädigung – für die Zeit zum 05.12.2013 als dem Tag, an dem die Klägerin das Fahrzeug letztlich abgeholt hat, verzichtet hätte. In gleicher Weise ist hierdurch keine Verpflichtung der Klägerin begründet worden, das Fahrzeug zu einem früheren Zeitpunkt abzuholen. Ebenso begründet es einen Mitverschuldensvorwurf nicht, dass die Klägerin das Fahrzeug nicht zu einem noch früheren Zeitpunkt vom Betriebsgelände der Beklagten abgeholt hat.
Die Klägerin kann Schadensersatz für den Verlust der Gebrauchsmöglichkeit an dem Kraftfahrzeug für den vom Landgericht angenommenen Zeitraum von 123 Tagen á 38,00 € verlangen, mithin 4.674,00 €. Unerheblich ist insoweit, ob die Vorenthaltung des Kraftfahrzeuges auf Delikt – insbesondere auf einer unfallbedingte Beschädigung – beruht oder – wie vorliegend – auf einem schuldhaften Vertragsverstoß, soweit Nutzungswille und hypothetischen Nutzungsmöglichkeit des Geschädigten gegeben sind (BGH NJW 2010, S. 2426, NJW 1982, S. 2304 Grüneberg in Palandt, BGB, Kommentar, 77. Aufl., § 249, Rn. 41 f). Vorliegend sind Nutzungswille und Nutzungsmöglichkeit mit Ausnahme des vom Landgericht berücksichtigten Zeitraums von elf Tagen zu bejahen, die die Klägerin benötigt hat, um nach Rückgabe des Fahrzeuges eine Berichtigung der Fahrzeugpapiere im Hinblick auf die in das Fahrzeug eingebaute Gasanlage vornehmen zu lassen. Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag der Beklagten, der Einbau eines typengleichen Austauschmotors habe zum Erlöschen der Betriebserlaubnis geführt (vg. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, Kommentar, 44. Aufl., § 19 StVO, Rn. 12, Tabelle, Punk 8. Abgas- und Geräuschverhalten, Änderung „Austauschmotor“). Es verbleibt damit ein Zeitraum von 123 Tagen, in denen die Beklagte der Klägerin das Fahrzeug vorenthalten hat. Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass tatsächlich ein weiterer Zeitraum von der Klägerin benötigt worden wäre, um eine Berichtigung der Fahrzeugpapiere vornehmen zu lassen, wenn Sie das Fahrzeug zu einem früheren Zeitpunkt zurückerhalten hätte. Nicht zu beanstanden ist schließlich der vom Landgericht in Anlehnung an die Tabelle von Sanden/Danner/Küppersbusch zur Nutzungsaufallentschädigung 2013 (Beilage 1 zur NJW 2013) zugrundegelegte Tagessatz von 38 €, der insbesondere auch eine Abstufung des Fahrzeuges wegen dessen Alter berücksichtigt. (vgl. hierzu auch Grüneberg, a. a. O., § 249, Rn. 43 f).
Schließlich bestehen Gegenansprüche der Beklagten nicht. Sie war vielmehr zur unentgeltlichen Behebung der Mängel des von ihr verkauften an die Kläger verkauften Motors im Wege der Nacherfüllung verpflichtet.
Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 BGB. Die Beklagte befand sich mit der Zahlung der Nutzungsausfallentschädigung aufgrund der Mahnung der Klägerin im Schreiben vom 12.12.2013 mit Fristsetzung bis zum 20.12.2013 ab dem 21.12.2013 in Verzug.
3. Die Schriftsätze der Parteien vom 19.10.2018 geben keinen Anlass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, § 156 ZPO.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 713 ZPO.
Gründe, die die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben. Mit Rücksicht darauf, dass die Entscheidung einen Einzelfall betrifft, ohne von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, kommt der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 4.674,00 € festgesetzt, § 47 Abs. 1 ZPO.
Wert der Beschwer für die Beklagte: 4.674,00 €.