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Badmintonspiel – versicherter Unfall in Unfallversicherung

Landgericht Dortmund

Az: 2 O 449/07

Urteil vom 27.10.2008


Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.200,00 € (i. W. dreitausendzweihundert Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Juni 2008 zu zahlen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 9/10 die Beklagte und 1/10 der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

T a t b e s t a n d

Der Kläger unterhält bei der Beklagten eine Unfallversicherung unter Geltung der AUB 99. Am 22.02.2007 erlitt der Kläger während eines Badmintonspiels bei einem schnellen Antritt eine Ruptur der Achillessehne am rechten Fuß. Er wurde mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus verbracht und dort operiert. Der stationäre Aufenthalt dauerte vom 22.02. bis 01.03.2007. Die Kosten des Transports wurden vom Landkreis P mit 381,84 € berechnet und vom Krankenversicherer des Klägers diesem erstattet. Der Kläger hat zunächst von der Beklagten Begleichung dieses Betrages verlangt, die Klage aber später insoweit zurückgenommen.

Mit Schadensanzeige vom 13.03.2007 meldete der Kläger den Unfall der Beklagten. Diese lehnte Versicherungsschutz mit der Begründung ab, es habe kein versichertes Unfallereignis vorgelegen. Im Laufe des Rechtsstreits hat sie ein Gutachten eingeholt, welches eine durch den Achillessehnenriss bedingte Invalidität von 1/10 Beinwert festgestellt hat. Diese Invalidität wird von beiden Parteien akzeptiert. Sie streiten noch über die Frage, ob die Beklagte bedingungsgemäß zur Zahlung einer Invaliditätsleistung wegen des Achillessehnenrisses verpflichtet ist, den sich der Kläger bei der sportlichen Betätigung am 22.02.2007 zugezogen hat.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ein fiktiver Unfall im Sinne der Versicherungsbedingungen vorgelegen habe.

Er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.200,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass ein versichertes Unfallereignis nicht stattgefunden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung der bedingungsgemäßen Invaliditätsleistung verlangen, die unter den Parteien mit einem Betrag von 3.200,00 € der Höhe nach unstreitig ist. Denn der beim Badmintonspiel anlässlich eines schnellen Antritts erlittene Riss der Achillessehne am rechten Fuß stellt ein versichertes Unfallereignis dar.

1.
Ein versichertes Unfallereignis im Sinne von Ziff. 1.3 AUB 99 liegt allerdings nicht vor, weil der Riss der Achillessehne bei einem willensgesteuerten Bewegungsvorgang des Klägers geschehen ist, ohne dass der Geschehensablauf durch äußere Einflüsse wie z. B. Bodenunebenheiten beeinflusst worden wäre (vgl. Landgericht Dortmund Urteil vom 14.02.2008 2 O 362/07 veröffentlicht in www.nrw.de mit Anmerkung Kloth Juris- Praxisreport VersR 9/2008 Anm. 3).

2.
Es liegen allerdings die Voraussetzungen eines sogenannten fingierten Unfalles nach Ziff. 1.4 der vereinbarten AUB 99 vor. Danach gilt als Unfall auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskel, Sehnen, Bänder oder Kapsel gezerrt oder zerrissen werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei einem schnellen Antritt im Rahmen einer sportlichen Betätigung um eine Kraftanstrengung, die im Sinne der vereinbarten Versicherungsbedingungen erhöht ist. Dabei kann dahinstehen, ob bei der Beurteilung dieses Kriteriums ein subjektiver oder ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Bei Anlegung eines subjektiven Maßstabes wäre auf die durchschnittliche Kraftanstrengung gerade des Klägers abzustellen, während bei Ansetzung eines objektiven Maßstabes die durchschnittliche Kraftanstrengung sämtlicher Versicherungsnehmer zugrunde zu legen wäre.

Durch das Erfordernis der erhöhten Kraftanstrengung sollen für den Versicherungsnehmer erkennbar Kraftanstrengungen des täglichen Lebens, die zwar einen gewissen Muskeleinsatz aber keinen bemerkenswerten Krafteinsatz erfordern, als Gelegenheitsursachen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden. Solche Bewegungsabläufe führen regelmäßig nur dann zu Verletzungen, wenn bereits anlage- oder schicksalsbedingte Verschleißerscheinungen oder krankhafte Veränderungen an den Körperteilen vorliegen. Vom Versicherungsschutz gedeckt werden sollen hingegen besondere Anstrengungen, die nach Art oder Intensität von dem erforderlichen Kraftaufwand abweichen, der bei normalen körperlichen Bewegungen wie Gehen, Laufen, Aufstehen oder ähnlichem aufzubringen ist. Daran gemessen stellt der schnelle Antritt im Rahmen sportlicher Betätigung insbesondere beim Badmintonspiel eine im Sinne der Versicherungsbedingungen erhöhte Kraftanstrengung dar, da für den kurzen Sprint, den der Kläger vorgenommen hat, eine maximale Anspannung der betroffenen Muskelgruppen erforderlich war, was ebenfalls zur maximalen Belastung der mit dem Wadenmuskel verbundenen Achillessehne geführt hat. Diese Kraftanstrengung geht über das normale Maß üblicher Kraftanstrengungen sowohl des Klägers als auch der Gruppe aller Versicherten deutlich hinaus. Sie entspricht derjenigen in anderen Fällen sportlicher Betätigung, in denen die Rechtsprechung einen fingierten Unfall im Sinne von Ziff. 1.4 AUB 99 bzw. den gleichlautenden Vorläuferbedingungen angenommen hat wie beim Anspannen der Bizepsehnen beim Sportkegeln (OLG Nürnberg r + s 2001, 302), beim 50 m-Sprint anlässlich einer Schiedsrichterprüfung und dabei erlittenem Achillessehnenriss (AG Herne NVersZ 2002, 219, bei einer Muskelanspannungsübung im Sportunterricht und dabei erlittenem Muskelfaserriss (OLG Saarbrücken r + s 2002, 348) oder beim fußballspielbedingten kämpferischen Einsatz um den Ball und dabei erlittener Achillessehnenruptur (OLG Celle NJW-RR 1996, 24: vgl. auch Mangen in Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch, § 47 Rn. 34).

3.
Da die Höhe der Invalidität aufgrund des durch die Beklagte eingeholten ärztlichen Gutachtens unstreitig ist ebenso wie die sich daraus ergebende bedingungsgemäße Invaliditätsleistung der Beklagten, war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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