(hier Ausschluss durch AGB-Klausel)
OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN
Az.: 1 U 108/99
Verkündet am 14.12.2000
Vorinstanz: Landgericht Frankfurt am Main – Az.: 2/2 O 110/98
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 23.11.2000 für R e c h t erkannt:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.04.1999 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2/2 O 110/98) abgeändert:
Der Beklagten wird bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an. den Vorstandsmitgliedern, für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt, in Bezug auf Kreditkartenverträge folgende – unterstrichene – und dieser inhaltsgleiche Allgemeine Geschäftsbedingung zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):
(Die Bank erhebt für die Bereitstellung der Visa-Karte eine nach § 315 BGB angemessene Jahresgebühr und belastet das Konto hiermit zu Beginn jedes Vertragsjahres). Bei Vertragsende erfolgt keine zeitanteilige Erstattung, (es sei denn, die Beendigung erfolgt durch außerordentliche Kündigung des Karteninhabers).
Dem Kläger wird die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel mit der Bezeichnung des verurteilten Verwenders auf Kosten der Beklagten im Bundesanzeiger, im übrigen auf eigene Kosten bekannt zu machen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert der Beschwer beträgt 5.500,00 DM.
Entscheidungsgründe:
Von einer Darstellung des Tatbestands wird abgesehen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Die Berufung des Klägers ist begründet und führte zu der aus dem Tenor ersichtlichen Abänderung des angefochtenen – hiermit in Bezug genommenen – Urteils des Landgerichts.
Der Beklagten war die Verwendung der streitgegenständlichen Klausel in ihren AGB zu untersagen, weil darin ein Verstoß gegen § 10 Nr. 7a), b) AGBG zu sehen und somit diese Klausel als unwirksam zu erachten ist. Danach liegt ein zur Klauselunwirksamkeit führender Verstoß vor, wenn eine AGB für den Fall der Vertragskündigung eine unangemessen hohe Vergütung für die Nutzung oder den Gebrauch einer Sache oder für erbrachte Leistungen oder für unangemessen hohen Aufwendungsersatz vorsieht. Diese Voraussetzungen für eine Klauselunwirksamkeit liegen im vorliegenden Rechtsstreit entgegen der Auffassung der Beklagten vor, wenn der Kartenvertrag auf Grund der gemäß Ziffer 11 Satz 2 ihrer AGB zum Ende eines Kalendervierteljahres möglichen Kündigung vorzeitig abgewickelt wird, was insbesondere im Falle einer sogenannten „Schnupperkarte“ gilt. Um eine solche handelt es sich, wenn sich der Kartenkunde alsbald nach Vertragsschluß entschlossen hat, sich durch ordentliche Kündigung bereits zum Ende des ersten Kalendervierteljahres wieder von dem Kartenvertrag zu lösen.
In diesem Falle, der in Anbetracht der maßgeblichen ungünstigsten – kundenfeindlichsten – Fallkonstellation der Beurteilung zu Grunde zu legen ist, liegt ein unangemessenes Mißverhältnis zwischen der von der Beklagten erbrachten Dienstleistung und der gezahlten Vergütung vor, wenn gemäß der angefochtenen Klausel der Kartenkunde bei Vertragsende keine zeitanteilige Erstattung der in Höhe von 75,00 DM geleisteten Jahresgebühr erhält.
Prüfungsmaßstab ist bei Verträgen der vorliegenden Art (Dienstvertrag, Geschäftsbesorgungsvertrag) nach dem an § 628 Abs. 1 S. 1 BGB ausgerichteten Grundsatz das Äquivalenzverhältnis, weiches zwischen der tatsächlich erbrachten Dienstleistung und der Vergütung gewahrt sein muß. Daher ist eine Regelung unwirksam, wonach der Vertragspartner eine im voraus empfangene nicht erfolgsabhängige Vergütung auch bei vorzeitiger Vertragskündigung in jedem Fall behalten darf (so entschieden für Partnerschaftsvermittlungsverträge: BGH NJW 1991, 2763; vgl. auch Ulmer, AGBG, B. Aufl., § 10 Nr. 7, Rdn. 17). Dieser Rechtsprechungsgrundsatz gilt gleichermaßen auch für den vorliegenden Fall, denn auch hier wird bei vorzeitiger Kündigung des Kartenvertrages die im voraus entrichtete Jahresgebühr von 75,00 DM ohne Differenzierung, ob damit ein tatsächlich entstandener Aufwand abgegolten wird, von der Beklagten einbehalten.
In dem kundenfeindlichsten – Fall einer Vertragskündigung bereits zum Ende des ersten Kalendervierteljahres bedeutet dies, dass die Beklagte die Vergütung für 3/4 Jahre nicht erbrachter Leistungen erhält. Bei sogenannten „Schnupperkarten“ ist daher ein eklatanter Verstoß gegen das gemäß § 10 Nr. 7 a), b) AGBG zu wahrende Äquivalenzgebot gegeben. Dieser erscheint um so schwerwiegender, als die Kreditkarte alle 3 Jähre ausgestellt wird, so dass sich die von der Beklagten für die Herstellung und den Versand der Karte vorgetragenen Kosten als auf eine 3-jährige Kartenlaufzeit bezogen darstellen und sich der auf die Jahresgebühr entfallende Anteil dieser laufzeitunabhängigen Kosten dementsprechend ganz erheblich reduziert; die von der Beklagten in ihrem Rechenwerk selbst eingeräumte zurückzuerstattende Ersparnis des Kartenkunden von 16,90 DM liegt daher selbst unter Zugrundelegung dieses Rechenwerkes wesentlich höher.
Nach allem war der Berufung des Klägers stattzugeben und das angefochtene Urteil entsprechend abzuändern.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die weiteren Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2 ZPO.