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OLG Bamberg Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (Südl)

Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken

Stand: 01.07.2003 – 30.06.2005

alte Leitlinien vom 01.01.2002 – 30.06.2003

alte Leitlinien vom 01.07.2001-31.12.2001

alte Leitlinien gültig bis 30.06.2001

Aus gegebenen Anlass weisen wir daraufhin, dass es sich vorliegend um keine Internet-Seite des OLG Bamberg handelt!


Die Familiensenate der Süddeutschen Oberlandesgerichte verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist.

Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um

Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.

 

1. Geldeinnahmen

1.1 Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen ( z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld ), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen

angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

1.3    Über stunden Vergütungen   werden   dem   Einkommen   voll   zugerechnet,   soweit   sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten.

1.4   Ersatz   für  Spesen   und  Reisekosten   sowie  Auslösungen   gelten   in   der  Regel   als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

1.5  Bei Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen.

1.6   Einkommen  aus  Vermietung  und  Verpachtung  sowie  aus  Kapitalvermögen  ist der Überschuss  der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten.  Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.

1.7  Steuerzahlungen oder Erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen.

1.8 Sonstige Einnahmen, z.B. Trinkgelder

 

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld und Krankengeld.

2.2     Arbeitslosenhilfe    beim    Verpflichteten,    beim    Berechtigten    nur,     soweit    der Unterhaltsanspruch nicht nach § 203 SGB III auf den Bund übergegangen ist.

2.3 Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4  BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BaföG.

2.5 Erziehungsgeld nur in den Ausnahmefällen des § 9 S.2 BErzGG.

2.6 Unfallrenten.

2.7      Leistungen      aus      der      Pflegeversicherung,      Blindengeld,      Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten-   und   Pflegezulagen   nach   Abzug   eines   Betrags   für   tatsächliche Mehraufwendungen; § 1610 a BGB ist zu beachten.

2.8  Der Anteil des Pflegegelds bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 VI SGB XI.

2.9    In   der   Regel   Bezüge      nach   dem   GSiG   (BGB1   2001   I   1310,   1335)   beim Verwandtenunterhalt, vgl. §§ l, 2 GSiG (anders beim Ehegattenunterhalt).

2.10/11 Kein Einkommen sind Sozialhilfe und Leistungen nach dem UVG. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein (BGH FamRZ 1999, 843 bzw. 2001, 619).

 

3. Kindergeld

Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet (vgl. Nr. 14 ).

 

4. Geldwerte Zuwendungen

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

 

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt.

Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen

wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

 

6. Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 200 bis 550 €.

 

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

 

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

 

9. Fiktives Einkommen

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein.

 

10. Bereinigung des Einkommens

10.1     Vom    Bruttoeinkommen    sind    Steuern,    Sozialabgaben    und/oder    angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags bei Fahrtkosten, für unstreitigen oder titulierten Unterhalt).

10.2  Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen aus unselbständiger Arbeit abzuziehen.

10.2.1     Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte kann eine Pauschale von 5  %  des Nettoeinkommens angesetzt werden. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen diese Pauschale, so sind sie im einzelnen darzulegen.

10.2.2  Für die notwendigen Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs kann der nach den Sätzen des § 9 III Nr. l ZSEG anzuwendende Betrag (derzeit 0,27 €) pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden. Damit sind i.d.R. Anschaffungskosten erfasst. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km einfach) kann nach unten abgewichen werden.

10.2.3   Bei  einem Auszubildenden  sind i.d.R.   85  € als  ausbildungsbedingter Aufwand abzuziehen.

10.3  Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Außerdem kann ein Kinderbetreuungsbonus angesetzt werden.

10.4  Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins und Tilgung) sind abzuziehen; die Abzahlung soll im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes in angemessenen Raten erfolgen.

Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich nur eheprägende Verbindlichkeiten abzusetzen.

Beim Verwandtenunterhalt sowie bei Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen.

10.5  Bei der Prüfung, ob Unterhaltsleistungen vorweg abzuziehen sind (vgl. Nr. 13.3, 15.2), ist zwischen Bedarfsermittlung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden.

10.6 Vermögensbildende Aufwendungen sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

 

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anlage 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhundertsatz des Regelbetrags geltend gemacht werden.

11.1     Die   Tabellensätze    der   Düsseldorfer   Tabelle   enthalten    keine   Kranken-    und Pflegeversicherungsbeiträge   für   das   Kind,   wenn   dieses   nicht   in   einer   gesetzlichen Familienversicherung  mitversichert  ist.   Das  Nettoeinkommen  des   Verpflichteten  ist  um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu bereinigen.

11.2  Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind i.d.R.  Ab-  oder Zuschläge  durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmen.

Zur Eingruppierung können auch die Bedarfskontrollbeträge herangezogen werden.

 

12. Minderjährige Kinder

12.1  Der Betreuungsunterhalt i.S. des § 1606 III 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt.

12.2 Einkommen des Kindes wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

12.3  Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils (§ 1606 III 2 BGB), oder der eigene angemessene Unterhalt des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 II 3 BGB). Im letzteren Fall kann jedoch nach der „Hausmann“ – Rechtsprechung eine Haftung in Betracht kommen.

Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 III l BGB für den Gesamtbedarf (vgl. Nr. 13.3). Der Verteilungsschlüssel kann unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwandes wertend verändert werden.

12.4   Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 III l BGB (vgl. Nr. 13.3).

 

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1  Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle.

Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3.1), ist der Bedarf des Kindes i.d.R. nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Anwendung von Nr. 11.2) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

13.1.2  Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich 600 € (darin sind enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 250 €), ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2  Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen  (gekürzt  um  ausbildungsbedingte  Aufwendungen,  vgl.  Nr.   10.2.3) angerechnet.  Bei  Einkünften  aus  unzumutbarer  Erwerbstätigkeit  gilt  §   1577  II  BGB entsprechend.

13.3  Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 III  l  BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gern. Nr.   10 zu ermitteln. Außerdem ist vorn Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts (l000 €) abzuziehen.

Der Haftungsanteil nach § 1606 III l BGB errechnet sich nach der Formel:

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Elternteils (N l oder N2) abzüglich 1000 € mal (Rest-)Bedarf (R), geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern (Nl + N2) abzüglich 2000 (=1000 + 1000) €.

Haftungsanteil l = (Nl – 1000) x R : (Nl + N2 – 2000).

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 II 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (730 €7840 €) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

 

14. Verrechnung des Kindergeldes

Es wird nach § 1612 b BGB ausgeglichen.

Zur Verrechnung bei Minderjährigen nach §  1612 b V BGB  siehe Verrechnungstabelle

Anhang 2.

 

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1  Bei der Bedarfsbemessung darf nur eheprägendes Einkommen berücksichtigt werden. Bei Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr-)Einkommen als prägend (BGH FamRZ 2001, 986).

15.2  Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90 % zu berücksichtigen     sind     (Abzug     von     1/10     Erwerbstätigenbonus     vom     bereinigten Nettoeinkommen).

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, so wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Tabellenbetrag1) bereinigt (vgl. auch Nr. 23.1) Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3 (BGH FamRZ 2001, 350).

15.3    Bei   sehr   guten   Einkommensverhältnissen   des   Pflichtigen   kommt   eine   konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.

15.4   Werden Altervorsorge-,  Kranken-  und Pflege Versicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese vom dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt,  soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, z.B.  durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf.

15.5 Trennungsbedingter Mehrbedarf kann zusätzlich berücksichtigt werden.

 

16. Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerb seinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist (vgl. Rechenbeispiel Anlage 3 Nr. 3.1).

 

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 Bei Betreuung eines Kindes besteht in der Regel eine Erwerbsobliegenheit des berechtigt betreuenden Ehegatten erst, wenn das jüngste Kind in die dritte Grundschulklasse kommt. Ab Beginn der dritten Grundschulklasse bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes besteht in der Regel eine Obliegenheit zur teilweisen, danach zur vollen Erwerbstätigkeit. Davon kann abgewichen werden, vor allem bei mehreren Kindern oder bei Fortsetzung einer bereits vor Trennung nicht wegen einer Notlage ausgeübten Tätigkeit.

17.2. In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

1 OLG Stuttgart: i.d.R. mindestens 135 % des Regelbetrages

 

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche nach § 1615 l BGB

Der Bedarf nach §  1615 l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 730 €.

 

19. Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen nach den GSiG zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).

 

20. Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG.

 

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1  Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 II BGB), dem angemessenen (§  1603 I BGB), dem eheangemessenen (§§  1361 I,  1578 I BGB) sowie dem büligen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

21.2    Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach §  1603 II 2 BGB gleichgestellten Kindern gilt im allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste  Grenze der Inanspruchnahme.

Er beträgt

– beim Nichterwerbstätigen 730 €

– beim Erwerbstätigen 840 €.

Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 360 € enthalten.

21.3 Im übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt der angemessene Selbstbehalt.

21.3.1  Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern, Enkeln und der Mutter/dem Vater eines nichtehelichen Kindes 1000 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 440 € enthalten.

21.3.2   Gegenüber Eltern beträgt er mindestens   1250 €,  wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 440 € enthalten.

21.4  Gegenüber Ehegatten gilt grundsätzlich der eheangemessene Selbstbehalt. Er entspricht dem    angemessenen    Unterhaltsbedarf    des     Berechtigten     (Nr. 15)     zuzüglich    des Erwerbstätigenbonus‘ des Unterhaltspflichtigen, darf aber den notwendigen Selbstbehalt nicht unterschreiten. Übersteigt der eheangemessene Selbstbehalt den notwendigen Selbstbehalt und   reicht   das   verfügbare   Einkommen   zur   Deckung   der   Unterhaltslasten   und   des eheangemessenen Selbstbehalts nicht aus, braucht der Geschiedene Unterhalt nur nach Billigkeit zu leisten (§  1581 BGB). Eine Begrenzung auf den notwendigen Selbstbehalt kommt insbesondere bei Betreuung gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder in Betracht.

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21.5 Anpassung des Selbstbehalts

21.5.1 Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (vgl. Nr. 22).

21.5.2 Wird konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung der in den einzelnen Selbstbehalten enthaltenen angeführten Wohnkosten dargelegt, erhöht sich der Selbstbehalt. Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung in der Regel nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen. Besteht für den Verpflichteten ein Anspruch auf Wohngeld, ist dieser wohnkostenmindernd zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.3).

 

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1   Ist  bei  Unterhaltsansprüchen  minderjähriger und  diesen  nach  §   1603  II  2  BGB gleichgestellter   Kindern   der   Unterhaltspflichtige   verheiratet,   werden   für   den   mit   ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 535 €, und wenn dieser erwerbstätig ist, 615 € angesetzt.

22.2  Ist bei Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder, Enkeln oder nach §161511, II BGB der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 750 € angesetzt.

22.3  Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 950 € angesetzt. Im Familienbedarf von 2200 € (1250 + 950 €) sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 770 € enthalten.

 

23. Mangelfall

23.1   Ein  absoluter Mangelfall liegt vor,  wenn  das Einkommen  des  Verpflichteten  zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht.  Zur Feststellung  des Mangelfalls  entspricht der einzusetzende Bedarf für minderjährige und diesen nach § 1603 II 2 BGB gleichgestellten Kindern dem Tabellenbetrag, für den  getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten  seinem Restbedarf (Nr.   15,   16).  Die Mangelfallberechnung kann unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung des Zahlbetrags nach Kindergeldverrechnung der notwendige Selbstbehalt gewahrt bleibt 2.

Der Vorwegabzug des Kindesunterhalts beim getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten kann unterbleiben, soweit sich daraus ein Missverhältnis zum wechselseitigen Bedarf der Beteiligten ergibt. Dieses Missverhältnis ist zu bejahen, wenn beim Ehegatten ein Bedarf bei Nichterwerbstätigen von 535 €, bei Erwerbstätigen von 615 € unterschritten ist. Dies wird regelmäßig zum Mangelfall führen.

23.2 Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich

23.2.1 bei minderjährigen und diesen nach § 1603 III 2 BGB gleichgestellten Kindern nach Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle, 2 OLG Karlsruhe: Es ist immer der Tabellenbetrag abzuziehen.

23.2.2  bei getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten bei Nichterwerbstätigen auf 730 €, bei Erwerbstätigen auf 840 €,

23.2.3  bei mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten auf die Beträge gemäß Nr. 22.1(535€/615€).

Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten ist vom Einsatzbetrag abzuziehen.

23.3  Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche zu verteilen.

Die prozentuale Kürzung berechnet sich nach der Formel:

K = V:SxlOO K = prozentuale Kürzung S = Summe der Einsatzbeträge aller Berechtigten V = Verteilungsmasse (Einkommen des Verpflichteten abzüglich Selbstbehalt)

Der proportional gekürzte Unterhalt ergibt sich aus der Multiplikation mit dem Einsatzbetrag. Ist für minderjährige Kinder eine Unterhaltsfestsetzung nach § 1612a Abs. l BGB als Vomhundertsatz beantragt, so ist K mit 1,35 zu multiplizieren.

23.4 Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612 b BGB.

23.5   Das   im   Rahmen   der   Mangelfallberechnung   gewonnene   Ergebnis   ist   auf   seine Angemessenheit zu überprüfen.

23.6  Rechenbeispiel zum absoluten Mangelfall, vgl. Anlage 3 Nr. 3.2

 

Sonstiges

24. Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden.

 

25. Ost-West-Fälle

Bei sog. Ost – West – Fällen richtet sich der Bedarf des Kindes nach der an seinem Wohnsitz geltenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden Selbstbehaltsätzen.

 

Anhang

1.  Düsseldorfer Tabelle

Anrechenbares                   0-5 Einkommen des Unterhaltspflichtigen in € 6-11 12-17 ab 18 Vomhundertsatz Bedarfskontrollbetrag
1. bis 1300 199 241 284 327 100 730/840
2. 1300-1500 213 258 304 350 107 900
3. 1500-1700 227 275 324 373 114 950
4. 1700-1900 241 292 344 396 121 1000
5. 1900-2100 255 309 364 419 128 1050
6. 2100-2300 269 326 384 442 135 1100
7. 2300 – 2500 283 343 404 465 142 1150
8. 2500 – 2800 299 362 426 491 150 1200
9. 2800 – 3200 319 386 455 524 160 1300
10. 3200 – 3600 339 410 483 556 170 1400
11. 3600-4000 359 434 512 589 180 1500
12. 4000-4400 379 458 540 622 190 1600
13. 4400 – 4800 398 482 568 654 200 1700
über 4800 nach den Umständen des Falles

 

2. Kindergeldverrechnungstabelle in Euro

Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 1. bis 3. Kind von je 77 € :

Einkommensgruppe    1-5 Jahre 6-11 Jahre 12 – 17 Jahre
1 = 100 % 199 – 7 = 192 241- 0 = 241 284- 0 = 284
2 = 107 % 213 -21 = 192 258- 9 = 249 304- 0 = 304
3 = 114% 227 -35 = 192 275- 26 = 249 324- 17 = 307
4 = 121 % 241 -49 = 192 292- 43 = 249 344- 37 = 307
5 = 128 % 255 -63 = 192 309- 60 = 249 364- 57 = 307
6 = 135 % 269 -77 = 192 326- 77 = 249 384- 77 = 307

Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 4. Kind von 89,50 € :

Einkommensgruppe 1-5 Jahre 6-11 Jahre 12 – 17 Jahre
1 = 100 % 199-19,5 = 179,5 241-4,5 = 236,5 284-0   =    284
2 = 107 % 213-33,5 = 179,5 258-21,5 = 236,5 304-9,5 =294,5
3 = 114% 227^7,5 = 179,5 275-38,5 = 236,5 324-29,5 = 294,5
4=121% 241-61,5 = 179,5 292-55,5 = 236,5 344.49,5 = 294,5
5 = 128 % 255-75,5 = 179,5 309-72,5 = 236,5 364-69,5 = 294,5
6=135% 269-89,5 = 179,5 326-89,5 = 236,5 384-89,5 = 294,5

 

3. Rechenbeispiele

3.1 Additionsmethode

Der   Verpflichtete   M   hat   ein  bereinigtes  Nettoerwerbseinkommen   von  2000  €   sowie Zinseinkünfte von 300 €. Seine Ehefrau F hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 1000 € . Sämtliche Einkünfte sind prägend. Anspruch der F ?

Bedarf: ‚/2 ( 9/10 * 2000€ + 300 € + 9/10 * 1000 € )= 1500 € Höhe   :  1500 € – 9/10 * 1000 € = 600 €

3.2 Mangelfall

Der Verpflichtete M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1690 €. Unterhaltsberechtigt sind seine nicht erwerbstätige Ehefrau F und die beiden minderjährigen Kinder Kl (4 Jahre) und K2 (7 Jahre), die von F betreut werden. Das Kindergeld von 308 € wird an F ausbezahlt.

Unterhaltsberechnung ohne Anwendung der Bedarfskontrollbeträge:

Kl : 227 €; K2 : 275 €;

F: 1690-227-275 = 11886;

1/2 aus 9/10* 1188 = 535 €

Leistungsfähigkeit M 1690 – 227 – 275 – 535 = 653 €, d.h. Mangelfall

Unterhaltsberechnung mit Anwendung der Bedarfskontrollbeträge:

Kl : 199 €; K2 : 241 €;

F: 1690-199-241 = 12506;

y2 aus 9/10 * 1250 = 563 €

Leistungsfähigkeit M 1690 – 199 – 241 -563 = 687 €, d.h. Mangelfall

Mangelfallberechnung in beiden Varianten:

Einsatzbeträge:

Kl 269 €; K2 326 €; F 730 €

Verteilungsmasse: 1690 €-840 € = 850 €

Summe der Einsatzbeträge: 269 € + 326 € + 730 € = 1325 €

Prozentuale Kürzung: 850: 1325×100 = 64,1%

Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche: Kl : 269 € x 64,1%= 173 €; K2 : 326 € x 64,1% = 209 €; F    : 730 € x 64,1% = 468 €.

Der Kindesunterhalt entspricht 86,5% des Regelbetrages (= 64,1% x 1,35). Keine Kindergeldverrechnung nach § 1612 b V BGB und keine Ergebniskorrektur.

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