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Bank-Haftung bei Social-Engineering-Betrug: Wer zahlt trotz TAN-Weitergabe?

Nach einem Social-Engineering-Betrug gab eine Kundin ihre chipTANs weiter, wodurch 47.777 Euro in einer Echtzeitüberweisung verloren gingen. Trotz der nachgewiesenen groben Fahrlässigkeit begrenzte ein technisches Versäumnis der Bank die Haftung der Geschädigten.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 O 143/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Halle (Saale)
  • Datum: 24.12.2024
  • Aktenzeichen: 4 O 143/24
  • Verfahren: Klage auf Rückerstattung
  • Rechtsbereiche: Zahlungsdienste, Haftung, Bankrecht

  • Das Problem: Eine Kundin wurde von Betrügern angerufen, die sich als Bankmitarbeiter ausgaben und sie zur Weitergabe von chipTANs verleiteten. Dies ermöglichte eine sofortige Limiterhöhung und eine Überweisung von 47.777 Euro durch die Täter. Die Bank lehnte die Rückzahlung ab, da die Kundin grob fahrlässig gehandelt habe.
  • Die Rechtsfrage: Muss die Bank den Schaden aus einem telefonisch eingefädelten Betrug erstatten, obwohl die Kundin die notwendigen TANs grob fahrlässig an Dritte weitergegeben hat?
  • Die Antwort: Ja, die Bank muss den Großteil des Betrags erstatten (39.128,00 EUR). Das Gericht sah zwar Grobe Fahrlässigkeit bei der Kundin, erkannte aber auch ein Mitverschulden der Bank an, da diese bei der Generierung der TANs auf dem Gerät nicht eindeutig den Zweck (Limiterhöhung) angezeigt hatte.
  • Die Bedeutung: Das Urteil bestätigt, dass Banken trotz grober Fahrlässigkeit des Kunden haften, wenn sie ihre vertraglich vereinbarte Haftungsbegrenzung (Tageslimit) durch technische Mängel (fehlende Zweckanzeige beim TAN-Generator) unterlaufen.

Bank-Haftung bei Social-Engineering-Betrug: Wer zahlt, wenn Betrüger am Telefon die TAN erfragen?

Ein Anruf, der alles verändert. Eine angebliche Bankmitarbeiterin meldet sich, warnt vor verdächtigen Kontobewegungen und kündigt den Rückruf eines IT-Sicherheitsexperten an. Kurz darauf leitet dieser Experte eine Kundin am Telefon durch einen vermeintlichen Sicherheitsprozess. Am Ende dieses Prozesses ist die Kundin um 47.777,00 Euro ärmer, überwiesen in Echtzeit auf das Konto eines Unbekannten. Dieser Fall von Telefon-Betrug, auch „Social Engineering“ genannt, landete vor dem Landgericht Halle (Saale), das am 24. Dezember 2024 unter dem Aktenzeichen 4 O 143/24 eine bemerkenswerte Entscheidung fällte. Es ging um die Kernfrage, die sich unzählige Opfer solcher Attacken stellen: Wer trägt den Schaden, wenn man auf professionelle Betrüger hereinfällt? Das Urteil zeichnet ein differenziertes Bild von der Verantwortung zwischen Kunde und Bank und zeigt, dass selbst eine grobe Fahrlässigkeit des Kunden nicht zwangsläufig zum Totalverlust führen muss.

Was genau war an jenem Samstagnachmittag passiert?

Eine Hand hält einen chipTAN-Generator mit sichtbarer TAN, bereit, Ziffern in den daneben liegenden Telefonhörer einzulesen.
Haftungsfrage bei Social Engineering: Gerichte bewerten grobe Fahrlässigkeit bei TAN-Weitergabe unterschiedlich. | Symbolbild: KI

Die Geschichte beginnt mit einer alltäglichen Handlung. Die spätere Klägerin führte von ihrem privaten Girokonto bei der beklagten Bank eine reguläre Online-Überweisung über 1.351,00 Euro aus. Kurz darauf klingelte ihr Telefon. Eine Frau, die sich als Mitarbeiterin der Bank ausgab, informierte sie über angebliche Unregelmäßigkeiten und stellte einen Rückruf durch die IT-Sicherheitsabteilung in Aussicht.

Wenig später meldete sich ein Mann, der sich als dieser Experte ausgab. In einem geschickt geführten Gespräch überzeugte er die Kundin davon, dass ihr Konto kompromittiert sei und sie bei der Absicherung helfen müsse. Unter seiner Anleitung bediente die Frau ihren chipTAN-Generator, ein Gerät zur Erzeugung von Transaktionsnummern (TANs), und gab die generierten Nummern am Telefon durch. Sie handelte in dem Glauben, ihr Konto zu schützen.

Was sie nicht wusste: Während sie am Telefon abgelenkt wurde, hatten die Betrüger bereits von einem anderen Ort aus auf ihr Online-Banking zugegriffen. Mit den durchgegebenen TANs erhöhten sie zunächst das Tageslimit für Überweisungen von ursprünglich 10.000,00 Euro auf einen sechsstelligen Betrag. Unmittelbar danach, um 18:31 Uhr, veranlassten sie eine Echtzeitüberweisung über 47.777,00 Euro an einen fremden Empfänger. Als die Kundin den Betrug bemerkte, handelte sie sofort: Sie erstattete Strafanzeige und ließ ihr Konto sperren. Doch das Geld war bereits unwiderruflich transferiert. Die Bank weigerte sich, den Betrag zu erstatten, und warf der Kundin vor, durch die Weitergabe der TANs grob fahrlässig gehandelt und damit den Schaden selbst verursacht zu haben.

Welche rechtlichen Spielregeln bestimmen die Haftung im Online-Banking?

Um die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, muss man die grundlegende Risikoverteilung im Zahlungsverkehr verstehen. Zwischen einer Bank und ihren Kunden besteht ein sogenannter Zahlungsdiensterahmenvertrag (§ 675f Abs. 2 BGB). Eine zentrale Regel dieses Vertrags lautet: Eine Zahlung ist nur dann wirksam, wenn Sie als Kontoinhaber ihr zugestimmt haben – Juristen sprechen von einer „Autorisierung“ (§ 675j Abs. 1 BGB).

Wird eine Zahlung ohne Ihre Zustimmung ausgeführt, etwa durch Betrüger, gilt sie als nicht autorisiert. In diesem Fall hat die Bank eine klare Pflicht: Sie muss Ihnen den abgebuchten Betrag unverzüglich und vollständig erstatten (§ 675u Satz 2 BGB). Dies ist der gesetzliche Regelfall, der den Kunden grundsätzlich vor Fremdeinwirkungen auf sein Konto schützt.

Diese Schutzregel hat jedoch eine entscheidende Ausnahme. Verursacht der Kunde den Schaden selbst, weil er seine vertraglichen Pflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat, kehrt sich die Haftung um. Bei grober Fahrlässigkeit haftet der Kunde für den gesamten entstandenen Schaden (§ 675v Abs. 3 Nr. 2 BGB). Als grob fahrlässig gilt ein Verhalten, bei dem die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße missachtet wird – also das, was jedem hätte einleuchten müssen. Die telefonische Weitergabe einer TAN an eine unbekannte Person wird von Gerichten regelmäßig als ein solcher schwerwiegender Fehler eingestuft.

Eine weitere wichtige Rolle kann eine vertragliche Vereinbarung spielen: das Tageslimit für Überweisungen (ZV-Tageslimit). Es dient nicht nur der Praktikabilität, sondern stellt auch eine vertragliche Begrenzung des Risikos dar. Schließlich kann auch die Bank selbst eine Mitschuld am Schaden tragen (§ 254 BGB), wenn sie eigene Sicherheitspflichten verletzt hat.

Warum musste die Bank trotz grober Fahrlässigkeit der Kundin den Großteil des Schadens tragen?

Das Landgericht Halle (Saale) folgte in seiner Urteilsbegründung einer differenzierten Logik, die die Verursachungsbeiträge beider Seiten sorgfältig abwog. Es verurteilte die Bank, der Kundin 39.128,00 Euro und damit den überwiegenden Teil des Schadens zu erstatten.

Die unautorisierte Zahlung: Der Ausgangspunkt des Anspruchs

Zunächst stellte das Gericht unmissverständlich fest, dass die Überweisung über 47.777,00 Euro nicht von der Kundin autorisiert war. Zwar hatte sie die TANs selbst erzeugt und weitergegeben, doch ihr fehlte der entscheidende Wille, genau diese Transaktion auszulösen. Sie wurde von den Anrufern gezielt getäuscht und handelte in der Annahme, an einer Sicherheitsmaßnahme mitzuwirken. Ihr Wille war auf die Abwehr einer Gefahr gerichtet, nicht auf die Freigabe einer riesigen Geldsumme. Da somit keine Zustimmung vorlag, war die Zahlung nach § 675j BGB unwirksam, und der grundsätzliche Erstattungsanspruch aus § 675u BGB war geboren.

Der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit: Ein schwerwiegender Fehler der Kundin

Im nächsten Schritt prüfte das Gericht das Argument der Bank, die Kundin habe grob fahrlässig gehandelt. Hier gaben die Richter der Bank recht. Die Weitergabe von TANs an Dritte am Telefon stellt eine elementare Verletzung der Sorgfaltspflichten im Online-Banking dar. Banken weisen ihre Kunden unmissverständlich und wiederholt darauf hin, diese sensiblen Daten niemals preiszugeben. Wer dies dennoch tut, handelt grob fahrlässig. Damit stand der Bank grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch gegen ihre Kundin in voller Höhe des Schadens zu, was den Erstattungsanspruch der Kundin zunichtegemacht hätte.

Der entscheidende Wendepunkt: Das Mitverschulden der Bank

Doch das Gericht beließ es nicht bei dieser Feststellung. Es nahm das Vorgehen der Bank genauer unter die Lupe und identifizierte ein entscheidendes Mitverschulden. Der Knackpunkt lag im chipTAN-Generator. Das Gerät zeigte der Kundin beim Erzeugen der TANs nicht an, wofür diese konkret verwendet werden sollten. Insbesondere fehlte ein deutlicher Hinweis wie „Limitänderung“ oder die Anzeige des neuen, extrem hohen Überweisungslimits.

Ohne diese Information hatte die Kundin keine realistische Chance zu erkennen, dass sie gerade die Tür für eine unlimitierte Überweisung öffnete. Das Gericht sah hierin eine Verletzung der bankseitigen Pflicht, für eine sichere und transparente Nutzerführung zu sorgen. Eine solche Zweckanzeige sei technisch möglich und angesichts der hohen Gefahr von Betrugsmaschen auch zumutbar. Indem die Bank es den Betrügern ermöglichte, das Limit ohne einen klar erkennbaren Warnhinweis auf dem Gerät der Kundin zu ändern, hatte sie den Schaden maßgeblich mitverursacht.

Die vergessene Obergrenze: Wie das Tageslimit die Haftung neu verteilt

Zusätzlich zog das Gericht das vertraglich vereinbarte Tageslimit von 10.000,00 Euro als Haftungsgrenze heran. Ein solches Limit, so die Richter, begrenzt nicht nur die täglichen Verfügungsmöglichkeiten, sondern auch das Risiko, das der Kunde im Schadensfall zu tragen bereit ist. Selbst bei grober Fahrlässigkeit kann die Bank vom Kunden nicht mehr Schadensersatz verlangen, als im Rahmen dieses Limits überhaupt möglich gewesen wäre. Die eigenmächtige Erhöhung des Limits durch die Betrüger konnte diese vertragliche Risikoverteilung nicht aushebeln.

Die finale Rechnung: Wie das Gericht den Schaden aufteilte

Aus diesen Bausteinen konstruierte das Gericht seine finale Abwägung. Die Kundin haftet aufgrund ihrer groben Fahrlässigkeit, aber ihre Haftung ist durch das ursprünglich vereinbarte Tageslimit von 10.000,00 Euro gedeckelt. Da sie an diesem Tag bereits eine legitime Überweisung von 1.351,00 Euro getätigt hatte, betrug ihr verbleibendes, noch nicht ausgeschöpftes Limit 8.649,00 Euro. Nur für diesen Betrag musste sie geradestehen.

Der darüber hinausgehende Schaden von 39.128,00 Euro (47.777,00 Euro minus 8.649,00 Euro) fiel in den Verantwortungsbereich der Bank. Sie musste diesen Schaden tragen, weil sie durch die unzureichende technische Sicherung bei der Limitänderung die Ausführung der hohen Überweisung erst ermöglicht hatte. Das Gericht verurteilte die Bank daher, genau diesen Betrag dem Konto der Klägerin wieder gutzuschreiben.

Welche Lehren lassen sich aus diesem Urteil ziehen?

Dieses Urteil des Landgerichts Halle (Saale) geht über den Einzelfall hinaus und beleuchtet fundamentale Prinzipien der Risikoverteilung im modernen Zahlungsverkehr. Es vermittelt zwei zentrale Erkenntnisse, die für das Verständnis der Bank-Haftung bei Social-Engineering-Betrug entscheidend sind.

Erstens verdeutlicht die Entscheidung das Prinzip der geteilten Verantwortung. Selbst wenn ein Bankkunde einen offensichtlichen und schwerwiegenden Fehler begeht, ist er nicht automatisch schutzlos. Auch die Bank steht in der Pflicht, ihre Systeme so sicher und transparent wie möglich zu gestalten. Versäumnisse der Bank, wie etwa ein fehlender Zweckhinweis bei der TAN-Generierung, können ihre Haftungsposition erheblich schwächen und führen zu einer Aufteilung des Schadens. Die Haftung ist kein Alles-oder-Nichts-Prinzip, sondern Ergebnis einer sorgfältigen Abwägung der jeweiligen Verursachungsbeiträge.

Zweitens unterstreicht das Urteil die enorme rechtliche Bedeutung eines vereinbarten Tageslimits. Es ist mehr als nur eine praktische Einstellung im Online-Banking – es ist eine vertragliche Risikobegrenzung. Indem das Gericht die Haftung der Kundin auf das verbleibende Tageslimit beschränkte, bestätigte es, dass die Bank das darüber hinausgehende Risiko nicht einseitig auf den Kunden abwälzen kann, selbst wenn dieser sich fehlerhaft verhalten hat. Für Bankkunden bedeutet dies, dass ein bewusst niedrig angesetztes Limit einen wirksamen Schutzwall gegen den finanziellen Ruin im Falle eines Betrugs darstellen kann.

Die Urteilslogik

Selbst schwerwiegende Fehler des Kunden führen nicht automatisch zum Totalverlust, wenn die Bank eigene Systemsicherungen vernachlässigt oder vertragliche Risikogrenzen existieren.

  • [Grobe Fahrlässigkeit bei TAN-Weitergabe]: Wer sensible Transaktionsnummern (TANs) telefonisch an Dritte weitergibt, handelt grob fahrlässig und verletzt elementare Sorgfaltspflichten im Zahlungsverkehr.
  • [Das vereinbarte Limit schützt]: Ein vertraglich fixiertes Überweisungslimit dient als absolute Haftungsgrenze, die selbst bei grober Fahrlässigkeit des Kunden die maximale Schadensersatzpflicht deckelt.
  • [Transparente Systeme verhindern Mitverschulden]: Banken tragen Mitverantwortung für den Schaden, wenn ihre Sicherheitssysteme (z.B. TAN-Generatoren) den Zweck wichtiger Vorgänge wie Limitänderungen nicht transparent anzeigen und somit Betrug erleichtern.

Die Haftung im Online-Zahlungsverkehr ist eine Frage der sorgfältigen Abwägung geteilter Verursachungsbeiträge, die eine vollständige Risikoabwälzung auf den Kunden verhindert.


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Experten Kommentar

Wenn Betrüger am Telefon das Chaos perfekt machen, zählt plötzlich nur noch die letzte vertragliche Schutzmauer. Dieses Urteil stellt klar, dass das vereinbarte ZV-Tageslimit eine konsequente Haftungsbegrenzung für den Kunden darstellt, selbst wenn grobe Fahrlässigkeit bei der TAN-Weitergabe vorliegt. Die Bank kann den Schaden nur bis zur Höhe dieses ursprünglichen Limits auf den Kunden abwälzen; eine nachträgliche Erhöhung durch die Täter kann diese vertragliche Risikoverteilung nicht aushebeln. Für alle Nutzer ist dies der wichtigste Praxis-Tipp: Ein niedrig angesetztes Limit ist die wirksamste Police gegen den Totalverlust durch eine Social-Engineering-Attacke.


Symbolbild für Rechtsfragen (FAQ): Allegorische Justitia mit Waage und Richterhammer.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Muss die Bank zahlen, wenn ich bei Social-Engineering-Betrug meine TAN weitergegeben habe?

Ja, in den meisten Social-Engineering-Fällen muss die Bank zumindest einen erheblichen Teil des Schadens tragen. Obwohl die Weitergabe der TAN an Betrüger als grobe Fahrlässigkeit gilt, war die Zahlung juristisch nicht autorisiert. Ausschlaggebend ist, dass Ihnen bei der Freigabe der TAN der Wille zur Auslösung dieser konkreten Transaktion fehlte. Sie handelten in der Annahme, eine Sicherheitsmaßnahme durchzuführen, nicht in der Absicht, die hohe Überweisung zu tätigen.

Die Bank ist nach den gesetzlichen Regelungen zur sofortigen Erstattung verpflichtet, wenn ein Zahlungsauftrag nicht autorisiert war (§ 675u BGB). Da Sie gezielt getäuscht wurden und Ihren Willen auf die Abwehr einer Gefahr richteten, gilt die resultierende Überweisung als unautorisiert (§ 675j BGB) und damit als unwirksam. Dies begründet zunächst Ihren Anspruch auf vollständige Rückzahlung des abgebuchten Geldes durch die Bank.

Zwar kann die Bank wegen Ihrer groben Fahrlässigkeit einen Schadensersatzanspruch gegen Sie geltend machen, dieser ist jedoch begrenzt. Ihre Haftung ist durch das vertraglich vereinbarte Tageslimit gedeckelt. Die Bank kann maximal den Betrag von Ihnen zurückfordern, der innerhalb dieses Limits liegt. Der überschießende Schaden, der durch die betrügerische Erhöhung des Limits entsteht, muss die Bank tragen, da sie für diesen Bereich verantwortlich ist.

Fordern Sie Ihre Bank schriftlich auf, den gesamten Betrag unverzüglich als unautorisierte Zahlung zu erstatten, und legen Sie detailliert dar, dass Ihr Wille auf die Abwehr einer Gefahr gerichtet war.


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Wie schützt mich mein vereinbartes Tageslimit bei Online-Banking-Betrug vor dem Totalverlust?

Ihr vertraglich festgelegtes Tageslimit (ZV-Tageslimit) dient als entscheidender Schutzwall gegen einen Totalverlust im Betrugsfall. Es ist nicht nur eine technische Grenze für tägliche Verfügungen, sondern vor allem eine juristische Risikobegrenzung. Selbst wenn Sie bei einem Social-Engineering-Angriff grob fahrlässig handeln, beschränkt das Limit Ihre maximale Haftung gegenüber der Bank. Betrüger können diese vertragliche Deckelung nicht durch eine eigenmächtige Limit-Erhöhung aushebeln.

Ein vereinbartes Tageslimit definiert das Höchstrisiko, das Sie als Kunde im Schadensfall tragen. Gerichte erkennen dieses Limit als eine vertragliche Obergrenze für den Schadensersatzanspruch der Bank an. Der Schaden, den Betrüger über dieses ursprüngliche Limit hinaus verursachen, fällt damit in den Verantwortungsbereich der Bank. Dies liegt daran, dass die Bank für die Sicherheit des Zahlungssystems oberhalb der vereinbarten Grenze zuständig ist und das höhere Risiko selbst tragen muss.

Nehmen wir an, Ihr vereinbartes Limit lag bei 10.000 Euro, wurde aber durch Betrüger auf 50.000 Euro erhöht. Ihre Haftung bleibt juristisch auf die ursprünglichen 10.000 Euro beschränkt. Das Landgericht Halle bestätigte diesen Grundsatz: Die Bank kann selbst bei festgestellter grober Fahrlässigkeit des Kunden nicht mehr fordern, als im Rahmen des ursprünglichen Limits überhaupt möglich gewesen wäre. Die Bank muss somit für den gesamten Betrag haften, der das ursprünglich vereinbarte Limit überschreitet.

Prüfen Sie unbedingt in Ihrem Zahlungsdiensterahmenvertrag, wie hoch Ihr vertraglich festgelegtes Tageslimit zum Zeitpunkt des Betrugs war, um Ihre maximale Haftungssumme festzulegen.


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Wann gilt mein Verhalten bei einem Online-Banking-Betrug als grob fahrlässig?

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn Sie die im Verkehr erforderlichen Sorgfaltspflichten in einem besonders schweren Maße missachten. Dies ist ein offensichtlicher und schwerwiegender Fehler, der jedem hätte einleuchten müssen. Im Kontext von Social Engineering und Online-Banking-Betrug führt die vorsätzliche Weitergabe sensibler Authentifizierungsdaten regelmäßig zu diesem juristischen Vorwurf.

Der Gesetzgeber regelt in § 675v BGB, dass der Kunde bei grober Fahrlässigkeit für den Schaden haftet, da die Nichteinhaltung der Sicherheitsregeln als besonders schwerwiegend gilt. Eine elementare Pflichtverletzung ist die Preisgabe von Zugangsdaten wie PINs oder TANs an Dritte. Banken warnen ihre Kunden durch klare AGB und Sicherheitshinweise explizit und wiederholt davor, diese Daten niemals offenzulegen.

Konkret wird die telefonische Übermittlung einer selbst erzeugten TAN an einen angeblichen Bankmitarbeiter in der Regel als grob fahrlässig eingestuft. Sobald die Bank Ihnen dieses schwerwiegende Fehlverhalten nachweisen kann, kehrt sich die Beweislast um. Die Bank kann dann zwar Schadensersatz verlangen, dieser Anspruch ist jedoch auf den Betrag begrenzt, der innerhalb des vertraglich vereinbarten Tageslimits liegt.

Sammeln Sie alle schriftlichen Warnhinweise Ihrer Bank bezüglich der Geheimhaltung von PINs und TANs, um den Grad Ihrer Sorgfaltspflichtverletzung objektiv einschätzen zu können.


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Welche Sicherheitsmängel der Bank führen zu einem Mitverschulden bei Betrugsfällen?

Banken können trotz grober Fahrlässigkeit des Kunden eine Mitschuld tragen, wenn ihre Sicherheitssysteme Mängel aufweisen. Ein entscheidender Punkt ist der Verstoß gegen die Pflicht zur sicheren und transparenten Nutzerführung. Gerichte sehen ein Mitverschulden der Bank, wenn technische Vorkehrungen fehlen, die den Betrug durch professionelle Social-Engineering-Maschen hätten verhindern können. Das stärkt die juristische Position des Kunden bei Schadensersatzansprüchen.

Der schwerwiegendste Mangel liegt oft in der Art der Transaktionsfreigabe. Wenn Sie beispielsweise Ihren chipTAN-Generator nutzen, muss das Gerät klar anzeigen, welche konkrete Handlung Sie autorisieren. Fehlt eine deutliche Zweckanzeige – etwa „Limitänderung“ oder „Überweisung an [Empfänger]“ – verletzt die Bank ihre elementare Sorgfaltspflicht. Dieser technische Fehler verhindert, dass Kunden betrügerische Aktionen, wie eine unbemerkte Limiterhöhung, realistisch erkennen können.

Fehlt die Anzeige des Verwendungszwecks, schafft die Bank erst die kausale Voraussetzung für den Schaden. Betrüger nutzen diesen Sicherheitsmangel, um das Tageslimit ohne klar erkennbaren Warnhinweis zu manipulieren und anschließend hohe Beträge zu überweisen. Liegt dieser technische Mangel vor, führt das Gericht eine Abwägung der Verschuldensbeiträge nach § 254 BGB durch. Dies kann selbst bei grober Fahrlässigkeit des Kunden zu einer erheblichen Aufteilung des Schadens zugunsten des Bankkunden führen.

Dokumentieren Sie sofort, welche konkreten Texte oder Beträge auf dem Display Ihres TAN-Generators angezeigt wurden, als Sie die schadhaften TANs generiert haben.


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Was muss ich tun, um mein Online-Banking-Risiko durch das Tageslimit zu minimieren?

Der effektivste und einfachste Schritt zur Risikominimierung ist die sofortige Reduzierung Ihres ZV-Tageslimits. Dieses Limit fungiert als vertragliche Risikobegrenzung und legt die Obergrenze Ihrer maximalen Haftung fest. Ein niedrig angesetztes Limit schafft einen wirksamen Schutzwall gegen einen existenzbedrohenden Totalverlust im Betrugsfall.

Setzen Sie das Limit bewusst niedrig an, idealerweise auf einen Betrag, der Ihre täglichen oder wöchentlichen Ausgaben abdeckt (etwa 1.000 € bis 2.500 €). Gerichte erkennen das ursprüngliche Tageslimit als entscheidenden Faktor bei der Schadensverteilung an. Selbst wenn Ihnen grobe Fahrlässigkeit bei der Weitergabe von TANs vorgeworfen wird, können Sie maximal nur bis zur Höhe dieses vereinbarten Limits haftbar gemacht werden.

Vermeiden Sie es, das oft standardmäßig hohe Tageslimit von 10.000 € oder mehr beizubehalten. Dieses hohe Limit bedeutet, dass Sie sich bereit erklären, im schlimmsten Fall genau diesen Betrag selbst zu tragen. Benötigen Sie eine höhere Summe für eine einmalige Großtransaktion, erhöhen Sie das Limit nur temporär. Setzen Sie es unmittelbar nach der Ausführung der Überweisung wieder auf den vorherigen niedrigen Standardwert zurück.

Melden Sie sich jetzt in Ihrem Online-Banking-Portal an, navigieren Sie zu den Sicherheitseinstellungen und reduzieren Sie das Limit auf einen für Sie realistischen Betrag.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Juristisches Glossar: Symbolbild der Justitia mit Waage und Richterhammer.

Glossar


Juristische Fachbegriffe kurz erklärt

Autorisierung

Autorisierung ist die zwingend erforderliche Zustimmung des Kontoinhabers zu einem Zahlungsauftrag, ohne die eine Überweisung juristisch als unwirksam gilt (§ 675j Abs. 1 BGB). Das Gesetz stellt damit sicher, dass Kunden volle Kontrolle über ihr Geld behalten; nur wenn der Kunde den klaren Willen zur Transaktion hat, darf die Bank den Betrag transferieren.

Beispiel: Obwohl die Kundin ihre TAN selbst erzeugte und weitergab, lag keine Autorisierung für die Großüberweisung vor, weil ihr Wille auf eine Sicherheitsmaßnahme und nicht auf die tatsächliche Freigabe der Transaktion gerichtet war.

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Grobe Fahrlässigkeit

Grobe Fahrlässigkeit beschreibt einen schwerwiegenden Fehler im Verhalten des Kunden, bei dem die elementar erforderliche Sorgfaltspflicht in einem unentschuldbaren Maße verletzt wird. Diese juristische Ausnahme kehrt die Haftung um: Wer offensichtliche Sicherheitsregeln missachtet, etwa die telefonische Weitergabe der TAN, muss den daraus resultierenden Schaden grundsätzlich selbst tragen (§ 675v Abs. 3 BGB).

Beispiel: Gerichte stufen die telefonische Weitergabe einer sensiblen TAN an einen angeblichen Bankmitarbeiter in Fällen des Social Engineering regelmäßig als grobe Fahrlässigkeit ein, da dies elementar gegen alle Sicherheitshinweise der Bank verstößt.

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Mitverschulden

Als Mitverschulden (§ 254 BGB) bezeichnen Juristen die Situation, in der nicht nur der Geschädigte (Kunde), sondern auch der Schädiger (Bank) durch eigenes pflichtwidriges Verhalten zur Entstehung des Schadens beigetragen hat. Das Gesetz erlaubt es, den entstandenen Schaden fair zwischen den Parteien aufzuteilen, wenn beide Seiten Fehler gemacht haben, um eine gerechte Risikoverteilung zu gewährleisten.

Beispiel: Das Landgericht Halle sah ein entscheidendes Mitverschulden der Bank, weil der chipTAN-Generator keinen klaren Hinweis auf die stattfindende Limiterhöhung anzeigte und somit eine transparente Nutzerführung fehlte.

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Social Engineering

Social Engineering ist eine perfide Betrugsmasche, bei der Täter die menschliche Psychologie und Gutgläubigkeit ausnutzen, um Personen gezielt zu manipulieren, damit diese sensible Daten oder Zugänge freiwillig herausgeben. Dieses Vorgehen dient Juristen zur Unterscheidung von rein technischen Hacks, wobei die professionelle Täuschung und die gezielte Irreführung des Opfers bei der Haftungsabwägung eine große Rolle spielen.

Beispiel: Im vorliegenden Fall nutzten die Betrüger Social Engineering, indem sie sich als IT-Sicherheitsexperten der Bank ausgaben und die Kundin dazu brachten, die TANs unter dem Vorwand einer dringenden Kontosicherung weiterzugeben.

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Tageslimit (ZV-Tageslimit)

Das vertraglich vereinbarte Tageslimit ist nicht nur eine technische Grenze für Online-Überweisungen, sondern primär eine juristisch bindende Risikobegrenzung, die die maximale Haftung des Kunden im Schadensfall deckelt. Mit der Festlegung dieses Limits vereinbaren Bank und Kunde vertraglich die Obergrenze des potenziellen Verlusts, um existenzbedrohenden Ruin bei Betrug zu verhindern.

Beispiel: Selbst als die Betrüger das Tageslimit eigenmächtig erhöhten, beschränkte das Gericht die Haftung der grob fahrlässigen Kundin auf die Höhe des ursprünglich vereinbarten ZV-Tageslimits von 10.000,00 Euro.

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Zahlungsdiensterahmenvertrag

Ein Zahlungsdiensterahmenvertrag ist die gesetzliche Grundlage für alle gängigen Bankdienstleistungen, wie die Führung eines Girokontos oder die Abwicklung von Überweisungen (§ 675f BGB), und regelt die Rechte und Pflichten von Bank und Kunde. Dieser Vertrag schafft die rechtliche Basis für den gesamten Zahlungsverkehr und enthält die zentralen Bestimmungen zur Autorisierung von Zahlungen und zur Haftung bei Sicherheitsverstößen.

Beispiel: Der Zahlungsdiensterahmenvertrag enthielt die klare Regelung, dass Überweisungen nur mit Autorisierung wirksam sind und die Kundin vertraglich dazu verpflichtet war, die Geheimhaltung der TAN sicherzustellen.

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Das vorliegende Urteil


LG Halle (Saale) – Az.: 4 O 143/24 – Urteil vom 24.12.2024


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