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Bank-Schließfachvertrag – Pflicht zur Bewachung und Sicherung des Schließfaches

LG Paderborn – Az.: 4 O 12/17 – Urteil vom 12.05.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger macht gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung vertraglicher Pflichten geltend.

Der Kläger mietete am 21.12.2015 ein „Sparkassenbuch-Schließfach“ Nr. … in den Räumlichkeiten der Beklagten, Q, an.

Die in den Mietvertrag vom 21.12.2015 einbezogenen Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern werden wie folgt eingeleitet:

„Ausschließlich zur Aufbewahrung von Sparkassenbüchern vermieten wir verschließbare Fächer zu folgenden Bedingungen:“.

Zu „Ziffer 5. Haftung“ heißt es sodann:

„Wir können für Verlust oder Beschädigung nur bei eigenem Verschulden haften.Für etwa vereinbarungswidrig in das Schließfach eingelegte andere Gegenstände ist jede Haftung ausgeschlossen.“

Die Schließfächer selbst tragen die Aufschrift:

„Bitte die Fächer nur für Sparkassenbücher benutzen.(Kein Bargeld und keine Wertgegenstände)“.

In den späten Abendstunden des 10.02.2016 verschafften sich zunächst unbekannte Täter den Zutritt zu den Filialräumlichkeiten der Beklagten, brachen sämtliche Schließfächer auf und entwendeten den Inhalt.

Der Kläger behauptet, wenige Monate zuvor in sein Schließfach einen Bargeldbetrag i.H.v. 10.000,00 EUR eingelegt zu haben. Auch dieser Geldbetrag sei am 10.02.2016 entwendet worden. Die Beklagte habe, soweit es die Sicherung der Schließfächer betrifft, ihr obliegende Sorgfaltspflichten verletzt. Die Räumlichkeiten der Filiale seien nicht mittels einer Alarmanlage gesichert gewesen, die Alarmanlage sei nicht „scharf“ geschaltet gewesen. Deshalb sei es den Tätern ohne weiteres möglich gewesen, die Türen zu den Schließfächern mit einfachsten Mitteln zu öffnen, diese aufzubrechen und Gegenstände aus den Fächern zu entfernen.

Da seine Hausratsversicherung – unstreitig – 2.500,00 EUR erstattet habe, schulde ihm die Beklagte Zahlung weiterer 7.500,00 EUR.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.08.2016 zu bezahlen, ferner vorgerichtliche Rechtsanwaltsmahnkosten in Höhe von 729,23 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.08.2016.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass der Kläger in sein Schließfach einen Betrag i.H.v. 10.000,00 EUR eingelegt haben will. Im Übrigen stellt sie ihre Haftung bereits dem Grunde nach in Abrede. Sie behauptet insbesondere, dass die Alarmanlage am Schadenstag „scharfgeschaltet“ gewesen sei.

Das Gericht hat die Strafakte der Staatsanwaltschaft Paderborn, Az. 45 Js 336/16, zu Informations- und Beweiszwecken beigezogen. Es hat den Kläger persönlich angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Q und T. Wegen des Ergebnisses der Parteianhörung wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch gemäß §§ 535, 280 I BGB auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 7.500,00 EUR.

Zwar bestehen für das Gericht aufgrund der glaubhaften Angaben des in jeder Hinsicht als glaubwürdig zu erachtenden Klägers keine vernünftigen Zweifel daran, dass er in das von ihm angemietete Sparkassenbuch-Schließfach Nr. … Bargeld in Höhe von 10.000,00 EUR eingelegt hatte und dass auch dieses Geld anlässlich des Einbruchs am 10.02.2016 in die Räumlichkeiten der Beklagten entwendet worden ist. Anders erklärt sich auch nicht, dass die Staatsanwaltschaft (auch) wegen dieses Vorfalls unter dem 20.06.2016 Anklage erhoben hatte (Bl. 582R der beigezogenen Akte Staatsanwaltschaft Paderborn, Az. 45 Js 336/16).

Dass der Kläger den anlässlich des Einbruchs erlittenen Schaden aufgrund einer Pflichtverletzung der Beklagten erlitten hat, hat der Kläger jedoch nicht zu beweisen vermocht.

Der Vertrag zur Überlassung eines besonders gesicherten Schließfaches in einer Bank stellt einen Mietvertrag dar, der durch die Besonderheit gekennzeichnet ist, dass der Kunde eine besondere Sicherheit für die von ihm in das Schließfach eingelegten Gegenstände erwartet, die er bei einer anderweitigen Lagerung in Privat- oder Geschäftsräumen selbst bei besonderer Sicherung (beispielsweise in Tresoren) regelmäßig nicht erreichen kann, weil schon die Gebäude- und Raumsicherung bei Banken meist erheblich ausgeprägter ist und einen höheren Schutz vor Entwendung bietet. Die danach von der Bank geschuldete Sicherheit bezieht sich allerdings nicht unmittelbar auf den eingelagerten Gegenstand selbst, welchen die Bank regelmäßig auch gar nicht kennt, so dass sie das von ihr übernommene Haftungsrisiko nicht abschätzen kann. Vielmehr bezieht sie sich auf den Raum, in welchem sich das Schließfach befindet, auf das konkret vermietete Schließfach sowie die Überwachung und Kontrolle derselben einschließlich des Zugangs zu ihnen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2012, Az. 24 U 193/11, Rn. 34, juris).

Bank-Schließfachvertrag - Pflicht zur Bewachung und Sicherung des Schließfaches
(Symbolfoto: Von marozhka studio/Shutterstock.com)

Die Besonderheiten des Schließfachvertrages unter dem Aspekt der erwarteten höheren Sicherheit prägen den Mietvertrag und die aus ihm folgenden Verpflichtungen der Bank über das übliche gesetzliche Maß hinaus. Geschuldet werden Bewachung und Sicherung des Schließfaches unter Zuhilfenahme von Mitteln, die dem anerkannten Stand der Technik entsprechen, eine allgemeine Kontrolle und Überwachung des Zugangs und die Prüfung der Zugangsberechtigung im Einzelfall (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2012, Az. 24 U 193/11, Rn. 38, juris).

Dies vorangestellt war die Beklagte verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die es Tätern zumindest in gewissem Umfang erschweren, Zugang zum Schließfachraum zu erlangen und dort ungehindert Schließfächer auszurauben.

Es kann jedoch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte der ihr obliegenden Pflicht, die von ihr geforderten Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten, nicht nachgekommen sein soll.

Soweit der Kläger behauptet, am Tag des Vorfalls sei die Alarmanlage nicht scharf geschaltet gewesen, hat sich dieser Vortrag nicht zu bestätigen vermocht.

Der Zeuge Q hat zwar bekundet, am 10.02.2016 nach Geschäftsschluss zunächst vergessen zu haben, die Alarmanlage einzuschalten, dass er aber, als ihm dies eingefallen sei, zu den Filialräumlichkeiten zurückgekehrt sei und sodann die Alarmanlage eingeschaltet habe.

Auch der Zeuge T hat bekundet, dass zur Zeit des Einbruchs die Alarmanlage eingeschaltet gewesen sei. Er hat dies nachvollziehbar unter gleichzeitiger Auswertung des Datenmaterials aus der Log-Datei der Einbruchmeldeanlage geschildert. Aus diesen Materialien, als Anlage II zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2017 zur Gerichtsakte genommen (= Bl. 50 d.A.), ergibt sich insoweit zweifelsfrei, dass die Alarmanlage im Zeitraum vom 10.02.2016, 14:14:55 Uhr, bis zum 11.02.2016, 06:01:49 Uhr eingeschaltet gewesen ist.

Auch aus dem Tatortbefundbericht der Polizei vom 11.02.2016 (Anlage I zum Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 12.05.2017 = Bl. 45ff. d.A.) ergibt sich, dass das Tatobjekt am 10.02.2016 vom Zeugen Q ordnungsgemäß verschlossen und die Alarmanlage scharfgeschaltet wurde.

Soweit die Alarmanlage während des Einbruchs offensichtlich nicht ausgelöst hat, ist dies kein Umstand, den sich die Beklagte zuzuschreiben hat. Dass die installierte Alarmanlage nicht dem anerkannten Stand der Technik entsprochen haben und deshalb nicht ausgelöst haben soll, behauptet selbst der Kläger nicht.

War der Klage aus diesen Gründen bereits in der Hauptsache kein Erfolg zu bescheiden, steht dem Kläger ebensowenig der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten zu.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.

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