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Bankautomat – Bargeldeinzahlung nicht gebucht – Schadensersatzanspruch

AG Dortmund – Az.: 425 C 3996/20 – Urteil vom 29.09.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger suchte am 06.01.2020 an einer personell nicht besetzen Sparkassenfiliale der Beklagten einen Bankautomaten auf und zahlte dort Geld ein. Am Ende des Einzahlungsvorganges zeigte das Display einen dem Konto gutzuschreibenden Betrag in Höhe von 1.500 EUR an.  Der Kläger drückte anschließend im Menüfeld auf die Taste „Vorgang beenden“ und erhielt eine Einzahlungsquittung über 1500,00 EUR. Der Geldautomat zeigte während und nach des Einzahlvorganges keine Fehlermeldung an. Der Kläger rief umgehend bei der Hotline der Beklagten an, um den Inhalt des Geldautomaten auf einen etwaigen Mehrbetrag überprüfen zu lassen. Ihm wurde eine Überprüfung zugesagt.

Der Kläger behauptet in den Geldschacht des Einzahlautomaten 60 50-Euro-Scheine, insgesamt also 3.000 EUR eingezahlt zu haben. Er habe einen solchen Betrag von seiner Mutter erhalten. Der Geldautomat habe den Zählvorgang fehlerhaft vorgenommen. Er habe auch nicht gewusst, dass man den Einzahlvorgang abbrechen konnte. Eine entsprechende Taste habe er nicht wahrgenommen. Er habe einen weiteren Einzahlungsvorgang gestartet, um festzustellen, ob der Schacht des Automaten leer gewesen sei. Das sei der Fall gewesen. Er behauptet der Differenzbetrag müsse sich an anderer Stelle in dem Geldautomat der Beklagten befinden. Er ist der Ansicht die Beklagte trage die Beweislast für eine Funktionsfähigkeit ihres Geldautomaten.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 1.500 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2020 zu zahlen und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von Gebührenansprüchen des Rechtsanwalts S, T-wall, E, gemäß der Anwaltsrechnung Nr.: #####/#### vom 29.01.2020 in Höhe von 229,08 EUR freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, der geprüfte Kassenbestand stimme mit dem erfassten Konto-Soll-Bestand des Geldautomaten überein. Ein Differenzbetrag sei in der Geldautomatenkassette nicht aufzufinden gewesen. Dies habe der Beklagte durch drei Mitarbeiter überprüfen lassen. Zwei Mitarbeiter der Beklagten seien mit der Zählung des in der Geldkassette befindlichen Geldbetrages betraut worden, während eine weitere Mitarbeiterin den Konto-Soll-Bestand mit dem ermittelten Geldwert verglichen hätte.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Erstattungsanspruch oder Anspruch auf Gutschrift in dieser Höhe auf seinem Konto.

Bankautomat – Bargeldeinzahlung nicht gebucht - Schadensersatzanspruch
(Symbolfoto: Von Hadrian/Shutterstock.com)

1. Ein Anspruch ergibt sich nicht aus § 675u I S. 2 BGB, denn es handelt sich um einen autorisierten Zahlungsvorgang. Unter einer Autorisierung versteht man die Zustimmung, welche in Form einer Einwilligung dem Zahlungsvorgang vorangehen oder in Form einer Genehmigung nachträglich durch den Zahler erteilt werden kann (Sprau, in Palandt § 675j Rdn. 4). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger auf dem Display des Bankautomaten den Einzahlungsvorgang beendete, hiermit also einseitig sein Einverständnis zur Einzahlung eines Betrages nur in Höhe von 1.500 EUR erteilte. Der Kläger hat eben nicht die Einzahlung abgebrochen, sondern vielmehr ausdrücklich bestätigt.

Die Zustimmung wurde durch das klägerische Telefongespräch mit der Hotline der Beklagten auch nicht widerrufen. Der Zahlungsvorgang war zu diesem Zeitpunkt bereits gem. §§ 675j II, 675p I BGB unwiderruflich. Ein Widerruf des Zahlungsauftrages (§ 675f BGB) kann nur zeitgleich oder vorab bis zum Zugang erfolgen (§§ 675p I, 130 BGB). Sobald die Bestätigung durch den Zahler erfolgt, ist der Zahlungsauftrag in den Machtbereich des Empfängers gelangt und wird ohne Zeitverzögerung automatisiert ausgeführt. Der Anruf des Klägers fand unstreitig erst nach der Bestätigung des Zahlungsvorganges statt und damit zu spät. Der Widerruf aus § 676p BGB soll seinem Sinn und Zweck gemäß, dem Erfordernis der Automatisierung von Zahlungsvorgängen Rechnung tragen (Sprau, in Palandt § 675p Rdn. 2) und darf in diesem Zusammenhang zeitlich nicht weiter ausgedehnt werden.

2. Als autorisierter Zahlungsvorgang besteht für den Kläger auch kein Anspruch aus § 675y BGB unter dem Gesichtspunkt einer fehlerhaften Ausführung des Zahlungsauftrages.

Die Beweislast hierfür trägt der Kläger. Er ist beweisfällig geblieben. Der Kläger muss den Vollbeweis darüber erbringen, tatsächlich 3.000 EUR (60 x 50-Euro-Scheine) eingezahlt zu haben und nicht, wie die Quittung des Geldautomaten bescheinigt, 1.500 EUR. Erst nachfolgend geht die Beweislast für die Funktionsfähigkeit des Geldautomaten gem. § 676 BGB auf die Beklagte über (Hinweisbeschluss des LG Dortmund vom 07.05.18 – 3 S 8/17).

Ein geeignetes und zulässiges Beweisantritt für die Haupttatsache – Einführung von 3000,00 EUR in den Automaten – liegt nicht vor. Zeugen für den Einzahlvorgang gibt es nicht.

Als Zeugin für eine Bareinzahlung in Höhe von 3.000 EUR wird zwar die Mutter des Beklagten gem. § 373 ZPO zulässigerweise benannt, dieses Beweismittel ist im Ergebnis allerdings untauglich. Eine vorweggenommene Beweiswürdigung ist ganz ausnahmsweise nach § 244 III S. 2 StPO analog bei Ungeeignetheit des Beweismittels zulässig. Hieran sind aufgrund von Art. 103 GG strenge Anforderungen zu stellen. Ein Beweismittel ist untauglich, wenn es im Einzelfall vollkommen ausgeschlossen erscheint, dass die Beweisaufnahme irgendetwas Sachdienliches ergeben könnte (Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt § 244 Rdn. 58). Die Mutter des Klägers war nach eigenem Vortrag des Klägers nicht bei der Einzahlung zugegen und kann über die tatsächlich eingezahlte Summe deshalb gar keine Aussage machen.

Andere prozessuale Beweismittel stehen dem Kläger ebenfalls nicht zur Verfügung. Eine Parteivernehmung des Klägers schied gem. § 447 ZPO mangels Einwilligung der Beklagten aus. Die Voraussetzungen des § 448 ZPO für eine Vernehmung von Amts wegen lagen ebenfalls nicht vor. Die Überzeugung von der Wahrheit kann durch die Vernehmung des Klägers nicht geführt werden, weil die objektiven Tatsachen zumindest ebenso überzeugend sind, wie die Aussage des Klägers, so dass eine volle Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit, also keine Zweifel, so nicht geführt werden kann. Es kommt nämlich hinzu, dass der Bankautomat während des Einzahlvorgangs unstreitig keinerlei Fehlermeldung anzeigte und bei einer späteren Kontrolle durch drei Mitarbeiter der Beklagten kein Mehrbetrag im Automaten vorgefunden wurde. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger tatsächlich einen Betrag in Höhe von 3.000 EUR einzahlte. Bei einer so großen Geldscheinmenge hätte zumindest ein einziger Geldschein als Differenzbetrag ausgewiesen werden müssen. Der Kläger hat die Einzahlung von 1500,00 EUR auch bestätigt. Wenn sich Parteibehauptungen beweislos gegenüberstehen ist eine Parteivernehmung von Amts wegen nicht vorzunehmen (Reichold, in Thomas/Putzo § 448 Rdn. 2). Es verbleibt bei streitigem Parteivortrag.

Auch die vom Kläger angeführten Indizien reichen zur Erbringung des Beweises nicht aus. Indizien sind Hilfstatsachen, die den Schluss auf die Haupttatsache zulassen. Sofern der Kläger behauptet und unter Beweis stellt, dass ihm seine Mutter 60 50,- EUR Scheine in einem Umschlag übergeben hat, reicht dies Indiz nicht aus, daraus zwingend zu schließen, dass der Betrag auch in den Automaten gesteckt worden ist.

3. Ein Anspruch aus § 812 I 1. Fall BGB scheidet gem. § 675z BGB aus.

II.

Mangels Hauptforderung besteht kein Anspruch auf Freistellung von den vorgerichtlich angefallenen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 229,08 EUR.

III.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 11, 711 S. 2 ZPO.

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