OLG Celle
Az: 3 W 35/06
Beschluss vom 03.04.2006
In der Beschwerdesache hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 21. Februar 2006, mit dem der Antrag des Antragstellers vom 12. Januar 2006 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen worden war, am 3. April 2006 beschlossen:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Gerichtskosten seiner sofortigen Beschwerde zu tragen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Der Antragsteller beabsichtigt die Erhebung einer Klage mit dem Antrag festzustellen, dass die Zwangsvollstreckung aus der persönlichen Haftungsübernahme in der notariellen Urkunde des Notars G. in D. vom 6. November 1997 unzulässig ist.
Der Antragsteller war im Oktober 1997 von einem Mitarbeiter der G. mbH in O. (GWF) angesprochen und am 21. Oktober 1997 zu Hause aufgesucht worden.
Unter dem 28. Oktober 1997 wurde ein Darlehensvertrag mit der Antragsgegnerin über 45.400 DM geschlossen (Bl. 69 ff.) sowie unter dem 4. November 1997 ein weiterer Darlehensvertrag über 52.000 DM sowie über 88.000 DM (Bl. 75 ff.).
Der Antragsteller, vertreten durch eine Notarfachangestellte, erklärte unter dem 30. Oktober 1997 die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Kaufvertrages für das Objekt G.Straße in D.U. (Bl. 39 ff./60 ff.), das dem Antragsteller am 24. Oktober 1997 durch den Notar I. in O. unterbreitet worden war.
Mit Anwaltsschreiben vom 3. Januar 2006 widerrief der Antragsteller die Darlehensverträge nach dem Haustürwiderrufsgesetz und dem Verbraucherkreditgesetz (Bl. 88).
Mit Beschluss vom 21. Februar 2006 hat das Landgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen und zur Begründung auf den vom gleichen Tag datierenden Beschluss verwiesen, mit dem der Antrag des Antragstellers auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zurückgewiesen worden ist.
Der Antragsteller habe die Darlehensverträge zwar wirksam nach § 3 HtWG widerrufen, die Antragsgegnerin könne jedoch im Rahmen der Rückabwicklung die sofortige Rückzahlung der Darlehensvaluta nebst marktüblicher Zinsen verlangen; zur Sicherung dieser Forderung dürfe sie ebenfalls aus der notariellen Urkunde vollstrecken. Die Gemeinschaftskonformität der Pflicht zur sofortigen Zurückzahlung der Darlehensvaluta mit marktüblicher Verzinsung habe der EuGH in seinem Urteil vom 25. Oktober 2005 bestätigt. Die Ausnahme, wonach der Darlehensnehmer nicht die Folgen der Verwirklichung der Risiken zu tragen habe, die sich aus einer unterlassenen Widerrufsbelehrung ergeben, läge nicht vor. Der Antragsteller habe alle seine maßgeblichen Willenserklärungen in Bezug auf die Darlehensverträge nach dem Zeitpunkt der Abgabe seiner auf den Erwerb der Immobilie gerichteten Willenserklärung abgegeben, sodass eine Belehrung durch die Antragsgegnerin über sein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz die Abgabe seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Willenserklärung gerade nicht mehr hätte verhindern können.
Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 6. März 2006.
Der Antragsteller verweist auf das Urteil des OLG Bremen vom 2. März 2006 und darauf, dass es danach auf die Reihenfolge der Vertragsschlüsse nicht ankomme. Bei Abschluss des Immobilienkaufvertrags vor dem Darlehensvertrag könne das Fehlen der Widerrufsbelehrung beim Darlehensvertrag zwar nicht kausal für den Abschluss des Immobilienkaufvertrages sein, aber der Verbraucher könne sich darauf berufen, dass er bei richtiger Belehrung den Kaufvertrag nicht erfüllt, wegen arglistiger Täuschung diesen angefochten oder sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage z. B. wegen sittenwidriger Überteuerung berufen hätte.
Hilfsweise beruft sich der Antragsteller darauf, dass er noch vor dem Notartermin am 24. Oktober 1997 die Kreditgewährung gegenüber der Antragsgegnerin beantragt habe, womit er bereits eine bindende Willenserklärung abgegeben habe.
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 13. März 2006 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 27. März 2006 hat der Antragsteller weiter vorgetragen. Der EuGH verlange nur eine hypothetische Kausalität zwischen unterlassener Widerrufsbelehrung und Schaden, so dass es nicht darauf ankomme. Ob der Verbraucher tatsächlich von seinem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hätte. Auch auf die Reihenfolge von Kauf und Darlehensvertrag komme es nicht zwingend an. Jedenfalls hätte er vorliegend die Möglichkeit gehabt, den Darlehensvertrag zu widerrufen, so dass die Geschäftsgrundlage des Kaufvertrages entfallen wäre.
II.
Die zulässige, namentlich fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, §§ 127 Abs. 2 S. 2, 3, 567 ff. ZPO, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antragsteller kann seine sofortige Beschwerde weder auf ein Urteil des OLG Bremen vom 2. März 2006 (2 U 20/02), noch auf das diesem Urteil zugrunde liegende Urteil des EuGH vom 25. Oktober 2005 (Rs. C350/03) stützen.
a) Wie das Landgericht im Nichtabhilfebeschluss bereits zutreffend angemerkt hat, findet sich im Urteil des OLG Bremen eine allgemeine Aussage dahingehend, dass es auf die Reihenfolge der Vertragsschlüsse überhaupt nicht ankomme, gerade nicht (vgl. dort unter B. 3. f). Nach der Urteilsbegründung bot der dem OLG Bremen vorliegende Fall eine Besonderheit, die das Gericht veranlasst hat, im Ergebnis die zeitliche Reihenfolge zwischen Darlehensvertrag und Kaufvertrag als unbeachtlich anzusehen. Ein vergleichbarer Fall eines auf der Grundlage einer nach Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG nichtigen Vollmacht abgeschlossenen Kaufvertrages liegt hier freilich nicht vor. Die – seit langem ganz übliche – Bevollmächtigung einer Notariatsangestellten hat mit Art. 1 § 1 RBerG nichts zu tun.
b) Es ergibt sich vielmehr aus dem Urteil des EuGH vom 25. Oktober 2005 (Rs. C350/03), dass es für die Frage des Schutzes des Verbrauchers gerade darauf ankommt, ob im Falle ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung durch das Kreditinstitut der Darlehensnehmer und Verbraucher es hätte vermeiden können, sich den Risiken auszusetzen, die mit Kapitalanlagen verbunden sind. Der Senat entnimmt der Urteilsbegründung, dass das Erfordernis der Kausalität zwischen Pflichtverletzung – der EuGH geht offenbar von einer echten Rechtspflicht des Kreditinstituts zu ordnungsgemäßer Belehrung aus (s. a. Palandt-Grüneberg, BGB, Nachtrag zur 65. Aufl., S. 4, unter 4. a.; Piekenbrock, WM 2006, 466, 473) – und dem Schaden in Gestalt der Verwirklichung von Anlagerisiken voraussetzt, dass der Verbraucher bei Abschluss des Darlehensvertrages (noch) nicht an den Kaufvertrag gebunden war (vgl. Lang/Rösler, WM 2006, 513, 518; ebenso jedenfalls im Ansatz Habersack, JZ 2006, 91, 93; Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1989 f.). Das Erfordernis der Kausalität kann danach auch erfüllt sein, wenn – so der Fall des OLG Bremen – der Darlehensvertrag zwar nach dem Kaufvertrag geschlossen wurde, eine Bindung an den Kaufvertrag aber nicht besteht.
An dieser Bindung des Verbrauchers ändert sich entgegen der Ansicht des Antragstellers aber noch nichts allein deswegen, weil der Verkäufer der Immobilie ein Rücktrittsrecht für den Fall des Scheiterns der Finanzierung oder aus sonstigem Grund hat. Der Bindung steht vorliegend weiter nicht ein Wegfall der Geschäftsgrundlage entgegen. Jedenfalls die konkret in Rede stehende Finanzierung des Immobilienerwerbs durch die Antragsgegnerin ist nicht Geschäftsgrundlage des Immobilienkaufvertrages. Die gegenteilige Argumentation des Antragstellers führte letztlich zu einer Verbindung zwischen Finanzierung und Kauf, von der der EuGH aber gerade nicht ausgeht (Rs. C350/03, Rz. 74 ff.).
Beweiserleichterungen in Gestalt der Vermutung (genauer wohl: des Anscheinsbeweises, vgl. BGHZ 123, 311) beratungsgerechten Verhaltens greifen nicht Platz (ebenso Lang/Rösler, WM 2006, 513, 518 f.; Piekenbrock, a. a. O., 476). Voraussetzung nämlich wäre, dass nach der Lebenserfahrung bei vertragsgemäßer Leistung, mithin einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, lediglich ein bestimmtes Verhalten – der Widerruf – nahe gelegen hätte (vgl. BGH, WM 2005, 2110, 2111). Man müsste danach sagen, dass der Widerruf durch den ordnungsgemäß belehrten Verbraucher das einzig Sinnvolle gewesen wäre. Das aber ist nicht ersichtlich, schon gar nicht im Sinne eines allgemein gültigen Satzes, es sei denn, man stellte – unzulässigerweise – auf eine expost-Betrachtung statt auf die damalige Sicht (vgl. BGH, NJWRR 2003, 1212, 1213, unter III. 1.; Piekenbrock, a. a. O., 476) ab.
Dass es an einer Bindung im oben genannten Sinne vorliegend fehlt, ist nicht dargetan. Namentlich hat der Antragsteller nicht mit Substanz dargelegt, dass die von ihm erworbene Wohnung sittenwidrig überteuert war. Unabhängig von der Frage, ob der Wert der Wohnung in einem Fall wie dem vorliegenden nach dem Ertragswert bemessen werden kann, ist ohne jede Substanz und ohne jeden Beleg eine tatsächlich erzielte Jahresmiete von 200 EUR, später eine Monatsmiete in dieser Höhe behauptet worden. Überdies hat die heute erzielte Rendite allenfalls eine schwache Indizwirkung für den Wert der Wohnung im Jahr 1997. Inwieweit die jetzt erzielte Miete auf den Verfall der Immobilienpreise zurückzuführen ist, lässt sich dem Vortrag des Antragstellers nicht entnehmen.
Entgegen der – hilfsweisen – Behauptung des Antragstellers kann der Senat auch nicht davon ausgehen, der Antragsteller habe seine Willenserklärungen auf Abschluss der Darlehensverträge vor dem Kauf der Immobilie abgegeben. Beweisantritte dafür, dass die Willenserklärungen auf Abschluss der Darlehensverträge abgegeben wurden, bevor der Notartermin stattfand, fehlen.
Ein Darlehensantrag ist kein Angebot zum Abschluss eines Darlehensvertrages. Regelmäßig lassen sich Banken erst die relevanten Daten des zukünftigen Darlehensnehmers übermitteln, bevor ein Darlehensvertrag geschlossen wird. Wenn der Darlehensantrag bereits das Angebot der Antragsgegnerin zum Abschluss eines Darlehensvertrages wäre, wäre die Übersendung eines eigenständigen Darlehensvertrages an den Antragsteller sinnlos gewesen. Vielmehr hätte dann die Antragsgegnerin lediglich das (vermeintliche) Angebot des Antragstellers annehmen müssen.
Nichts anderes ergibt sich aus dem auf Nachfrage des Senats nunmehr überreichten Darlehensantrag (B 2). Auf diesem findet sich überdies der Hinweis, dass es sich nicht um eine Darlehenszusage handele und Rechte aus dem Antrag nicht hergeleitet werden können. Auch der Hinweis des Antragstellers auf den Anfall von Bereitstellungszinsen, wie er sich bereits auf dem Darlehensantragsformular findet, ändert nichts, denn solche Zinsen sollen, wie es auf dem Formular ebenfalls heißt, erst dann anfallen, wenn die genannten Darlehenskonditionen fest vereinbart sein sollen, d. h. wenn der Darlehensvertrag tatsächlich geschlossen wird.
c) Aus dem Urteil des EuGH ergibt sich weiter, dass dieser eine „kleine“, nämlich eine schadensersatzrechtliche Lösung annimmt (ebenso Habersack, JZ 2006, 91, 92 f. m. w. N.), die im deutschen Recht ihre Entsprechung in § 280 Abs. 1 BGB n. F. bzw. nach altem Recht in der c.i.c. hat. Die Verletzung der (Neben)Pflicht des Kreditinstituts zu ordnungsgemäßer Belehrung führt aber gerade nicht zur Unwirksamkeit der Darlehensverträge und folglich auch nicht zu vollständiger Rückabwicklung. Den Ansprüchen des Kreditinstituts aus dem Darlehensvertrag kann der Verbraucher lediglich den von ihm zu beziffernden Schaden nach §§ 249 ff. BGB entgegenhalten. Die Lage ist hier vergleichbar mit derjenigen einer Aufklärungspflicht der Bank dahingehend, dass diese es unterlassen hat, den Darlehensnehmer über die Nachteile einer Finanzierung mittels Festkredit und Kapitallebensversicherung zu unterrichten. Für diesen Fall nimmt der Bundesgerichtshof keinen Anspruch des Darlehensnehmers auf Rückabwicklung des Darlehensvertrages an, sondern nur einen Anspruch auf Ersatz der gerade durch die gewählte Finanzierung entstandenen Mehrkosten (WM 2003, 1370, 1373). An einer Bezifferung des Schadens fehlt es vorliegend aber.
d) Zur Frage des Verschuldens des Kreditinstituts, auf die es vorliegend nicht mehr ankommt, verhält sich der EuGH jedenfalls nicht ausdrücklich. Es kann zwar auch nicht gesagt werden, dass sich allein aus dem Umstand, dass der EuGH hinsichtlich der Haustürsituation allein auf das Vorliegen objektiver Umstände nach Art. 1 der Richtlinie abstellt, schließen lässt, dass für die Frage des Schadensersatzes ebenfalls ein subjektives Moment nicht gelten soll. Die Entscheidung des EuGH erweckt aber durchaus den Eindruck, er wolle eine verschuldensunabhängige Risikoabwälzung (vgl. Habersack, JZ 2006, 91, 93; Staudinger, NJW 2005, 3521, 3524 f.; Derleder, BKR 2005, 442, 448), was für vorliegenden Sachverhalt freilich nur Bedeutung hat, wenn man auch im Bereich überschießender Richtlinienumsetzung die Auslegung des EuGH für verbindlich ansieht oder sie jedenfalls aus praktischen Erwägungen, nämlich zur Vermeidung einer gespaltenen Auslegung zugrunde legt.
Bei abweichender Beurteilung insoweit ist die Frage des Verschuldens mithin nach nationalem Recht zu beurteilen. Dabei hilft jedenfalls für alle Altfälle (und um andere geht es in der Praxis nicht) § 276 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz BGB in der Fassung des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes nicht. Kreditinstitute haften aber für jede Fahrlässigkeit, die in entsprechender Anwendung des § 282 BGB a. F. bzw. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB n. F. vermutet wird. Eine Entlastung dürfte von vornherein ausgeschlossen sein. § 5 Abs. 2 HtWG a. F. verstieß erkennbar gegen Europäisches Recht, was in der Literatur auch bereits vor den Heininger-Entscheidungen vertreten wurde (vgl. Woitkewitsch, MDR 2006, 241, 242; Hoffmann, ZIP 1999, 1586 ff., zur teleologischen Reduktion des § 5 Abs. 2 HtWG a. F. s. a. bereits MüKo-Ulmer, BGB, 3. Aufl. 1995, Rn. 15 zu § 5). Die Möglichkeit richtlinienkonformer Auslegung nationaler Vorschriften war ebenso bekannt (vgl. bereits BGHZ 63, 261, 264; 87, 59, 61) wie der Umstand, dass nationale Gesetzgeber Richtlinien mitunter schlecht oder gar nicht („Francovich“) umsetzen. An die Annahme einer (ausnahmsweise) unverschuldeten Rechtsunkenntnis hat der Bundesgerichtshof überdies in der Vergangenheit strenge Anforderungen gestellt (vgl. NJW 1972, 1045 f. m. w. N.). Nach Derleder (a. a. O., 446) haben Banken auch nicht ausnahmslos auf Belehrungen nach dem Haustürwiderrufsgesetz verzichtet. Wer ein Verschulden der Bank generell verneint, lässt die Urteile des EuGH vom 25. Oktober 2005, in denen auch gerade nicht eine Schadensersatzhaftung nur für die Zukunft angeordnet ist, vollständig leer laufen und missachtet, dass der EuGH unter Abweichung von den Vorlagefragen und den Stellungnahmen des Generalanwalts obiter hat wissen lassen, dass er mit der Umsetzung seiner Heininger-Entscheidung nicht einverstanden ist (vgl. Freitag, WM 2006, 61, 66).
2. Schließlich scheint – ohne dass es darauf vorliegend noch entscheidend ankäme – der Antragsteller zu übersehen, dass das genannte Urteil des EuGH keinen Schadensersatzautomatismus dahingehend auslöst, dass Fehler des Kreditinstituts bei der Widerrufsbelehrung ohne weitere Voraussetzungen einen Schadensersatzanspruch begründen, der Verbraucher also eine fehlende und womöglich auch eine „nur“ fehlerhafte Widerrufsbelehrung dazu nutzen kann, noch nach vielen Jahren und damit möglicherweise auch nach anfänglichen positiven Mieterträgen die sich später ergebenden Risiken ohne Voraussetzungen auf das Kreditinstitut abzuwälzen (da es um Schadensersatz und nicht um die Folgen des Widerrufs geht, sind in jedem Fall Steuerersparnisse in Ansatz zu bringen, was der Ansicht des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs entspricht, vgl. II ZR 393/02, Urteil v. 14. Juni 2004, WM 2004, 1529, 1535; II ZR 410/02, Urteil v. 15. November 2004), zumal der Vorwurf an die Banken nur dahin geht, eine – ordnungsgemäße – Widerrufsbelehrung unterlassen zu haben, die Widerrufsbelehrung aber nicht den Zweck verfolgt, den Verbraucher vor dem Erwerb einer nicht oder nicht dauerhaft gewinnbringenden Anlage zu schützen (vgl. Lang/Rösler, WM 2006, 513, 515). Auch ein effektiver Verbraucherschutz von einem hohen Schutzniveau (EuGH, Rs. C350/03, Rz. 59 unter Hinweis auf Art. 95 Abs. 3 EG; Art. 153 EG enthält eine ähnliche Vorgabe) erfordert es nicht, den Verbraucher, der geschützt, aber nicht entmündigt werden soll, von jedem Risiko bei einer Geldanlage freizustellen. Der Antragsteller hätte nach Ansicht des Senats dartun müssen, dass eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ihn tatsächlich veranlasst hätte, den Widerruf des Darlehensvertrages zu erklären, wobei an dieser Stelle unterstellt werden soll, dass die Verwirklichung der Risiken aus dem Immobilienerwerb auf diesem Weg hätte vermieden werden können. Erfahrungsgemäß ging es bei der Darlehensaufnahme den Anlegern aber nur darum, die erforderliche Liquiditätsausstattung zu erhalten (s. a. Richrath, WM 2004, 653, 657). Es ist mit den sich daraus ergebenden Folgen für die Darlegungslast – alles andere als nahe liegend, dass eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung den Antragsteller veranlasst hätte, seine getroffene Anlageentscheidung nicht nur zu überdenken, sondern sich gegen seine frühere Entscheidung neu und gegenteilig zu entscheiden. Einem solchen Erfordernis kann auch nicht entgegengehalten werden, ein solcher Vortrag sei ausgeschlossen. Es sind durchaus Fälle denkbar, in denen der Verbraucher vortragen kann, nach einem Gespräch mit Freunden oder Bekannten oder seiner Hausbank erkannt zu haben, dass die getätigte Investition jedenfalls für ihn ungeeignet sei (das räumen auch K. und M. Tonner, WM 2006, 505, 507, ein).
Im Urteil des EuGH vom 25. Oktober 2005 in der Rs. C350/03 heißt es dazu (Rz. 97): „Hätte die Bausparkasse die Eheleute S. rechtzeitig über deren Widerrufsrecht nach dem HtWG belehrt, so hätten diese sieben Tage Zeit gehabt, um ihre Entscheidung, den Darlehensvertrag zu schließen, rückgängig zu machen. Hätten sie sich zu diesem Zeitpunkt zum Widerruf entschlossen, so steht fest, dass in Anbetracht des Verhältnisses zwischen dem Darlehensvertrag und dem Kaufvertrag Letzterer nicht zustande gekommen wäre.“ Von einem Nichtzustandekommen des Kaufvertrages geht der EuGH damit gerade nur dann aus, wenn der Widerruf tatsächlich erfolgt wäre.
3. Dahingestellt kann auch bleiben, ob die Rechtsprechung des EuGH auf vorliegenden Sachverhalt und auf alle anderen Sachverhalte, in denen die Haustürsituation sich allein aus der insoweit überschießenden Regelung des Haustürwiderrufsgesetzes ergibt, Anwendung finden kann. Soweit es nicht darum geht, dass die Willenserklärung selbst im Sinne des Art. 1 RL 85/577 EWG, mithin während des Besuchs des Vermittlers in einer Wohnung des Verbrauchers oder eines Dritten abgegeben wurde, steht nur nationales Recht in Frage, und dessen Auslegung ist Sache der nationalen Gerichte (vgl. EuGH, Rs. 14/83, NJW 1984, 2021, 2022; Rs. C264/96, EuZW 1999, 20 ff.). Wer dies anders beurteilen will, muss anerkennen, dass eine verbindliche Auslegung für große Teile des seit 1. Januar 2002 geltenden deutschen Schuldrechts nur durch den EuGH erfolgen kann, weil dieses Recht auf der – in großen Teilen überschießenden – Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie beruht (vgl. MüKo-Lorenz, BGB, 4. Aufl., Rn. 4 vor §§ 474 ff.; weitere Beispiele einer mittlerweile häufigen überschießenden Richtlinienumsetzung durch den deutschen Gesetzgeber bei Habersack/Mayer, JZ 1999, 913, 914 f.; Jäger, Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, Diss. Augsburg, 2006, 83 ff.). Jede überschießende Umsetzung einer Richtlinie (die dem Gedanken einer europäischen Rechtsangleichung jedenfalls nicht zuträglich ist, vgl. Jäger, a. a. O., 54 f.) würde dazu führen, dass auch insoweit den nationalen Gerichten die eigene Auslegungskompetenz verloren ginge. Der Bundesgerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung eine gespaltene Auslegung jedenfalls nicht von vornherein und allgemein als unzulässig angesehen (vgl. BGHZ 150, 248, 260 ff.; 159, 280, 284 f.). Die Frage kann vorliegend aber unbeantwortet bleiben.
Der Senat verkennt nicht, dass der EuGH Probleme aufgeworfen hat, deren definitive Lösung noch ausstehen mag. Nach eingehender Beratung ist der Senat aber zu der Ansicht gelangt, dass vorliegender Sachverhalt im Rahmen eines Berufungsverfahrens in gleicher Weise zu entscheiden gewesen wäre. Gerade die Frage des zeitlichen Verhältnisses von Anlageentscheidung und Darlehensvertrag ist nach Ansicht des Senats geklärt, auch wenn es insoweit in der Literatur abweichende Meinungen gibt (z. B. Knops, WM 2006, 70 ff.; K. und M. Tonner, WM 2006, 505 ff.). Daher sieht der Senat auch keinen Anlass, allein im Hinblick auf noch ausstehende Reaktionen auf die Entscheidungen des EuGH vom 25. Oktober 2005 Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Der beabsichtigten Rechtsverfolgung des Antragstellers fehlt die von § 114 ZPO geforderte hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die für den konkreten Sachverhalt entscheidungserheblichen Rechtsfragen sieht der Senat nicht als ungeklärt an.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) sowie § 127 Abs. 4 ZPO.