Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 64.413,53 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 35.000,00 seit dem 05.07.2022 sowie aus EUR 29.413,53 seit dem 8.11.2022 zu zahlen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 3.291,54.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht eine Schadensersatzforderung im Zusammenhang mit einem Einbruch in die Filialräumlichkeiten der Beklagten geltend.
Die Drittwiderbeklagte, welche die Mutter der Klägerin und die Zedentin der streitgegenständlichen Forderung ist, ist langjährige Kundin der Beklagten.
Am 20.4.2017 unterzeichnete die Drittwiderbeklagte den als Anlage K 2 eingereichten Vertrag über die Vermietung eines Schließfachs in der N. Filiale der Beklagten. In den „Sonderbedingungen für Kundenmietfächer“, deren Einbeziehung in den Vertrag zwischen den Parteien streitig ist, heißt es unter Ziffer
9. Haftung der H. für den Fachinhalt
Die H. wird als Vermieterin die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anwenden. Die Folgen einer Missachtung dieser Bedingungen, insbesondere aber der unter Nummer 7 und 8 aufgeführten Sorgfaltspflichten und Obliegenheiten, trägt der Mieter. Die H. haftet im Rahmen des von ihr zu vertretenden Verschuldens nur in dem Maße, wie sie im Verhältnis zu anderen Ursachen an der Entstehung eines Schadens mitgewirkt hat.
Soweit auch ohne Verschulden der H. Schäden am Fachinhalt durch Einbruchdiebstahl, Feuer oder Leitungswasser entstanden sind, übernimmt die H. den Schaden, soweit er nachweislich innerhalb des Faches entstanden ist, jedoch nicht über den tatsächlichen unmittelbaren Schaden zurzeit des Schadeneintritts hinaus. Da die H. vom Inhalt des Faches keine Kenntnis und dementsprechend auf den Wert der vom Mieter im Fach verwahrten Sachen keinen Einfluss hat, kann sie den Umfang möglicher Schäden weder einschätzen noch begrenzen. Die H. beschränkt daher ihre Haftung in diesem Zusammenhang auf einen Maximalbetrag von EUR 40.000,00. Es bleibt dem Mieter überlassen, ein nach seiner Einschätzung verbleibendes Risiko in geeigneter Weise selbst abzusichern. Der Mieter hat der H. alle Schäden an den verwahrten Sachen unverzüglich, und zwar noch vor ihrem Entfernen aus der Stahlkammer, anzuzeigen.
Der Zugang zu den Kundenschließfächern wird dergestalt kontrolliert, dass zunächst eine Anmeldung am Servicetresen durch Vorlage des Personalausweises erfolgt. Ist der Tresorraum frei, wird der Kunde – so seit 2019 – namentlich in das System eingeloggt. Im Anschluss wird der Kunde von einem Mitarbeiter begleitet, der dann den sog. Vorschluss des Schließfaches vornimmt. Der Kunde öffnet das Fach dann mit einem eigenen Schlüssel und verbleibt sodann allein in dem Raum.
Der Tresorraum in der N. Filiale, in dem sich die Kundenfächer befinden, verfügt über eine ca. 40 cm starke und mehr als 4 t wiegende schwere Stahltür. Seine Wände und die Decke sind aus 80 cm starkem, stahlarmierten Beton ausgeführt. Im Tresorraum selbst war zum Tatzeitpunkt ein Bewegungsmelder vorhanden. Zwischen den Parteien steht im Streit, welche Qualität bzw. Sicherheitsklasse dieser Bewegungsmelder aufwies und nach welchem grundsätzlichen Schema er funktionierte.
Die Filialräume der Filiale, welche sich in einem in zentraler Lage in N. belegenen kombinierten Wohn- und Geschäftshaus befindet, sind durch eine Einbruchmeldeanlage gesichert. Zugänge und Fenster sowie besonders gefährdete Bereiche sind durch Bewegungsmelder überwacht. Diese Sensoren reagieren in ihrer Funktionsweise auf Bewegung und Körperwärme. In den Filialräumen sind, anders als in dem Schließfachraum, drei Videokameras vorhanden. An den Außenwänden der Filiale sind Alarmanlagen mit Außensirenen sichtbar angebracht. Das Alarmsystem wird morgens bei Betreten der Filialräume durch die Mitarbeiter „unscharf“ geschaltet. Beim Verlassen der Filiale durch die Mitarbeiter nach Dienstschluss wird das System auf „scharf“ geschaltet.
In der Zeit zwischen Freitag, dem 6.8.2021 und Sonntag, dem 8.8.2021 brachen unbekannte Täter in die fragliche Filiale der Beklagten ein. Sie verschafften sich den Zugang zu dem Schließfachraum mittels eines Kernbohrers, wobei sie einen 45 cm breiten Bohrkanal über ca. 2 m Länge von den schräg über den Filialräumlichkeiten belegenen, zu jenem Zeitpunkt leerstehenden Räumlichkeiten bis in den Schließfachraum bohrten. In diesem befanden sich 1.223 an Kunden der Beklagten vermietete Schließfächer. Ca. 650 dieser Schließfächer wurden von den unbekannten Tätern gewaltsam geöffnet, um die darin befindlichen Wertgegenstände zu entfernen, darunter auch das der Drittwiderbeklagten.
Die von den Tätern genutzten, oberhalb der Filialräume befindlichen (Praxis-)Räumlichkeiten, welche zuvor leegestanden hatten, waren am 15.5.2021 im Zuge eines neu abgeschlossenen, auf 2 Jahre befristeten Mietvertrages, an die neuen Mieter übergeben worden.
Während des Einbruchgeschehens zwischen dem 6.8.2021 und 8.8.2021 löste der im Tresorraum befindliche Bewegungsmelder keinen Alarm aus. Auch im Übrigen wurde ein Alarm der Einbruchmeldeanlage durch das Einbruchsgeschehen nicht ausgelöst. Der Einbruch wurde am Sonntag, den 8.8.2021 bemerkt.
Bereits am 23./24.10.2020 war es in einer in A. belegenen Filiale der Beklagten zu einem Einbruchsversuch gekommen. Die Täter hatten es hierbei unternommen, mittels eines wassergekühlten Kernbohrers eine Seitenwand zur dort befindlichen Tresoranlage zu durchbohren, in der sich die Kundenschließfächer befinden. Sie brachen im weiteren Verlauf die Tatausführung ab, ohne sich Zugang zum Tresorraum verschafft zu haben. Im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen wurde festgestellt, dass die im Tresorraum / Schließfachbereich wie auch im Vorraum befindlichen Bewegungsmelder mit jeweils passgenauen Aufklebern abgeklebt worden waren.
Die Drittwiderbeklagte machte im Nachgang, anwaltlich vertreten, gegen die Beklagte mit Schreiben vom 22.06.2022 (Anlage K 14), weiteren Schadensersatz geltend, nachdem diese bereits € 40.000,00 an sie geleistet hatte. Sie forderte die Zahlung eines Abschlagsbetrages von mindestens € 35.000,00 bis zum 4.7.2022. Die Beklagte reagierte mit Schreiben vom 29.6.2022 und erklärte unter Verweis auf vorangegangenen Schriftverkehr, sie könne keinen Anlass für eine weitergehende Erstattung erkennen.
Mit der als Anlage 1 eingereichten Abtretungsvereinbarung trat die Drittwiderbeklagte Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte aus dem Einbruch in die N. Filiale an die Klägerin ab. Eine ergänzende Abtretungsvereinbarung (Anlage K 17) wurde von beiden am 25.7.2023 unterzeichnet.
Die Klägerin behauptet, zur Zeit des Einbruches hätten sich im Schließfach der Drittwiderbeklagten Gold, Goldmünzen, Platinbarren und Bargeld im Gesamtwert von €104.413,53 befunden. Die Beklagte hafte der Klägerin nach der geleisteten Zahlung von € 40.000 an die Drittwiderbeklagte aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Höhe von noch € 64.413,53. Denn sie sei ihrer vertraglichen Verpflichtung zur tresormäßigen Sicherung des Schließfaches in pflichtwidriger Weise nicht nachgekommen. Die von der Beklagten in den Filialräumlichkeiten vorgehaltenen Sicherungsmaßnahmen seien evident unzureichend und entsprächen nicht den Anforderungen an den anerkannten Stand der Technik. Vielmehr entspräche der im Tresorraum installierte Bewegungsmelder bestenfalls „Baumarktniveau“, da sich dieser unbemerkt habe abkleben und seiner Alarmfunktionen berauben lassen. Zudem wäre ein Alarm, sofern ein solcher von dem vorhandenen Bewegungsmelder im Tatzeitpunkt ausgelöst worden wäre, nur im Schalterbereich wahrnehmbar gewesen.
Die Beklagte sei insbesondere nach dem Einbruchversuch in ihrer A. Filiale und angesichts der zahlreichen Einbrüche in Sparkassenfilialen in Deutschland seit dem Jahr 2014 verpflichtet gewesen, ihre Filiale(n) über die bestehenden Alarmeinrichtungen hinaus mit weiteren Sicherheitselementen auszustatten. Erforderlich wären Körperschallmelder, Erschütterungs- und Vibrationssensoren und/oder Laserschranken gewesen. Dieses Unterlassen sei objektiv pflichtwidrig und von der Beklagten verschuldet.
Alternativ wäre die Beklagte, so die Klägerin, verpflichtet gewesen, die Drittwiderbeklagte klar und unmissverständlich darauf hinzuweisen, dass sich ihre Sicherheitsinfrastruktur im Bereich der Tresor- und Schließfachanlage geradezu fundamental von der Sicherheitstechnik unterscheide, die andere gewerbliche Betreiber derartiger Anlagen zum Schutz des in den Schließfächern verwahrten Eigentums ihrer Kunden vorhielten. Denn nicht nur die Tresor- und Schließfachanlagen privater Anbieter wie etwa der Firmen Degussa und Pro Aurum, sondern auch solche der Großbanken und sonstiger Kreditinstitute außerhalb des Systems der deutschen Sparkassen seien durch komplexe Sensor- und Lasertechnik sowie redundante Übertragungs- und Aufschaltwege an Alarmempfangsstellen oder Sicherheitszentralen gesichert.
Soweit sich die Beklagte auf die Haftungsbegrenzung in den Bedingungen für die Vermietung von Schrankfächern berufe, habe dies auf den zu leistenden Schadensersatz keine Auswirkung. Diese Bedingungen seien schon nicht Vertragsinhalt geworden. Ungeachtet dessen sei die dortige Klausel unter Ziffer 8 auch unwirksam gem. § 309 Nr. 7 lit. a), b) BGB.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 64.413,53 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz sowie als Nebenforderung EUR 3.291,54 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR 35.000,00 seit dem 05.07.2022 sowie aus EUR 29.413,53 seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, sowie im Wege der Drittwiderklage, festzustellen, dass der Drittwiderbeklagten gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche aus dem Sachverhalt zustehen, der Gegenstand der Klageschrift vom 29.09.2022 ist.
Die Drittwiderbeklagte beantragt, die Drittwiderklage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, sie habe ihre Verpflichtungen zur tresormäßigen Sicherung hinreichend erfüllt. Der in dem Tresorraum zum Zeitpunkt des Einbruchs vorhandene Bewegungsmelder habe grundsätzlich ordnungsgemäß funktioniert. Die von der Beklagten in den streitgegenständlichen Filialräumlichkeiten installierten Alarmeinrichtungen seien funktionsfähig gewesen und hätten dem aktuellen Stand der Technik entsprochen. Zur Vorhaltung weiterer Alarmeinrichtungen sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen.
Nach dem Einbruchsversuch am 24.10.2020 in der Filiale A. habe die Beklagte eine Risikoanalyse ihre Wertsicherungsräume mit Kundenfächern vornehmen lassen. Ergebnis dieser Analyse sei unter anderem gewesen, dass der Tresorraum in N. aufgrund seiner spezifischen baulichen Gegebenheiten gegenüber dem Tresorraum der A. Filiale als deutlich weniger einbruchsgefährdet einzustufen gewesen sei. In diesem Zusammenhang verweist die Beklagte auf Wand- und Deckenstärke des Tresorraums von 80 cm und die mehr als 4 t wiegende Tresortür, die der Sicherheitsstufe T 10 entspreche. Insbesondere aber habe die Beklagte auf den Umstand, dass die Bewegungsmelder in der Filiale in A. im Zusammenhang mit dem dortigen Einbruchsversuch am 24.10.2020 mit passgenauen Aufklebern zugeklebt worden seien, in erforderlicher Weise reagiert. Nach sachverständiger Überprüfung der 115 Filialen, die über einen Wertschutzraum verfügten, sei ihr geraten worden, die vorhandenen Bewegungsmelder in den Wertschutzräumen und deren Vorräumen (VdS Klasse B) auszutauschen. Aufgrund des Angebotes „zur Verbesserung der Manipulationssicherheit von Bewegungsmeldern“ durch die Fa. Z. & M. GmbH vom 30.10.2020 sei hiernach der auch im Tresorraum der streitgegenständlichen Filialeeingebaute Bewegungsmelder ausgetauscht worden. Eingebaut worden sei am 17.3.2021 der von der Fa. Z. & M. GmbH angebotene Bewegungsmelder vom Typ Viewguard Dual AM EMK, VdS-Anerkennung gem. Klasse C, konform zu EN 50131-1 und EN 50131-2-4 Grad 3. Der neu eingebaute Bewegungsmelder nutze eine Kombination aus Mikrowellen- und Infrarotsensoren, um eine Erkennung von Bewegungen zu gewährleisten, weshalb auch sich sehr langsam bewegende Personen erkannt würden.
Dieser neu eingebaute Bewegungsmelder verfüge über drei unterschiedliche Alarme:
Der Bewegungsalarm erzeuge im unscharf geschalteten Zustand der Alarmanlage des Tresorraumes eine Meldung auf dem Display der Einbruchmeldezentrale im hinteren Bereich der Filiale und im scharf geschalteten Zustand eine automatische Alarmierung an die Fa. B. / die Polizei.
Der Abdeckalarm löse im Falle einer absichtlichen oder versehentlichen Abdeckung des „Spiegels“ des Bewegungsmelders von mehr als ca. 15 Sekunden einen Alarm aus. Im unscharf geschalteten Zustand werde eine Meldung auf dem Display der Einbruchmeldezentrale im hinteren Bereich der Filiale erzeugt, der sich ohne Servicetechniker nicht abschalten lasse und der eine Scharfschaltung der Alarmanlage des Tresorraumes verhindere. Im scharf geschalteten Zustand werde eine automatische Alarmierung an die Fa. B. / die Polizei erzeugt.
Der Sabotagealarm sei unabhängig von Bewegungs- und Abdeckalarm geschaltet. Im Falle der Öffnung des Gehäuses des Bewegungsmelders oder des Abreißens von der Wand werde eine akustische und optische Meldung auf dem Display der Einbruchmeldeanlage ausgelöst. Ohne Servicetechniker lasse sich diese nicht abschalten, lediglich der akustische Alarm könne ausgeschaltet werden. Eine anstehende Meldung verhindere die Scharfschaltung der Alarmanlage des Tresorraumes. Im scharf geschalteten Zustand werde eine automatische Alarmierung an die Fa. B./ die Polizei erzeugt. Werde der Sabotagealarm ausgelöst, werde dies im nicht löschbaren Ereignisspeicher der Einbruchmeldezentrale vermerkt.
Durch das Öffnen des Bewegungsmelders werde die Plombe zerstört und Sabotagealarm wie auch Abdeckalarm ausgelöst.
Die Beklagte habe zudem bereits am 26.10.2020 an alle Filialen mit Wertschutzräumen eine dienstliche Anweisung erteilt, beim abendlichen Kontrollgang auf Veränderungen der Bewegungsmelder wie Verkleben, Besprühen oder Verdrehen etc. zu achten und gegebenenfalls unverzüglich zu melden.
Zwischen dem 7.7.2021 und dem 9.7.2021 sei eine quartalsmäßige Wartung und Kontrolle der Sicherheitstechnik in der N. Filiale erfolgt. Am 7.7.2021 habe eine anderthalbstündige Wartung durch einen Mitarbeiter der Fa. Z. & M. GmbH in den Filialräumlichkeiten stattgefunden, über welche ein Wartungsprotokoll erstellt worden sei. U.a. sei der im Tresorraum vorhandene Bewegungsmelder überprüft und für mängelfrei befunden worden. Dieser habe am 7.7.2021 beanstandungsfrei funktioniert. Eine Scharfschaltung der Alarmanlage am Nachmittag des 7.7.2021 und eine Unscharfschaltung am Morgen des 8.7.2021 habe funktioniert. Am 8.7.2021 sei, nachdem der Mitarbeiter der Fa. Z. & M. GmbH die Filiale verlassen habe, der Abdeckalarm des Bewegungsmelders im Tresorraum ausgelöst worden, so dass eine Scharfschaltung der Alarmanlage nicht habe erfolgen können. Dies sei der Sicherheitszentrale der Beklagten gemeldet worden. Am 9.7.2021 sei ein Mitarbeiter der Fa. Z. & M. GmbH in der Filiale erschienen und habe den Bewegungsmelder im Tresorraum überprüft. Im Anschluss habe der Mitarbeiter sog. „Gehtests“ erfolgreich durchgeführt. Der Bewegungsmelder sei zudem auf Beschädigungen und intakte Plombe geprüft worden. Der Melder habe nach Beendigung der Tests / Überprüfung ordnungsgemäß funktioniert und die Alarmanlage habe sich am Abend des 9.7.2021 wieder scharf schalten lassen.
Mit dem Einbau des neuen Bewegungsmelders in dem Tresorraum habe die – insoweit sachverständig beratene – Beklagte angemessen und ausreichend auf den Einbruch in die A. Filiale reagiert. Der Melder habe mit der höchsten Sicherheitsklasse den zertifizierten Anforderungen an Manipulationssicherheit und dem anerkannten Stand der Technik entsprochen.
Die Beklagte habe angesichts der am 9.7.2021 abgeschlossenen und erfolgreichen Überprüfung des Bewegungsmelders auch davon ausgehen dürfen, dass die Funktionsfähigkeit des im Tresorraumes befindlichen Bewegungsmelders gewährleistet sei.
Für die Beklagte sei der Einbruch in den Tresorraum nicht vorhersehbar gewesen. Eine gesteigerte Gefährdungslage für den Tresorraum habe nicht bestanden. Die Örtlichkeiten der Filiale N. seien mit derjenigen in der A. Filiale nicht zu vergleichen. Das Gefährdungspotential in A. sei ungleich höher gewesen. Dies ergebe sich aus dem Umstand, dass die A. Filiale an einer viel befahrenen, mehrspurigen Hauptverkehrsstraße mit viel Gewerbe und wenig Anwohnern liege, während die N. Filiale in einem Gebiet mit erheblicher Wohnbebauung und viel fußläufigem Passantenverkehr belegen sei. Die zufällige Entdeckungsgefahr sei damit für die Filiale in N. ungleich höher gewesen. Zudem habe die Beklagte auch aufgrund der Baulichkeiten nicht davon ausgehen müssen, dass ein mit den Geschehnissen in der A. Filiale vergleichbarer Einbruch dort stattfinden könne. Denn die Seitenwände des Tresorraums lägen im Bereich der nicht manipulierbaren Vorfeldsicherung der Filialräume. Mit der Schaffung eines Zugangs zum Tresorraum durch die über dem Tresorraum liegenden Räumlichkeiten habe die Beklagte nicht rechnen müssen. Denn dies habe eine exakte Kenntnis der Bauzeichnungen des Gebäudekomplexes erfordert wie auch eine Anmietung der Räumlichkeiten. Schließlich sei es für die Durchführung eines solchen Einbruchs erforderlich gewesen, eine Bohrung von 2,35 m Betonstärke durchzuführen in einem Gebäudekomplex, in dem sich Geschäftsräume und auch am Wochenende bewohnte Wohnungen befinden. Zudem sei für ein solches Unterfangen eine erhebliche Kompetenz für die Bedienung eines industriellen Kernbohrers, die Fähigkeit zur Ausmessung und winkelmäßigen Berechnung der Ansatzstelle für den Bohrer, die langfristige Überwachung des Mietmarktes, die Fähigkeit, einen Bewegungsmelder trotz Sabotagealarms zu sabotieren sowie die körperliche Zierlichkeit, um durch einen 45 cm breiten Bohrkanal zu gelangen, erforderlich. Derlei sei für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen.
Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, weitere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen. Insbesondere habe für sie keine Verpflichtung bestanden, Körperschall- und/oder Vibrationssensoren o.ä. zu installieren. Der Beklagten könne insbesondere deswegen kein Vorwurf einer Pflichtverletzung gemacht werden, da längere Zeit ungeklärt gewesen sei, wie die Täter den Bewegungsmelder im Tresorraum manipuliert hatten. Die schließlich entdeckte Manipulationsmöglichkeit ohne Auslösung des Sabotagealarms und des Auslösens der Abdecküberwachung am im Tresorraum in N. sei in Fachkreisen, beim Hersteller, der V. S. GmbH und dem BHE Bundesverband Sicherheitstechnik e.V. unbekannt gewesen, auch die Kriminalpolizei habe ca. 1,5 Jahre gebraucht, um herauszufinden, auf welche Weise die Manipulation erfolgt sei. Allein aus dem Umstand, dass ein Einbruch von Schwerstkriminellen in einen ihrer Schließfachräume (erstmals) erfolgreich gewesen und offenbar in diesem Zusammenhang der im Tresorraum befindliche Bewegungsmelder manipuliert worden sei, dürfe nicht auf eine Pflichtverletzung der Beklagten geschlossen werden. Denn es gebe keine Verpflichtung des Schließfachvermieters, für die Verhinderung jedweden Einbruchs einzustehen.
Aus vorgenannten Umständen ergebe sich für die Beklagte keine Verpflichtung, weitere Zahlungen an die Klägerin zu leisten.
Unbeschadet dessen hafte die Beklagte aber auch über den bereits geleisteten Betrag von € 40.000 deswegen nicht, weil sie ihre Haftung wirksam auf einen Betrag von höchstens € 40.000 beschränkt habe. Dies folge aus den zum Vertragsbestandteil gewordenen Bedingungen für die Vermietung von Schrankfächern, mit deren Ziffer 9 die Haftung der Beklagten der Höhe nach auf diesen Maximalbetrag beschränkt worden sei. Diese Haftungsbeschränkung sei auch wirksam. Es habe der Drittwiderbeklagten zudem freigestanden, den Wert ihres Schließfachinhaltes über diesen Betrag hinaus zu versichern. Auf diese Möglichkeit habe der an der Tresortür befindliche Aushang in deutlicher Weise hingewiesen. Zudem wiesen die Mitarbeiter der Beklagten bei Abschluss von Schrankfach-Verträgen standardmäßig darauf hin, dass eine Haftungsbegrenzung der Beklagten bis auf € 40.000 und die Möglichkeit einer Zusatzversicherung bestehe. Hierauf weise auch ein Flyer hin, der den Kunden regelmäßig im Zusammenhang mit dem Abschluss von Schrankfach-Verträgen übergeben werde.
Hinsichtlich der Haftung der Höhe nach erklärt sich die Beklagte zum Inhalt des Schließfaches im Zeitpunkt des Einbruches mit Nichtwissen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Anhörung der Drittwiderbeklagten. Insoweit wird auf das Sitzungsprotokoll vom 14.11.2023 verwiesen.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist vollumfänglich begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus abgetretenem Recht der Drittwiderbeklagten Schadensersatzanspruch in Höhe von € 64.413,53 nebst Zinsen wie aus dem Tenor ersichtlich zu; sie hat daneben auch Anspruch auf die verlangten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Die (zulässige) Drittwiderklage hat demgegenüber keinen Erfolg.
I. Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte ergibt sich daraus, dass die Beklagte die ihr aus dem mit der Drittwiderbeklagten hinsichtlich der Anmietung des Schließfachs geschlossenen Vertrag obliegenden Pflichten verletzt hat (§§ 280, 249, 398 BGB).
1. Die Abtretungsvereinbarungen zwischen der Klägerin und der Drittwiderbeklagten sind wirksam. Zwar ist die Abtretung ersichtlich zu dem Zweck erfolgt, der Zedentin trotz ihrer Eigenschaft als Schließfachinhaberin die Zeugenstellung zu ermöglichen, jedoch führt dies nicht zu ihrer Unwirksamkeit.
2. Die Beklagte haftet der Klägerin aus abgetretenem Recht der Drittwiderbeklagten aufgrund einer Verletzung ihrer Pflicht zur tresormäßigen Sicherung des von der Drittwiderbeklagten angemieteten, in den Räumlichkeiten der Bankfiliale in N. befindlichen Schließfaches.
a. Der Vertrag zur Überlassung eines besonders gesicherten Schließfaches in einer Bank ist ein Mietvertrag, dessen Geschäftsgrundlage es ist, dass eine besondere Sicherheit für die in das Schließfach eingelegten Gegenstände geboten wird. Ein Kunde geht einen solchen Vertrag ein, weil er davon ausgeht, so einen Grad an Sicherheit zu erlangen, der über den hinausgeht, der durch eine anderweitige Lagerung in Privat- oder Geschäftsräumen selbst bei besonderer Sicherung (beispielsweise in Tresoren) regelmäßig erreichen kann, weil schon die Gebäude- und Raumsicherung bei Banken meist erheblich ausgeprägter ist und einen höheren Schutz vor Entwendung bietet. Dementsprechend trifft die Bank die Verpflichtung, den Raum, in welchem sich das Schließfach befindet, entsprechend zu sichern. Geschuldet werden, so die Rechtsprechung, eine Bewachung und Sicherung des Schließfaches unter Zuhilfenahme von Mitteln, die dem anerkannten Stand der Technik entsprechen, eine allgemeine Kontrolle und Überwachung des Zugangs und die Prüfung der Zugangsberechtigung im Einzelfall (OLG Düsseldorf, Urt. v. 28.02.2012, Az. 24 U 193/11, Rn. 38, juris).
Diese Verpflichtung beinhaltet nicht nur, eine bei Vertragsschluss adäquate Sicherung zur Verfügung zu stellen; vielmehr muss die Bank ihr Sicherheitskonzept fortlaufend überprüfen und, sobald es bei pflichtgemäßer Prüfung für sie erkennbar wird, dass die bisherigen Vorkehrungen möglicherweise nicht ausreichen könnten, entsprechend anpassen. Insoweit schuldet die Bank zwar nicht eine Sicherung gegen jegliche denkbaren Gefahren. Aber sie muss sich, wenn für sie aufgrund konkreter Anhaltspunkte erkennbar wird, dass in Bezug auf die Sicherheit der Schrankfachanlage spezifische Risiken bestehen, bemühen, der Verwirklichung dieser Risiken im Rahmen des ihr Zumutbaren entgegen zu wirken.
Ausgehend von diesem Maßstab ist eine für den streitgegenständlichen Schaden kausale Pflichtverletzung der Beklagten zu bejahen. Insoweit kann dahinstehen, ob das Sicherungskonzept der Beklagten in Bezug auf den Schließfachraum grundsätzlich unzureichend war, wie die Klägerin meint. Denn jedenfalls hat die Beklagte die ihr vertraglich obliegenden Pflichten deshalb verletzt, weil sie nach dem Einbruchsversuch in ihre A. Filiale keine hinreichenden Maßnahmen getroffen hat, um ein Einbruchsgeschehen auf Basis des in A. zu Tage getretenen Modus Operandi (Überwindung der Wandummantelung mittels einer Kernbohrung nach vorheriger Manipulation des im Schließfachraums vorhandenen Bewegungsmelder) zu verhindern.
Hierzu im Einzelnen:
aa) Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass in der A. Filiale am 24.10.2020 ein Einbruchsversuch dergestalt erfolgte, dass die Täter versucht hatten, im Keller des dortigen Gebäudes die Wand zum Tresorraum mit einem Kernbohrer zu durchdringen, um sich anschließend Zugang zu den im Tresorraum vorhandenen Kundenschließfächern zu verschaffen. Hierbei hatten die Täter bereits zur Ausführung der Tat angesetzt und mit dem Bohren begonnen. Um in den Keller zu gelangen hatten sie bereits zwei alarmgesicherte Stahltüren überwunden, indem sie einen Kontaktalarm in beiden Türen mittels eines Trennschleifers umgangen hatten. Den für die Tatausführung genutzten Kernbohrer, der in seinem Durchmesser von ca. 45 cm dem für die streitgegenständliche Tat verwendeten Kernbohrer entsprach, hatten sie auf einem Schienensystem montiert und über ein im Treppenbereich des Objekts gelegenes Waschbecken mit einer Wasserkühlung versorgt. Die im Vorraum zum Tresorraum als auch im Tresorraum selbst vorhandenen Bewegungsmelder der Alarmanlage waren zuvor mit passgenauen Aufklebern zugeklebt worden, offenkundig während der Filialöffnungszeiten. Diese Manipulationen durch die Aufkleber waren nach Einschätzung der Kriminalpolizei auf den ersten Blick nicht erkennbar und wurden erst durch die Kriminalbeamten am Tatort bemerkt. Nach Einschätzung der Kriminalpolizei handelte es sich um einen Einbruchsversuch, bei dem die Täter ein hohes Maß an Professionalität.
bb) Die Beklagte, welche, gerade weil die Täter in A. trotz des letztendlichen Scheiterns bereits weit vorgedrungen waren, mit weiteren Einbruchsversuchen dieser Art rechnen musste, war vor diesem Hintergrund verpflichtet, diese Art und Weise der Tatausführung im Rahmen der von ihr fortlaufend durchzuführenden Risikoanalyse zu berücksichtigen und ihr Sicherungskonzept unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Örtlichkeiten auf hinreichend bestehenden Schutz zu überprüfen und ggf. geeignete Maßnahmen zur Verhinderung ähnlicher Einbruchsmuster zu treffen. Dabei hatte sie angesichts des planvollen Vorgehens in A. davon auszugehen, dass potenzielle Täter hochprofessionell vorgehen, sich unter Zuhilfenahme des erforderlichen Werkzeugs vorbereiten und über detaillierte Kenntnisse der Örtlichkeiten sowie der von ihr verbauten Alarmsysteme verfügen würden. Sie hatte dabei in den Blick zu nehmen, dass diese hochprofessionelle Tätergruppierung sich konkret auf die von ihr vorgehaltenen Sicherungssysteme einstellte und deren Manipulationsmöglichkeiten auslotete.
In diesem Zusammenhang hat die 30. Zivilkammer des Landgerichts Hamburg in ihrem zu dem Parallelverfahren ergangenen Urteil (Urteil vom 29. Juni 2023, 330 O 127/22, juris) zutreffend darauf verwiesen, dass im Bereich des Schließfachschutzes angesichts der berechtigten Kundenerwartungen kein geringerer Maßstab gelten könne als im Bereich des Schutzes eines Kontos beim Online-Banking. In der Entscheidung heißt es:
„Für Schließfachüberlassungen gelten beispielsweise im Hinblick auf die Legitimationsprüfung dieselben Anforderungen wie bei Eröffnung eines Kontos (Ellenberger/Bunte BankR-HdB, 6. Aufl., § 48. Safevertrag, Schließfach Rn. 8). Die Bank muss auch hier ein technisch sicheres System nach dem jeweils aktuellen Stand der Technik bereitstellen. Im Rahmen des Kontoschutzes beim Online-Banking besteht die von jedem umsichtigen und informierten Bankkunden angenommene und von der Rechtsprechung folgerichtig vorausgesetzte Pflicht der Bank, auf Grundlage des neuesten Stands der Erfahrung laufende und kurzfristige Änderungen in Sicherungssystemen und Angriffsszenarien zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 26.1.2016 – XI ZR 91/14, MMR 2016, 382 Rn. 41 f.). Dabei stellte der Bundesgerichtshof ausdrücklich als Maßstab darauf ab, ob praktisch erfolgreiche Angriffe auf ein auf eine bestimmte Weise ausgestaltetes System in der Öffentlichkeit bekannt geworden waren (dort: zahlreiche bekannt gewordene erfolgreiche Attacken im smsTAN-Verfahren). Aus welchen Gründen eine Bank aber verpflichtet sein soll, ihr elektronisches System und dessen Schutz an sich veränderndes Täterwissen, deren Professionalität und deren Vorgehensweisen anzupassen (vgl. dazu auch KG, Urteil vom 29.11.2010 – 26 U 159/09, MMR 2011, 338, 339 f. für das PIN/TAN-Verfahren), sie eine solche Pflicht bei manuell – und damit tendenziell sogar einfacher – zu schützenden Wertgegenständen ihrer Kunden in Schließfächern aber nicht treffen soll, erschließt sich der Kammer nicht.“
Dem schließt sich die Zivilkammer 2 an.
cc) Soweit die Beklagte behauptet, sie habe hinsichtlich der Schließfachräume ihrer Filialen im Nachgang eine Risikoanalyse vorgenommen (welche ergeben habe, dass die N. Räumlichkeiten deutlich weniger einbruchsgefährdet gewesen seien) und zudem den Bewegungsmelder im Tresorraum der streitgegenständlichen Filiale gegen ein neueres Modell ausgetauscht, kann dieser Vortrag (für dessen Richtigkeit viel spricht) als wahr unterstellt werden, da diese behaupteten Maßnahmen jedenfalls als nicht ausreichend anzusehen sind.
(1) Soweit die Beklagte im Zusammenhang mit der unterschiedlichen Lage der beiden Filialen ausführt, beide Örtlichkeiten seien nicht miteinander vergleichbar, erschließt sich nicht, aus welchem Grund sie davon hätte ausgehen dürfen, dass Einbruchsversuche der stattgehabten Art in der N. Filiale nicht oder deutlich weniger wahrscheinlich seien. Dass um die streitgegenständliche Filiale eine größere Dichte an Wohnbebauung herrscht und dadurch mehr fußläufiger Passantenverkehr stattfindet, ist nicht ausreichend, denn auf ein (rechtzeitiges) Entdecken der Tat durch Anwohner / Passanten bzw. eine Verständigung der Polizei durch diese Personengruppen durfte die Beklagte sich nicht verlassen. Passanten interessieren sich in aller Regel nicht für Lärm, der aus einem Gebäude, an dem sie lediglich vorbeigehen dringt. Anwohner wiederum können aufgrund von Urlaubszeiten o.ä. zeitweise nicht in ihrer Wohnung sein, Lärm aufgrund schlechten Gehörs nicht wahrnehmen oder sich nicht für die Ursache des Lärms interessieren. In diesem Zusammenhang ist auch in den Blick zu nehmen, dass über der N. Filiale leerstehende Räumlichkeiten belegen waren, welche unmittelbar (einschließlich einer Wandverbindung zum Schließfachraum) an die Filialräumlichkeiten angrenzten. In dieser Situation (welche im Zuge der Gefährdungsanalyse als erheblicher Risikofaktor hätte berücksichtigt werden müssen, da diese leerstehenden Räumlichkeiten potentiellen Tätern erkennbar die Gelegenheit boten, in aller Ruhe die Tatausführung von dort aus anzugehen) konnte Lärm zudem auch durch aufmerksame Anwohner oder Passanten zwanglos mit Umbauarbeiten assoziiert werden.
(2) Auch die weiter von der Beklagten in diesem Zusammenhang ins Feld geführten Unterschiede zwischen den Filialen genügen – jedenfalls unter Berücksichtigung der Risikoerhöhung in N. durch den Leerstand der Praxisräumlichkeiten – nicht. Die Beklagte musste unter Berücksichtigung des hier zu Tage getretenen kenntnisreich, professionell und mit erheblichem Zeit- und Materialeinsatz vorgehenden Tätertyps nämlich davon ausgehen, dass die Täter sich auf unterschiedliche Räumlichkeiten dezidiert vorbereiten und ihr Vorgehen anpassen würden. Dass die Verwendung schweren Geräts wie eines wassergekühlten Kernbohrers kein Hindernis darstellte, war in dieser Situation aufgrund des Vorfalls in A. offenkundig. Soweit die Beklagte vorbringt, ein Einbruch sei deswegen unwahrscheinlicher gewesen, weil die Wandstärke des Tresorraums in der A. Filiale lediglich der Sicherheitsstufe T1 entspreche, wohingegen die Wände des streitgegenständlichen Tresorraums der Sicherheitsstufe T10 zuzuordnen seien, wobei die Täter selbst in A. den Tresorraum nicht erreicht hätten, führt auch dies nicht dazu, dass der streitgegenständliche Einbruch für sie nicht vorhersehbar gewesen wäre, ebensowenig wie der in N. erforderliche längere Bohrweg bis zum Schließfachraum. In der konkreten Situation durfte die Beklagte sich nicht darauf verlassen, dass ein Durchdringen der Tresorwände in der Filiale in N. nicht versucht werden bzw. jedenfalls nicht gelingen würde, sondern musste vielmehr mit einem Überwinden der Tresorwände – der mechanischen Sicherung ihrer Schließfachräume und der Hauptkomponente ihres Sicherungskonzeptes – rechnen. Dies zum einen, weil derartig planvoll vorgehende Täter erkennbar in der Lage sind, ihre Vorgehensweise nicht nur anzupassen, sondern zu verbessern und zum anderen, weil angesichts der mehr als 1.200 Schließfächer ein ganz erheblicher Anreiz für einen Einbruch gegeben und mit den leerstehenden Räumlichkeiten ein für die Tatausführung geeigneter geschützter Raum für die Täter vorhanden war. Entscheidend ist, dass der Beklagten bekannt war, dass es hochprofessionell vorgehende Täter gab, die mit Hilfe von Kernbohrern von nicht zur Filiale gehörenden Bereichen aus in ihre Schließfachräume gelangen wollten. Jedenfalls in einer Situation, in welcher es, wie vorliegend in N., Wandverbindungen zwischen dem jeweiligen Schließfachraum und nicht der Überwachung der Beklagten unterliegenden (und hier sogar leerstehenden) Räumlichkeiten gab, bestand ein nach dem A. Vorfall offen zutage getretenes Risiko eines Eindringens.
Dass die Beklagte dieses erkannt hat, ergibt sich letztlich auch daraus, dass sie nach ihrem Vorbringen einen Austausch der Bewegungsmelder vorgenommen hat. Dies belegt, dass sie eine Überwindung der mechanischen Sicherung (der Wandummantelung) des Schließfachraums auch in der N. Filiale für möglich hielt.
(4) Aber der – an dieser Stelle unterstellte – Austausch des Bewegungsmelders im Tresorraum genügt nicht. Denn auch mit dem behaupteten Einbau des neuen Bewegungsmelders ist das Risiko einer Manipulation des Bewegungsmelders erkennbar nicht beseitigt worden.
Zwar verweist die Beklagte darauf, der von ihr auf Empfehlung hin verbaute Bewegungsmelder vom Typ Viewguard Dual AM EMK, „gelte“ als „manipulationssicher“ und sei seit dem Jahr 2006 zertifiziert. Sie habe deswegen davon ausgehen dürfen, dass ein „gänzlich unwahrscheinlicher Angriff“, wie er hier erfolgte, entdeckt werden würde. Insoweit spricht auch das Angebot über die Lieferung und den Einbau neuer Bewegungsmelder vom 30.10.2020 von einer damit verbundenen „Verbesserung der Manipulationssicherheit von Bewegungsmeldern“. Es ist dort auch aufgeführt, die „alten Melder“ entsprächen „aufgrund des Baualters nicht dem aktuellen Stand der Technik. Die Melder der Vorfeldanlage haben zudem aufgrund ihrer ehemaligen Zulassung nach VdS-Klasse B keine erhöhte Manipulationssicherheit“.
Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Beklagte aufgrund des dortigen Angebotsinhaltes bzw. aufgrund der Spezifikationen des neuen Bewegungsmelders und seines Rufes als manipulationssicher zu der Annahme kommen durfte, dass eine Manipulation des angebotenen Melders ausgeschlossen und der Einbau des Melders als einzige Alarmvorrichtung im Tresorraum ausreichend sei.
Denn bei einer solchen Betrachtung hatte sie zu berücksichtigen, dass hochprofessionell agierende Täter im Rahmen einer dezidierten Tatvorbereitung wie sie in der A. Filiale offenkundig geworden war, eine Manipulationsmöglichkeit finden könnten. Dies deshalb, weil die Täter im Rahmen der Anmietung eines Schließfachs die Möglichkeit hatten herauszufinden, um welchen Bewegungsmelder es sich handelte und sodann dieses (am Markt frei verfügbare) Modell erwerben konnten, um ungestört nach Manipulationsmöglichkeiten zu suchen. Angesichts der Verwendung eines passgenauen Aufklebers im Rahmen des A. Einbruchsversuches war es offenkundig, dass die Täter dort zunächst ausspioniert hatten, um was für einen Bewegungsmelder es sich handelte und diesen sodann im Rahmen eines weiteren Aufsuchens des Schließfachraums mittels des Aufklebers funktionslos gemacht hatten. In dieser Situation durfte die Beklagte sich nicht auf die (gegenüber dem bisherigen, veralteten Modell) erweiterten Funktionen und den Ruf des neuen Bewegungsmelders verlassen, zumal nicht erkennbar ist, in welchen Risikoumfeldern dieser Bewegungsmelder bislang zum Einsatz gekommen war und in welchen Situationen er sich bewährt hatte. Insoweit greift auch der Verweis darauf, dass auch der nach dem Einbruch mit der Sache befasste Kriminaltechniker erhebliche Zeit gebraucht habe, um zu erkennen, wie die Täter im Rahmen der Manipulation vorgegangen seien, nicht. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Kriminalpolizei – wie es aber planvoll agierende Kriminelle tun – neue Vorgehensweisen zur Ausschaltung von Sicherungssystemen auszutüfteln. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht maßgebend, dass nach Angaben der Beklagten nach Einschätzung des Spezialisten für Alarmanlagen bei der polizeilichen Fachdienststelle Hamburg eine Manipulation des als manipulationssicher geltenden Bewegungsmelders in keiner Weise vorhersehbar gewesen sei. Entscheidend ist, dass angesichts des im Zuge des A. Einbruchsversuchs zu Tage Getretenen (nämlich, dass es professionell agierende Täter gab, die von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hatten, während der Filialöffnungszeiten den Schließfachraum aufzusuchen und den dortigen Bewegungsmelder auszuspionieren bzw. sich in einem zweiten Zugriff an ihm zu schaffen zu machen) die Beklagte sich nicht auf die vermeintliche Manipulationssicherheit eines einzigen Bewegungsmelders hätte verlassen dürfen. Vielmehr hätte es zusätzlicher Maßnahmen bedurft, um ein solches Vorgehen zu verhindern oder zumindest zu erschweren. In Betracht gekommen wäre beispielsweise eine Anwesenheit von den Bewegungsmelder im Blick behaltenden Mitarbeitern im Tresorraum während des Aufenthaltes der Kunden. Insoweit ist nicht zu verkennen, dass die Kunden der Beklagten in dieser Situation durchaus ein Diskretionsbedürfnis haben dürften. Jedoch hätte dem auch unter Berücksichtigung der beengten räumlichen Verhältnisse durch einen Diskretionsbereich für den Kunden mit Sichtschutz in einfacher und zumutbarer Weise Rechnung getragen werden können. Alternativ hätte eine Videokamera installiert werden können, welche während der Filialöffnungszeiten den „unscharf“ geschalteten Bewegungsmelder filmte, wobei das Videomaterial nach Filialschluss im Schnelldurchlauf hätte gesichtet werden können. Bedenkt man, dass angesichts des in A. erkennbar gewordenen Einsatzes von Kernbohrern durch die Täter das ganz wesentliche Schutzelement der Kundenschließfächer – nämlich der ummantelte Tresorraum – in seinem Sicherheitsaspekt maßgeblich relativiert war, erscheinen derartige Maßnahmen auch ohne weiteres als zumutbar.
Dies hat die Beklagte nicht getan. Zwar hat sie nach ihrer Behauptung ihren Mitarbeitern aufgegeben, beim abendlichen Kontrollgang auf Veränderungen der Bewegungsmelder wie Verkleben, Besprühen oder Verdrehen etc. zu achten und gegebenenfalls unverzüglich zu melden. Dies genügte indes angesichts der erkennbaren Möglichkeit von auf den ersten Blick (jedenfalls von nicht Fachkundigen) nicht zu erkennenden Manipulationen nicht. Auch die regelmäßige Überprüfung durch Servicetechniker war angesichts der vorgesehenen Serviceintervalle in dieser Situation nicht ausreichend.
Noch hinzu kommt, wie in dem zu dem Parallelverfahren ergangenen Urteil vom 29. Juni 2023 (330 O 127/22, juris) dargelegt, dass der von der Beklagten ausgewählte neue Bewegungsmelder vom Typ Viewguard Dual AM EMK, VdS-Anerkennung gem. Klasse C, konform zu EN 50131-1 und EN 50131-2-4 Grad 3 dem hier anzulegenden Maßstab nicht gerecht wird. In dem Urteil wird ausgeführt:
„Ausweislich der Anlage B9, S. 79 erfolgt die Gradauswahl für Einbruchmeldeanlagen nach Norm auf Basis des Norm-Täterprofils, von dem ein Einbruch erwartet wird: „Unter Berücksichtigung des erwarteten Täters soll die Anlage einem der vier Norm- Grade zugeordnet werden. Die Auswahl des Anlagengrades muss sich somit auf die Annahme stützen, über welches Equipment und über welche Kenntnisse und kriminelle Energie der Täter verfügt (das Profil des Täters, der ein konkretes abzusicherndes Objekt angreifen könnte, muss bekannt sein bzw. abgeschätzt werden).“ Ausweislich des darunter abgedruckten Bildes 3-4 findet vor diesem Hintergrund die Ermittlung des angemessen Grades einer Einbruchmeldeanlage abgestuft nach dem jeweils bestehenden Risiko statt. Unter dem Punkt „Hohes Risiko“ findet sich die Definition: „Dieser Grad wird angewandt, wenn Sicherheit Vorrang vor allen anderen Faktoren hat. Einem Eindringling oder Räuber werden die Fähigkeiten oder Möglichkeiten zugestanden, einen Einbruch oder Raub im Detail zu planen und über eine komplette Ausrüstung inklusive Mittel zum Austausch von EMA-, EMA/ÜMA-Anlageteilen zu verfügen. Dabei werden von innerhalb, außerhalb oder innerhalb und außerhalb des Sicherungsbereichs Schwachstellen des Sicherungskonzeptes ermittelt, um diese konsequent auszunützen, und die Tat wird durch vorbereitende Manipulationen vorbereitet.“ Von einem solchen hohen Risiko hatte die Beklagte hier nach dem Vorstehenden spätestens nach dem Einbruchsversuch in der Filiale H.str. auszugehen. Für diese Risikostufe ist der Grad 4 vorgesehen. Auf S. 81 der Anlage B9 heißt es dann weiter, Produkte der Klasse C (wie der hier von der Beklagten neu eingebaute Bewegungsmelder) genügen mindestens den Anforderungen der entsprechenden Produktnorm DIN EN 50131-x für Grad 3. Und weiter stellt der VdS in der Anlage B9 dann auch klar: „Wenn die Anlageteile den Anforderungen nach DIN EN 50131-x für Grad 4 entsprechen sollen, sind ggf. zusätzliche Anforderungen zu erfüllen (z. B. Überwachung einer Verminderung der Detektionsreichweite von Bewegungsmeldern).“
Daraus ergibt sich, dass der von der Beklagten verbaute Bewegungsmelder vom Grad 3 den erforderlichen Schutz vor dem angesichts des Täterprofils bestehenden hohen Risiko nicht gewährleisten konnte. Die Beklagte hätte sich auf diesen allein daher auch nach den von ihr beigebrachten Unterlagen aus Fachkreisen nicht verlassen dürfen.“
Auch diesen Erwägungen schließt die Zivilkammer 2 sich an.
(5) Jedenfalls soweit und solange das Risiko des Eindringens in den Tresorraum mittels eines Kernbohrers bestand und der in dem Raum vorhandene Bewegungsmelder nicht gegen Manipulationsversuche gesondert gesichert war, waren zur Vermeidung eines erneuten und nach identischen Schema ablaufenden Einbruchs weitere Sicherungsvorkehrungen erforderlich. Wie diese konkret auszusehen hatten und ob der Klägerseite darin zu folgen ist, dass der Einsatz von Erschütterungs- bzw. Vibrationsalarmen, Laserschranken sowie Schallsensoren unerlässlich war, muss im Rahmen dieser Entscheidung nicht abschließend festgestellt werden. Maßgeblich ist, dass die Möglichkeit bestanden hätte, zusätzliche Sicherungsvorkehrungen zu treffen, ohne dass die Beklagte hiervon Gebrauch gemacht hätte.
c) Diese Pflichtverletzung hatte die Beklagte auch zu vertreten, §§ 280 Abs. 1 S. 2, 276 BGB.
Gemäß § 276 Abs. 2 BGB handelt fahrlässig, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Fahrlässigkeit setzt Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit der drohenden Tatbestandsverwirklichung voraus (vgl. BeckOK/Lorenz, BGB, 66. Edition, § 276, Rz. 28 mwN). Es kommt nach dem im Zivilrecht maßgeblichen objektiven Fahrlässigkeitsbegriff darauf an, was von einem durchschnittlichen Anforderungen entsprechenden Angehörigen des jeweiligen Verkehrskreises in der jeweiligen Situation erwartet werden konnte, ohne Rücksicht darauf, ob der Handelnde nach seinen individuellen Fähigkeiten, Kräften, Erfahrungen und Kenntnissen die objektiv gebotene Sorgfalt erkennen und erbringen konnte (BeckOK/Lorenz, aaO, Rz. 21). Danach richtet sich das Maß der erforderlichen Sorgfalt nach den durchschnittlichen Anforderungen des in Betracht kommenden Verkehrskreises.
Nach Maßgabe dessen hat die Beklagte, zu deren Lasten ihr Verschulden gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zunächst vermutet wird, keine hinreichenden Exkulpationsgründe vorgetragen.
Insbesondere kann die Beklagte nicht damit gehört werden, sie habe sich bei der Sicherung des Tresorraumes auf die Beratung der Fa. Z. & M. GmbH verlassen dürfen. Denn wie bereits ausgeführt (s.o.) liegt der Vorwurf der objektiven Pflichtverletzung der Beklagten darin, den für sie aus dem Tatgeschehen in der A. Filiale zu Tage getretenen Risiken für die Sicherheit ihrer Schließfachräume nicht hinreichend begegnet zu sein. Unbeschadet des Umstandes, dass der Beklagten etwaige Versäumnisse und zumindest leicht fahrlässiges Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB zugerechnet würden, ist bereits nicht ersichtlich, dass die Beratung vor dem Hintergrund einer sachverständigen Untersuchung der konkreten Gegebenheiten in N. (unter Berücksichtigung des Leerstands der Praxisräumlichkeiten) erfolgt ist. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen. Im Nachgang zu dem Einbruchsversuch in A. bedurfte es einer eingehenden sachverständigen Gefährdungsanalyse der jeweiligen Filialräumlichkeiten, jedenfalls soweit – wie es in N. der Fall war – eine Wandverbindung zwischen dem Tresorbereich und anderen nicht der Überwachung der Beklagten unterliegenden Gebäudeteilen bestand; eine lediglich abstrakt-pauschale Überarbeitung des grundsätzlichen Sicherheitskonzeptes der Beklagten für die Schließfachräume war demgegenüber ersichtlich nicht ausreichend.
d) Der der Drittwiderbeklagten entstandene Schaden lässt sich kausal auf die dargelegte Pflichtverletzung der Beklagten zurückführen.
Das Grunderfordernis jeder Schadenszurechnung – sowohl im Rahmen der vertraglichen als auch der deliktischen Haftung – bildet die Verursachung des Schadens im logisch-naturwissenschaftlichen Sinn. Nach der Äquivalenztheorie ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (allg. Meinung; vgl. nur BGH, Urt. v. 14.12.2016 – VIII ZR 49/16, Juris, Rz. 17 mwN). Eine Unterlassung ist ursächlich, wenn pflichtgemäßes Handeln den Eintritt des Schadens mit Sicherheit – bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit genügt nicht – verhindert hätte (vgl. Erman/Ebert, BGB, 16. Aufl., Vorbemerkung vor § 249, Rz. 37).
In diesem Sinne besteht zwischen den Pflichtverletzungen der Beklagten und dem später durch den Aufbruch des streitgegenständlichen Schließfaches eingetretenen Schaden ein derartiger Kausalzusammenhang im Sinne einer conditio sine qua non.
Hätte die Beklagte – entweder durch das Abstellen eines Mitarbeiters oder aber durch eine Videokamera – den im Tresorraum vorhandenen Bewegungsmelder überwacht, wäre es nicht zu einer Manipulation des dortigen Bewegungsmelders gekommen bzw. diese wäre im Zuge des Schnelldurchlaufs der Videoaufnahmen zeitnah entdeckt worden, so dass eine unmittelbare Reaktion möglich gewesen wäre (d.h. noch vor der Zugangsverschaffung per Kernbohrung). Gleiches gilt sinngemäß für die weiteren Maßnahmen, die die Beklagten nach dem Einbruchsversuch in der A. Filiale alternativ zu der Sicherung des Bewegungsmelders hätte treffen können, denn durch diese zusätzlichen Sicherungen wäre entweder bereits nach dem Beginn der Bohrungen oder aber jedenfalls im Moment des Eindringens in den Schließfachraum Alarm ausgelöst worden. Mithin wäre der Einbruch, hätte die Beklagte die ihr obliegenden Pflichten erfüllt, verhindert worden.
3. Die Beklagte schuldet der Klägerin nach Maßgabe des Vorstehenden aus abgetretenem Recht Schadensersatz gem. §§ 249 ff. BGB. Zur gem. § 249 BGB erforderlichen Wiederherstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, gehört, der Klägerin – die aufgrund der Abtretung nunmehr Inhaberin des Schadensersatzanspruches ist – dasjenige zu ersetzen, was sich im Zeitpunkt des Einbruches im aufgebrochenen Schließfach befand. Die Kammer geht nach Durchführung der Beweisaufnahme davon aus, dass sich im – unstreitig vom Einbruch betroffenen und aufgebrochenen – Schließfach der Drittwiderbeklagten bis zu dem Einbruchsgeschehen die in der Klagschrift aufgeführten Wertgegenstände sowie der Bargeldbetrag mit einem von der Beklagten nicht in Abrede gestellten Gesamtwert von € 104.413,53 befunden haben, so dass die Beklagte über die vorprozessual geleisteten € 40.000,00 die Zahlung des ausgeurteilten Betrages von € 64.413,53 schuldet.
a. Hinsichtlich des Inhaltes des Schließfaches können die glaubhaften Angaben der Drittwiderbeklagten zu Grunde gelegt werden. Diese hat plausibel und nachvollziehbar die jeweiligen Ankaufsvorgänge (für welche Belege existieren) und die ihnen zu Grunde liegenden Hintergründe geschildert und auch dargelegt, dass sie die Wertgegenstände jeweils unmittelbar nach dem Ankauf von der Beklagten in das Schließfach eingebracht habe. Ihre Schilderung war frei von plausibel und frei von Widersprüchen, auch war sie in der Lage, ihre Angaben auf Nachfragen erkennbar aus ihrer Erinnerung heraus zu ergänzen. Zwar ist das eigene Interesse der Drittwiderbeklagten am Ausgang des Rechtsstreits nicht zu verkennen. Es gibt aber keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie hier unwahre Angaben gemacht haben könnte. Es bestehen in der Gesamtabwägung unter Berücksichtigung des Eindrucks, den die Drittwiderbeklagte im Rahmen der Anhörung gemacht hat sowie der Tatsache, dass für die Ankäufe und die zeitlich korrespondierenden Schließfachbesuche Belege existieren keine Bedenken, ihre Schilderung vollumfänglich der gerichtlichen Entscheidungsfindung zu Grunde zu legen.
b. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf eine Haftungsreduzierung auf einen Höchstbetrag von € 40.000 berufen. Denn die Klausel zur Haftungsbegrenzung ist nicht einschlägig. Die in Ziffer 8.1 der Bedingungen für die Vermietung von Schrankfächern (Anlage B 3) getroffene Regelung betrifft nur die Konstellation, dass ohne Verschulden der H. Schäden am Fachinhalt durch Einbruchdiebstahl, Feuer oder Leitungswasser entstehen. Durch die Wendung „beschränkt ihre Haftung in diesem Zusammenhang“ wird eindeutig klargestellt, dass an dieser Stelle der zu Beginn des Absatzes beschriebene Sachverhalt einer verschuldensunabhängigen Haftung erfasst sein soll.
c. Es ist auch nicht von einem Mitverschulden der Drittwiderbeklagten an der Schadensentstehung deshalb auszugehen, weil sie Gegenstände im Wert von mehr als € 40.000,00 in ihr Schließfach eingebracht bzw. den Schließfachinhalt nicht weitergehend versichert hat. Im maßgeblichen Verhältnis zu der Beklagten traf sie keine Obliegenheit, das Schließfach mit Werten von höchstens € 40.000 zu befüllen oder den Inhalt weitergehend zu versichern. Insoweit liegt der Fall anders als derjenige, welcher der von der Beklagten angeführten Entscheidung des OLG Karlsruhe zu Grunde lag. Im dortigen Fall handelte es sich um ein Sparkassenbuch-Schließfach, für welches es die Regelung gab, dass für vereinbarungswidrig eingebrachte Gegenstände jede Haftung ausgeschlossen sei. Vorliegend existieren demgegenüber keine entsprechenden Vorgaben der Beklagten in Bezug auf den Schließfachinhalt und auch nicht in Bezug auf den verpflichtenden Abschluss einer gesonderten Versicherung.
4. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288, 291 BGB.
5. Die Klägerin hat schließlich als Teil ihres Schadensersatzanspruchs auch Anspruch auf die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, welche an sie jedenfalls aufgrund der zweiten Abtretungserklärung mit abgetreten worden sind. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes durch die Drittwiderbeklagte war aus der maßgebliche ex-ante-Sicht erforderlich und zweckmäßig. Eine Erhöhung der Regelgebühr von 1,3 auf 2,0 ist im Hinblick auf den erhöhten Aufwand und den erhöhten Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit (sowohl hinsichtlich des Tatsächlichen als auch in Bezug auf die rechtlichen Aspekte) in diesem Verfahren gerechtfertigt.
6. Die (zulässige) Drittwiderklage hat aus den obigen Gründen in der Sache keinen Erfolg.
II. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
III. Veranlassung für eine Wiederöffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) im Anschluss an die mündliche Verhandlung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes bestand nicht. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 156 II Nr. 1 – 3 ZPO liegen nicht vor. Die im Zuge der Entscheidung über eine Wiedereröffnung nach § 156 I ZPO vorzunehmende Ermessensentscheidung ergibt, dass die Sache entschieden werden kann. Es liegt derzeit lediglich eine vorläufige rechtliche Einschätzung des Oberlandesgerichtes vor, wobei im Rahmen derselben diejenigen Aspekte thematisiert worden sind, welche auch im Rahmen des hiesigen Verfahrens Gegenstand des Vortrags der Parteien und der Erörterung waren. Neue, bislang von dem Gericht und/oder den Parteien übersehene Gesichtspunkte sind, soweit erkennbar, nicht in den Blick genommen worden.
Die Einzelrichterin war auch nicht gehalten, die Sache erneut der Kammer vorzulegen zur Entscheidung über eine Rückübertragung. Übereinstimmende Anträge der Parteien im Sinne des § 348a II Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Auch die Voraussetzungen des § 348 II. Nr. 1 ZPO sind nicht gegeben. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Rückgabe an die Kammer angesichts des Sinns und Zwecks der Regelung, welche auf die Durchführung eines ökonomischen Verfahrens ausgerichtet ist, dem eine Rückgabe nach erfolgter Übertragung grundsätzlich widerspricht, auf Ausnahmefälle zu beschränken ist (Zöller/Greger, Zivilprozessordnung, 34. Aufl. 2022, § 348a ZPO Rn. 8). Ein solcher liegt hier nicht vor. Eine Änderung der Prozesslage tritt ein, wenn sich die Gegebenheiten, die die Kammer bei der Übertragungsentscheidung gemäß § 348a Abs. 1 ZPO berücksichtigt hat oder hätte berücksichtigen müssen, nach der Übertragung auf den Einzelrichter geändert haben. Dabei wird es sich in der Regel um neues Vorbringen der Parteien zum Streitgegenstand oder neue Angriffs- und Verteidigungsmittel handeln. Als ein berücksichtigungsfähiger Umstand kommt aber auch das Ergehen neuer Rechtsprechung in Betracht, durch die der beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits grundsätzliche Bedeutung zuwächst (MüKoZPO/Stackmann, 6. Aufl. 2020, ZPO § 348a Rn. 40). Erforderlich ist hierbei indes jeweils, dass es sich um eine wesentliche Änderung handelt, aus der sich besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Sache oder die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ergeben. Daran fehlt es vorliegend, da zum einen noch keine abschließende Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichtes vorliegt, sondern lediglich eine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage, und zum anderen diese vorläufige Einschätzung auf Aspekten fußt, welche in die Übertragungsentscheidung der Kammer einbezogen worden sind, da sie bereits im Vortrag der Parteien angelegt waren.