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Bankvollmacht – Abhebungen: Beweislast im Rückforderungsprozess 

BGH

Az: X ZR 34/05

Urteil vom 14.11.2006


Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2006 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das am 2. Februar 2005 verkündete Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin ist die Mutter der Beklagten. Sie lebt in einem Pflegeheim in D. /Südafrika und wird durch einen Curator vertreten, der u.a. ihre Vermögensangelegenheiten wahrzunehmen und etwaige Ansprüche gerichtlich geltend zu machen hat. Die Klägerin war Inhaberin von Konten (Depot- und Sparkonten) bei Bielefelder Banken, für die sie der Beklagten 1992 formularmäßige Bankvollmachten erteilt hatte.

Die Klägerin begehrt u.a. Rückzahlung und Auskunft über den Verbleib von umgerechnet 164.251,45 Euro. Diesen Betrag erlangte die Beklagte, indem sie im April 2001 die Guthaben der Sparkonten der Klägerin vollständig abhob, nachdem sie die im Depot der Klägerin gehaltenen Wertpapiere veräußert hatte und der Erlös auf den Sparkonten gutgeschrieben worden war. Die Beklagte behauptet, das Geld sei ihr von ihrer Mutter geschenkt worden.

Das Landgericht hat eine Herausgabe- und Auskunftsverpflichtung der Beklagten nach Auftragsrecht und darüber hinaus eine deliktische Schadensersatzhaftung wegen Untreue angenommen und auf die Zahlungsklage einen Betrag von 163.751,45 Euro nebst Zinsen ausgeurteilt. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin erklärt habe, sie wolle der Beklagten das Geld schenken. Mangels notarieller Beurkundung sei ein etwaiges Schenkungsversprechen jedenfalls formunwirksam gewesen. Die Schenkung sei auch nicht vollzogen worden, insbesondere lasse sich ein Vollzug nicht aus den Bankvollmachten herleiten, die das Innenverhältnis zwischen der Kontoinhaberin und der Bevollmächtigten nicht regelten. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Auf die Anschlussberufung hat das Berufungsgericht der Klägerin u.a. weitere 500,– Euro nebst Zinsen zugesprochen. Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihre in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter und bittet, nachdem für die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung niemand erschienen ist, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage durch Versäumnisurteil abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Revision bleibt ohne Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat die Zahlungsklage und das den erlangten Betrag von 164.251,45 Euro betreffende Auskunftsbegehren aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 BGB für begründet erachtet. Es hat die Beklagte als beweispflichtig und beweisfällig dafür angesehen, dass sie die Abhebung von den auf den Namen der Klägerin lautenden Sparkonten wegen einer Schenkung habe vornehmen dürfen. Zwar müsse bei der Leistungskondiktion grundsätzlich der Gläubiger beweisen, dass ein Rechtsgrund nicht bestehe. Anders lägen die Dinge aber, wenn wie bei der Eingriffskondiktion der in Anspruch Genommene etwas aus einer dem Anspruchssteller zugewiesenen Rechtposition erlangt habe. Die dieser Beurteilung zugrunde liegende Wertung greife auch, wenn jemand Beträge von einem Konto abgehoben habe, das unter dem Namen des Anspruchstellers geführt werde. Der Anspruchsgegner müsse dann beweisen, dass dieser Handlung der behauptete rechtliche Grund zur Seite gestanden habe. Den ihr danach obliegenden Beweis für die behauptete Schenkung durch die Klägerin habe die Beklagte nicht zur Überzeugung des Berufungsgerichts geführt. Die Beklagte habe deshalb die abgehobenen Beträge herauszugeben. Soweit sie im Berufungsverfahren erstmals behaupte, das Geld sei ihr von der Klägerin übereignet und dann auf die Konten der Klägerin eingezahlt worden, handele es sich um neuen Vortrag, der mangels Entschuldigung nach § 531 ZPO nicht mehr berücksichtigt werden könne.

II. Die Revision hält dem entgegen: Entscheidend sei, dass die Klägerin anlässlich ihrer Reisen Geldbeträge mitgebracht und diese Geldbeträge der Beklagten sofort endgültig zur dauerhaften und eigennützigen Verwendung überlassen habe. Die Nichtberücksichtigung dieses Vorbringens durch das Berufungsgericht verletze das Verfahrensgrundrecht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Darüber hinaus habe das Berufungsgericht die Verteilung der Beweislast verkannt. Die Beklagte habe nicht in eine eindeutig und unstreitig der Klägerin zugewiesene Rechtsposition eingegriffen. Die Bereicherung der Beklagten beruhe vielmehr auf einer Leistung der Klägerin, so dass nur eine Leistungskondiktion in Betracht komme, bei der ausnahmslos der Bereicherungsgläubiger und somit die Klägerin das Fehlen eines rechtlichen Grundes darlegen und beweisen müsse.

III. Ein entscheidungserheblicher Rechtsfehler ergibt sich hieraus nicht.

1. Nach dem unstreitigen Parteivorbringen steht außer Frage, dass das Vermögen der Beklagten zu Lasten des Vermögens der Klägerin einen Zuwachs erfahren hat. Der auf § 812 Abs. 1 BGB gestützte Anspruch ist der Klägerin deshalb zuzusprechen, wenn dies ohne Rechtsgrund geschehen ist.

2. a) Dafür, dass die herausverlangte Vermögensmehrung ohne Rechtsgrund besteht, trägt grundsätzlich der Kläger die Darlegungs- und Beweislast (Sen.Urt. v. 18.05.1999 – X ZR 158/97, NJW 1999, 2887 m.w.N.; anschließend daran Sen.Urt. v. 15.10.2002 – X ZR 132/01, ZEV 2003, 207; Baumgärtel/Strieder, Handbuch der Beweislast im Privatrecht, Band 1, 2. Aufl., § 812 Rdn. 10 ff.). Wer einen Anspruch geltend macht, muss das Risiko des Prozessverlustes tragen, wenn sich die sein Begehren tragenden Tatsachen nicht feststellen lassen. Er muss deshalb grundsätzlich alle anspruchsbegründenden Tatsachen behaupten und im Bestreitensfalle beweisen. Dieser Grundsatz gilt auch, soweit sogenannte negative Umstände wie das Fehlen eines Rechtsgrunds anspruchsbegründend sind. Jedenfalls dann, wenn – wie es hier nach Darstellung der Klägerin der Fall ist – geklagt wird, weil der Beklagte in anderer Weise als durch Leistung des Klägers etwas auf dessen Kosten ohne rechtlichen Grund erlangt habe, kann allerdings hinsichtlich der Darlegungslast eine Erleichterung für den Anspruchsteller bestehen. Derjenige, der im Prozess die Herausgabepflicht leugnet, kann nämlich gehalten sein, die Umstände darzulegen, aus denen er ableitet, das Erlangte behalten zu dürfen. Denn jede Partei hat in zumutbarer Weise dazu beizutragen, dass der Prozessgegner in die Lage versetzt wird, sich zur Sache zu erklären und den gegebenenfalls erforderlichen Beweis anzutreten (Sen.Urt. v. 15.10.2002 – X ZR 132/01, ZEV 2003, 207 m.w.N.).

b) Im Streitfall hat die Beklagte insoweit vorgebracht: Bei ihren wiederholten Reisen nach Deutschland habe die Klägerin stets größere Geldbeträge mitgebracht. Da eine andere Tochter schon reichlich Zuwendungen erhalten habe und damit es keinen Ärger mit weiteren Schwestern der Beklagten gebe, habe die Klägerin pro forma ein Konto eingerichtet und seien die mitgebrachten Geldbeträge in Beisein der Klägerin dort eingezahlt worden. Letztendlich habe es sich dabei um Schenkungen an sie, die Beklagte, gehandelt. Deshalb habe ihr die Klägerin auch umfassende Bankvollmacht erteilt. Hiermit habe die Klägerin sicherstellen wollen, dass sie, die Beklagte, über die eingezahlten Gelder voll zu eigenem Nutzen habe verfügen können und sollen.

Wenn man – was mangels entgegenstehender Feststellungen des Berufungsgerichts der revisionsrechtlichen Überprüfung zu Grunde zu legen ist – davon ausgeht, dass der Klagebetrag sich ausschließlich aus mitgebrachten Geldbeträgen und hieraus erzielten Erlösen zusammensetzt, hat die Beklagte hiermit einer sie treffenden Darlegungslast genügt.

c) Gleichwohl war es im Streitfall nicht Sache der Klägerin, zu widerlegen, dass es zu einer Schenkungsvereinbarung in Höhe der Klagesumme zwischen den Parteien gekommen ist. Das rechtfertigt sich daraus, dass eine Schenkung von Gesetzes wegen einer besonderen Form bzw. Handlung des Schenkers bedarf.

(1) Nach § 518 Abs. 1 BGB bedarf das für einen wirksamen Schenkungsvertrag erforderliche Schenkungsversprechen der notariellen Beurkundung. Zweck dieser Regelung ist es u.a., eine sichere Beweisgrundlage für den Fall zu haben, dass es später zum Streit darüber kommt, ob etwas und gegebenenfalls was schenkweise zugewendet werden sollte. Diese Beweisfunktion entfaltet ihre Wirkung auch im Prozess, in dem etwas Erlangtes herausverlangt oder Wertersatz hierfür begehrt wird. Vorbehaltlich § 518 Abs. 2 BGB bedeutet sie dort, dass der Grundsatz von der Beweislast des Anspruchstellers nicht zu dessen Nachteil gereicht, wenn der Gegner sich – wie hier die Beklagte – lediglich auf ein Schenkungsversprechen beruft, das der in § 518 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen Form nicht genügt. Der Anspruchsteller kann sich dann darauf beschränken, die behauptete Schenkungsvereinbarung und eine etwaige Darlegung zu bestreiten, der Mangel der Form des Schenkungsversprechens sei gemäß § 518 Abs. 2 BGB durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt. Der angeblich Beschenkte muss dann Umstände beweisen, die den nach § 518 Abs. 2 BGB für die Wirksamkeit des behaupteten Schenkungsversprechens erforderlichen Tatbestand ausfüllen (Palandt/Weidenkaff, BGB, 65. Aufl., § 518 BGB Rdn. 1b m.w.N.). Denn wer die Heilung des Formmangels nach § 518 Abs. 2 BGB geltend macht, beruft sich auf einen Sachverhalt, der den Eintritt der nach § 125 Satz 1 BGB an sich gesetzlich vorgesehenen Rechtsfolge hindert.

(2) Der Streitfall ist dadurch gekennzeichnet, dass zur Erfüllung eines Schenkungsversprechens die Nutzung der Bankvollmachten erforderlich war, welche die Klägerin der Beklagten erteilt hatte. Denn eine Bewirkung i.S.d. § 518 Abs. 2 BGB kann nicht schon in der behaupteten Übergabe des mitgebrachten Geldes oder dessen Einzahlung gesehen werden. Nach dem Vortrag der Beklagten ist dieses Geld nämlich bestimmungsgemäß auf ein Konto eingezahlt worden, das auf den Namen der Klägerin lautete. Dies hatte zur Folge, dass die Beträge weiterhin zum Vermögen der Klägerin gehörten, weil diese Gläubigerin der Bank wurde. Denn es ist nichts dafür vorgebracht oder ersichtlich, dass es – wie es nach der Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 02.02.1994 – IV ZR 51/93, NJW 1994, 931 m.w.N.) für eine Gläubigerschaft der Beklagten erforderlich wäre – bei der Eröffnung der Konten oder später für die Banken als Wille der Parteien erkennbar gewesen wäre, das Guthaben solle trotz der Einrichtung auf den Namen der Klägerin der Beklagten zustehen. Ein Vollzug einer Schenkung könnte mithin erst in dem Erwerb der Mittel infolge der Abhebung durch die Beklagte gesehen werden. Denn dies soll – wie die Beklagte weiter vorgebracht hat – mit Wissen und Wollen (vgl. zu diesem Erfordernis Sen.Urt. v. 18.05.1999 – X ZR 158/97, NJW 1999, 2887, 2889) der Klägerin geschehen sein, weil das nach Deutschland geschaffte Geld der hier lebenden Tochter habe zustehen sollen.

(3) Damit ist eine Bereicherung zu beurteilen, die aus einer der Klägerin zugewiesenen Rechtsposition erlangt worden ist, ohne dass die Handlung, mittels der dies geschehen ist, für sich gesehen einen Rückschluss auf eine Schenkung und deren Vollzug erlaubte. Denn das bloße Vorhandensein einer Bankvollmacht besagt schon nichts darüber, welche Rechtshandlungen der Bevollmächtigte im Verhältnis zum Vollmachtgeber vornehmen darf. Die Vollmacht betrifft nur das Verhältnis zu den Banken und damit die Möglichkeit für die Beklagte, nach außen wirksam die Klägerin verpflichtende oder begünstigende Bankgeschäfte vorzunehmen. Unter diesen Umständen kommt die Feststellung, dass die Abhebung durch die Beklagte einen Vollzug einer Schenkung darstellte, nur in Betracht, wenn sich der Bezug zu einem solchen Rechtsgeschäft aus anderen Umständen ergibt. Es bedarf der Zuordnung des an sich insoweit neutralen, aber in eine Rechtsposition der Klägerin eingreifenden Vorgehens zu einem Handeln der Klägerin, das den Schluss zulässt, dass die Abhebung eine schenkweise versprochene Zuwendung mit Wissen und Wollen der Klägerin vollzieht. Eine solche Zuordnung ist, wie auch der vorliegende Fall zeigt, regelmäßig nicht ohne Nachweis des Schenkungsversprechens möglich.

Gerade in diesem Zusammenhang können allerdings zum einen mittelbare Tatsachen beweiserheblich sein, wenn sie geeignet sind, Rückschlüsse darauf zuzulassen, dass der Handlung, die in die fremde Rechtsposition eingreift, ein Schenkungsversprechen zu Grunde liegt. Zum anderen können Erfahrungssätze die freie Beweiswürdigung bestimmen. So kann es vor allem in Betracht kommen, zu Gunsten des angeblich Beschenkten auf eine bestehende Erfahrung abzustellen, wenn eine Anstandsschenkung und deren Bewirken durch eine Handlung des angeblich Beschenkten in Frage stehen.

(4) Der Umfang der Beweislast der Beklagten, der sich mithin aus dem Mangel der in § 518 Abs. 1 BGB vorgeschriebenen Form und daraus ergibt, dass nur die im Außenverhältnis wirksame Abhebung des Geldes durch die Beklagte unstreitig ist, steht in Einklang mit höchstrichterlicher Rechtsprechung. Schon das Reichsgericht hat bei Klage auf Herausgabe der durch Abhebung vom Sparbuch eines anderen erlangten Bereicherung dem Abhebenden den Beweis für die causa auferlegt, welche die Abhebung rechtfertigen sollte (JW 1913, 30; vgl. auch JW 1901, 336; zustimmend Rosenberg, Die Beweislast, 5. Aufl. S. 196). Der IVa-Zivilsenat hat ebenfalls ausgesprochen, in einem solchen Fall trage der Bevollmächtigte die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der angeblichen Schenkungsvereinbarung (Urt. v. 05.03.1986 – IVa ZR 141/84, NJW 1986, 2107, 2108 m.w.N.; ebenso BAG, Urt. v. 19.05.1999 – 9 AZR 444/98; OLG Bamberg JurBüro 2003, 145; vgl. hierzu auch Wacke, AcP 191 (1991), 1 und ZZP 2001, 77; Schiemann, JZ 2000, 570; Schmidt, JUS 2000, 189; Böhr, NJW 2001, 2059). Die Senatsentscheidung vom 18. Mai 1999 (X ZR 158/97, NJW 1999, 2887, 2888) betraf einen hiervon abweichenden Fall, weil auch der Kontoinhaber selbst bereits Beträge derjenigen Partei zu Gute hatte kommen lassen, die sich auf Schenkung berufen hatte. Soweit sich ansonsten aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats Gegenteiliges ergeben sollte, wird hieran nicht festgehalten.

3. Nach der Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht kann nicht davon ausgegangen werden, dass das unstreitige, sich auf eine bloße Bankvollmacht stützende Handeln der Beklagten Bezug zu einer Schenkung der Klägerin hatte und mit deren Willen eine schenkweise versprochene Leistung bewirkte. Da die Revision gegen die Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme, dass eine Schenkung durch die Klägerin nicht erwiesen sei, keine Einwände erhebt und insoweit ein Rechtsfehler auch nicht ersichtlich ist, hat das Berufungsgericht der auf § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB gestützten Zahlungsklage mithin zu Recht entsprochen.

IV. Soweit der Klägerin weitere mit der Anschlussberufung geltend gemachte Ansprüche zugesprochen worden sind, mangelt es an begründeten Revisionsangriffen. Auch diese Verurteilung der Beklagten hat daher Bestand.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

 

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