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Bargeldabhebungen: gestohlene EC-Karte – Schadensersatzanspruch gegen Bank

 Landgericht Bonn

Az.: 3 O 126/05

Urteil vom 23.08.2005


Leitsätze:

Zur Beweislast und Sorgfaltsanforderugen an Kunden und Bank bei Bargeldabhebungen am Schalter mittels gestohlener EC-Karte und Personalausweis.


Tenor:

Die Beklagte wird verurteilt, dem bei ihr geführten Konto der Kläger mit der Nummer … 40.000,00 € mit Wertstellung 01.10.2004 gutzuschreiben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 50.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

Die klagenden Eheleute unterhalten bei der beklagten Sparkasse ein Girokonto mit der Nummer …, das in der Filiale A… geführt wird. Das Konto wies am Morgen des 01.10.2004 ein Guthaben in Höhe von 45.932,80 € auf, das im Wesentlichen aus einer an die Klägerin gezahlten Abfindung stammte.

Von diesem Konto hob ein unbekannter Dritter am 01.10.2004 in H… um 9.19 Uhr in der Filiale B…, um 9.36 Uhr in der Filiale C…, um 9.53 Uhr in der Hauptstelle D… und um 10.18 Uhr in der Filiale E… Bargeld im Betrag von jeweils 10.000,00 € am Schalter ab. Der Bargeldempfänger quittierte die Auszahlungen auf Barauszahlungsbelegen jeweils mit einer angeblich wie hinterlegten Unterschrift. Die Abhebung von 9.36 Uhr wurde als Barauszahlung durch Scheck verbucht, wobei die Kläger zu dem Konto keine Schecks besaßen, die übrigen genannten Abhebungen als Barauszahlung mit Karte. Die Schaltermitarbeiter der Beklagten notierten die zutreffende Personalausweisnummer des Klägers auf den Barauszahlungsbelegen. Die Schaltermitarbeiter der Beklagten können von jeder Filiale aus elektronisch den jeweiligen Kontostand und die Umsätze sowie die Unterschriftskarte des Kontoinhabers abfragen. Von dem Konto wurden am 01.10.2004 um 9.07 Uhr, um 9.45 Uhr und um 10.10 Uhr Kontoauszüge gezogen.

Der Kläger ist beim Institut F… beschäftigt und hat in dessen Gebäude in der G-Allee in Bonn im dritten Stockwerk ein Einzelbüro, das wie die Büros der übrigen rund 1.100 Mitarbeiter des Instituts nur mit einer Codekarte zu öffnen und zu verschließen ist. In dem Büro des Klägers befindet sich ein abschließbarer Garderobenschrank, in dem wichtige Geschäftsunterlagen des Klägers liegen. Das Gebäude ist durch einen Pförtnerdienst gegen den unbefugten Zutritt Dritter gesichert. Der Kläger suchte am Morgen des 01.10.2004 gegen 8.20 Uhr während seines Urlaubs das Institut auf, um an einer Dienstbesprechung teilzunehmen. Da er die Codekarte nicht dabei hatte, ließ er sich die Tür zu seinem Büro um 8.33 Uhr durch eine Mitarbeiterin mit deren Codekarte aufschließen. Dort legte er seinen Mantel mit dem darin befindlichen Portemonnaie ab. Zwischen den Parteien ist streitig, ob der Kläger seinen Mantel im Garderobenschrank seines Büros einschloss. Danach verließ er sein Büro, ließ es unverschlossen und nahm an der in einem anderen Büro stattfindenden Dienstbesprechung teil. Nach der Dienstbesprechung holte er seinen Mantel mit dem darin befindlichen Portemonnaie aus seinem Büro, ließ die Tür zu seinem Büro um 9.31 Uhr von einer anderen Mitarbeiterin mit deren Codekarte verschließen und verließ das Gebäude. Der Garderobenschrank in seinem Büro wies keine Aufbruchspuren auf.

Den Verlust seines Personalausweises bemerkte der Kläger am 12.10.2004, als er eine Flugreise nach I… unternehmen wollte. Den Verlust der SparkassenCard bemerkte er am 13.10.2004, als er in I… Geld vom Automaten abheben wollte. Die SparkassenCard ließ der Kläger am 14.10.2004 bei der Beklagten sperren. Nachdem die Klägerin auf einem Kontoauszug vom 23.10.2004 die vier Abhebungen vom 01.10.2004 festgestellt hatte, erstatteten die Kläger am selben Tag Strafanzeige bei der Polizei.

Die dem Vertragsverhältnis zugrunde liegenden Bedingungen für die Verwendung von SparkassenCards in der Fassung von September 2002 (nachfolgend: AGB) enthalten in Ziffer A.l.6.2 folgende Regelung zur Aufbewahrung der SparkassenCard:

„Die SparkassenCard ist mit besonderer Sorgfalt aufzubewahren, um zu verhindern, dass sie abhanden kommt und missbräuchlich genutzt wird. Insbesondere darf die SparkassenCard nicht unbeaufsichtigt im Kraftfahrzeug aufbewahrt werden, um z.B. einen Missbrauch im Rahmen des Maestro-Systems zu verhindern. Darüber hinaus kann jeder, der im Besitz der SparkassenCard ist, den in der GeldKarte gespeicherten Betrag verbrauchen.“

Die Haftung für Schäden durch missbräuchliche Verwendung der SparkassenCard an Geldautomaten und automatischen Kassen ist in Ziffer A.III.1.4 AGB wie folgt geregelt:

„Sobald der Sparkasse/Landesbank oder dem Zentralen Sperrannahmedienst der Verlust der SparkassenCard angezeigt worden ist, trägt die Sparkasse/Landesbank die danach durch missbräuchliche Verfügung an Geldautomaten und automatisierten Kassen entstandenen Schäden.

Für Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, haftet der Kontoinhaber, wenn sie auf einer schuldhaften Verletzung seiner Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten beruhen. Hat die Sparkasse/Landesbank zu der Entstehung eines Schadens beigetragen, so bestimmt sich nach den Grundsätzen des Mitverschuldens, in welchem Umfang Sparkasse/Landesbank und Kontoinhaber den Schaden zu tragen haben.

Die Sparkasse/Landesbank übernimmt auch die vom Kontoinhaber zu tragenden Schäden, die vor der Verlustanzeige entstanden sind, sofern der Karteninhaber keine Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten (vgl. Abschnitt II. Nr. 6.2, 6.3, 6.4) grob fahrlässig verletzt hat.

Grobe Fahrlässigkeit des Karteninhabers liegt insbesondere vor, wenn

die persönliche Geheimzahl auf der SparkassenCard vermerkt oder zusammen mit der SparkassenCard verwahrt war (z.B. der Originalbrief, in dem die PIN dem Karteninhaber mitgeteilt wurde),

die persönliche Geheimzahl einer anderen Person mitgeteilt und der Missbrauch dadurch verursacht wurde,

der Karteninhaber der Sparkasse/Landesbank oder dem Zentralen Sperrannahmedienst nach Feststellen des Kartenverlustes das Abhandenkommen nicht umgehend meldet, obwohl ihm dies ohne weiteres möglich war und der Schaden durch die Verspätung verursacht wurde. Schäden, die nach der Verlustmeldung entstehen, werden von der Sparkasse/Landesbank erstattet.

 

Die Haftung des Karteninhabers beschränkt sich auf 500 Euro pro Kalendertag.

Eine Übernahme des vom Kontoinhaber zu tragenden Schadens durch die Sparkasse/ Landesbank erfolgt nur, wenn der Kontoinhaber die Voraussetzungen der Haftungsentlastung glaubhaft darlegt und Anzeige bei der Polizei erstattet.

Wird die SparkassenCard missbräuchlich im Rahmen des Maestro-Verfahrens ohne persönliche Geheimzahl nur mit Unterschrift verwendet, so erstattet die Sparkasse/Landesbank diese Schäden in voller Höhe.“

Die Haftung für Schäden durch missbräuchliche Aufladevorgänge bei Geldkarten und durch missbräuchliche Überweisungen an Selbstbedienungsterminals ist in Ziffern A.lll.2.6 und C.4 AGB im Wesentlichen entsprechend geregelt.

Die Kläger behaupten, der Kläger habe sein Portemonnaie am Morgen des 01.10.2004 im Garderobenschrank eingeschlossen. Ob die SparkassenCard und der Personalausweis an diesem Morgen entwendet worden seien, könnten sie nicht angeben, dies sei allenfalls wahrscheinlich. In dem Gebäude des Institutes gebe es nur eine begrenzte Zahl verschiedener Schlüssel für die vorhandenen Garderobenschränke.

Die Kläger beantragen sinngemäß wie erkannt.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, SparkassenCard und Personalausweis seien dem Kläger aus dessen Portemonnaie am 01.10.2004 im Zeitraum zwischen dem Verlassen des Büros um 8.33 Uhr und der ersten Bargeldabhebung um 9.19 Uhr aus dem unverschlossenen Büro entwendet worden. Ihre Mitarbeiter hätten die Legitimationsprüfungen mit der banküblichen Sorgfalt durch Vorlage der SparkassenCard und des gültigen Personalausweises sowie durch Prüfung der Kartenfreigabe und der Kontodeckung durchgeführt, die Unterschriften auf den Barauszahlungsbelegen lägen in der banküblichen Schwankungsbreite der Vergleichsunterschrift, die der Kläger zum Zweck der Identitätsprüfung unstreitig am 29.09.2003 abgegeben hatte. Der Bargeldempfänger habe eine Ähnlichkeit zum Personalausweisfoto des Klägers gehabt. Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe die Barabhebungen seinerseits allein verschuldet. Die bedingungsgemäße Beschränkung der Kundenhaftung auf grobe Fahrlässigkeit für Schäden durch missbräuchliche Verwendung der SparkassenCard etwa an Geldautomaten sei auf die Haftung für Schäden durch missbräuchliche Verwendung der SparkassenCard am Schalter nicht entsprechend anwendbar, jedenfalls trage der Kunde die Beweislast für fehlende grobe Fahrlässigkeit. Selbst die bestrittene Aufbewahrung im verschlossenen Garderobenschrank sei grob fahrlässig gewesen. Ihre Mitarbeiter dagegen hätten völlig fehlerfrei gearbeitet.

Die Kammer hat die Ermittlungsakte 190 UJs 4949/04 der Staatsanwaltschaft Bonn beigezogen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist begründet.

1.

Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf valutengerechte Wiedergutschrift der ihrem Konto mit Wirkung vom 01.10.2004 unberechtigt belasteten Beträge in Höhe von insgesamt 40.000,00 € nach §§667, 675 Abs. 1, 676 f BGB oder §§ 700 Abs. 1, 488 BGB. Hiergegen hat die Beklagte wegen § 676 h Satz 1 BGB keinen Aufwendungsersatzanspruch in gleicher Höhe nach §§ 670, 675 Abs. 1, 676 f BGB, weil die Geldabhebungen nicht von den hierzu allein berechtigten Klägern selbst oder mit ihrem Einverständnis durch einen ihnen bekannten Dritten, sondern missbräuchlich durch einen unbekannten Dritten vorgenommen worden sind.

2.

Der Beklagten steht auch kein in gleicher Höhe in das Kontokorrent einzustellender Schadenersatzanspruch wegen – auch der Klägerin nach § 278 Satz 1 BGB zuzurechnender – positiver Vertragsverletzung des Klägers nach § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit der Aufbewahrungsklausel in Ziffer A.l.6.2 AGB zu. Der Kläger hat gegen seine Pflicht zur besonders sorgfältigen Aufbewahrung der SparkassenCard nach Ziffer A.l.6.2 AGB nicht – nicht einmal einfach fahrlässig – verstoßen. Jedenfalls träte ein etwaiger Sorgfaltsverstoß hinter dem gravierenden Mitverschulden der Beklagten nach §§ 254 Abs. 1, 278 Satz 1, 280 Abs. 1 BGB zurück.

Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Kläger die SparkassenCard unsorgfältig aufbewahrt hat. Die Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Verletzung von Sorgfalts- und Mitwirkungspflichten des Karteninhabers trägt das Kreditinstitut (BGH, WM 2004, 2309; BGH, WM 2000, 2421). Denn eine Pflichtverletzung muss nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich der Gläubiger beweisen – für den dem Wiedergutschriftsanspruch der Kläger entgegengesetzten Schadenersatzanspruch hier also die Beklagte -, während der Schuldner nach § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB gegebenenfalls die Einwendung des fehlenden Vertretenmüssens der Pflichtverletzung beweisen muss. Zunächst steht schon nicht fest, ob die Karte tatsächlich am 01.10.2004 im Zeitraum zwischen dem Verlassen des Büros um 8.33 Uhr und der ersten Bargeldabhebung um 9.19 Uhr überhaupt aus dem Bereich des unverschlossenen Büros des Klägers entwendet worden ist. Aufgrund des zeitlichen Zusammenhangs mit der ersten Abhebung und der vorhergehenden Nutzung des Kontoauszugsdruckers spricht zwar vieles dafür, dass die Karte am 01.10.2004 aus dem Bereich des Büros des Klägers entwendet worden ist. Ein unmittelbarer Nachweis der Diebstahlsumstände und der Art der Aufbewahrung war der Beklagten nicht möglich. Letztlich ist auch eine Entwendung etwa auf der Fahrt zur Dienststelle nicht auszuschließen.

3.

Selbst wenn man von einer Entwendung am 01.10.2004 aus dem Büro des Klägers ausgehen wollte, ist eine Pflichtverletzung des Klägers nicht nachgewiesen. Für den Beweis der tatsächlichen Voraussetzungen einer Pflichtverletzung kann dem Gläubiger zwar eine Beweiserleichterung nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises zugute kommen. Die Grundsätze über den Beweis des ersten Anscheins sind allerdings nur bei typischen Geschehensabläufen anwendbar, d.h. in Fällen, in denen ein bestimmter Sachverhalt feststeht, der nach der allgemeinen Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder auf einen bestimmten Ablauf als maßgeblich für den Eintritt eines bestimmten Erfolges hinweist. Dabei bedeutet Typizität nicht, dass die Ursächlichkeit einer bestimmten Tatsache für einen bestimmten Erfolg bei allen Sachverhalten dieser Fallgruppe notwendig immer vorhanden ist; sie muss aber so häufig gegeben sein, dass die Wahrscheinlichkeit, einen solchen Fall vor sich zu haben, sehr groß ist (BGH, WM 2004, 2309). Spricht ein Anscheinsbeweis für einen bestimmten Ursachenverlauf, kann der Inanspruchgenommene diesen entkräften, indem er Tatsachen darlegt und gegebenenfalls beweist, die die ernsthafte, ebenfalls in Betracht kommende Möglichkeit einer anderen Ursache nahe legen. Der Anscheinsbeweis kann auch erschüttert werden, wenn unstreitig oder vom Inanspruchgenommenen bewiesen ist, dass ein schädigendes Ereignis durch zwei verschiedene Ursachen mit jeweils typischen Geschehensabläufen herbeigeführt worden sein kann; haftet der Inanspruchgenommene in einem solchen Fall nur für eine der möglichen Ursachen, sind die Regeln über den Anscheinsbeweis nicht anwendbar. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die eine oder eine andere Verursachungsmöglichkeit nach den Erfahrungen des täglichen Lebens die wahrscheinlichere ist (BGH, a.a.O.).

Nach diesen Maßstäben kann sich die Beklagte im Ergebnis nicht auf einen Beweis des ersten Anscheins dafür berufen, dass der Kläger das Portemonnaie mit der SparkassenCard und dem Personalausweis ungesichert in seinem Büro hat liegen lassen oder in sonstiger Weise seine Pflicht zur besonders sorgfältigen Aufbewahrung der SparkassenCard verletzt hat. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, das Abhandenkommen einer SparkassenCard beruhe in der Regel auf unsorgfältiger Verwahrung existiert nicht, da kein absoluter Diebstahlsschutz durch den Kunden gefordert werden kann und auch bei Einhaltung aller zumutbaren Vorsichtsmaßnahmen eine Entwendung nicht auszuschließen ist. Eine Verpflichtung zur getrennten Aufbewahrung von Personalausweis und SparkassenCard besteht nicht.

Aber auch für den in Rede stehenden konkreten Geschehensablauf greift auf der Grundlage der feststehenden Tatsachen kein Erfahrungssatz ein, der den Schluss auf sorgfaltswidriges Kundenverhalten zulässt. Unstreitig war das Büro des Klägers am 01.10.2004 im Zeitraum zwischen dem Verlassen durch den Kläger um 8.33 Uhr und der ersten Bargeldabhebung um 9.19 Uhr nicht verschlossen. Die Beklagte behauptet darüber hinaus, dass der Kläger das Portemonnaie mit der SparkassenCard und dem Personalausweis nicht weiter gesichert, insbesondere nicht in dem abgeschlossenen Garderobenschrank in seinem Büro zurückgelassen hat. Mit dieser Behauptung ist sie jedoch beweisfällig geblieben. Unmittelbare Beweismittel hierfür hat sie nicht angeboten, Augenzeugen für eine Entwendung im Büro des Klägers bzw. die Art der Aufbewahrung der SparkassenCard durch den Kläger hat sie nicht benannt. Der Umstand, dass der Garderobenschrank nach der Rückkehr des Klägers in das Büro keine Aufbruchspuren aufwies, spricht nach der Lebenserfahrung gerade nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Garderobenschrank nicht doch unbefugt geöffnet worden ist. Es ist gerichtsbekannt und auch hier als Möglichkeit nicht auszuschließen, dass Schlösser von Büroeinrichtungen ohne Aufbruchspuren geöffnet werden können. Es bestand daher die konkrete Möglichkeit, dass am Morgen des 01.10.2004 ein versierter Dieb den Garderobenschrank zerstörungsfrei entweder mit tauglichem Werkzeug („Dietrich“) oder mit einem auch auf die Schlösser anderer Garderobenschränke in dem Gebäude passenden Schlüssel geöffnet und wieder verschlossen hat. Es entspricht der gerichtlichen Erfahrung, dass Schränke in großen Bürogebäuden nur mit einer begrenzten Zahl von verschiedenen Schlössern ausgeliefert werden und daher in einem Gebäude eine Vielzahl von Mitarbeitern – unbewusst – im Besitz gleicher Schlüssel sind. Auch die Beklagte behauptet nicht, dass hier abweichend von der allgemeinen Praxis ein Schließsystem mit Sicherheitsschlössern verwendet worden ist. Wegen der Möglichkeit der Verwendung passender Schlüssel bedarf es auch nicht der angebotenen Einholung eines Sachverständigengutachtens.

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Die Eingangskontrolle durch den Pförtnerdienst in dem Gebäude schließt einen derartigen Geschehensablauf nicht aus. Entweder handelte es sich bei dem Dieb um einen Mitarbeiter des Institutes oder um eine sonst befugtermaßen in dem Gebäude aufhältige Person oder um einen zum Aufenthalt in dem Gebäude nicht befugten Dritten, der sich, ohne von den Pförtnern registriert worden zu sein, in unbefugter Weise Zutritt verschafft hat. Allein die vergleichbare Vorgehensweise (Entwendung nur von SparkassenCard und Ausweis aus dem Portemonnaie) zu weiteren Diebstahlsfällen im Herbst des Jahres 2004 schließt in diesem Fall die Möglichkeit des Innentäters nicht aus. Die Möglichkeit eines unbefugten Öffnens des abgeschlossenen Garderobenschrankes liegt jedenfalls derart nahe, dass nicht nur eine Möglichkeit als typischer Lebenssachverhalt in Betracht kommt und daher zugunsten der Beklagten kein Anscheinsbeweis eingreifen kann. Da die Beklagte hiernach mit ihrer Behauptung beweisfällig geblieben ist, ist zu unterstellen, dass der Kläger das Portemonnaie mit der SparkassenCard und dem Personalausweis jedenfalls nicht außerhalb des abgeschlossenen Garderobenschrankes in seinem Büro hat liegen lassen.

Soweit der Kläger das Portemonnaie mit der SparkassenCard und dem Personalausweis in dem abgeschlossenen Garderobenschrank in seinem unverschlossenen Büro zurückgelassen hat, verstieß dies nicht gegen die Pflicht zur besonders sorgfältigen Aufbewahrung der SparkassenCard nach Ziffer A.l.6.2 AGB. Wenn Beschäftigte persönliche Gegenstände auch wertvoller Art zu ihrem Arbeitsplatz mitnehmen, welche sie erlaubterweise und typischerweise dorthin mitzunehmen pflegen, müssen sie nicht gegen jeden erdenklichen unbefugten Zugriff, sondern nur im Rahmen des Vorhersehbaren und Zumutbaren, Vorkehrung treffen. Dies richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles und insbesondere danach, ob ein hinreichender Diebstahlsschutz für etwaig in dem Büro befindliche Wertgegenstände durch Kontrollen und bauliche Gegebenheiten gewährleistet ist und kein konkreter Anlass für weitergehende Maßnahmen besteht.

Das OLG Köln (NJW-RR 1996, 619) hat grobe Fahrlässigkeit eines Kunden angenommen, der ec-Karte und Personalausweis in seiner über einem Stuhl hängenden Jacke im unverschlossenen Büro zurückgelassen habe, während er an einer halbstündigen Besprechung in einem anderen Raum auf demselben Flur ohne Publikumsverkehr teilgenommen habe. Jenes Bürogebäude sei durch eine unverschlossene Eingangstür ohne Empfangs- oder Pförtnerdienst zu betreten gewesen. Das unverschlossene Büro des Bankkunden sei vom Treppenhaus durch unverschlossene Glastüren über den Flur zu erreichen gewesen, ohne das Personen in angrenzenden Büros einen unbekannten Besucher beachteten.

Das OLG Hamm (WM 1997, 1203) hat das Verschulden eines Bankkunden abgelehnt, der seine ec-Karte während des Aufenthaltes in einem anderen Gebäudeteil an seinem Arbeitsplatz in einem Aktenkoffer in seinem Büro beließ. Dies habe noch eine angemessene, den Sorgfaltsanforderungen genügende Aufbewahrung dargestellt, weil in diesem Teil des Dienstgebäudes kein Publikumsverkehr geherrscht habe, Besucher an einem zentralen Empfang haben warten müssen, und das Büro im Übrigen auch noch von zwei weiteren Kollegen genutzt worden sei, die sich zumindest, ebenso wie der Bankkunde, zeitweilig darin aufgehalten haben. Schließlich sei die Karte auch nicht auf den ersten Blick sichtbar und einem sofortigen Zugriff ausgesetzt gewesen, da sie sich in einer gesonderten Handtasche im Aktenkoffer des Bankkunden befunden habe.

Nach den konkreten Gegebenheiten hat der Kläger hinreichende Sicherheitsvorkehrungen gegen den Diebstahl seiner SparkassenCard getroffen. SparkassenCard und Personalausweis gehören zu den persönlichen Wertgegenständen, welche Beschäftigte erlaubterweise und typischerweise zu ihrem Arbeitsplatz mitzunehmen pflegen. Der freie Zutritt unbefugter Dritter zu dem Gebäude des Bundesinstituts wird durch die Eingangskontrolle eines Pförtnerdienstes verhindert. Wenn auch der Zutritt von einmal im Gebäude aufhältigen Personen, seien dies Mitarbeiter des Bundesinstituts oder befugte oder unbefugte Dritte, zu dem Büro des Klägers am Morgen des 01.10.2004 zeitweise ungehindert möglich war, musste ein Dieb erst den abgeschlossenen Garderobenschrank öffnen, um etwaig dort verwahrte Gegenstände entwenden zu können. Zwar bieten auch Schlösser von Büroeinrichtungen gerichtsbekanntermaßen keinen absoluten Schutz gegen Öffnen Dritter. Mit einer derartigen Vorgehensweise musste der Kläger jedoch nicht rechnen. Die zusätzliche Sicherung von Wertgegenständen durch Abschließen der Bürotür war im Hinblick auf den eingerichteten Pförtnerdienst und den verschlossenen Garderobenschrank nicht unerlässlich. Auch musste der Kläger das Portemonnaie mit SparkassenCard und Personalausweis im Gebäude des Instituts nicht ständig in der Kleidung am Körper mit sich führen, sondern durfte auf den Schutz der von seinem Dienstherrn als verschließbar bereitgestellten Schränke vertrauen. Schließlich bestanden auch keine konkreten Umstände, die Anlass zu weiteren Sicherungsmaßnahmen gegeben hätten. Verglichen mit dem vom OLG Hamm (a.a.O) zu beurteilenden Sachverhalt bot hier der abgeschlossene Garderobenschrank einen wesentlich besseren Diebstahlsschutz als die Handtasche in der im Büro zurückgelassenen Aktentasche. Im Gegensatz zu dem vom OLG Köln (a.a.O.) zu beurteilenden Sachverhalt waren hier durch den eingerichteten Pförtnerdienst und die zusätzliche Sicherung durch den abgeschlossenen Garderobenschrank ausreichende Vorkehrungen gegen Diebstahl getroffen, die nicht nur einen grob fahrlässigen, sondern auch einen einfach fahrlässigen Verstoß des Klägers gegen die Pflicht zur besonders sorgfältigen Aufbewahrung der SparkassenCard nach Ziffer A.l.6.2 AGB ausschließen.

4.

Dagegen hat die Beklagte im Rahmen der Identitätsprüfung bei den Barabhebungen am 01.10.2004 ihre Pflichten aus dem Kontoverhältnis mit den Klägern derart gravierend verletzt, dass dieses Verschulden nach §§ 254 Abs. 1, 278 Satz 1 BGB selbst bei unterstelltem einfach fahrlässigem Verstoß der Kläger gegen deren Aufbewahrungspflichten zur Alleinhaftung der Beklagten für den Schaden aus den missbräuchlichen Barabhebungen am Schalter vom 01.10.2004 führt. Die im vorliegenden Fall zu beurteilende Prüfungspflicht bei Barauszahlung durch eine Zweigstelle der kontoführenden Bank an den vermeintlichen Kontoinhaber erstreckt sich im Gegensatz zu den in der Rechtsprechung meist entschiedenen Fällen der Einlösung gefälschter Schecks, bei denen es grundsätzlich nur der Prüfung der Unterschrift bedarf und eine weitergehende Prüfungspflicht erst bei Vorliegen besonderer Verdachtsmomente in Betracht kommt, von vornherein auf die materielle Berechtigung der als Kontoinhaber auftretenden Person (OLG Köln, a.a.O.). Es braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden, ob eine in den AGB nicht geregelte, in der Praxis aber verbreitete Auszahlung von Barbeträgen allein gegen Vorlage der SparkassenCard bereits ein Organisationsverschulden des Kreditinstituts begründet (vgl. LG Essen, WM 1993, 546; LG Frankfurt/Main, NJW-RR 1997, 941). Die Kammer neigt allerdings im Anschluss an das OLG Köln (a.a.O.) ebenfalls stark dazu, dass von Kreditinstituten, welche die SparkassenCard auch bei Bargeldauszahlungen am Schalter zur Identifikation und Legitimation des Kunden genügen lassen wollen, erwartet werden darf, dass die einzelnen Verhaltensanforderungen und eine mit dieser Verwendungsmöglichkeit verbundene Risikoverteilung in den AGB geregelt werden. Soweit dies – wie auch hier – nicht der Fall ist, folgt daraus zwar nicht ohne weiteres, dass die Bargeldauszahlung durch eine nicht kontoführende Filiale gegen Vorlage der SparkassenCard als eine schuldhafte Verletzung des Kontovertrages anzusehen ist. Es liegt aber im Pflichtenkreis des Kreditinstituts, sich selbst und den Kunden durch zusätzliche Maßnahmen gegen Barauszahlungen an Nichtberechtigte zu schützen, dies umso mehr, je höher der abzuhebende Betrag ist und je weiter er von den Gepflogenheiten des Kontoinhabers abweicht (vgl. zum Pflichtenprogramm des Kreditinstituts bei der Einlösung gefälschter Barschecks OLG Hamburg, WM 1994, 1107). Solche Maßnahmen, zu denen typischerweise die Identifikationskontrolle aufgrund eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses (die Vorlage eines Führerscheins hat das LG Essen (a.a.O.) nicht ausreichen lassen) sowie die Vergewisserung bei der kontoführenden Stelle oder durch ein elektronisches Abfragesystem gehören, dass die Auszahlung in Ordnung geht, hat die Beklagte den Umständen nach nicht in ausreichend sorgfältigem Maß ergriffen.

Die Überprüfung der Unterschriften des Bargeldempfängers auf den Auszahlungsbelegen hätte in allen Fällen Anlass zur weiteren Nachforschung im Hinblick auf die materielle Berechtigung geben müssen. Die Schaltermitarbeiter haben nach dem Vortrag der Beklagten am Morgen des 01.10.2004 in allen vier betroffenen Filialen sich zusätzlich zu der SparkassenCard den gültigen Personalausweis des Klägers vorlegen lassen und anhand des darauf angebrachten Lichtbildes sowie der dortigen Unterschrift eine Identitätsprüfung vorgenommen. Äußerlich habe der Bargeldempfänger dem Erscheinungsbild des Klägers auf dem Personalausweisfoto ähnlich gesehen. Auch eine elektronische Abfrage über den verfügbaren Saldo und die Freigabe des Kontos sei positiv verlaufen. Die mit der ersten Bargeldabhebung um 9.19 Uhr in der Filiale B… befasste Schaltermitarbeiterin habe die Unterschrift des Bargeldempfängers auf dem Barauszahlungsbeleg auch mit der auf der hinterlegten Vergleichsunterschrift des Klägers verglichen, ohne dass ihr dabei Besonderheiten aufgefallen seien. Ein Vergleich der am 01.10.2004 geleisteten Unterschriften mit der hinterlegten Unterschrift hätte aber ohnehin keine zusätzliche Sicherheit über den Vergleich mit den Unterschriften auf der SparkassenCard und dem Personalausweis gebracht. Dem mit der zweiten Bargeldabhebung um 9.36 Uhr in der Filiale C… befassten Schaltermitarbeiter sei bei der elektronischen Kontoabfrage die vorherige Barabhebung um 9.19 Uhr in der Filiale B… aufgefallen. Auf Rückfrage habe der Bargeldempfänger diesem mitgeteilt, dort sei ihm ohne vorherige Bestellung nicht mehr Bargeld ausgezahlt worden, was die Beklagte als einen bei ihr üblichen Vorgang bezeichnet. Die Häufung der Bargeldabhebungen am Morgen des 01.10.2004 hätte den Schaltermitarbeitern ohnehin nicht auffallen und Anlass zu besonderer Vorsicht geben müssen, die Ermittlung der hiervon betroffenen Filiale sei technisch äußerst aufwendig und umständlich.

Tatsächlich bewegen sich die Unterschriften des Bargeldempfängers auf den vier Barauszahlungsbelegen vom 01.10.2004 weder in der banküblichen Schwankungsbreite der Vergleichsunterschrift, die der Kläger am 29.09.2003 auf einer Kontokarte bei der Beklagten hinterlegt hat, noch in der Schwankungsbreite der Unterschrift auf dem Personalausweis des Klägers, welchen die Ausstellungsbehörde in Kopie zur Ermittlungsakte übersandt hat. Die Unterschriften weichen deutlich erkennbar voneinander ab. Dies hat die Kammer aufgrund eigener Betrachtung der vorgelegten Auszahlungsbelege, der vorgelegten Kontokarte und der Personalausweiskopie, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, festgestellt, ohne dass noch Anlass zur Einholung eines Sachverständigengutachtens besteht. Mit Ausnahme des vorangestellten ersten Buchstabens des Vornamens des Klägers zeigen die Unterschriften vom 01.10.2004 eine mit dem Namen des Klägers nicht übereinstimmende Buchstabenfolge, die sich weder auf der Kontokarte noch auf der Ausweiskopie wiederfindet. Zudem erscheint jede einzelne der vier Unterschriften vom 01.10.2004, die auch untereinander deutlich abweichen, als erkennbar ungeübt und für einen Mann im Alter des Klägers unüblich. Die Unterschriften weichen dabei derart deutlich von den Vergleichsunterschriften ab, dass dies auch im laufenden Tagesgeschäft einer Bankfiliale für die Schaltermitarbeiter bei sorgfältiger Prüfung erkennbar war. Wenn die am 01.10.2004 geleisteten Unterschriften bereits von den Vergleichsunterschriften auf der hinterlegten Kontokarte und auf dem Personalausweis erkennbar abwichen, kann offen bleiben, ob – was aufgrund deren Abhandenkommens nicht überprüft werden kann – die Unterschriften wenigstens mit der Unterschrift auf der SparkassenCard übereinstimmten. Denn auf die Vorlage der SparkassenCard darf die Beklagte die Identitätsprüfung nicht beschränken, weil eine SparkassenCard im Gegensatz zu einem Personalausweis oder Reisepass keine Legitimationsfunktion hat und auch nicht haben kann, schon weil aufgrund des verbreiteten Versandverfahrens die Leistung der Unterschrift auf der Rückseite der SparkassenCard nicht überprüft wird. Soweit die Beklagte behauptet, auch die im Ermittlungsverfahren vom Kläger verschiedentlich geleisteten Unterschriften wichen erheblich voneinander und von den Vergleichsunterschriften auf der hinterlegten Kontokarte und auf dem Personalausweis ab, kann dies die Beklagte nicht entlasten, weil dies aus der Sicht der Kammer weder tatsächlich zutrifft noch von der Pflicht zum sorgfältigen Vergleich der Unterschrift auf dem Barauszahlungsbeleg mit den Unterschriften auf der hinterlegten Kontokarte und dem Personalausweis enthebt. Zwar verkennt die Kammer nicht, dass ein Unterschriftenvergleich im Nachhinein unter anderen Umständen erfolgen kann als während des aktuellen Auszahlungsvorgangs. Die insoweit einzuhaltenden Anforderungen dienen jedoch auch dem Schutz des Kunden, dessen Konto andernfalls dem ungehinderten Zugriff preisgegeben ist. Wenn der Unterschriftsprüfung daher eine echte Bedeutung zukommen soll, darf sie nicht erst bei Unterzeichnung mit einem anderen Namen eingreifen, sondern muss auch auf andere Auffälligkeiten reagieren.

Neben die hiernach erwiesenen Fehler bei der Unterschriftsprüfung tritt die teils durch einen Schaltermitarbeiter zugestandene, teils im elektronischen Abfragesystem der Beklagten begründete sorgfaltswidrige Verkennung der in den am Morgen des 01.10.2004 zuvor erfolgten Bargeldabhebungen liegenden Gefahr. Dieser Sorgfaltsverstoß betrifft die zweite, dritte und vierte Abhebung. Nachdem bereits um 9.19 Uhr der nicht unerhebliche Betrag in Höhe von 10.000,00 € am Schalter einer anderen Filiale abgehoben worden war, durften die mit der zweiten Bargeldabhebung um 9.36 Uhr befassten Schaltermitarbeiter, um so mehr aber die mit den späteren Abhebungen um 9.53 Uhr und 10.18 Uhr befassten Mitarbeiter, über diesen Umstand nicht einfach hinwegsehen. Vielmehr musste sich ihnen der Verdacht aufdrängen, dass sie es möglicherweise nicht mit dem berechtigten Kontoinhaber zu tun hatten, sondern mit einem den Kundenandrang am Morgen des Monatsersten ausnutzenden Serientäter. Der Kundenandrang in den vier betroffenen Filialen am Morgen des 01.10.2004, an dem viele Kunden erfahrungsgemäß über den zum Monatswechsel erfolgten Gehaltseingang verfügen und regelmäßige Überweisungsaufträge erteilen, mag Versäumnisse bei der Prüfung der Kontovorgänge am Schalter erklären, hingegen nicht entschuldigen. Soweit die Beklagte sich darauf beruft, die Ermittlung der von einer vorangegangenen Bargeldabhebung betroffenen Filiale sei technisch äußerst aufwendig und umständlich, entlastet dies zwar die betroffenen Mitarbeiter, die Beklagte selbst aber schon deshalb nicht, weil hierin ein wesentlicher Organisationsmangel liegen würde, der nachvollziehbar die rechtzeitige Aufdeckung einer missbräuchlichen Verwendung von SparkassenCards am Schalter durch einen Serientäter erschwert. Allein der Umstand, dass ein Kunde möglicherweise nicht in jeder Filiale Bargeld in größerer Summe und bestimmter Stückelung erhalten kann, entlastet ebenfalls nicht von der Pflicht zur Rückfrage. Auch dies gebietet der Schutz der Vermögensinteressen des Kontoinhabers. Da hiernach das im Wesentlichen pauschale Vorbringen der Beklagten, sie und ihre Mitarbeiter hätten bei der Identitätsprüfung keine Fehler gemacht, bereits widerlegt ist, müssen auch die zum Ablauf der jeweiligen Identitätsprüfung als Zeugen benannten Mitarbeiter der Beklagten nicht vernommen werden.

Der hiernach anzunehmende schuldhafte Verstoß der Beklagten gegen ihre Kontroll- und Prüfungspflichten begründet auch bei unterstellter Verletzung des Klägers gegen seine Aufbewahrungspflicht die Alleinhaftung der Beklagten für den durch die missbräuchlichen Bargeldabhebungen vom 01.10.2004 folgenden Schäden nach den Grundsätzen des Mitverschuldens. Im Verhältnis zwischen den Parteien beruhen die missbräuchlichen Schalterverfügungen nach den Umständen in tatsächlicher und wertungsmäßiger Hinsicht im Wesentlichen auf dem schuldhaften Verhalten der Beklagten und ihrer Mitarbeiter. Die Kunden von Banken und Sparkassen sind in besonderer Weise auf die ordnungsgemäße Durchführung der auch zu ihrem Schutz durchgeführten Identitätsprüfung am Schalter angewiesen. Sie vertrauen darauf, dass Auszahlungsvorgänge seriös und zuverlässig eingerichtet und abgewickelt und dabei auch etwaige Versäumnisse des Kunden mit aufgefangen werden, wo dies möglich und zumutbar ist. Für diese Erwartung zahlen sie ein Entgelt, und darin werden sie durch die Eigendarstellung der Kreditwirtschaft bestärkt. Es würde das Vertrauen in die seriöse und zuverlässige Abwicklung von Bankgeschäften in nicht hinnehmbarer Weise erschüttern, könnten die Kunden nicht mit der ordnungsgemäßen Überprüfung der zu Lasten ihres Kontos vorgenommenen Auszahlungen rechnen. Diese Erwartungen, denen in der Regel entsprochen wird, führen als Kehrseite auch dazu, dass beispielsweise den von einem Kreditinstitut ausgestellten Quittungen im Rechtsverkehr besonderes Gewicht beigemessen wird (vgl. BGH, NJW-RR 1988, 881).

5.

Da hiernach die Alleinhaftung der Beklagten im Verhältnis zu den Klägern für die missbräuchlichen Barabhebungen am 01.10.2004 feststeht, kann offen bleiben, ob die Haftungsklauseln für Schäden durch missbräuchliche Verwendung der SparkassenCard an Geldautomaten und automatischen Kassen (Ziffer A.III.1.4 AGB), durch missbräuchliche Aufladevorgänge bei Geldkarten (Ziffer A.lll.2.6 AGB) und durch missbräuchliche Überweisungen an Selbstbedienungsterminals (Ziffer C.4 AGB) auf Schäden durch missbräuchliche Verwendung der SparkassenCard am Schalter entsprechend anzuwenden sind (vgl. OLG Köln, a.a.O.). Es entstünde jedenfalls ein Wertungswiderspruch, wenn die Beklagte unabhängig vom Verschulden des Kunden für solche Schäden allein haftet, die durch missbräuchliche Verwendung der SparkassenCard allein mit Unterschrift im Rahmen des Maestro-Verfahrens, also bei Zahlungsvorgängen mit nicht der Aufsicht der Beklagten unterstehenden Händlern im Ausland, entstanden sind (vgl. Ziffer A.III.1.4 Abs. 7 AGB), andererseits im Falle der eigenen Möglichkeiten zur Beherrschung des Missbrauchsrisikos durch die Beklagte der Kunde schon für leichte Fahrlässigkeit einstehen soll. Im Übrigen können die Fragen einer Beschränkung der Kundenhaftung auf die Fälle grober Fahrlässigkeit und der insoweit zu beurteilenden Beweislastverteilung (vgl. OLG Köln, WM 2003, 124; OLG Stuttgart, WM 2003, 125) offen bleiben.

II.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 Satz 1 ZPO.

Die nicht nachgelassenen Schriftsätze vom 04., 09. und 16.08.2005 enthalten keinen neuen erheblichen Sachvortrag, der eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO veranlasst.

 

 

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