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Baukindergeld – Antrag vor Immobilienerwerb gestellt

LG Frankfurt/Main – Az.: 2-13 O 227/20 – Urteil vom 16.12.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrag vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird auf 9.600,00 € festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten Zahlung des sogenannten Baukindergelds, welches die Beklagte ihm verwehrt, weil der Kläger den Förderantrag bereits vor Immobilienerwerb stellte.

Am 20.09.2018 registrierte sich der Kläger im Online-Portal der Beklagten und stellte über das Onlineportal einen Antrag auf Gewährung eines Zuschusses nach dem Förderprogramm 424 der Beklagten (sogenanntes Baukindergeld). Unter der Rubrik Verwendungszweck des Zuschusses gab der Kläger den „Kauf eines gebrauchten Eigenheims“ an. Während des Antragsprocederes machte der Kläger durch aktives Anklicken folgende Angaben:

„Ich bestätige, dass ich erstmalig Wohnungseigentum gemäß Merkblattdefinition erworben habe. Der notarielle Kaufvertrag für das oben genannte Wohneigentum wurde zwischen dem 01.01.2018 und dem 31.12.2020 unterzeichnet bzw. die Baugenehmigung wurde in diesem Zeitraum ausgestellt.“

sowie

„Ich bestätige, dass ich Eigentümer bzw. Miteigentümer des oben genannten Wohneigentums bin.“

Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage B3, Bl. 80 der Akte, Bezug genommen.

Ebenfalls durch aktives Anklicken akzeptierte der Kläger die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Beantragung und Vergabe wohnwirtschaftlicher Zuschussprodukte der Beklagten und die im Programmmerkblatt niedergelegten Regelungen. Im Programmmerkblatt heißt es auf S. 1 unter der Überschrift „Wer kann Anträge stellen?“ u.a.:

„Jede natürliche Person,

– Die (Mit-)Eigentümer von selbst genutztem Wohneigentum geworden ist.“

Unter der Überschrift „Anforderungen an das Wohneigentum“ heißt es weiter u.a.:

„Gefördert wird der Ersterwerb, das heißt der erstmalige Kauf oder Neubau, von selbstgenutztem Wohneigentum in Deutschland.

Der Antragsteller muss Eigentümer, mindestens Miteigentümer des selbstgenutzten Wohneigentums geworden sein. Dieses muss gemäß Grundbucheintrag zu mindestens 50% dem Haushalt (Antragsteller sowie Ehe- oder Lebenspartner oder Partner aus eheähnlicher Gemeinschaft oder Kinder) gehören.“

Unter dem Titel „Antragstellung“ heißt es u.a.:

„Beim Erwerb von einer bereits selbstgenutzten Wohneinheit (zum Beispiel Kauf der gemieteten Wohnung), muss der Antrag spätestens 3 Monate nach Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags gestellt werden. […]“

Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage B1, Bl. 44 ff. der Akte, Bezug genommen.

Am selben Tage bestätigte die Beklagte dem Kläger den Antragseingang und teilte mit:

„Wenn Sie die Einhaltung der Förderbedingungen nachweisen, beträgt Ihr Zuschuss 12.000,00 EUR. Der Zuschuss wird in 10 Raten in Höhe von 1.200,00 EUR pro Jahr ausgezahlt. Als Nachweis müssen Sie entsprechende Dokumente in das KfW-Zuschussportal hochladen. […] Sollten die von Ihnen hochzuladenden Dokumente die Angaben aus dem Antrag nicht bestätigen, kann sich der oben genannte Zuschussbetrag reduzieren oder ganz entfallen.“

In der Kopfzeile der anliegenden Vertragsbedingungen heißt es u.a. „Datum Zusage: 20.09.2018.“ In den Vertragsbedingungen heißt es unter 4. Auszahlung:

„Nach Prüfung der Dokumente und positiver Entscheidung durch die KfW wird die erste Zuschussrate auf Ihr angegebenes Konto überwiesen. Den genauen Termin teilen wir Ihnen in der Bestätigung zur Auszahlung mit. […] Die weiteren 9 Zuschussraten werden bei der Einhaltung der Förderbedingungen in den Folgejahren analog zum Termin ausgezahlt, in dem die erste Zuschussrate ausgezahlt wurde.“

Unter 6. Weitere Bestimmungen heißt es:

„Diese Vertragsbedingungen werden ergänzt durch folgende Dokumente:

– Merkblatt „Baukindergeld – Zuschuss“ in der Version 09/18

– Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) – wohnwirtschaftliche Zuschussprodukte in der Version 09/18.

Diese Dokumente sind Bestandteil des Zuschussvertrags und daher rechtsverbindlich für Ihren Zuschuss […].“

Wegen der Einzelheiten wird auf Anlagen B1, B4, und B5, Bl. 44 ff. der Akte, Bezug genommen.

Mit notariellem Vertrag vom 22.10.2018 kaufte der Kläger das mit einer Doppelhaushälfte bebaute Grundstück, gelegen …, worin bis dato der Kläger gemeinsam mit Ehefrau und seinem minderjährigen Kind zur Miete gewohnt hatte.

Am 09.03.2019 lud der Kläger zum Nachweis der Förderbedingungen Dokumente (Meldebestätigung, Grundbuchauszug, Einkommenssteuerbescheide) in das Onlineportal der Beklagten hoch. Erneut erklärte der Kläger sein Einverständnis mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen und den im Programmmerkblatt niedergelegten Regelungen.

Unter Verweis darauf, dass der Antrag vor Unterzeichnung des notariellen Kaufvertrags gestellt worden war, lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 01.04.2019 die Auszahlung des beantragten Zuschusses ab.

Der Kläger behauptet, die Immobilie sei ihm bereits im Juli 2018 zum Kauf angeboten worden. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Förderbedingungen der Beklagten lediglich Anträgen entgegenstünden, die nach Ablauf der dreimonatigen Frist gestellt würden. Unschädlich seien aber verfrühte Anträge.

Der Kläger beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm den beantragten Baukindergeld-Zuschuss (424) in Höhe von 1.200,00 € jährlich, beginnend ab dem Jahr 2019, begrenzt auf 10 Jahre bei Vorliegen der Förderbedingungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer vorgerichtlich geäußerten Rechtsauffassung fest. Sie ist ferner der Ansicht, dass der Zuschussvertrag dergestalt zustande kommt, dass der Antragsteller durch die Einreichung von Nachweisen für die Erfüllung der Fördervoraussetzungen ein zuvor unterbreitetes Angebot der Beklagten annimmt. Vorsorglich hat die Klägerin mit Klageerwiderung die Kündigung aus wichtigem Grund unter Verweis auf § 4 der AGB erklärt und begründet dies damit, dass der Kläger im Förderportal wahrheitswidrig erklärte, den Kaufvertrag bereits abgeschlossen zu haben bzw. bereits Eigentümer geworden zu sein.

Die Kündigung hat der Kläger mit Replik unter Verweis auf § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist … zulässig, aber unbegründet.

A.

Die Klage ist als Feststellungklage nach § 256 ZPO zulässig. Zwar wäre es dem Kläger auch möglich, Klage auf künftige Leistung zu erheben. Diese wäre hier jedenfalls nach § 259 ZPO zulässig, weil mit dem im Klageabweisungsantrag und den Ausführungen in der Klageerwiderung zum Ausdruck kommenden ernsthaften Bestreiten des Anspruchs die Besorgnis besteht, dass die Beklagte sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde. Die Frage, ob die Klage auch nach § 258 ZPO zulässig wäre, was wegen der möglichen Abhängigkeit von Bedingungen zweifelhaft ist, bedarf daher keiner Beantwortung.

Ausnahmsweise muss ein Kläger die grundsätzlich vorrangige Leistungsklage nicht erheben, wenn die Durchführung des Feststellungsverfahrens unter dem Gesichtspunkt der Prozesswirtschaftlichkeit zu einer sinnvollen und sachgemäßen Erledigung der Streitpunkte führt. Bejaht wird dies bei Feststellungsklagen gegen öffentliche Körperschaften und Anstalten, weil von ihnen zu erwarten ist, dass sie sich einem Feststellungsurteil beugen (BeckOK ZPO/Bacher, 38. Ed. 1.9.2020, ZPO § 256 Rn. 30 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung). So ist auch hier die Prozesswirtschaftlichkeit zu bejahen. Es ist in jedem Fall zu erwarten, dass sich die Beklagte auch einem Feststellungsurteil beugen wird.

B.

Die Klage ist aber unbegründet. Denn abgesehen davon, ob und inwiefern ein Vertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist, wäre für den Fall eines angenommenen Vertragsschlusses dieser jedenfalls durch die Kündigung der Beklagten bereits wieder beendet, ohne dass der Kläger hieraus eine Leistung beanspruchen könnte.

I.

Zur Frage, wie ein Zuschussvertrag zwischen einem Antragsteller und der Beklagten zu Stande kommt, gibt es verschiedene Auffassungen.

1. Möglich erscheint, einen Vertragsschluss bereits dann anzunehmen, sobald die Beklagte dem Antragsteller den Antragseingang bestätigt, hier also bereits zum 20.09.2018. Hierfür sprechen folgende Argumente (so auch schon Kammer, Urteil vom 18.11.2020, Az. 2-13 O 125/20, soweit ersichtlich derzeit unveröffentlicht):

Zwar erklärt die Beklagte nicht ausdrücklich die Annahme. Das an den Kläger gerichtete und ihm zugegangene Schreiben der Beklagten ist aber nach § 133 BGB nicht nach dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks, sondern unter Erforschung des wirklichen Willens auszulegen. Dabei kommt es entscheidend auf den objektiven Erklärungswert an, darauf also, wie sich, die Erklärung nach Treu und Glauben für den Empfänger darstellt (BGH, Urteil vom 5. 10. 1961 – VII ZR 207/60 = NJW 1961, 2251).

Aus verobjektivierter Sicht durfte der Kläger die Erklärung der Beklagten vom 20.09.2018 verstehen als Annahme seines Antrags auf Förderung, welche unter der aufschiebenden Bedingung stehen sollte, dass der Kläger innerhalb der genannten Frist durch Hochladen der Nachweisdokumente die Einhaltung der Förderbedingungen nachweist.

Dass die Erklärung vom 20.09.2018 bereits als Annahme zu verstehen ist, ergibt sich in Zusammenschau der Formulierungen im Schreiben selbst und in den anliegenden Vertragsbedingungen.

Die Höhe des Zuschusses und der Auszahlungsmodus werden im Indikativ formuliert („beträgt“, „wird ausgezahlt“, „KfW zahlt Ihnen“, „Sie erhalten“) und lassen so auf etwas bereits Feststehendes schließen.

Weiter wird der 20.09.2018 als Datum der „Zusage“ bezeichnet. Nach allgemeinen Sprachgebrauch stellt eine Zusage, anders als beispielsweise eine „vorläufige Zusage“, ein „Vorbescheid“, eine „Vorabinformation“ oder eine „Information zu den nächsten Schritten“, bereits ein verbindliches Einverständnis dar. Gestützt wird dies durch die Formulierung im Merkblatt, wo von der Antragsbestätigung die Rede ist. Nicht der Eingang des Antrags wird bestätigt, sondern der Antrag selbst.

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Ferner wird davor gewarnt, dass der Zuschussbetrag entfallen oder der Zuschuss verfallen könne, wenn der Termin zum Hochladen der Nachweise fruchtlos verstreicht. Nach allgemeinem Sprachverständnis kann nur etwas verfallen, was schon einmal gegeben war (Bsp.: ein Guthaben verfällt).

Demgegenüber bedeuten die Formulierung „[w]enn Sie die Einhaltung der Förderbedingungen nachweisen“ und der Hinweis, dass die erste Zuschussrate nach Prüfung der Dokumente und positiver Entscheidung überwiesen werde, nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht, dass die eigentlich verbindliche Annahmeerklärung noch ausstehe, sondern vielmehr, dass die bereits erklärte Annahme unter der aufschiebenden Bedingung des Nachweises mittels Dokumentenuploads steht. Dies ergibt sich daraus, dass die Beklagte schon in der Erklärung vom 20.09.2018 davon spricht, dass das Merkblatt und die AGB Bestandteil des Zuschussvertrags und rechtsverbindlich seien („sind“). Hätte ein Vertragsschluss noch ausgestanden, hätte es nahegelegen zu formulieren, dass jene Dokumente Bestandteil des Zuschussvertrags würden („werden“).

2. Die Beklagte meint, ein Vertrag käme dadurch zustande, dass der jeweilige Antragsteller durch die Einreichung von Nachweisen für die Erfüllung der Fördervoraussetzungen ein zuvor unterbreitetes Angebot der Beklagten annimmt. Dies dürfte allerdings mangels Willensdeckung in den Fällen nicht zu einem Vertragsschluss führen, in denen der Antragsteller Nachweise hochlädt, die den Anforderungen der Beklagten nicht entsprechen (dann wohl modifiziertes Angebot des Antragstellers).

3. Schließlich ist auch denkbar, einen Vertragsschluss dergestalt anzunehmen, dass die Beklagte den Antrag des Antragstellers (bestehend aus Antrag im Onlineportal und Hochladen der Dokumente) durch ihre nach dem Hochladen der Nachweisdokumente erfolgende Auszahlungsbestätigung annimmt (so wohl LG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.11.2020, Az. 2-07 251/19, soweit ersichtlich derzeit unveröffentlicht).

II.

Letztlich kann die Frage des Vertragsschlusses dahinstehen, da in jedem Fall die Klage abzuweisen wäre.

1. Erkennt man bereits auf einen zwischen den Parteien geschlossenen Zuschussvertrag mit Antragsbestätigung vom 20.09.2018, so wäre jener jedenfalls durch die von Beklagtenseite ausgesprochene und dem Kläger mit Zustellung der Klageerwiderung auch zugegangene Kündigung aus wichtigem Grund beendet.

Die Beklagte hat die Kündigung wirksam erklärt. § 174 S. 1 BGB kann der Kläger dem Beklagten bei der im Prozess erklärten Kündigung nicht entgegenhalten. Denn die zivilprozessualen Regelungen zur Vollmacht gehen § 174 S. 1 BGB vor, wenn der Rechtsanwalt Erklärungen im Rahmen des gesetzlich determinierten Vollmachtumfangs abgegeben hat (BGH, Urteil vom 18. 12. 2002 – VIII ZR 72/02 = NJW 2003, 963; MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2018, BGB § 174 Rn. 12). Denn eine Prozessvollmacht ermächtigt nach § 81 ZPO den Bevollmächtigten zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesshandlungen. „Prozesshandlungen” im Sinne dieser Vorschrift sind auch materiell-rechtliche Willenserklärungen, wenn sie sich auf den Gegenstand des Rechtsstreits beziehen, weil sie zur Rechtsverfolgung innerhalb des Prozessziels oder zur Rechtsverteidigung dienen (BGH aaO). Dies ist mit Blick auf die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrags hier der Fall (vgl. für Mietverhältnisse Bub/Treier MietR-HdB, Kapitel IV. Beendigung des Mietverhältnisses Rn. 39; einen Rückgriff auf § 174 S. 1 BGB nicht nur für Erklärungen im Prozess, sondern auch für außergerichtliche Erklärungen während eines Prozesses ablehnend: OLG München, Urteil vom 12-07-1996 – 21 U 4334/95 = NJWE-MietR 1996, 226). In einer solchen Konstellation bleibt es dem Kläger unbenommen, die Prozessvollmacht als solche zu rügen. Dies hat er hier aber nicht getan.

Das Kündigungsrecht ergibt sich aus der – auch nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht zu beanstandenden – Regelung des § 4 der AGB, wonach die Beklagte berechtigt ist, das Zuschussverhältnis jederzeit aus wichtigem Grund zu kündigen, und zwar nach Buchst. a) insbesondere dann, wenn der Zuschuss zu Unrecht erlangt oder die Förderbedingungen nicht eingehalten wurden. Stellt man als Zeitpunkt für den Vertragsschluss bereits auf den 20.09.2018 ab, so hatte der Kläger zu jenem Zeitpunkt den Zuschuss zu Unrecht erlangt.

Denn Voraussetzung für die Förderung ist, dass im Zeitpunkt der Antragstellung der Antragsteller entweder bereits Eigentümer ist oder zumindest den notariellen Kaufvertrag über die zu fördernde Immobilie abgeschlossen hat. Dies ergibt sich aus den im Tatbestand zitierten Regelungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und des Produktmerkblatts, zumal der Kläger auf das Erfordernis der Eigentümereigenschaft nochmals eingehend und mehrfach im Zuge der Antragstellung aufmerksam gemacht wurde, wie die im Tatbestand zitierten Passagen aus dem Onlineportal der Beklagten zeigen. Der Kläger sicherte der Beklagten die Eigentümereigenschaft aktiv durch das Setzen eines Häkchens zu. Dabei kann die Angabe des Zeitraums vom 01.01.2018 bis 31.12.2020 im Text der Bestätigung angesichts des dort konsequent verwendeten Vergangenheitsform nicht nur Annahme verleiten, der Antrag könne gestellt werden, bevor der notarielle Kaufvertrag überhaupt unterzeichnet worden sei. Es kann dahinstehen, ob die Regelung, dass der Antragsteller bereits Eigentümer sein oder zumindest den notariellen Kaufvertrag unterzeichnet haben muss, einer Prüfung an Hand der §§ 305c, 307 Abs. 1 BGB standhalten und Bestandteil der Förderbedingungen bleiben würde (ablehnend im Falle eines Antrags vor Einzug Kammer, Urteil vom 18.11.2020, Az. 2-13 O 125/20, soweit ersichtlich derzeit unveröffentlicht). Denn weder sind die im Onlineportal bei Antragstellung zu bestätigenden Regelungen überraschend noch unangemessen benachteiligend. Inwiefern die Regelung überraschend sein soll, wie der Kläger meint, erschließt sich nicht. Vielmehr ist inhaltlich zu erwarten, dass die Förderung, die gerade den Neuerwerb von Wohneigentum zum Zweck hat, auch voraussetzt, dass schon bestimmte Erwerbsschritte begangen wurden. Auch nach dem äußeren Erscheinungsbild ist die Klausel nicht überraschend, steht sie doch unter der passenden Überschrift „Kauf eines gebrauchten Eigentums“. Auch nach § 307 Abs. 1 BGB ist die Klausel nicht zu beanstanden. Eine unangemessene Benachteiligung ist nicht ersichtlich. Die im Onlineportal vorgefundene Formulierung ist auch nicht unklar.

Am 20.09.2018 hatte der Kläger den notariellen Kaufvertrag aber noch nicht unterschrieben; der Vertragsschluss erfolgte erst am 22.10.2018.

Die Frage, ob der Beklagten auch das Recht zu einer Kündigung aus einem von § 4 Abs. 1 der AGB („insbesondere“) nicht benannten wichtigem Grund zusteht, weil wegen der wahrheitswidrigen Angabe bei Vertragsanbahnung die Vertrauensgrundlage zerstört ist, kann damit dahinstehen.

2. Auch für den Fall, dass ein Vertragsschluss darin gesehen wird, dass der Kläger hier mit Hochladen der Nachweisdokumente ein zuvor unterbreitetes Angebot der Beklagten angenommen hat, wäre der Vertrag jedenfalls durch Kündigung der Beklagten beendet. Denn auch in diesem Fall hätte der Kläger den Zuschuss zu Unrecht erlangt, weil er zum entscheidenden Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht den notariellen Kaufvertrag abgeschlossen hatte.

3. Geht man grundsätzlich von einem Vertragsschluss erst dadurch aus, dass die Beklagte den Antrag des Antragstellers (bestehend aus Antrag im Onlineportal und Hochladen der Dokumente) durch ihre nach dem Hochladen der Nachweisdokumente erfolgende Auszahlungsbestätigung annimmt, ist hier ein Vertrag schon gar nicht zustande gekommen. Ein Anspruch aus geschlossenem Vertrag stünde dem Kläger dann schon gar nicht zu.

Ein Anspruch folgt dann auch nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) durch eine Selbstbindung der Verwaltung aufgrund einer ständigen Verwaltungspraxis auf Basis der einschlägigen Richtlinien (zum Ganzen ausführlich LG Frankfurt am Main, Urteil vom 24.11.2020, Az. 2-07 251/19, soweit ersichtlich derzeit unveröffentlicht). Es ist diesbezüglich weder vorgetragen noch ersichtlich, dass vom Beklagten in vergleichbaren Fällen trotz des klaren Wortlauts eine Förderung gewährt wurde. Es liegt auch keine atypische Fallgestaltung aufgrund Besonderheiten des Einzelfalles vor. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet eine gleichmäßige Verwaltungspraxis. Dazu gehört das Verbot einer nicht durch sachliche Unterschiede gerechtfertigten Differenzierung zwischen verschiedenen Sachverhalten bei der Förderung (BayVGH, U.v.11.10.2019 – 22 B 19.840). Dies bedeutet, dass der Kreis der von einer Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt sein muss. Aufgrund des freiwilligen Charakters einer Förderung und dem weiten Ermessen des Förderungsgebers bei der Aufstellung von Förderrichtlinien, ist eine entsprechende Nachprüfung nur im Hinblick auf eine möglicherweise willkürliche Ungleichbehandlung potentieller Förderungsempfänger eröffnet, nicht aber in Form einer Verhältnismäßigkeitsprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1/17, Rn. 15 ff. m.w.N. zur Rechtsprechung des BVerfG; VG München, U.v. 28.8.2019 – M 31 K 19.203). Nach der Willkür-Formel des Bundesverfassungsgerichts (seit U.v. 23.10.1951 – 2 BVG 1/51) ist Willkür dann anzunehmen, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Hier sind die Differenzierungskriterien aber sachlich begründet, denn die Förderbedingungen dienen dazu, sicherzustellen, dass die Antragsteller zu der Zielgruppe der Förderung gehören. Dadurch wird gewährleistet, dass der durch die Auszahlung des Baukindergeldes verfolgte Zweck, die optimale Förderung der Bildung von Wohneigentum von Familien mit Kindern zur Selbstnutzung, auch tatsächlich erreicht wird. Sie dienen auch dem Zweck ein Masseverfahren angemessen und gleich zu behandeln und die Verteilung der Fördergelder ordnungsgemäß in einer funktionsfähigen Form zu verwalten und zu verteilen.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf 91 Abs. 1 S. 1 ZPO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine Grundlage in § 709 S. 1 und 2 ZPO.

Die Höhe des festgesetzten Streitwerts bemisst sich nach den §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO am Interesse des Klägers. Ausgangspunkt ist zunächst die Gesamtsumme der begehrten Zahlungen von 12.000,00 €. Hiernach ist ein Abschlag von 20% vorzunehmen, weil ein Feststellungsurteil nicht vollstreckbar wäre. Hiervon ist auch dann keine Ausnahme zu machen, wenn – wie hier – damit zu rechnen ist, dass der Schuldner sich einem Feststellungsanspruch beugt; denn auch dann muss die weniger weittragende, weil in der Hauptsache nicht vollstreckungsfähige Wirkung eines Feststellungsurteils gegenüber einem Leistungsurteil Berücksichtigung in der Form eines Abschlags finden (BGH, Beschluss vom 15.01.1997 – VIII ZR 303/96 = NJW 1997, 1241 mwN).

Keine Anwendung findet § 9 ZPO. Nach §§ 48 Abs. 1 S. 1 GKG, 9 ZPO gilt, sofern – wie hier – die §§ 41 Abs. 5, 42 GKG nicht vorrangig sind, auch für den Gebührenstreitwert folgendes: „Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen wird nach dem dreieinhalbfachen Wert des einjährigen Bezuges berechnet. Bei bestimmter Dauer des Bezugsrechts ist der Gesamtbetrag der künftigen Bezüge maßgebend, wenn er der geringere ist.“ Ein von dieser Regelung vorausgesetztes Recht auf wiederkehrende Nutzung oder Leistung liegt aber dann nicht vor, wenn ein bezifferbarer, seiner Gesamthöhe nach bereits feststehender Geldbetrag eingeklagt wird, auch wenn dieser in Raten gezahlt werden soll (vgl. BeckOK ZPO/Wendtland, 38. Ed. 1.9.2020, ZPO § 9 Rn. 6; Musielak/Voit/Heinrich, 17. Aufl. 2020 Rn. 3, ZPO § 9 Rn. 3). Letzteres ist aber hier der Fall, wie es sich aus der Antragsbestätigung ergibt, wo es heißt: „[…] beträgt Ihr Zuschuss 12.000,00 EUR. Ihr Zuschuss wird in 10 Raten in Höhe von 1.200,00 EUR pro Jahr ausgezahlt.“

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