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Baumangel wegen Ungewissheit über die Gebrauchsrisiken

OLG Koblenz, Az.: 12 U 591/13, Urteil vom 19.10.2015

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts  Koblenz vom 15.04.2013 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 26.758,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Teilbetrag hieraus in Höhe von 22.559,54 € seit dem 26.07.2002 und aus einem Restbetrag in Höhe von 4.198,63 € seit dem 22.10.2002 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Auf die Widerklage wird festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Kosten zu tragen, die erforderlich sind, um die Hüllflächen des Hauses …[Z] nach Maßgabe des im vorliegenden Rechtsstreit erstatteten schriftlichen Gutachtens des Dipl.-Ing. (FH) Architekt …[A] vom 31.08.2009 und 17.03.2010 abzudichten.

Baumangel wegen Ungewissheit über die Gebrauchsrisiken
Symbolfoto: Von Piyapong Wongkam /Shutterstock.com

Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz sowie die des selbständigen Beweisverfahrens des Landgerichts Siegen, Az. 2 OH 11/02, tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 89 %, die Klägerin zu 11 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 97 %, die Klägerin zu 3 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; die Parteien können die Zwangsvollstreckung   der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund  des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages  leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin hat gemäß den mit den Beklagten geschlossenen Werkverträgen in …[Z], ein Wohnhaus mit jeweils einer Wohnung im Erdgeschoss und im Dachgeschoss errichtet. Mit der Klage hat sie von den Beklagten die Zahlung restlichen Werklohns verlangt; die Beklagten haben dem Zahlungsanspruch diverse Abzüge wegen Doppelberechnung oder Minderarbeiten entgegengehalten und mit Schadensersatzansprüchen wegen zahlreicher Baumängel aufgerechnet. Wegen weiterer Schadensersatzansprüche, insbesondere auch wegen einer mangelhaft hergestellten Gebäudehülle haben sie Widerklage erhoben.

In erster Instanz hat die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner 60.145,92 € nebst Zinsen in Höhe von  5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Widerklagend haben sie beantragt, die Klägerin zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger 284.333,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen und festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Kosten zu tragen, die erforderlich sind, um die Hüllflächen (Außenwände und Dachkonstruktion des Hauses …[Z]) instand zu setzen, so dass die Grenzwerte der Energiesparverordnung 2000 eingehalten werden.

Die Beklagten haben beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Landgericht der Werklohnklage in Höhe von 35.703,25 € nebst Zinsen stattgegeben, die darüber hinausgehende Klage wegen berechtigter Abzüge und der Aufrechnung der Beklagten mit berechtigten Schadensersatzansprüchen abgewiesen.

Hinsichtlich der Widerklage hat das Landgericht dem Feststellungsantrag teilweise stattgegeben, die Zahlungsklage jedoch abgewiesen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihre Schadensersatzansprüche hinsichtlich der Hüllflächen, sonstiger Arbeiten „gemäß Punkt F“, Baunebenkosten und Nutzungsausfall weiter.

Sie beantragen,

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 15.04.2013 die Klage abzuweisen sowie

2. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 15.04.2013 die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, an sie als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 229.471,20 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit der Widerklage zu zahlen sowie

3. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Koblenz vom 15.04.2013 festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Kosten zu tragen, die erforderlich sind, um die Hüllflächen des Hauses …[Z] fachgerecht nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik abzudichten.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 4.08./2.10.2014. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen …[B] vom 6.05.2015 (Bl. 699 ff. GA) sowie auf sein Ergänzungsgutachten vom 15.07.2015 (Bl. 770 ff. GA) Bezug genommen.

Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf sämtliche zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst allen Anlagen verwiesen. Die Akten 2 OH 11/02 des Landgerichts Siegen waren beigezogen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nur in geringem Umfang begründet.

1.

Den Beklagten steht wegen der in der Berufungsbegründung und bereits erstinstanzlich als Position F „sonstige Arbeiten in Höhe von 12.400,00 €“ bezeichneten, von der Klägerin zu vertretenden Mängel ein weiterer Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4, 280, 281 BGB in Höhe von 8.945,08 € zu.

Die dem Schadensersatzanspruch zugrunde liegenden Mängel hatten die Beklagten mit Schriftsatz vom 18.08.2006 in den Prozess eingeführt und hierzu eine Kostenermittlung des Architekten …[C] vom 12.04.2006 beigefügt. Im Jahr 2006 wurden am Haus der Beklagten durch die Klägerin Nachbesserungsarbeiten nach Maßgabe der Ausarbeitung des Architekten …[C] ausgeführt. In dem von ihm erstellten Bauzeitenplan, dessen Erhalt die Klägerin auch am 17.07.2006 schriftlich bestätigt hat, waren die nachfolgenden Arbeiten nebst dem Zeitraum ihrer Durchführung aufgeführt; bis heute sind sie jedoch nicht erledigt worden. Eine gesonderte Nachfristsetzung war wegen der verbindlichen Zeitvorgabe im Bauzeitenplan nicht mehr erforderlich.

Somit können die Beklagten wegen der Risse in den Turmzimmern, der nicht eingestellten Fenster, der fehlenden Dichtung an der Wohnungsabschlusstür im Erdgeschoss, den vorhandenen Mängeln an Tapeten und Innenanstrichen im Erd- und Dachgeschoss sowie den verschmutzten Fugen im Erdgeschoss, Dachgeschoss und Kellergeschoss für die erforderlichen Mängelbeseitigungsarbeiten 8.945,08 € verlangen. Diesen Betrag hat der vom Senat beauftragte Sachverständige …[B] in seinem Gutachten vom 6. Mai 2015 nachvollziehbar und auch für den Laien verständlich ermittelt und berechnet. Diesen überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen schließt sich der Senat an.

Für die von den Beklagten gerügten Putzmängel an den Außenwänden des Hauses steht ihnen kein Schadensersatzanspruch zu. Wie der Sachverständige ebenso detailliert und nachvollziehbar geschildert hat, ist hier nicht von einem Baumangel, den die Klägerin zu vertreten hätte, auszugehen. Vielmehr hat sich, wohl bedingt durch die Lage des Grundstücks, an den Putzflächen die Mauerspinne eingenistet. Die dort vorgefundenen Verschmutzungen haben mit der Ausführung des Verputzes der Außenwände nichts zu tun. Die in der ursprünglichen Aufstellung zu Punkt F. aufgeführten Ansprüche wegen des fehlenden Schleifens und Polierens der Außenfensterbänke machen die Beklagten nicht mehr geltend; die Ansprüche der Beklagten wegen des Nichteinbaus von Kellertüren wurde bereits im angefochtenen Urteil unter Punkt 2.15 berücksichtigt und von der eingeklagten Werklohnforderung in Abzug gebracht.

Der für die übrigen oben aufgeführten Mängelbeseitigungsarbeiten notwendige Nettobetrag ist von dem vom Landgericht ausgeurteilten Werklohnanspruch der Klägerin abzuziehen, da die Beklagten auch mit diesem Schadensersatzanspruch die Aufrechnung gegen den Werklohnanspruch erklärt haben; die restliche Werklohnforderung der Klägerin reduziert sich daher, wie aus dem  Tenor zu 1. ersichtlich, von 35.703,25 € auf 26.758,17 €.

2.

Weitere Schadensersatzansprüche stehen den Beklagten nicht zu.

a)

Insbesondere sind ihre Schadensersatzansprüche nach §§ 634Nr. 4, 280,281 BGB wegen  Mängeln an der Gebäudehülle des Hauses ausreichend durch den vom Landgericht vorgenommenen Abzug eines Schadensersatzbetrages von 3.382,35,- € netto von der Werklohnforderung der Klägerin sowie die ausgeurteilte Feststellung, dass die Klägerin für die Kosten einer Reparatur gemäß den Ausführungen des Architekten …[A] in seinen im Rechtsstreit erstatteten Gutachten haftet, erledigt.

Den Beklagten ist grundsätzlich darin zuzustimmen, dass die Hüllfläche ihres Hauses, insbesondere im Dachgeschoss, nicht mangelfrei dicht ist. Der Sachverständige …[A] hat gemäß des Beweisbeschlusses des Landgerichts untersucht, ob die Hüllflächen unter Zugrundelegung der Energiesparverordnung 2000 undicht oder unzureichend hergestellt worden waren und welcher Betrag zur Beseitigung etwaig festgestellter Mängel erforderlich sein würde. Er hat die Materialprüfungs- und Versuchsanstalt …[Z] vorab beauftragt, einen Blower-Door-Test durchzuführen. Bei diesem Test wird festgestellt, wie oft pro Stunde bei einem bestimmten Druck ein Luftaustausch im untersuchten Haus stattfindet. Der zulässige Grenzwert für Gebäude ohne Lüftungsanlagen – ein solches liegt bei dem Haus der Beklagten vor – beträgt N 50 = 3,0  h -1. Die vorliegend festgestellten Werte betrugen für das gesamte Gebäude einschließlich Keller N 50 = 3,4 h-1 bzw. für das gesamte Gebäude ohne Keller N 50 = 3,5 h-1. Damit steht fest, dass der Richtwert nicht eingehalten ist.

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Durch den Blower-Door-Test wurden ferner die einzelnen Leckagen geortet. Der Sachverständige hat insgesamt 26 Leckagen vorgefunden und diese Leckagen und ihre fachgerechte Reparatur in seinem Gutachten einzeln beschrieben. Die Leckagen 1, 6, 8 und 9 stellten sich als so geringfügig dar, dass Zuglufterscheinungen nicht messbar waren und der Sachverständige einen Mangel insoweit ausschloss. Von den übrigen Leckagen befanden sich der überwiegende Anteil an Steckdosen oder in Gurtwicklerkästen. Die Leckagen 16 – 21, 23, 24 und 26 finden sich im Dachgeschoss des Hauses, wo die luftdichte Hülle betroffen ist, z.B. weil Pfetten oder Sparren die Außenwand durchdringen.

Der Sachverständige geht in seinen Gutachten davon aus, dass eine Dampfsperrbahn in der Dachkonstruktion eingebaut ist. Ursprünglich war von der Klägerin vermutlich eine ungeeignete Dampfsperrbahn eingebaut. Im Jahr 2006 wurden aufgrund einer Planung des Architekten …[C] von der Klägerin umfangreiche Nachbesserungsarbeiten am Haus der Beklagten durchgeführt. Aus dem Sanierungsplan des Architekten …[C] geht hervor, dass eine Dampfsperrbahn neu eingebaut werden sollte. Zum Beleg dafür, dass dies auch geschehen ist, hat die Klägerin eine Rechnung vom 12.08.2006, BV …[Z], auszugsweise in Kopie vorgelegt, in der eine gelieferte Dampfsperrbahn aufgeführt ist, vgl.Bl. 647 GA. Soweit die Beklagten nun in der Berufungsinstanz rügen, eine Dampfsperrbahn sei nicht aufgebracht, vielmehr sei  lediglich ein alubeschichtetes Dämmplattensystem auf dem Dach verbaut, ist dieser Einwand verspätet. In erster Instanz, als bereits gemäß § 411 Abs. 4 ZPO Gelegenheit gegeben war, zu den Gutachten …[A] Stellung zu nehmen, ist diese Behauptung seitens der fachmännisch beratenen Beklagten nicht erhoben worden; nunmehr greift § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 ZPO; es ist nicht ersichtlich, warum die Beklagten diese Behauptung nicht früher erhoben haben.

Auch die weiteren Berufungsrügen im Zusammenhang mit der mangelhaften luftdichten Haushülle dringen nicht durch. Soweit die Beklagten vortragen, die von ihnen benannten sachverständigen Zeugen …[D] und …[E] hätten vom Landgericht zum erforderlichen Sanierungsaufwand der Hüllflächen vernommen werden müssen, ist diese Rüge nicht berechtigt. Das Landgericht hat zu den oben aufgeführten Beweisfragen ein Sachverständigengutachten eingeholt und auf die Einwendungen der Beklagten gegen das vorgelegte Gutachten vom 31.08.2009 dieses nochmals ergänzen lassen. Im Ergänzungsgutachten ist der Sachverständige auf sämtliche von den Beklagten monierten Punkte eingegangen. Das Landgericht hat die Ergänzungen des Sachverständigen zu Recht als nachvollziehbar, in sich schlüssig, frei von Widersprüchen und überzeugend gewertet. Der Sachverständige hat zu den Bedenken der Beklagten, insbesondere den Fragen nach weiteren zu befürchtenden Luftströmen, Wartungsfugen, Kosten der einzelnen Leckagenreparaturen und des Eindringens von Außenluft Stellung genommen. In einem solchen Fall ist es nicht erforderlich, weitere sachverständige Zeugen, die eine andere technische und sachliche Auffassung vertreten als der Gerichtssachverständige, zu vernehmen. Offensichtliche Widersprüche oder Unklarheiten, die eine weitere Ergänzung des Gutachtens oder gar die Einholung eines neuen Gutachtens notwendig gemacht hätten, lagen nicht vor. Somit ist kein Verstoß gegen § 412 ZPO oder eine ungenügende Sachaufklärung des Landgerichts festzustellen.

Es bestand auch keine Pflicht des Landgerichts, vom Sachverständigen eine Bauteilöffnung vorzunehmen lassen, um den Schaden an der Gebäudehülle weiter zu untersuchen. Das von den Beklagten zu dieser Thematik vorgelegte Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 29.11.2013 ist  nicht einschlägig. Aus dem Urteil geht hervor, dass im Fall des OLG Karlsruhe der Sachverständige festgestellt hatte, dass an der dort eingebauten Dampfsperre mit weiteren Schäden zu rechnen sei. In dem Fall, dass davon auszugehen ist, dass noch weitere Schäden mit einiger Wahrscheinlichkeit auftreten, ist es dem Bauherren tatsächlich nicht zuzumuten, abzuwarten, ob die Schäden eintreten werden und erst dann seine Mangelrechte durchzusetzen. Für die Annahme eines Baumangels reicht es nämlich aus, dass eine Ungewissheit über die Risiken des Gebrauchs besteht. Vorliegend hat der Sachverständige …[A] auf S. 9/ 10 seines Ergänzungsgutachtens jedoch zu der Frage, ob andere Leckagen und Luftströme denkbar sind, ausgeführt, dass anderweitige Luftströme nicht zu erwarten sind. Er hat die Leckagen vielmehr vollständig erfasst und kann ihren Reparaturaufwand hinreichend genau schätzen.

Den Einwand der Beklagten, dass ohne Bauteilöffnung die Reparaturkosten nicht (genau) beziffert werden können, hat der Sachverständige bestätigt. Er hat auch ausgeführt, dass für die Kalkulation der exakten Reparatursumme eine Bauteilöffnung erforderlich wäre, die mindestens 2/3 der Kosten der späteren Reparatur verursachen würde. Er kann die Leckagen jedoch auf genau geortete einzelne Stellen begrenzen und die Ungenauigkeiten bei seiner Reparaturkostenkalkulation sind im Wesentlichen darin begründet, dass er die genaue Anzahl der Arbeitsstunden der Handwerker nicht prognostizieren kann. Gleichzeitig ist der Sachverständige überzeugt, dass die mögliche Abweichung in der Stundenzahl nicht erheblich sein wird. Er hält es, wie ebenfalls auf S. 9 seines Ergänzungsgutachtens hervorgeht, nicht für denkbar, dass ein Reparaturaufwand von etwa 210.000,00 €, wie die Beklagten behaupten, entstehen könnte. Er hält diesen Betrag nicht einmal für erreichbar, wenn erneut das gesamte Dach abgetragen werden müsste, was er aus sachverständiger Sicht jedoch nicht für notwendig hält.

Der insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat von den Beklagten erhobene Vorwurf, der Gerichtssachverständige …[A] beabsichtige, die vorgefundenen Leckagen von innen reparieren zu lassen, was zur Herstellung einer luftdichten Gebäudehülle gerade nicht möglich sei, trifft nicht zu. Wie den einzelnen Beschreibungen der erforderlichen Reparaturen im Gutachten zu entnehmen ist, sieht der Sachverständige bei den Leckagen an Wanddurchdringungen im Dachgeschoss sowohl das Aufstellen eines Gerüsts an der Außenwand des Hauses als auch die Teilöffnung einzelner Dachschichten von oben im Zuge der Reparaturarbeiten vor.

Der Senat ist somit überzeugt, dass der Schadensersatzanspruch der Beklagten wegen der Leckagen in den Hüllflächen ausreichend ermittelt ist; etwaige Abweichungen der Reparaturkosten sind jedenfalls durch die Feststellung der Haftung der Klägerin für die Reparatur der Gebäudehülle gemäß den Gutachten …[A] umfasst. Der Feststellungsauspruch im Tenor des angefochtenen Urteils ist auch nicht – wie die Berufung rügt – unzulässig mit den Vorgaben der Gutachten …[A] verknüpft. Ein Urteilstenor ist daran zu messen, ob er hinreichend bestimmt formuliert ist. Die Verknüpfung der Kostentragungspflicht der Klägerin für die Reparaturarbeiten an den Leckagen mit den Gutachten, in denen die einzelnen Reparaturen genau beschrieben sind, trägt gerade zur Bestimmbarkeit der Pflicht der Klägerin bei. Die vom Sachverständigen …[A] ermittelten Netto-Reparaturkosten hat das Landgericht bereits der von den Beklagten erklärten Aufrechnung folgend von der Klageforderung abgezogen und weitere zu erwartende Kosten mit dem Feststellungsausspruch erfasst. Insofern hat die Berufung, trotz Vorliegens der oben genannten Leckagen, insoweit keinen Erfolg.

b)

Auch wegen der als Position H, Baunebenkosten, mit Schriftsatz vom 18.08.2006 in den Rechtsstreit eingeführten Schadensersatzposition hat die Berufung keinen Erfolg. Ein entsprechender Schadensersatzanspruch der Beklagten aus § 634 Nr. 4 BGB ist nicht substantiiert dargelegt worden. Zwar hat der Sachverständige …[C] in seiner Kostenaufstellung vom 12. April 2006 zur Position H, Baunebenkosten, eine tabellarische Auflistung vorgenommen. Es bleibt jedoch vollständig unklar, welche Baunebenkosten gemeint sind. Möglicherweise soll es sich um Planungskosten handeln. Dann ist aber nicht klar, welche einzelnen Sanierungen tatsächlich welche Baunebenkosten verursachen sollen, insbesondere ob es sich um Baunebenkosten von Mängelbeseitigungsarbeiten handelt, die die Beklagten selbst ausführen lassen werden, oder ob es sich um Kosten aufgrund von Sanierungsmaßnahmen handelt, die bereits bis November 2006 von der Klägerin ausgeführt wurden. Das Landgericht hat diese Schadensposition zu Recht abgewiesen.

c)

Auch ein Anspruch auf Ersatz von Nutzungsausfall in Höhe von 25.804,80 € wegen Nichtbewohnbarkeit der Wohnung im Dachgeschoss besteht nicht. Ein solcher Anspruch ist aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegeben.

Wie das Landgericht bereits im angefochtenen Urteil ausgeführt hat, liegt kein Verzug der Klägerin wegen Überschreitung eines Fertigstellungstermins vor. Einen verbindlich vereinbarten Fertigstellungstermin kann auch der Senat den Verträgen der Parteien nicht entnehmen.

Den Beklagten ist darin zuzustimmen, dass Nutzungsausfall auch als Schadensposition im Rahmen eines deliktischen oder vertraglichen Schadensersatzanspruchs geltend gemacht werden kann, wie vorliegend im Rahmen des § 634 Nr. 4 BGB.

Die Rechtsprechung billigt einem Geschädigten eine Nutzungsausfallentschädigung dann zu, wenn ihm der Gebrauch von Lebensgütern, deren ständige Verfügbarkeit für die eigenwirtschaftliche Lebenshaltung von zentraler Bedeutung sind, entzogen wird; dazu gehört auch die selbst bewohnte Wohnung, vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 249 Rn. 49 m.w.N.. Voraussetzung einer Nutzungsentschädigung ist, dass eine tatsächliche Nutzungsentziehung, hier die Unbewohnbarkeit der Dachgeschosswohnung, nachgewiesen ist.

Die von den Beklagten behauptete Unbewohnbarkeit des Dachgeschosses liegt keinesfalls auf der Hand. Nachdem die Klägerin 2001 die Hausbauarbeiten abgeschlossen hatte, fand am 05.07.2001 mit den Beklagten ein Abnahmetermin statt, bei dem die Beklagten zahlreiche, auch berechtigte Mängel rügten. In das Abnahmeprotokoll wurde der Vermerk aufgenommen, dass die gerügten Mängel den ungehinderten Gebrauch des Hauses (mit Ausnahme des Kellergeschosses) nicht beeinträchtigen, vgl. Bl. 8 GA. Von einer Bewohnbarkeit des Dachgeschosses gingen die Parteien somit (zunächst) aus. Schriftsätzlich im Klageverfahren behaupten die Beklagten nur pauschal, dass im Winter eine Raumtemperatur von 20 bis 21 Grad Celsius nicht erreichbar sei. Es ist nichts dazu vorgetragen, an welchen Wintertagen, ggf. ab welchen Außentemperaturen, eine zumutbare Raumtemperatur nicht mehr erreichbar ist. Es liegt keine genaue und nachvollziehbare Schilderung der erreichten Raumtemperaturen für einen bestimmten Zeitraum, z.B. eines Wintermonats, vor. Zu den im Sommer im Dachgeschoss erreichten Temperaturen wird nichts Konkretes vorgetragen, sie werden lediglich pauschal als unzumutbar bezeichnet. Auch das Ergebnis des Blower-Door-Tests spricht nicht für unzumutbare Raumtemperaturen durch Zugluft; auch in Altbauten ohne moderne Gebäudehülle ist Wohnen möglich. Es bleibt ebenfalls offen, ob der Beklagte das Dachgeschoss zwischenzeitlich einmal bewohnt hat oder wann und unter welchen Umständen er in eine andere Wohnung ausgewichen ist. Es ist nicht ausreichend, lediglich die fehlerhafte Gebäudehülle als Grund für das Nichterreichen von Wohnraumtemperaturen anzuführen und auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu verweisen, um die Nichtbewohnbarkeit der Dachgeschosswohnung darzulegen. Der Vortrag zur behaupteten Unbewohnbarkeit des Dachgeschosses ist – wie oben dargelegt – unsubstantiiert; die Berufung war insoweit zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, sind nicht gegeben.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 270.174,45 € festgesetzt.

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