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Bausparverträge – Kontoführungsgebühren in Ansparphase?

OLG Celle – Az.: 3 U 39/21 – Urteil vom 17.11.2021

In dem Rechtsstreit hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2021 für Recht erkannt:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 29. Januar 2021 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 9 % und die Beklagte zu 91 %.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die jeweils unterlegene Partei kann die Zwangsvollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten – soweit für diese Entscheidung noch von Bedeutung – Unterlassung der Verwendung einer Entgeltklausel für einen Bauspartarif.

Der Kläger ist ein Verein, der gemäß § 2 seiner Satzung Verbraucherschutzinteressen wahrnimmt. Er ist seit dem … 2002 in der mittlerweile beim Bundesamt für Justiz geführten Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 Abs. 2 UKlaG eingetragen. Die Beklagte ist eine Bausparkasse, die nach Maßgabe eines Verschmelzungsvertrags vom 6. Mai 2019 als übernehmender Rechtsträger mit der D. B. B. verschmolzen ist.

Die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (Bausparbedingungen) der Beklagten zum Tarif „WohnBausparen (FI1/FI2)“ enthalten in § 17 Abs. 1 folgende Entgeltklausel:

„Die Bausparkasse berechnet während der Sparphase jeweils bei Jahresbeginn – bei nicht vollständigen Kalenderjahren anteilig – für jedes Konto des Bausparers ein Jahresentgelt von 12 EUR p.a.“

Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 17. Februar 2020 (Anlage K 3, Bl. 14 ff. d.A.) auf, bis zum 28. Februar 2020 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung u. a. zur Verwendung der zitierten Klausel abzugeben. Die Beklagte wies die Forderung mit Schreiben vom 12. März 2020 (Anlage K 4, Bl. 18 ff. d.A.) zurück.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, es handele sich bei der zitierten Klausel um eine Preisnebenabrede, weil dem vereinbarten Entgelt keine gesondert zu erbringende Leistung gegenüberstehe. Sie sei gemäß § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, § 1 Abs. 2 BSpkG unwirksam, da sie von den grundlegenden Wertungen der gesetzlichen Regelungen abweiche und die Verbraucher unangemessen benachteilige.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Entgeltklausel in § 17 Abs. 1 ihrer Bausparbedingungen zum Tarif „Wohn-Bausparen (FI1/FI2)“ sei eine Preisabrede, die einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB entzogen sei. Ihre – der Beklagten – Hauptleistung in der Ansparphase sei die Verschaffung eines Rechtsanspruchs auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse. Hierfür müsse sie das Bausparkollektiv steuern und im Interesse des einzelnen Bausparers Sparleistung, Anspargrad, Wartezeiten und Zuteilungszeitpunkte etc. fortlaufend bewerten. Das Jahresentgelt sei das einzige laufende Entgelt, das sie nach Abschluss des Bausparvertrags für diese Leistungen in der Sparphase berechne.

Wegen des weitergehenden Sachverhalts und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Bausparverträge – Kontoführungsgebühren in Ansparphase?
(Symbolfoto: SuperOhMo/Shutterstock.com)

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, die Verwendung der Entgeltklausel in § 17 Abs. 1 ihrer Bausparbedingungen zum Tarif „WohnBausparen (FI1/FI2)“ zu unterlassen und an den Kläger vorgerichtliche Abmahnkosten von 214,00 Euro zu zahlen. Die Klausel in den Bausparbedingungen der Beklagten sei gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Das Oberlandesgericht Celle habe mit Urteil vom 27. Mai 2019, 3 U 3/19, bereits entschieden, dass Klauseln, die eine Kontoführungsgebühr für die Ansparphase vorsähen, unwirksam seien. Denn die Kontoführungsgebühr stelle keine Gegenleistung für die Hauptleistung der Bausparkasse dar, sondern lediglich für vorbereitende Tätigkeiten, die die Bausparkasse nach dispositivem Recht unentgeltlich erbringen müsse. Diese Erwägungen seien auf das hier vereinbarte Jahresentgelt übertragbar, weil nur ein sprachlicher, aber kein qualitativer Unterschied vorliege. Die Argumentation der Beklagten, das vereinbarte Jahresentgelt sei der einzige Preis, den der Verbraucher in der Ansparphase zu zahlen habe, verkenne, dass ihr ein solches Entgelt wegen der besonderen gesetzlichen Konstruktion der Bausparkassen gerade nicht zustehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und vertieft. Sie meint insbesondere, das vereinbarte Entgelt sei nicht mit einer Kontoführungsgebühr gleichzusetzen. Die unterschiedliche Bezeichnung sei relevant. Bei der Prüfung der Klausel gemäß §§ 307 ff. BGB komme ihr sogar entscheidende Bedeutung zu.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 5. Mai 2021 (Bl. 205 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Hannover vom 29. Januar 2021, 13 O 90/20, aufzuheben [gemeint: teilweise abzuändern], soweit der Klage stattgegeben wurde und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Er verteidigt insoweit das erstinstanzliche Urteil.

Soweit das Landgericht die Klage auf Unterlassung der Verwendung einer weiteren Klausel abgewiesen hat, hat der Kläger seine hiergegen gerichtete Berufung nach Hinweis des Senats vor der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

1. Hinsichtlich der Entgeltklausel aus § 17 Abs. 1 der Bausparbedingungen der Beklagten zum Tarif „WohnBausparen (FI1/FI2)“ steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung ihrer Verwendung gemäß § 1 UKlaG zu, weil es sich um eine unwirksame Preisnebenabrede handelt.

a) Der Kläger ist gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG bezüglich des Unterlassungsanspruchs aus § 1 UKlaG klagebefugt und aktivlegitimiert.

b) § 17 Abs. 1 der Bausparbedingungen der Beklagten zum Tarif „WohnBausparen (FI1/FI2)“ hält einer Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB nicht stand.

aa) Gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB gelten die §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Hierzu zählen weder Bestimmungen über den Preis der vertraglichen Hauptleistung noch Klauseln über das Entgelt für eine rechtlich nicht geregelte, zusätzlich angebotene Sonderleistung.

Preisnebenabreden, die keine echte (Gegen-)Leistung zum Gegenstand haben, sondern mit denen der Verwender allgemeine Betriebskosten, Aufwand für die Erfüllung gesetzlich oder nebenvertraglich begründeter eigener Pflichten oder für sonstige Tätigkeiten auf den Kunden abwälzt, die er im eigenen Interesse erbringt, sind hingegen der Inhaltskontrolle unterworfen (st. Rspr. des BGH, vgl. z.B. Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 22; Urteil vom 21. April 2009, XI ZR 78/08, Rn. 16; Urteil vom 7. Dezember 2010, XI ZR 3/10, Rn. 26; Urteil vom 7. Juni 2011, XI ZR 388/10, Rn. 19; Urteil vom 13. November 2012, XI ZR 500/11, Rn. 13; Urteil vom 16. Februar 2016, XI ZR 454/14, Rn. 23, Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15). Dies gilt auch dann, wenn die Entgeltklausel in einem Regelwerk enthalten ist, das Preise für Einzelleistungen bei der Vertragsabwicklung festlegt (BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 22; Urteil vom 18. Mai 1999, XI ZR 219/98, Rn. 11, Urteil vom 13. November 2012, XI ZR 500/11, Rn. 13; Urteil vom 27. Januar 2015, XI ZR 174/13).

bb) Die Entgeltklausel der Beklagten stellt eine Preisnebenabrede dar, weil sie nicht die Hauptleistung, sondern lediglich vorbereitende Verwaltungstätigkeiten der Bausparkasse vergütet.

(1) Ein Bausparvertrag ist seiner Rechtsnatur nach ein Darlehensvertrag. Seine vertragstypischen Hauptleistungspflichten ergeben sich aus § 488 Abs. 1 BGB (BGH, Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15, Rn. 36; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Februar 2017, XI ZR 185/16) und sind folglich die Überlassung von Kapital sowie die Zahlung der vereinbarten Zinsen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15). Dies gilt auch für die Ansparphase, in welcher lediglich die Rollen von Darlehensnehmer und Darlehensgeber vertauscht sind (Senat, Beschluss vom 27. März 2019, 3 U 3/19, Rn. 23; OLG Koblenz, Urteil vom 5. Dezember 2019, 2 U 1/19, Rn. 48; vgl. auch BGH, Urteil vom 21. Februar 2017, XI ZR 185/16). Die Hauptleistung der Bausparkasse in der Ansparphase besteht demnach darin, die vereinbarten Guthabenzinsen zu zahlen (Senat, Beschluss vom 27. März 2019, 3 U 3/19).

(2) Gemäß § 1 Abs. 2 BSpkG erwirbt der Bausparer nach Leistung seiner Spareinlagen in das zweckgebundene Vermögen einen Rechtsanspruch auf Gewährung eines niedrig verzinslichen Bauspardarlehens aus der Zuteilungsmasse. Um seinen Anspruch erfüllen zu können, muss die Bausparkasse die eingehenden Mittel aus Spar- und Tilgungsleistungen verwalten, die einzelnen Bausparverträge im Hinblick auf Sparleistung, Vertragsdauer und Zuteilungsreife ständig neu bewerten und bei freiwerdender Zuteilungsmasse zuteilungsreife Verträge bedienen. Diese Verwaltungstätigkeiten sind auch in der hier maßgeblichen Ansparphase entgegen der zuletzt mit Schriftsatz vom 24. September 2021 geäußerten Auffassung der Beklagten keine Hauptleistung der Bausparkasse, sondern lediglich notwendige Vorleistungen für die Erbringung der Hauptleistung in der Darlehensphase, nämlich die Gewährung des Bauspardarlehens aus der vorhandenen Zuteilungsmasse (Senat, Beschluss vom 27. März 2019, 3 U 3/19, Rn. 25; OLG Koblenz, Urteil vom 5. Dezember 2019, 2 U 1/19, Rn. 51; vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15). Gegen eine Hauptleistung spricht ferner, dass es gerade keine – von der Bausparkasse einklagbare – Verpflichtung des Bausparers gibt, das Bauspardarlehen nach Eintritt der Zuteilungsreife in Anspruch zu nehmen. Vielmehr kommt es in der Praxis – wie in der mündlichen Verhandlung erörtert – häufig vor, dass der Bausparer diese Möglichkeit nicht wahrnimmt, wie sich in der Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten, denen eine Kündigung der Bausparverträge durch die Bausparkasse zugrunde lag, gezeigt hat.

(3) Die Beklagte hat zur Rechtfertigung ihrer Klausel vorgetragen, das „Jahresentgelt“ von 12,00 Euro pro Bausparkonto sei das einzige laufende Entgelt, das sie nach Abschluss des Bausparvertrags für die „Steuerung des Bausparkollektivs“ berechne. Da die Steuerung des Bausparkollektivs jedoch – wie in Ziffer (2) ausgeführt – nicht zu den Hauptleistungspflichten der Beklagten zählt, stellt ihre Klausel eine Preisnebenabrede dar, die der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 Abs. 1 und 2, 308, 309 BGB unterliegt.

cc) Die Entgeltklausel der Beklagten ist gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweicht und so den Bausparkunden unangemessen benachteiligt.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Entgeltklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die einen Vergütungsanspruch für Tätigkeiten begründen, zu denen der Verwender gesetzlich oder aufgrund einer selbständigen vertraglichen Nebenpflicht verpflichtet ist oder die er vorwiegend im eigenen Interesse erbringt, mit wesentlichen Grundgedanken des dispositiven Rechts nicht vereinbar, weil nach dem gesetzlichen Leitbild für solche Tätigkeiten ein Entgelt nicht beansprucht werden kann (BGH, Urteil vom 21. April 2009, XI ZR 78/08, Rn. 21; Urteil vom 7. Dezember 2010, XI ZR 3/10, Rn. 43; Urteil vom 7. Juni 2011, XI ZR 388/10, Rn. 33; Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15, Rn. 34; Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15).

(2) Die angegriffene Klausel ist mit dem Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB sowie den wesentlichen Grundgedanken der §§ 1 und 6 BSpkG nicht vereinbar.

(a) Die Beklagte könnte auf der Grundlage der streitgegenständlichen Klausel in der Ansparphase ein pauschales „Jahresentgelt“ von 12,00 Euro für jedes Bausparkonto verlangen. Diese Regelung ist mit dem Leitbild des § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB jedoch nicht vereinbar, soweit das Entgelt den Aufwand vergüten soll, der der Beklagten für die Verwaltung der Bausparkonten entsteht. Denn in der Ansparphase ist der Bausparkunde der Darlehensgeber, der nach der gesetzlichen Regelung kein Entgelt für die Hingabe des Darlehens schuldet (vgl. hierzu OLG Koblenz, Urteil vom 5. Dezember 2019, 2 U 1/19). Die Beklagte verwaltet die Bausparkonten zudem im eigenen Interesse, weil sie die Einzahlungen sämtlicher Bausparer geordnet entgegen nehmen und erfassen muss (vgl. hierzu BGH Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 36 f., 37 a.E. zur Führung des Bausparkontos in der Darlehensphase sowie BGH, Urteil vom 7. Juni 2011, XI ZR 388/10, Rn. 29 zur Führung von Darlehenskonten).

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(b) Der Beklagten steht das Jahresentgelt auch für die „Steuerung des Bausparkollektivs“ nicht zu. Sie erbringt diese Leistung vorwiegend im eigenen Interesse (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 13. Mai 2014, XI ZR 405/12, Rn. 48 ff.; Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15, Rn. 35; Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15), weil sie andernfalls ihre gesetzlichen Pflichten aus § 1 Abs. 2 BSpkG nicht erfüllen könnte. Nach den wesentlichen Grundgedanken der §§ 1 und 6 BSpkG kann sie deshalb für die Verwaltung und Steuerung des Bausparkollektivs keine zusätzliche Vergütung verlangen.

(3) Die Entgeltklausel der Beklagten benachteiligt ihre Vertragspartner zudem unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners wird indiziert, wenn eine klauselmäßige Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung gegeben ist (BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 41; Urteil vom 7. Juni 2011, XI ZR 388/10, Rn. 33; Urteil vom 13. Mai 2014, XI ZR 405/12, Rn. 69; Urteil vom 16. Februar 2016, XI ZR 454/14, Rn. 43; Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15). Hinreichende Gründe, die die Klausel bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 28. Januar 2003, XI ZR 156/02, Rn. 26; Urteil vom 14. Januar 2014, XI ZR 355/12, Rn. 45; Urteil vom 16. Februar 2016, XI ZR 454/14) gleichwohl als angemessen erscheinen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Abweichungen vom gesetzlichen Leitbild sind insbesondere weder sachlich gerechtfertigt noch wird der gesetzliche Schutzzweck auf andere Weise sichergestellt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 14. Januar 2014, XI ZR 355/12, Rn. 45; Urteil vom 16. Februar 2016, XI ZR 454/14, Rn. 43; Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15).

(a) Die allgemeine Zulässigkeit und Angemessenheit einer von der Bausparkasse erhobenen Gebühr folgt weder aus der in § 5 Abs. 3 Nr. 3 BSpkG normierten Pflicht, den Bausparern berechnete Kosten und Gebühren in die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge aufzunehmen, noch aus dem in § 9 BSpkG geregelten Genehmigungsvorbehalt von Bauspartarifen durch die BaFin (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 42; Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15). Dies gilt auch für das hier streitige Jahresentgelt in der Ansparphase.

(b) Die allgemeinen Erwägungen zu einem kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft rechtfertigen das vereinbarte Jahresentgelt ebenfalls nicht. Besonderheiten, die sich aus der Rechtsnatur des Bausparvertrags und den Vorschriften des Bausparkassengesetzes ergeben, können zwar grundsätzlich die materiellen Wertungen im Rahmen der Inhaltskontrolle beeinflussen (BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 43; Urteil vom 9. Juli 1991, XI ZR 72/90, Rn. 17; Urteil vom 7. Dezember 2010, XI ZR 3/10). Das streitgegenständliche Entgelt leistet jedoch keinen Beitrag zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Bausparwesens, der die Nachteile seiner Erhebung für den einzelnen Bausparer aufwiegen könnte. Die Erwägungen des Bundesgerichtshofs zur fehlenden Angemessenheit einer Kontogebühr während der Darlehensphase (vgl. Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15) lassen sich auf das hier vereinbarte pauschale Jahresentgelt für die Ansparphase übertragen.

(aa) Das vereinbarte Jahresentgelt wird ebenso wie die vom Bundesgerichtshof für unwirksam erachtete Kontogebühr in der Darlehensphase nicht in die Zuteilungsmasse gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 BSpkG gebucht, die dem Kollektiv der Bausparer zur Verfügung steht, sondern stellt eine Ertragsposition der Bausparkasse dar, die deren Jahresergebnis erhöht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 44; Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15, Rn. 48; vgl. auch Senat, Beschluss vom 27. März 2019, 3 U 3/19). Denn in die Zuteilungsmasse fließen nur die Sparzahlungen, die gutgeschriebenen Zinsen für die Bausparguthaben, die auf den Bausparkonten gutgeschriebenen Wohnungsbauprämien sowie die Tilgungszahlungen der Bausparer (vgl. Allgemeine Kundeninformation der privaten Bausparkassen, Stand Juli 2018, Seite 37, abrufbar auf der Internetseite der Beklagten). Unmittelbare kollektive Gesamtinteressen, die eine Entgeltklausel im Einzelfall rechtfertigen können, nimmt die Beklagte durch die Erhebung des Jahresentgelts folglich nicht wahr.

(bb) Das Jahresentgelt deckt ebenso wie die Kontogebühr in der Darlehensphase oder eine Darlehensgebühr (vgl. dazu BGH, Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15) keine Kosten für Tätigkeiten ab, die die Bausparkasse im kollektiven Gesamtinteresse der Bauspargemeinschaft erbringt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15). Zwar kommt es allen Bausparern zugute, wenn die Bausparkasse die eingehenden Mittel aus Spar- und Tilgungsleistungen ordnungsgemäß verwaltet und die einzelnen Bausparverträge stetig neu bewertet, weil sich dies positiv auf die vorhandene Zuteilungsmasse auswirkt (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15). Es handelt sich hierbei jedoch nur um einen reflexartigen Nebeneffekt, der es nicht rechtfertigt, die Interessen der einzelnen Bausparer zurücktreten zu lassen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 46; Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15, Rn. 50; Senat, Beschluss vom 27. März 2019, 3 U 3/19). Die vergüteten Verwaltungstätigkeiten sind somit als innerbetriebliche Leistungen der Bausparkasse anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 2016, XI ZR 552/15), mit deren Bepreisung sie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15).

(c) Die Abweichung der Entgeltklausel von dem gesetzlichen Leitbild ist schließlich nicht durch bausparspezifische Individualvorteile der Bausparkunden sachlich gerechtfertigt. Es mag zwar sein, dass eine zeitnahe Zuteilung der Bauspardarlehen nur möglich ist, wenn die Bausparkasse die Einlage- und Tilgungsleistungen ordnungsgemäß verwaltet und die einzelnen Verträge stetig vergleicht und bewertet (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Mai 2017, XI ZR 308/15, Rn. 48; Urteil vom 7. Dezember 2010, XI ZR 3/10). Der Bausparkunde erhält durch diese Leistungen der Bausparkasse jedoch keinen besonderen Vorteil, sondern nur das, was er nach den vertraglichen Vereinbarungen und gesetzlichen Bestimmungen ohnehin erwarten darf (ebenso OLG Koblenz, Urteil vom 5. Dezember 2019, 2 U 1/19).

2. Da die Klage hinsichtlich der Entgeltklausel aus § 17 Abs. 1 der Bausparbedingungen der Beklagten zum Tarif „WohnBausparen (FI1/FI2)“ begründet ist, hat der Kläger einen Anspruch auf Erstattung seiner berechtigten vorgerichtlichen Abmahnkosten gemäß § 5 UKlaG i.V.m. § 13 Abs. 1, Abs. 3 UWG. Die Beklagte ist der Höhe der erhobenen Forderung von 214,00 Euro nicht entgegengetreten.

III.

1. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 516 Abs. 3 S. 1 ZPO. Für eine Anwendung von § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO gab es keine Veranlassung, zumal durch den unbegründeten Antrag des Klägers eine Streitwertgrenze überschritten wurde.

2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

3. Die Revision war gem. § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

Eine Sache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen aufwirft, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, oder wenn andere (tatsächliche oder wirtschaftliche) Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren (BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2003 – IV ZR 319/02).

Nach dem Vortrag der Beklagten verwendet sie die angegriffene Klausel in einer Vielzahl von Verträgen. Wie sich zudem aus ihrem weiteren Vorbringen und der Entscheidung des OLG Koblenz vom 05. Dezember 2019 (Az.: 2 U 1/19) ergibt, verwenden auch andere Bausparkassen im Bundesgebiet Klauseln, die ein regelmäßiges Entgelt für die Verwaltung des Bausparvertrags während der Ansparphase vorsehen, so dass eine Vielzahl von Bausparkunden von einer solchen Klausel betroffen sind. Bereits hieraus ergibt sich die besondere Bedeutung der Sache für die Allgemeinheit.

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