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Bedarfsarbeitsvertrag nach dem Konsenzprinzip

LAG Rheinland-Pfalz

Az: 10 Sa 951/99

Urteil vom 01.03.2000

Vorinstanz: Arbeitsgericht Mainz, Az.: 4 Ca 2476/98



In dem Rechtsstreit hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 16.02.2000 für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 24.03.1999 – Az: 4 Ca 2476/98 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt abgeändert:

1)
Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden besteht.

2)
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3)
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte 3/4 und die Klägerin 1/4 zu tragen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob in dem zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnis eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart gilt sowie über Arbeitsvergütungsansprüche der Klägerin.

Die Klägerin ist seit dem 22.09.1978 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Verkäuferin beschäftigt. Die näheren Modalitäten des Arbeitsverhältnisses bestimmen sich derzeit nach dem Inhalt eines Arbeitsvertrages vom 31.10.1984 (Bl. 6 und 7 d. A.). Dieser Arbeitsvertrag enthält u. a. folgende Bestimmungen:

1. Der Arbeitnehmer wird mit Wirkung vom 01.11.1984 (22.09.1978) als Verkäuferin auf Abruf in Abt. DOB eingestellt.
Der Arbeitgeber behält sich vor, den Arbeitnehmer auch in anderen Abteilungen zu beschäftigen, wenn die dienstlichen Belange es erfordern.

2. Die Arbeitszeit richtet sich nach dem Arbeitsanfall und wird von Fall zu Fall zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer abgesprochen.
Eine Änderung der einmal getroffenen Absprache ist nur möglich, wenn diese spätestens am Tage vor der Arbeitsaufnahme erfolgt. Spätere Änderungen sind nur mit Zustimmung beider Vertragspartner zulässig.
Pausen sowie Personalkaufzeiten gelten nicht als Arbeitszeit.

Nachdem die Klägerin in der Zeit von Januar 1997 bis Mai 1998durchschnittlich ca. 71,5 Stunden monatlich gearbeitet hatte, reduzierte sich ihre Arbeitszeit in den Folgemonaten deutlich, wobei die Gründe hierfür zwischen den Parteien streitig sind. Im Juni 1998 erbrachte die Klägerin keine Arbeitsleistung.

Die Klägerin ist der Ansicht, zwischen ihr und der Beklagten gelte gemäß § 4 Abs. 1 BeschFG eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart. Die Beklagte schulde ihr daher für Juni 1998, da man sie – die Klägerin – in dem betreffenden Monat nicht zur Arbeit herangezogen habe, Arbeitsvergütung für insgesamt 43 Stunden zu je 21,50 DM.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 924,50 brutto mit 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01. Juli 1998 zu zahlen.

2. Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin auch im Fall der Nichtbeschäftigung für zehn Stunden pro Woche zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, mit der Klägerin sei ein sog. Bedarfsarbeitsverhältnis nach dem Konsenzprinzip vereinbart worden, so dass die Vorschrift des § 4 Abs. 1 BeschFG keine Anwendung finde. Darüber hinaus seien der Klägerin auch im Juni 1998 in ausreichendem Umfang Arbeitsangebote erteilt worden, welche die Klägerin jedoch – wozu sie im Hinblick auf den Arbeitsvertrag auch berechtigt gewesen sei – abgelehnt habe.
Zur näheren Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 24.03.1999 (Bl. 62 bis 64 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 24.03.1999 die Zahlungsklage als unbegründet und die Feststellungsklage als unzulässig abgewiesen. Hinsichtlich der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 5 bis 9 dieses Urteils (= Bl. 64 bis 68 d. A.) verwiesen.

Gegen das ihr am 30.06.1999 zugestellte Urteil hat die Klägerin am30.07.1999 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und diese am 30.08.1999 begründet.

Die Klägerin trägt im Wesentlichen vor, der Arbeitsvertrag vom 31.10.1984 beinhalte eine Umgehung des Beschäftigungsförderungsgesetzes. Sinn und Zweck des § 4 BeschFG sei es, bei der notwendigen Flexibilisierung von Lage und Dauer der Arbeitszeit dem Arbeitnehmer einen Mindestschutz zu gewähren. Durch das gesetzliche Gebot, die Dauer der Arbeitszeit grundsätzlich festzulegen, werde die Vertragsfreiheit eingeschränkt. Immer dann, wenn – wie vorliegend – in einem Arbeitsvertrag keine exakte Arbeitszeit festgelegt sei, sei der Anwendungsbereich des § 4 BeschFG eröffnet, wonach eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart gelte. Die Beklagte habe ihr weder im Juni 1998 noch in der Folgezeit in ausreichendem Umfang Angebote unterbreitet, welches sie – die Klägerin – hätte annehmen müssen. Im Übrigen sei es insoweit zunächst Sache der Beklagten, substantiiert vorzutragen. Soweit sich die von der Beklagten behaupteten Angebote auf die Herrenabteilung bezögen, so sei zu berücksichtigen, dass sie – die Klägerin – nach dem Inhalt ihres Arbeitsvertrages nur verpflichtet sei, Tätigkeiten in der Abteilung Damenoberbekleidung anzunehmen. Etwaige Angebote der Beklagten, in der Herrenabteilung zu arbeiten, seien daher nicht vertragsgerecht. Für den Fall, dass auch das Berufungsgericht die Feststellungsklage als unzulässig erachte, begehre sie hilfsweise von der Beklagten die Zahlung weiterer 3.282,97 DM brutto. Der diesbezügliche Zahlungsanspruch ergebe sich daraus, dass die Beklagte sie auch in der Zeit ab Juli 1998 nicht wöchentlich zumindest 10 Stunden beschäftigt habe. Insgesamt seien weitere 134,15 „Minusstunden“ aufgelaufen.

Zur Darstellung des Berufungsvorbringens der Klägerin im Weiteren wird auf die Berufungsbegründung vom 30.08.1999 (Bl. 88 bis 93 d. A.) sowie auf den ergänzenden Schriftsatz vom 17.11.1999 (Bl. 123 bis 130 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 24.03.1999, Az.: 4 Ca 2476/98, abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 924,50 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit dem 01.07.1998 zu zahlen.

2. Festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden besteht.

Hilfsweise für den Fall, dass der Klageantrag zu 2. als unzulässig abgewiesen wird,

die Beklagte zu verurteilen, an sie über den in Ziffer 1 beantragten Betrag hinaus weitere 3.282,97 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit dem 01.06.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor, mit der Klägerin bestehe ein sog. Bedarfsarbeitsvertrag nach dem Konsenzprinzip. Hierbei handele es sich um eine allgemein anerkannte Vertragsform, bei der Arbeitnehmer von Fall zu Fall, jeweils nach vorheriger Absprache auf ein entsprechendes Angebot des Arbeitgebers hin, eine Tätigkeit aufnehmen oder ablehnen. Diese Vertragsform unterliege nicht dem Beschäftigungsförderungsgesetz. § 4 Abs. 1 BeschFG setze nämlich voraus, dass der Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung durch das einseitige Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers verpflichtet wird. Dies sei bei der Klägerin jedoch nicht der Fall. Die Klägerin habe vielmehr selbst die Vorteile der gewählten Vertragsgestaltung für sich in Anspruch genommen, indem sie eine Vielzahl von Arbeitsangeboten abgelehnt habe. Der Klägerin seien stets Angebote von über 43 Stunden monatlich unterbreitet worden. Zu Schwierigkeiten sei es erst gekommen, nachdem die Klägerin gewünscht habe, ausschließlich in der Exquisit-Abteilung beschäftigt zu werden und deshalb den ihr angebotenen Einsatz in anderen Abteilungen abgelehnt habe. So habe die Klägerin insbesondere Arbeitsangebote in den Abteilungen Damen-Oberbekleidung, Damenkleider, Damen-Strick sowie in der Herrenabteilung und im sog. Warenhandlingsteam abgelehnt. Die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage sei u. a. im Hinblick auf die Subsidiarität der Feststellungsklage gegenüber der Leistungsklage unzulässig.

Zur Darstellung des Berufungsvorbringens der Beklagten im Weiteren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 06.10.1999 (Bl. 105 bis 114 d.A.) sowie auf den ergänzenden Schriftsatz vom 08.02.2000 (Bl. 140 bis 150 d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Klägerin ist nach § 64 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG statthaft. Sie ist auch gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

Das Rechtsmittel hat in der Sache jedoch nur zum Teil Erfolg.

1.
Die Klage auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden besteht, ist sowohl zulässig als auch begründet.

a)
Der Feststellungsantrag ist zulässig.

Zwar kann gemäß § 256 ZPO nur auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses geklagt werden; bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses werden nicht als zulässiger Streitgegenstand eines Feststellungsbegehrens angesehen. Eine Feststellungsklage muss sich aber nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis im Ganzen erstrecken, sie kann vielmehr auch – wie vorliegend – einzelne Beziehungen oder Folgen aus einem Rechtsverhältnis betreffen (vgl. BAG, Urteil vom 28.11.1984, AP-Nr. 1 zu § 1 TVG Bestimmungsrecht). Die Klägerin hat auch ein rechtliches Interesse an der Feststellung ihrer vertragsgemäßen Arbeitszeit. Da sich die Dauer der Arbeitszeit auf die Höhe der Arbeitsvergütung auswirkt, die wiederum von Bedeutung ist bei zahlreichen anderen arbeits- und sozial-rechtlichen Fragen (z.B. Höhe des Urlaubsentgeltes, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Arbeitgeber-Annahmeverzug, Versicherungspflicht), hat die Klägerin ein rechtliches Interesse an der begehrten Feststellung.

Auch unter Berücksichtigung der Subsidiarität der Feststellungsklage bestehen vorliegend gegen die Erhebung der Feststellungsklage keine Bedenken, weil ein für die Klägerin obsiegendes Urteil geeignet ist, hinsichtlich aller von dem Umfang der Arbeitszeit abhängenden arbeits- und sozialrechtlichen Folgen Rechtsklarheit zu bringen.

b)
Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Zwischen den Parteien besteht ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden. Diese Arbeitszeit gilt im vorliegenden Fall gemäß § 4 Abs. 1 BeschFG als vertraglich vereinbart.

Vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, so muss gemäß § 4 Abs. 1 BeschFG zugleich eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit festgelegt werden; ist eine bestimmte Dauer der Arbeitszeit nicht festgelegt worden, so gilt eine wöchentliche Arbeitszeit von 10 Stunden als vereinbart. Vorliegend haben die Parteien keine bestimmte Dauer der Arbeitszeit vereinbart. Vielmehr richtet sich diese nach dem Inhalt des Arbeitsvertrages vom 31.10.1984 „nach dem Arbeitsanfall“. Die Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 BeschFG sind daher insoweit erfüllt. Zweifel bestehen allerdings, ob die Klägerin ihre Arbeitsleistung auch im Sinne dieser gesetzlichen Vorschrift „zu erbringen hat“, da Ziffer 2 des Arbeitsvertrages diesbezüglich vorsieht, dass die Arbeitszeit von Fall zu Fall zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abgesprochen wird, was einem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers entgegensteht. § 4 Abs. 1 BeschFG gilt grundsätzlich nur für die einseitige Festsetzung der Dauer der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber, hindert die Parteien also nicht daran, eine Anpassung der Arbeitszeit an den Bedarf von Einzelfall zu Einzelfall zu vereinbaren (vgl. v. Hoyningen-Huene, NJW 1985, 1804; Hanau, RdA 1987, 28 m.w.N.).

Auf die zwischen den Parteien am 31.10.1984 getroffene vertragliche Vereinbarung ist jedoch die Regelung des § 4 Abs. 1 BeschFG entsprechend anzuwenden. Durch das in dieser Norm enthaltene Gebot, die Dauer der Arbeitszeit festzulegen, wird die Vertragsfreiheit eingeschränkt, weil sonst die variable, dem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers unterfallende Bestimmung des Arbeitsumfangs zu einer Aushöhlung der für die Änderungskündigung bestehenden Schutzvorschriften führen würde. Stünde dem Arbeitgeber auch die Bestimmung des Arbeitsumfangs zu, so würde die Dauer der Arbeitszeit und damit auch die Höhe des Arbeitsentgelts in der einseitigen Disposition des Arbeitgebers liegen. Damit wäre jedoch der Kernbereich des Arbeitsverhältnisses betroffen, der dem Direktionsrecht des Arbeitgebers entzogen ist. Vom Normzweck des § 4 Abs. 1 BeschFG, das Leistungsbestimmungs-recht des Arbeitgebers hinsichtlich der Bestimmung des Arbeitsumfangs einzuschränken, wird auch die vorliegende Vertragsgestaltung erfasst. Zwar bedarf es nach dem Inhalt des Vertrages hinsichtlich jedes Arbeitseinsatzes der Klägerin einer vorherigen Einigung der Parteien. Die Beklagte soll daher nach dem Vertrag nicht berechtigt sein, Dauer und Lage der Arbeitszeit einseitig festzulegen. Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass auch die vorliegende Regelung dem Arbeitgeber faktisch eine Suspendierung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen würde, was dem Normzweck des § 4 Abs. 1 BeschFG entgegensteht. Allein die Beklagte als Arbeitgeber kann bei der vorliegenden Fallgestaltung das auf die Erbringung von Arbeitsleistungen gerichtete Angebot abgeben, auf dessen Annahme oder Nichtannahme die Klägerin beschränkt ist. Die Beklagte wäre daher in der Lage, allein durch die Nichtunterbreitung von Arbeitsangeboten die Arbeitszeit der Klägerin „auf Null“ zu reduzieren. Dies ist mit dem Schutzzweck des § 4 Abs. 1 BeschFG nicht zu vereinbaren. Macht der Arbeitgeber daher – wie vorliegend – die Beschäftigung insgesamt davon abhängig, dass ständig Vereinbarungen über die Anpassung der Arbeitszeit an den Arbeitsanfall getroffen werden, so liegt faktisch eine einseitige Festsetzung der Arbeitszeit vor, auf die § 4 Abs. 1 BeschFG entsprechend anwendbar ist (so auch Klevemann, AiB 1986, 108 f.; Hanau a.a.O). Dem steht – entgegen der Auffassung der Beklagten – nicht die Entscheidung des BAG vom 12.12.1984 (BAG, AP-Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969) entgegen, da diese Entscheidung zum einen vor Inkrafttreten des Beschäftigungsförderungsgesetzes ergangen ist und zum anderen auch keinerlei Ausführungen hinsichtlich der rechtlichen Behandlung von Vertragsgestaltungen der vorliegenden Art enthält.

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Zwischen den Parteien besteht daher ein Arbeitsverhältnis mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 10 Stunden.

2.
Die auf Zahlung von Arbeitsvergütung i.H. von 924,50 DM brutto für den Monat Juni 1998 gerichtete Klage ist jedoch nicht begründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für den Monat Juni 1998. Ein solcher Anspruch könnte sich – in Ermangelung einer von der Klägerin erbrachten Arbeitsleistung – nur aus § 615 Abs. 1 BGB ergeben, d. h. wenn sich die Beklagte mit der Annahme der Arbeitsleistung der Klägerin in Annahmeverzug befunden hat. Dies war jedoch nicht der Fall.

Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges sind in den §§ 293 bis 299 BGB geregelt. Demnach ist gemäß § 294 BGB grundsätzlich ein tatsächliches Angebot der vertraglich vereinbarten Leistung durch den Arbeitnehmer erforderlich. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls im ungekündigten Arbeitsverhältnis (vgl. BAG, Urteil vom 29.10.1992 -EzA § 615 BGB Nr. 77). Ein ordnungsgemäßes tatsächliches Angebot liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft in eigener Person, zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Weise anbietet (vgl. BAG a.a.O). Ein solches, tatsächliches Angebot ist seitens der Klägerin im Juni 1998 un-streitig nicht erfolgt.

Nach § 295 Satz 1 BGB genügt ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers, wenn der Arbeitgeber vorher erklärt hat, er werde die Leistung nicht annehmen oder eine erforderliche Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers unterbleibt. Gemäß § 295 Satz 2 steht dem wörtlichen Angebot die Aufforderung an den Arbeitgeber, die Mitwirkungshandlung vorzunehmen, gleich. Eine Erklärung der Beklagten, sie werde die Leistung der Klägerin nicht annehmen, ist nicht ersichtlich. Zur Erbringung der Arbeitsleistung durch die Klägerin bedurfte es jedoch einer Mitwirkungshandlung i.S. von § 295 BGB seitens der Beklagten. Dies ergibt sich im Hinblick auf die vorliegende Vertragsgestaltung daraus, dass die Beklagte unter Berücksichtigung der Regelungen in § 4 Abs. 2 BeschFG gehalten war, durch Zuweisen bzw. Anbieten von Arbeitseinsätzen die hinsichtlich ihrer zeitlichen Lage nicht näher bestimmte Leistung zu konkretisieren und damit möglich zu machen. Ein wörtliches Angebot seitens der Klägerin für den Monat Juni 1998, ihre Arbeitsleistung zu erbringen, ist jedoch nicht erfolgt. Auch eine Aufforderung an die Beklagte, die Mitwirkungshandlung vorzunehmen, d. h. Arbeit zuzuweisen, ist nicht erfolgt. Die Klägerin hat – soweit ersichtlich – erstmals mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 24.07.1998 unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 BeschFG gegenüber der Beklagten geltend gemacht, dass diese verpflichtet sei, sie – die Klägerin – zukünftig zur Arbeit heranzuziehen. Für den Monat Juni 1998 konnte dieses Schreiben, soweit es ein wörtliches Angebot i.S. von § 295 BGB enthält, keine Wirkung mehr entfalten.

Für die Entbehrlichkeit eines wörtlichen Angebots nach § 296 BGB bestehen keine Anhaltspunkte. Die Beklagte hat weder eine Kündigung ausgesprochen noch in sonstiger Weise zu erkennen gegeben, sie werde das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen oder die Arbeitsleistung der Klägerin nicht mehr annehmen.

Die Beklagte befand sich somit im Juni 1998 mit der Annahme der Arbeitsleistung der Klägerin nicht in Verzug, wobei offen bleiben kann, ob die Klägerin im Hinblick auf eine etwaige Weigerung, in der Herrenabteilung zu arbeiten, unter Berücksichtigung der in Ziffer 2 Satz 2 des Arbeitsvertrages enthaltenen Regelung, überhaupt leistungsbereit war.

III.

Der auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit nach Juni 1998 gerichtete Klageantrag bedurfte keiner Entscheidung, da dieser ausdrücklich nur für den Fall der Unzulässigkeit der Feststellungsklage hilfsweise gestellt wurde.

IV.

Nach allem war der Feststellungsklage unter teilweise Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattzugeben und die Berufung im Übrigen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Für die Zulassung der Revision bestand angesichts der in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung.

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