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Befangenheitsantrag im Strafprozess – Definition und Ablauf

Wenn sich ein Mensch in Deutschland mit dem Vorwurf einer begangenen Straftat konfrontiert sieht, so wird die Staatsanwaltschaft aktiv und es kommt in der Regel zu einem Strafprozess. Dieser Strafprozess beruht dabei auf den gesetzlichen Regelungen der Strafprozessordnung (StPO) sowie dem Strafgesetzbuch (StGB). Aus der beschuldigten Person wird dann die angeklagte Person, welche in dem Strafverfahren gewisse Pflichten sowie auch Rechte hat.

Ein wesentlicher Aspekt des Strafverfahrens ist der Grundgedanke der Fairness. Diese Fairness ist ein Recht des Angeklagten, da lediglich im Zuge eines fairen Verfahrens die Schuld bzw. Unschuld des Angeklagten festgestellt und auch mit einem gerechten Urteil geahndet werden kann. Dies setzt zwingend voraus, dass sich alle an dem Verfahren beteiligten Personen unabhängig und neutral verhalten. Trotz dieses Umstandes ist es niemals gänzlich auszuschließen, dass sich eine verfahrensbeteiligte Person eben nicht neutral und unabhängig verhält.

Das starke Recht des Angeklagten: Befangenheitsantrag im Strafverfahren

Befangenheitsantrag im Strafprozess
Ein Befangenheitsantrag ist ein formaler Antrag im Strafprozess, mit dem eine Partei (Anklage/Verteidigung) die Ablehnung eines Richters wegen möglicher Voreingenommenheit oder Interessenkonflikts beantragt. (Symbolfoto: Tero Vesalainen/Shutterstock.com)

In derartigen Fällen gibt es das Recht des Angeklagten darauf, einen Befangenheitsantrag im Strafverfahren zu stellen und die Beteiligung von neutralen sowie unabhängigen Personen zu verlangen. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes starkes Recht, welches jedem Angeklagten bekannt sein sollte. Trotz dieses Umstandes ist die Definition der Befangenheit sowie die Art und Weise, wie ein Befangenheitsantrag gestellt wird, nicht jedem Menschen bekannt. Diese Informationen werden jedoch in diesem Artikel hier genau geklärt und es finden sich auch Informationen mit Bezug auf den genauen Ablauf eines Befangenheitsantrages hier wieder.

Definition des Befangenheitsantrags

Um einen Befangenheitsantrag in Betracht zu ziehen, muss zunächst erst einmal geklärt sein, wie genau sich der Begriff „Befangenheit“ im Zusammenhang mit einem Strafprozess überhaupt definiert. Die Annahme der Befangenheit ist die grundlegende Voraussetzung für einen Befangenheitsantrag, durch welchen die Gerichtsperson durch den Angeklagten letztlich gem. § 24 Abs. 1 und Abs. 2 StPO abgelehnt wird. Als Befangenheit wird dabei eine Haltung einer Gerichtsperson definiert, welche das Misstrauen an der Unparteilichkeit rechtfertigt. Diese Haltung muss dabei die Unvoreingenommenheit der Gerichtsperson gegenüber dem Angeklagten erheblich störend beeinflussen. Es muss jedoch im Zusammenhang mit der Befangenheit im Strafprozess zunächst eine Unterscheidung zwischen der allgemeinen Definition der Befangenheit sowie der rechtlichen Befangenheit als Grundlage für den Befangenheitsantrag des Angeklagten unterschieden werden.

Gründe für einen Befangenheitsantrag

Einer der Hauptgründe für einen Befangenheitsantrag ist, dass der Ausgang eines Strafverfahrens für einen Angeklagten sehr weitreichende Konsequenzen nach sich ziehen kann. Diese Konsequenzen sind in gewisser Hinsicht davon abhängig, wie die entscheidenden Personen agieren. Dies wiederum ist davon abhängig, dass die agierenden Personen auch tatsächlich objektiv und neutral lediglich auf der Grundlage von Fakten ihre Entscheidung treffen. Ist eine Person befangen, so ist diese Objektivität nun einmal aufgrund der inneren Haltung der Personen nicht mehr gegeben. Sollte etwa ein Richter im Verlauf des Prozesses eine offensichtlich ablehnende Haltung gegenüber dem Angeklagten zum Ausdruck bringen, so wird am Ende des Verfahrens im Fall eines Schuldspruchs das Urteil für den Angeklagten erheblich härter ausfallen, als es bei einem objektiven und neutralen Richter der Fall gewesen wäre. Ebendarum gesteht das Gesetz dem Angeklagten letztlich auch das Recht auf einen Befangenheitsantrag im Strafprozess zu.

Wann ist Misstrauen gerechtfertigt?

Hierfür muss jedoch das Misstrauen des Angeklagten gegenüber dem Richter berechtigt sein. Der Gesetzgeber sagt, dass die objektive Lage hierfür nicht entscheidend ist. Dies bedeutet, dass die Befangenheit der beteiligten Person nicht zwingend tatsächlich vorhanden sein muss. Für den Befangenheitsantrag ist bereits der Anschein der Befangenheit ausreichend. In der gängigen Praxis lässt sich die Befangenheit an einer sehr einseitigen Sichtweise des Richters erkennen, welche die gesetzlich vorgeschriebene Sichtweise des Richters auf den Angeklagten widerspricht. Ein Richter ist dazu verpflichtet, den Angeklagten als einen vernunftbegabten Menschen zu betrachten. Ein permanent unhöfliches und respektloses Verhalten des Richters gegenüber dem Angeklagten oder eine willkürliche sowie rechtlich unhaltbare Rechtsauslegung kann einen Befangenheitsantrag rechtfertigen. Hierbei muss jedoch ausdrücklich betont werden, dass die Voraussetzungen für einen Befangenheitsantrag nicht als gegeben anzusehen sind, wenn der Angeklagte die betreffende Gerichtsperson durch sein eigenes Verhalten im Zuge des Strafverfahrens gegen sich aufbringt. In der gängigen Praxis werden vornehmlich gegen Richter Befangenheitsanträge im Strafprozess gestellt. Der Gesetzgeber sagt jedoch sehr deutlich, dass das Eigenverschulden des Angeklagten nicht zu einer Befangenheit des Richters führt und nicht das Misstrauen gegen die Objektivität rechtfertigt.

Ablauf des Befangenheitsantrags

Das Recht auf einen Befangenheitsantrag steht nicht nur dem Angeklagten zur. Auch die Staatsanwaltschaft hat bei einem begründeten Misstrauen gegenüber dem Richter das Recht auf einen entsprechenden Antrag. Gem. § 26 Abs. 1 StPO muss ein Befangenheitsantrag in schriftlicher Form bei demjenigen Gericht eingereicht werden, bei dem die entsprechende Gerichtsperson zugehörig ist. Der Befangenheitsantrag kann dabei sowohl im Rahmen der Hauptverhandlung als auch im Zuge eines Protokolls abgegeben werden, welches dann von der Gerichtsgeschäftsstelle aufgenommen wird. Das zuständige Gericht ist dazu berechtigt, von dem Antragssteller eine schriftliche Begründung des Antrags zu verlangen.

Frist für Befangenheitsantrag gemäß § 25 StPO beachten

Für einen Befangenheitsantrag gibt es jedoch eine zeitlich sehr eng gesteckte Frist, die beachtet werden muss. Die rechtliche Grundlage hierfür stellt der § 25 StPO dar. Gem. dieses Paragrafen muss der Befangenheitsantrag spätestens bis zu dem Zeitpunkt gestellt werden, an dem der Angeklagte von dem Richter über die persönlichen Verhältnisse befragt wurde. In der sogenannten Rechtsmittelinstanz kann der Befangenheitsantrag bis zu dem Zeitpunkt gestellt werden, an dem der Vortrag der Ergebnisse von der bisherigen Verhandlung erfolgt.

Sollte ein Grund für einen Befangenheitsantrag zu einem späteren Zeitpunkt in dem Verfahren entstehen, so muss der Befangenheitsantrag unverzüglich eingereicht werden.

Angeklagter hat letztes Wort vor Gericht

Befangenheitsantrag das sogenannte letzte Wort von dem Angeklagten. Wird ein Befangenheitsantrag bei dem zuständigen Gericht eingereicht, so erhält die betroffene Gerichtsperson die Gelegenheit zu einer schriftlichen Stellungnahme. Diese Verpflichtung der betroffenen Gerichtsperson ergibt sich aus dem § 26 Abs. 3 StPO. Die Äußerungen der betroffenen Gerichtsperson sind dem Antragsteller im Zuge der Entscheidung mitzuteilen.

Entscheidung über den Befangenheitsantrag

Die Entscheidung über den Befangenheitsantrag erfolgt seitens des zuständigen Gerichts nach einer eingängigen Prüfung der Voraussetzungen. Diese Entscheidung wird ohne die Beteiligung der betroffenen Gerichtsperson getroffen. Sollte das zuständige Gericht dem Befangenheitsantrag zustimmen, so erfolgt eine Ablösung der betroffenen Gerichtsperson und sie wird durch eine andere Person ersetzt. Sollte der Befangenheitsantrag abgelehnt werden, so wirkt die betroffene Person in dem Strafverfahren bis zu dem Verfahrensabschluss mit. In derartigen Fällen gibt es für den Antragssteller noch die Möglichkeit einer Beschwerde gegen den abgelehnten Befangenheitsantrag. Diese Beschwerde ist jedoch erst mit dem Urteil möglich und sie muss in schriftlicher Form an die nächsthöhere Instanz gerichtet werden. Da im Zuge eines Strafverfahrens ohnehin der Rechtsanwaltszwang vorherrscht, sollte der entsprechend mandatierte Rechtsanwalt auch die Möglichkeit einer Beschwerde prüfen und diese dann im Namen des Mandanten einreichen.

Fazit

Jeder Angeklagte in Deutschland hat das Recht darauf, dass der Strafprozess auf faire Art und Weise durchgeführt wird. Es ist die Aufgabe der zuständigen Gerichte und Richter, die Schuldfrage im Zuge dieses Prozesses eindeutig zu klären und im Rahmen der Erkenntnisse ein faires sowie gesetzeskonformes Urteil zu sprechen. Hierfür ist die Neutralität der beteiligten Gerichtspersonen unerlässlich. Sollte diese Neutralität jedoch offensichtlich nicht gegeben sein und der Angeklagte ein berechtigtes Misstrauen im Zusammenhang mit der Objektivität hegen, so gibt es das Rechtsmittel des Befangenheitsantrages. Dieser Antrag kann an das zuständige Gericht in schriftlicher Form gestellt werden. Die betroffene Gerichtsperson wird sich dann bezüglich des Antrags schriftlich äußern müssen und es erfolgt eine Entscheidung. Denkbar ist, dass der Antrag angenommen und die betroffene Gerichtsperson abgelöst wird. Denkbar ist jedoch auch, dass der Antrag abgelehnt wird. In derartigen Fällen bleibt nur noch die Beschwerde.

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