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Arbeitszeiterhöhung (befristete)

Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz

Az: 2 Sa 420/09

Urteil vom 10.12.2009


1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 22.04.2009 – 4 Ca 1556/08 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rechtsmäßigkeit einer befristeten Arbeitszeiterhöhung sowie die hiermit verknüpfte Höhe der zu zahlenden Jahressondervergütung. Die Klägerin ist verheiratet, Mutter von drei Kindern, ihr Ehemann bezieht Rente. Die Beklagte beschäftigt mehr als 500 Mitarbeiter, es besteht im Betrieb in A-Stadt ein Betriebsrat. Die Klägerin war zunächst befristet beschäftigt und von 01.04.2005 an unbefristet. Zunächst war das Arbeitsverhältnis begründet mit 87 Monats- bzw. 1044 Jahresarbeitszeitstunden.

Mit interner Mitteilung vom 23.11.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, die bisherige Arbeitszeit auf Basis von monatlich 87 Wochenstunden ab 01.12.2006 befristet bis 30.09.2007 auf Basis von monatlich 165 Stunden umzuwandeln. Weiter wird ausgeführt, dass der bisherige Arbeitsvertrag hiervon unberührt bleibe und die befristete Arbeitszeitänderung am 30.09.2007 ende, falls keine anderslautende Mitteilung erfolge. Mit Schreiben vom 06.09.2007 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die bisher befristete Arbeitszeit auf Basis von 165 Stunden monatlich ab 01.10.2007 befristet bis 30.04.2008 verlängert werde. Mit Schreiben vom 08.04.2008 erfolgte eine abermalige Verlängerung bis zum 30.11.2008. Danach erfolgte seitens der Beklagten keine weitere Erklärung über die Erhöhung des Stundendepotates auf 165 Stunden. Mit ihrer am 26.11.2008 eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die zeitliche Begrenzung der letzten Stundenaufstockung.

In der zweiten Jahreshälfte 2008 fielen Vorbereitungs- und Inbetriebnahmearbeiten für eine neue Pizzalinie (Linie 7) an. Die Vorbereitungsarbeiten betrafen zahlreiche für die Optimierung von Funktions- und Produktionsläufen nötige Versuche und sollten von Juni bis Ende Oktober 2008 reichen. Im Fall der Linie 7 nahm die Beklagte die reguläre Produktion mit eigenem Personal zum 03.11.2008 in Angriff. Anfang Dezember 2008 war die erwartete Sollstärke annähernd erreicht.

Die Beklagte führte zwischen Mai und November 2008 mit in- und ausländischen Handelspartnern Sonderaktionen durch, für die Mehrproduktionen einiger Millionen Tiefkühlpizzen erforderlich wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils verwiesen.

Die Klägerin hat weiter geltend gemacht, dass auf Basis eines Vollzeitarbeitsverhältnisses ihr eine weitere Jahressondervergütung zustehe, welche rechnerisch unstreitig einen noch sich ergebenden Differenzbetrag von 988,04 EUR ausmacht, wenn die Klägerin Ende 2008 in Vollzeit beschäftigt ist.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Vereinbarung einer befristeten Arbeitszeitaufstockung sei als unangemessene Benachteiligung unbillig. Der Personalbedarf der Beklagten sei nicht nur vorübergehend sondern dauerhaft hoch. Dies gelte auch für den Bedarf von Zusatzpersonal wegen der Eröffnung neuer Produktionslinien oder wegen kundenspezifischer Fertigungsaktionen. Anderes gelte auch nicht in Urlaubs- und Ferienzeiten über den Sommer. Sie werde gegenüber einer Vollzeitkraft unangemessen benachteiligt. Die Ungewissheit eines künftigen Arbeitskräftebedarfes bilde keinen Grund zur befristeten Arbeitszeitaufstockung, auch nicht bei temporären Auftragsschwankungen. Gegen einen nur vorübergehenden Sonderbedarf spreche die gesamte Dauer ihrer wiederholt aufgestockten Arbeitszeit. Darüber hinaus habe die Beklagte im November 2008 und im Januar 2009 neue Arbeitskräfte eingestellt bzw. unbefristete Teilzeitarbeitsverhältnisse in befristete Vollzeitarbeitsverhältnisse umgewandelt.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis als Vollzeitarbeitsverhältnis unbefristet über den 30.11.2008 hinaus fortbesteht,

2. die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen als gewerbliche Mitarbeiterin mit einer monatlichen Regelarbeitszeit von 165 Stunden im Werk A-Stadt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zu beschäftigen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Bruttolohn in Höhe von 980,04 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Klägerin werde nicht unangemessen benachteiligt. Es bestehe nur ein vorübergehender Beschäftigungsbedarf. Das sei bei Vertragsabschluss mit einiger Sicherheit für die Bereiche, für die die Klägerin eingestellt worden war, erkennbar gewesen. In der zweiten Jahreshälfte 2008 seien die Vorbereitungs- und Inbetriebnahmearbeiten der Pizzalinie 7 gefallen. Das habe einen verstärkten Personalbedarf zwischen Juni und November des Jahres ergeben. Der reibungslose Produktionsablauf in der bestehenden Produktionslinie habe nicht gestört werden können. Das Zusatzpersonal habe sie durch befristete Verlängerungen der vertraglichen Arbeitszeiten rekrutiert. Im Sommer bestehe ohnehin ein verstärkter Personalbedarf wegen Urlaubsabwesenheit. Dass die Klägerin nicht unangemessen benachteiligt werde, folge schließlich auch aus dem geringen Aufstockungsumfang von rund 25 %. Es könne auch nicht nachvollzogen werden, weshalb sie zwingend auf ein Vollzeitverdienst angewiesen sei. Die Klägerin dürfe auch nicht übersehen, dass die Beklagte den vorübergehenden Personalbedarf auch mit Zeitarbeitskräften abdecken könne, wovon sie allerdings keinen Gebrauch gemacht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 22.04.2009 – 4 Ca 1556/08 – verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, die befristete Aufstockung der Arbeitszeit der Klägerin sei bei generell typisierender Betrachtung für die Klägerin unangemessen benachteiligend. Hierzu hat es auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zurückgegriffen und dargelegt, die Ungewissheit über den künftigen Arbeitskräftebedarf reiche nicht aus, die Befristung von Arbeitszeiterhöhungen zu rechtfertigen. Diese gehöre zum unternehmerischen Risiko, das nicht auf die Arbeitnehmer verlagert werden könne. Allenfalls unter einem strengen Konzept könnten zeitweilig unsichere Bedarfslagen in einen Planungsrahmen für bestimmte Zeiträume gefasst werden, um damit gegebenenfalls zeitweilige Beschäftigungsmehrbedarfe zu rechtfertigen. Ohne derartige Konzepte verbleibe das planerische Risiko aber auf Seiten des Arbeitgebers. Vor diesem Hintergrund sei die zeitbefristete Aufstockung nicht gerechtfertigt. Bei generalisierender Betrachtung lag bei gleichförmigen Anhebungen im geradezu regelmäßigen Abstand die Vermutung nahe, dass es nicht nur ein vorübergehendes, sondern tatsächlich ein dauerhafter Bedarf war, der zur Arbeitszeiterhöhung führte. Dass die Eröffnung neuer Produktionslinien nicht nur zeitweiligen sondern dauerhaften Beschäftigungsbedarf verursachte, sei zwischen den Parteien an sich nicht streitig. Allein die arbeitgeberseitige Erwägung, den Vorlauf solcher Linien mit alten und den Regelbetrieb mit neuem Personal zu bestreiten, sei kein Grund für zeitliche Begrenzung des Bedarfs. Ein nachvollziehbares Konzept sei hier nicht ersichtlich. Auf die vorgebrachten Marketingaktionen seien bei generalisierender Betrachtung nicht nur von vorübergehender Natur. Insoweit fehle schon der schlüssige Vortrag, warum die Entgegennahme solcher Aktionsaufträge absehbar zeitlich befristet sein sollte, während tatsächlich doch das Eine in das Andere überging und fortlaufend vorkam. Weder dem Umfang noch anhand der Aktionsdauer nach ließe sich eine temporäre Bedarfsstruktur ermitteln. Auch sei der Urlaubs- und Abwesenheitsbedarf nicht schlüssig konkretisiert. Ein greifbarer zeitlich befristeter Mehrbedarf, der gerade die Aufstockung der klägerischen Arbeitszeit verursachen konnte, sei nicht zu erkennen gewesen. Das überwiegende Interesse an einer zeitlichen nur befristeten Stundenaufstockung sei danach im Ganzen nicht zu erkennen.

Die Klägerin habe Anspruch auf vorübergehenden Vollzug eines Vollzeitarbeitsverhältnisses für die Dauer des Verfahrens. Ihr stehe auch aufgrund der vertraglich geltenden Regelarbeitszeit eine Erhöhung der Jahressonderleistung in rechnerisch unstreitiger Höhe zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung verwiesen.

Das Urteil wurde der Beklagten zugestellt am 07. Juli 2009. Die Beklagte hat gegen dieses Urteil am 15. Juli 2009 Berufung eingelegt und ihre Berufung, nachdem die Frist bis zum 07.10.2009 verlängert worden war, mit an diesem Tag eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte greift das Urteil des Arbeitsgerichts im Wesentlichen mit der Erwägung an, das Gericht hätte die Frage, ob die Befristung auf Umständen beruhe, die die Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt gerechtfertigt hätten, berücksichtigen müssen. Hierzu habe sie erstinstanzlich umfänglich vorgetragen, was sie auch im Berufungsverfahren wiederholt.

Es hätte eine umfassende Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben bedurft. Entscheidende Bedeutung komme der Tatsache zu, dass die befristete Erhöhung der Arbeitszeit Teil eines bei der Beklagten seit nahezu 20 Jahren bestehenden Gesamtkonzeptes sei. Dieses sehe vor, dass absehbare und zeitlich eingegrenzte vorübergehende Mehrbedarfe mit dem bestehenden Personalbestand ohne Einsatz von Leiharbeitnehmern realisiert werde. Bei der Beklagten beschäftigte Teilzeitkräfte, die über die erforderliche Einarbeitung verfügten und demgemäß das Unternehmen wie auch die Produktionsabläufe kennen, erhielten im Gegenzug die Möglichkeit, in einem klar definierten Zeitrahmen einen Hinzuverdienst zu erzielen. Bedingt durch den nur begrenzt erhöhten Personalbedarf werde die Arbeitszeiterhöhung der Mitarbeiter auf die von vorneherein feststehende Dauer des Mehrbedarfes befristet. Eine unbefristete Arbeitszeiterhöhung könne aufgrund der fehlenden Dauerhaftigkeit derartige Auftragsspitzen nicht erfolgen. Da die Produktion der Beklagten zudem saisonalen Schwankungen unterliege, sei ein wesentliches Ziel des vorstehend geschilderten Konzeptes die Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen auch in saisonal schwachen Zeiten. Dieses Konzept sei innerbetrieblich etabliert und werde durch den Betriebsrat ausdrücklich unterstützt und gewünscht. Durch die Handhabung könne vermieden werden, dass eigens Mitarbeiter eingestellt werden müssten, die in regelmäßig auftretenden auftragsschwachen Zeiten betriebsbedingt freigesetzt werden müssten oder dass auf Leiharbeitnehmer zurückgegriffen werden müsste, die zu schlechteren Arbeitsbedingungen als die Stammbelegschaft eingesetzt werden würde. Der Betriebsrat forderte die Beklagte damit auch immer wiederkehrend auf, das Instrument der befristeten Arbeitszeiterhöhung zu bevorzugen und verweigere der Einstellung von Leiharbeitnehmern regelmäßig die Zustimmung. Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung werde den Mitarbeitern gegenüber sowohl mündlich als auch schriftlich klar kommuniziert. Der betriebliche Bedarf an Arbeitsleistung sei nur vorübergehend und erfülle damit die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 TzBfG. Der Einsatz der Klägerin mit der erhöhten Arbeitszeit erfolgte gerade zur Abdeckung des vorübergehend erhöhten Arbeitskräftebedarfs in dem fraglichen Zeitraum.

Aus betriebswirtschaftlichen Aspekten sei es nicht sinnvoll, hohe Lagerbestände zu generieren. Bei der Produktion von Lebensmitteln mit begrenzter Haltbarkeit seien die Auftrags- und Produktionsschwankungen nicht kontinuierlich fassbar, weshalb nicht stets in gleichen Mengen produziert werden könne. Um als industrieller Produktionsbetrieb angemessen auf häufige auftretende Auftrags- und somit auch Produktionsschwankungen ohne drastische Personalmaßnahmen wie Kurzarbeit oder Entlassung reagieren zu können, bedürfe es flexibel nutzbarer Personalinstrumente. In Absprache mit dem Betriebsrat werde gänzlich auf den Einsatz von Leiharbeitnehmern verzichtet. Stattdessen seien ca. 30 % der Belegschaft mit Teilzeitarbeitsverträgen ausgestattet. Die Mitarbeiter würden je nach Produktionssituation und daraus resultierendem Personalbedarf mit einer vertraglich vereinbarten Ankündigungsfrist von mindestens 4 Tagen im voraus eingeplant. Die internen Teilzeitkräfte profitierten von sämtlichen Sozialleistungen der Beklagten. Sie erhielten beispielsweise ein kontinuierliches Regelmonatseinkommen mit den gleichen Stundenlöhnen wie Vollzeitkräfte, Altersvorsorgeleistungen und Sonderzahlungen sowie darüber hinaus sämtliche Vergünstigungen der existierenden Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Durch diese Art und Weise könnten auch betriebsbedingte Kündigungen wirksam vermieden können.

Im Zeitpunkt des Abschlusses des streitgegenständlich die Arbeitszeit befristend erhöhenden Vertrages sei zu erwarten gewesen, dass für eine Beschäftigung über das Befristungsende hinaus in dem erhöhten Umfang mit hinreichender Sicherheit kein Bedarf bestehe. Der Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt in Aussicht gestellt worden, einen dauerhaften Vollzeitarbeitsvertrag zu erhalten. Alternative für die Beklagte wäre es gewesen, befristet weitere Teilzeitkräfte einzustellen oder externe Leiharbeitnehmer zu beschäftigen, anstelle den bei ihr beschäftigten Teilzeitmitarbeitern eine Chance zu bieten für einen gewissen überschaubaren Zeitraum mit erhöhter Stundenzahl zu arbeiten. Die Einschätzung des Arbeitsgerichts, aus dem wiederholten Auftreten von Marketingaktionen ergebe sich ein fortlaufend erhöhter Beschäftigungsbedarf, sei fehlerhaft. Einen dauerhaften Bedarf zu interpretieren sei nicht nachvollziehbar. Die Handelsaktionen seien keineswegs konstant und planbar, auch nicht in der Weise, dass die Handelsaktionen eines Partners durch den nahtlosen Übergang in die eines anderen Partners überginge. Es gebe Phasen, in denen über mehrere Quartale hinweg keine Aktion durchgeführt würden. Die Tatsache, dass in den Hauptmonatsurlauben Juni bis September die Mehrzahl der Mitarbeiter eigene Familien haben und deswegen Erholungsurlaub antreten möchten, sei mit dem erhöhten Arbeitskräftebedarf vom Arbeitsgericht ebenso wenig zutreffend gewürdigt worden (in den Monaten Juni bis September würden ca. 50 % des gesamten Jahresurlaubs abgebaut) wie die Bewertung des Gerichts zur Personalbedarfsberechnung im Zusammenhang mit der Linie 7.

Die Beklagte beantragt, in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Trier – 4 Ca 1556/08 – vom 22.April 2009 wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Zunächst verteidigt die Klägerin das angefochtene Urteil.

Der dem Arbeitsgericht durch die Beklagte unterbreitete Sachvortrag sei pauschal und unschlüssig, insbesondere im Hinblick auf die vorgetragenen Gründe eines vorübergehend erhöhten Arbeitskräftebedarfs, der über eine ausschließliche Ungewissheit des künftigen Arbeitskräftebedarfs hinausgehen sollte. Gleiches gelte für das behauptete Planungskonzept. Die Klägerin trägt vor, nachdem es sich bei der Linie 7 um die Einführung einer neuen Pizzalinie handelte, die zusätzlich zu den bisher bestehenden Linien eingeführt wurde, werde hierfür auch ohnehin, d. h. ohne die Vorbereitungs- und Inbetriebmaßnahmearbeiten mehr Personal benötigt. Dieser Personalbedarf bestehe dauerhaft. Auch der Vortrag zur einmaligen Sonderaktionen sowie zur erhöhten Urlaubsabwesenheit sei pauschal und nicht nachvollziehbar. Es sei nicht ersichtlich, in welchem Umfang hierdurch ein nur vorübergehender Personalmehrbedarf entstanden sein solle. Die Klägerin bestreitet, dass die befristete Erhöhung der Arbeitszeit Teil eines bei der Beklagten seit nahezu 20 Jahren bestehenden Gesamtkonzeptes sei. Der Tatbestand des § 14 Abs. 1 TzBfG sei entgegen der Ausführungen der Beklagten nicht erfüllt. Gegen ein lediglich vorübergehenden Personalbedarf spreche, dass die Beklagte sowohl im November 2008 als auch im Januar 2009 neue Mitarbeiter eingestellt und im November 2008 außerdem unbefristete Teilzeitverträge in befristete Vollzeitverträge umgewandelt wurden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen im Sitzungsprotokoll vom 10.12.2009.

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO).

II.

Die Berufung der Beklagten ist allerdings nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat mit insgesamt zutreffenden Erwägungen, gegründet auf eine zutreffende Bewertung des Sachvortrages der Parteien und auf zutreffende rechtliche Erwägungen der Klageforderung vollumfänglich entsprochen. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts ist richtig, die Berufungskammer nimmt, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, vollumfänglich Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG).

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III.

Lediglich wegen der Angriffe im Berufungsverfahren sei die Beklagte kurz auf folgendes hinzuweisen:

Mit ihrer Berufungsbegründung stellt die Beklagte den Ausgangspunkt der arbeitsgerichtlichen Entscheidung, dass die von der Beklagten vorgegebene, formularmäßige befristete Erhöhung der Arbeitszeit eine unangemessene Benachteiligung entgegen Treu und Glauben nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB darstellen kann, grundsätzlich nicht in Frage. Mit ihrer Berufungsbegründung vertritt sie die Auffassung, sie habe sehr wohl ein planerisches Gesamtkonzept zur Billigung dieser Maßnahme vorgelegt, zum anderen hätte eine Einstellung einer mit der Klägerin vergleichbaren Arbeitnehmerin mit einem befristeten Arbeitsvertrag den Anforderungen des § 14 Abs. 1 TzBfG genügt.

Das Arbeitsgericht hat auf die einschlägige Rechtsprechung verwiesen, dass bei der nach § 307 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Inhaltskontrolle der Befristung einzelner Vertragsbedingungen Umstände von Bedeutung sein können, welche die Befristung eines Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnten. Im Falle der Verwirklichung eines Tatbestandes dieser Norm überwiegt nach den gesetzlichen Bewertungsmaßstäben daher das Interesse des Arbeitgebers an der nur befristeten Erhöhung der Arbeitszeit gegenüber dem Interesse der Arbeitnehmer an der unbefristeten Vereinbarung des Arbeitszeitumfanges.

Der von der Beklagten gehaltene Sachvortrag würde aber einen befristeten Abschluss von Arbeitsverträgen, falls er mit Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG versehen sein müsste, nicht rechtfertigen. Die Beklagte kann sich hierbei insbesondere nicht auf die wiederholten Marketingaktionen berufen. Zwar ist klar, dass bei diesen ein dauerhafter Fertigungsinhalt nicht unbedingt in der endgültigen Produktionsstufe festgestellt werden kann, diese Handelsaktionen bedingen aber auch einen schwankenden Fertigungsumfang. Die Beklagte weist zwar in diesem Zusammenhang darauf hin, dass bei der Produktion von Lebensmitteln mit begrenzter Haltbarkeit bei Auftrags- und Produktionsschwankungen nicht kontinuierlich in gleichen Mengen produziert werden kann. Dies würde aber angesichts der konkreten Betriebsstruktur der Beklagten nicht ohne weiteres zu einer Einschätzung eines prognostisch nur vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs sprechen, der sich in etwa mit der Vertragslaufzeit deckt, welche der Klägerin befristet mit erhöhter Arbeitszeit zugestanden wurde. Zwar mag es nachvollziehbar sein, dass wenn prognostisch eine Spitze von angenommen zwei Monaten besteht, für diese zwei Monate ein erhöhter Beschäftigungsbedarf vorhersehbar ist, der dann zu einem Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses in diesem zeitlichen Umfang führen kann.

Die Beklagte hat jedoch in ihrer Berufungsbegründung selbst darauf hingewiesen, dass sie über äußerst flexible Arbeitszeitgestaltungen verfügt, nämlich in Form der Zahl der Teilzeitbeschäftigten. Sie hat dieses selbst mit ca. 30 % bezeichnet. Die Mitarbeiter werden ja nach Produktionssituation und daraus resultierendem Personalbedarf mit einer vertraglich vereinbarten Ankündigungsfrist von mindestens vier Tagen im voraus einplant. Wie in der mündlichen Verhandlung klargestellt wurde, kann die Einsatzplanung dann bis zu einer rein faktischen Vollbeschäftigung führen. Auch mit der Klägerin war ein Abruf von mindestens 1044 Stunden im Arbeitszeitjahr vereinbart, wobei die Festlegung der Stunden auf einzelne Tage bewusst entsprechend dem flexiblen Personaleinsatzplan nicht ausdrücklich vereinbart wurde. Durch die Verteilung der Arbeitszeit von 30 % der Belegschaft mit gleichgestalteten Teilzeitarbeitsverhältnissen hat die Beklagte also bereits ein äußerst wirksames Instrument zur Verfügung, um Schwankungen durch Auftragsspitzen wie Sonderaktionen oder durch erhöhten Vertretungsbedarf in Folge von Urlaub, etwa in den Sommermonaten, aufzufangen. Jedenfalls ist es nicht ersichtlich, dass im Falle der Arbeitszeiterhöhung der Klägerin diese beiden betrieblichen Gegebenheiten eine befristete Einstellung der Klägerin entsprechend der Vertragslaufzeit der befristeten Arbeitszeiterhöhung gerechtfertigt hätten.

Gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten hinsichtlich der Einrichtung der Linie 7. Hier ist im arbeitsgerichtlichen Urteil festgehalten, dass nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien durch die Einrichtung der Linie 7 ein personeller Mehrbedarf entstanden ist. Dies hat die Klägerin im Berufungsverfahren wiederholt. Erstmals in der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter der Beklagten erklärt, die Einrichtung der neuen Linie sei einhergegangen mit einer Personaleinschränkung in Folge Stilllegung anderer Linien. Ob und inwieweit die Personalzahlen sich entsprochen haben, konnte nicht festgestellt werden, die Klägerin hatte den Sachvortrag der Beklagten bereits bestritten, so dass er insoweit nicht mehr Berücksichtigung finden konnte.

Auch aus dem Umstand, dass die Beklagte im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auslaufen der befristeten Arbeitszeiterhöhung der Klägerin neues Personal eingestellt hat, anderen Teilzeitarbeitskräften eine befristete Erhöhung des Arbeitszeitvolumens angeboten hat, kann nicht festgestellt werden, dass im Zeitpunkt des Abschlusses der fraglichen Verträge für die Beklagte die Prognose gerechtfertigt war, es läge nur ein absehbar vorübergehender Beschäftigungsbedarf für den neuerlichen Arbeitszeitumfang der Klägerin vor.

IV.

Die Kammer hat schließlich auch neben dem von der Beklagten geltend gemachten rechtlichen Gesichtspunkt, eine befristete Einstellung der Klägerin insgesamt würde der sachlichen Rechtfertigung nach § 14 Abs. 1 TzBfG entsprechen, überprüft, ob das von der Beklagten bezeichnete Konzept, statt Leiharbeitnehmern ihren Teilzeitbeschäftigten befristete Arbeitszeiterhöhungen anzubieten, bei der vorzunehmenden Gesamtbewertung ein anderes Ergebnis bringen würde. Dies ist nicht der Fall.

Es liegt eine unangemessene Benachteiligung vor.

Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus. Dabei bedarf es einer umfassenden Würdigung der beiderseitigen Positionen unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Bei der Beurteilung der Unangemessenheit ist ein genereller typisierender vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzuwenden. Abzuwägen sind die Interessen des Verwenders gegenüber den Interessen der typischerweise beteiligten Vertragspartner. Die Interessen der Klägerin gingen dahin, unbefristet und dauerhaft in Vollzeit beschäftigt zu werden. Die Beklagte hat demgegenüber dargestellt, dass sie ihr unternehmerisches Interesse dahingeht, durch ein Personalkonzept flexibel auf Schwankungen hinsichtlich der Arbeitsleistung zurückgreifen zu können und hierzu insbesondere nicht auf die Hinzuziehung externer Leiharbeitnehmer zurückgreifen zu müssen.

Die Kammer hatte nicht zu entscheiden, ob dieses Konzept billigenswert oder angemessen erscheint, jedenfalls im Verhältnis zur Klägerin kann sich die Beklagte hierauf nicht berufen. Die Klägerin hat ein schützenswertes Interesse an der unbefristeten Vereinbarung des vollen Umfangs. Dieses wird durch eine Vertragsgestaltung beeinträchtigt, die lediglich eine zeitlich unbegrenzte Teilzeit mit einer befristeten Aufstockung zur Vollzeit ermöglicht. Diese Nachteile sind dann hinzunehmen, wenn ein für eine Befristung ausreichender sachlicher Grund vorliegt. Dabei reicht die Ungewissheit über den künftigen Arbeitskräftebedarf nicht aus, die Befristung von Arbeitszeiterhöhungen zu rechtfertigen. Auch das von der Beklagten aufgezeigte Gesamtkonzept, welches nach ihrer Darstellung mit dem Betriebsrat abgestimmt ist, für die weitere Argumentation geht die Kammer dabei von der Richtigkeit dieser Behauptung aus, insbesondere, dass der Betriebsrat einem Einsatz von Leiharbeitnehmern nicht zustimmt, rechtfertigt aber nicht die Benachteiligung der Klägerin. Mit der Erwägung, die Mitarbeiter im Betrieb sollten in den Genuss der Sozialleistungen des Arbeitgebers kommen, Leiharbeitnehmer würden deutlich schlechtere Arbeitsbedingungen vorfinden, wird zunächst nichts zur Bewertung der Interessen der Klägerin im Einzelfall hervorgehoben. Wie dargestellt hat die Beklagte ausreichend Gelegenheit, durch den Einsatz der Teilzeitkräfte bereits unter flexibler Verteilung des verringerten Arbeitszeitvolumens Auftragsspitzen und Vertretungsmehrbedarf durch Urlaub in den Sommermonaten aufzufangen. Ein Konzept, nur befristet Arbeitszeiterhöhungen den Teilzeitkräften zuzugestehen, und diese dann regelmäßig auslaufen zu lassen um dieses Modell anderen Teilzeitarbeitskräften anzubieten, rechtfertigt jedenfalls nicht die unangemessene Benachteiligung eines einzelnen Arbeitnehmers wegen der nur befristet erfolgten Erhöhung der Wochenarbeitszeit.

Immerhin ist bei der Bewertung zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung vor Inkrafttreten der Erneuerung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen derartige Vertragsgestaltungen im Wesentlichen unter dem Gesichtspunkt untersucht hat, dass durch diese Vertragsgestaltungen den Arbeitnehmern regelmäßig bestandsgeschützte Elemente des Arbeitsvertrages entzogen werden können.

V.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war daher zutreffend, die hiergegen gerichtete Berufung musste mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO erfolglos bleiben.

Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

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