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Bei Verzicht auf besicherte Forderung keine Vollstreckung aus Grundschuld

Ein Brandenburger Gericht entschied zugunsten einer Klägerin, die sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld wehrte, nachdem die zugrundeliegende Darlehensforderung erloschen war. Das Urteil stärkt die Rechte von Grundstückseigentümern und betont den Zusammenhang zwischen Forderung und Grundschuld. Banken und Gläubiger sind nun angehalten, bei Forderungsverzichten auch die Auswirkungen auf bestehende Grundschulden zu berücksichtigen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Die Klägerin, Eigentümerin eines Hotelappartements, wehrt sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld, da die gesicherte Forderung ihrer Meinung nach erloschen ist.
  • Die ursprüngliche Grundschuld diente der Baufinanzierung des Hotels und wurde in mehrere Teilbeträge aufgeteilt, darunter auch der streitgegenständliche Betrag.
  • Die Klägerin finanzierte den Kauf ihres Appartements durch ein Darlehen, das durch die Grundschuld gesichert war.
  • Die Klägerin geriet in Zahlungsverzug und es wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet, in dem die Bank ihre Forderungen anmeldete.
  • Eine Vereinbarung zwischen der Bank und dem Insolvenzverwalter führte zum Verzicht der Bank auf die Geltendmachung der Darlehensforderung im Insolvenzverfahren, jedoch nicht auf die Grundschulden.
  • Die Bank trat die Forderung und die Grundschuld später an die Beklagte ab, die nun die Zwangsvollstreckung betreibt.
  • Das Landgericht entschied, dass die gesicherte Forderung aufgrund der Verzichtsvereinbarung erloschen sei und die Zwangsvollstreckung unzulässig sei.
  • Die Beklagte legte Berufung ein, behauptete, dass die Forderung noch bestehe und die Verzichtsvereinbarung die Grundschuld nicht betreffe.
  • Das Oberlandesgericht Brandenburg wies die Berufung zurück und bestätigte, dass die gesicherte Forderung erloschen ist und die Zwangsvollstreckung unzulässig bleibt.
  • Die Entscheidung des Gerichts basiert auf der Interpretation, dass die Verzichtsvereinbarung zwischen der Bank und dem Insolvenzverwalter auch die gesicherte Forderung umfasst.

Grundschuld-Dilemma: Kann auf Forderung verzichtender Gläubiger noch vollstrecken?

Grundschuldrecht ist ein komplexes Gebiet, das viele Menschen vor Herausforderungen stellt. Eine Grundschuld dient als Sicherheit für eine Forderung, beispielsweise für einen Kredit. Doch was passiert, wenn der Gläubiger auf seine gesicherte Forderung verzichtet? Kann er dann trotzdem die Grundschuld zur Zwangsvollstreckung einsetzen? Die Antwort ist nicht immer einfach und hängt von den individuellen Umständen des jeweiligen Falles ab.

In solchen Situationen spielen die rechtlichen Zusammenhänge eine entscheidende Rolle. Das Gesetz räumt dem Gläubiger in der Regel das Recht ein, aus einer Grundschuld die Vollstreckung zu betreiben, um seine Forderung zu sichern. Doch dieser Grundsatz kann durch einen Verzicht des Gläubigers auf seine Forderung erschüttert werden. Diese Problematik hat in der Vergangenheit zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten geführt und die Gerichte vor schwierige Entscheidungen gestellt.

Um die Komplexität dieser Rechtsfrage zu verdeutlichen, beschäftigen wir uns im Folgenden mit einem konkreten Gerichtsfall, der wichtige Einblicke in die rechtlichen Auseinandersetzungen rund um den Verzicht auf gesicherte Forderungen und die Vollstreckung aus Grundschuld liefert.

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Der Fall vor Gericht


Verzicht auf Darlehensforderung lässt Grundschuld erlöschen

Das Oberlandesgericht Brandenburg hat in einem Urteil vom 10.01.2024 (Az. 4 U 68/23) entschieden, dass eine Grundschuld erlischt, wenn auf die gesicherte Darlehensforderung verzichtet wurde.

Hintergrund des Falls

Die Klägerin hatte im Jahr 1996 acht Hotelappartements erworben und dafür ein Darlehen bei einer Bank aufgenommen. Zur Sicherung des Darlehens wurde eine Grundschuld auf den Immobilien eingetragen. Nachdem die Klägerin in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurde 2009 ein Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens kam es 2014 zu einer Vereinbarung zwischen der Bank und dem Insolvenzverwalter. Darin erklärte die Bank einen „Verzicht auf die Geltendmachung der zur Insolvenztabelle angemeldeten und festgestellten Darlehensforderung“. Im Gegenzug verzichtete der Insolvenzverwalter auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen die Bank wegen einer angeblichen Falschberatung.

Streit um Wirksamkeit der Grundschuld

2018 verkaufte die Bank die Darlehensforderung und die dazugehörige Grundschuld an die Beklagte. Diese versuchte daraufhin, aus der Grundschuld die Zwangsvollstreckung in das Eigentum der Klägerin zu betreiben.

Die Klägerin wehrte sich dagegen mit einer Vollstreckungsabwehrklage. Sie argumentierte, die Grundschuld sei erloschen, da die gesicherte Forderung aufgrund der Verzichtsvereinbarung nicht mehr bestehe. Das Landgericht gab der Klage statt, woraufhin die Beklagte Berufung einlegte.

Entscheidung des OLG Brandenburg

Das OLG Brandenburg wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld unzulässig ist.

Entscheidend war die Auslegung der Verzichtsvereinbarung zwischen der Bank und dem Insolvenzverwalter. Das Gericht sah darin einen umfassenden Erlass der Darlehensforderung im Sinne des § 397 BGB:

  1. Der Wortlaut der Vereinbarung spreche für einen vollständigen Verzicht, nicht nur für eine Beschränkung auf das Insolvenzverfahren.
  2. Die Abgeltungsklausel erfasse „sämtliche Ansprüche“ zwischen den Beteiligten.
  3. Auch die Interessenlage der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses spreche für einen endgültigen Erlass.

Das Gericht betonte, dass der Insolvenzverwalter befugt war, eine solche Vereinbarung mit Wirkung für die Klägerin abzuschließen. Die Verzichtserklärung habe daher zum unmittelbaren Erlöschen der Darlehensforderung geführt.

Konsequenzen für die Grundschuld

Das OLG stellte klar: Wenn die gesicherte Forderung erlischt, kann der Grundschuldgläubiger die Grundschuld nicht mehr zur Zwangsvollstreckung einsetzen. Der Eigentümer kann in diesem Fall gemäß § 1192 Abs. 1a BGB die dauerhafte Einrede des Erlöschens der Forderung erheben – auch gegenüber einem neuen Erwerber der Grundschuld.

Darüber hinaus hat der Eigentümer einen Anspruch auf Löschung der Grundschuld. Dieser ergibt sich aus der ursprünglichen Sicherungsabrede und ist als Vertrag zugunsten Dritter auch gegenüber dem neuen Gläubiger durchsetzbar.

Bedeutung des Urteils

Die Entscheidung stärkt die Position von Grundstückseigentümern gegenüber Grundschuldgläubigern. Sie macht deutlich, dass eine Grundschuld ihre Berechtigung verliert, wenn die zugrundeliegende Forderung nicht mehr besteht. Banken und andere Gläubiger müssen daher sorgfältig prüfen, ob ein Verzicht auf eine Forderung möglicherweise auch die dazugehörige Grundschuld erfasst.

Für Immobilieneigentümer bedeutet das Urteil mehr Rechtssicherheit. Sie können sich darauf verlassen, dass eine Grundschuld nicht losgelöst von der gesicherten Forderung zur Zwangsvollstreckung eingesetzt werden kann. Im Zweifelsfall haben sie die Möglichkeit, sich mit einer Vollstreckungsabwehrklage gegen ungerechtfertigte Vollstreckungsversuche zu wehren.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil des OLG Brandenburg bekräftigt den akzessorischen Charakter der Sicherungsgrundschuld. Ein Verzicht auf die gesicherte Forderung führt zum Erlöschen der Grundschuld, selbst wenn diese an einen Dritten abgetreten wurde. Dies stärkt die Position von Grundstückseigentümern, die sich auf den Wegfall des Sicherungszwecks berufen können. Gläubiger müssen bei Forderungsverzichten die Auswirkungen auf bestehende Sicherheiten sorgfältig prüfen.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie eine Immobilie mit einer Grundschuld besitzen und der Gläubiger auf die zugrunde liegende Forderung verzichtet hat, stärkt dieses Urteil Ihre Position erheblich. Es bedeutet, dass die Grundschuld mit dem Erlöschen der Forderung ihre Berechtigung verliert – selbst wenn sie an einen neuen Gläubiger verkauft wurde. Sie können sich gegen eine Zwangsvollstreckung wehren und sogar die Löschung der Grundschuld verlangen. Dies gilt auch, wenn der Verzicht während eines Insolvenzverfahrens erfolgte. Prüfen Sie daher sorgfältig alle Vereinbarungen mit Ihren Gläubigern, da selbst scheinbar harmlose Formulierungen weitreichende Folgen haben können. Im Zweifel sollten Sie sich rechtlichen Rat einholen, um Ihre Rechte vollumfänglich wahrzunehmen.


FAQ – Häufige Fragen

Eine Grundschuld sichert eine Forderung. Doch was passiert, wenn die gesicherte Forderung erlischt? Das Erlöschen einer Grundschuld bei Verzicht auf die gesicherte Forderung ist ein komplexes Thema mit verschiedenen rechtlichen Aspekten. Unsere FAQ-Rubrik bietet Ihnen prägnante und verständliche Antworten auf Ihre Fragen rund um dieses Thema.


Was passiert mit der Grundschuld, wenn die gesicherte Darlehensforderung erlischt?

Die Grundschuld ist ein Sicherungsrecht, das im Gegensatz zur Hypothek nicht akzessorisch mit der gesicherten Forderung verbunden ist. Das bedeutet, dass die Grundschuld auch dann bestehen bleibt, wenn die zugrunde liegende Darlehensforderung erlischt. Dies ergibt sich aus § 1192 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 1163 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Wenn die gesicherte Darlehensforderung durch Erfüllung, also in der Regel durch Rückzahlung des Darlehens, erlischt, wandelt sich die Fremdgrundschuld in eine Eigentümergrundschuld um. Das bedeutet, der Grundstückseigentümer wird selbst zum Inhaber der Grundschuld. Diese Eigentümergrundschuld bleibt als eigenständiges Recht bestehen und kann vom Eigentümer für neue Kredite wiederverwendet werden.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die Grundschuld trotz des Erlöschens der Forderung nicht automatisch aus dem Grundbuch gelöscht wird. Der Eigentümer muss aktiv werden, wenn er die Grundschuld löschen lassen möchte. Dazu benötigt er eine Löschungsbewilligung des bisherigen Grundschuldgläubigers, also in der Regel der Bank.

Allerdings gibt es seit der Einführung des § 1192a BGB im Jahr 2008 einen wichtigen Schutz für Grundstückseigentümer: Sie können dem Grundschuldgläubiger Einreden aus dem Sicherungsvertrag entgegenhalten. Das bedeutet, wenn die gesicherte Forderung erloschen ist, kann der Eigentümer die Rückübertragung der Grundschuld verlangen und sich gegen eine Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld wehren.

In der Praxis kommt es häufig vor, dass Banken die Grundschuld an Dritte abtreten. Auch in diesem Fall schützt § 1192a BGB den Eigentümer, da er die Einreden aus dem Sicherungsvertrag jedem neuen Erwerber der Grundschuld entgegenhalten kann. Ein gutgläubiger einredefreier Erwerb der Grundschuld ist somit ausgeschlossen.

Es ist zu beachten, dass diese Regelungen nur für Sicherungsgrundschulden gelten, also Grundschulden, die zur Absicherung einer Forderung bestellt wurden. Bei isolierten Grundschulden, die keinen Bezug zu einer bestimmten Forderung haben, gelten andere Regeln.

Für den Grundstückseigentümer ist es ratsam, nach vollständiger Tilgung des Darlehens die Rückübertragung der Grundschuld zu verlangen oder ihre Löschung zu beantragen. So kann er sicherstellen, dass die Grundschuld nicht missbräuchlich verwendet wird und sein Grundstück frei von Belastungen ist.

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Kann ein Gläubiger die Grundschuld zur Zwangsvollstreckung nutzen, wenn auf die Forderung verzichtet wurde?

Die Nutzung einer Grundschuld zur Zwangsvollstreckung durch einen Gläubiger ist grundsätzlich nicht zulässig, wenn dieser auf die zugrunde liegende Forderung verzichtet hat. Dies ergibt sich aus dem Wesen der Grundschuld als Sicherungsmittel und den rechtlichen Prinzipien, die das Verhältnis zwischen Forderung und Sicherheit regeln.

Eine Grundschuld dient in der Regel als Sicherheit für eine bestimmte Forderung, etwa einen Kredit. Sie ist ein dingliches Recht am Grundstück, das dem Gläubiger die Möglichkeit gibt, im Falle der Nichtzahlung auf das Grundstück zuzugreifen. Allerdings ist die Grundschuld durch den sogenannten Sicherungsvertrag an den Bestand der Forderung gekoppelt.

Wenn der Gläubiger auf die Forderung verzichtet, entfällt der Sicherungszweck der Grundschuld. Dies bedeutet, dass die rechtliche Grundlage für eine Zwangsvollstreckung nicht mehr gegeben ist. Der Verzicht auf die Forderung führt dazu, dass der Gläubiger keinen Anspruch mehr hat, zu dessen Durchsetzung er die Grundschuld verwenden könnte.

In der Praxis hat der Grundstückseigentümer in solchen Fällen einen Anspruch auf Rückübertragung oder Löschung der Grundschuld. Dieser Anspruch ergibt sich aus dem Sicherungsvertrag und dem Wegfall des Sicherungszwecks. Der Eigentümer kann diesen Anspruch geltend machen und sich so gegen eine unberechtigte Zwangsvollstreckung schützen.

Sollte der Gläubiger dennoch versuchen, aus der Grundschuld zu vollstrecken, stehen dem Eigentümer rechtliche Mittel zur Abwehr zur Verfügung. Er kann beispielsweise eine Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO erheben. In dieser Klage kann er den Wegfall des Sicherungszwecks und den Verzicht auf die Forderung geltend machen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Trennung von Grundschuld und Forderung im deutschen Recht möglich ist. Dies bedeutet, dass die Grundschuld als abstraktes Recht theoretisch unabhängig von der Forderung bestehen kann. In der Praxis wird diese Trennung jedoch durch den Sicherungsvertrag eingeschränkt, der die Verwendung der Grundschuld an den Bestand der Forderung knüpft.

Für den Grundstückseigentümer ist es ratsam, bei einem Verzicht des Gläubigers auf die Forderung aktiv die Rückübertragung oder Löschung der Grundschuld zu verlangen. Dies schafft Rechtssicherheit und verhindert mögliche spätere Komplikationen.

Die rechtliche Situation unterstreicht die Bedeutung des Sicherungsvertrags als Bindeglied zwischen Forderung und Grundschuld. Er stellt sicher, dass die Grundschuld nicht missbräuchlich eingesetzt werden kann, wenn die zu sichernde Forderung nicht mehr besteht.

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Welche rechtlichen Schritte kann man unternehmen, um die Löschung einer Grundschuld zu erreichen?

Um eine Grundschuld zu löschen, sind mehrere rechtliche Schritte erforderlich. Zunächst muss der Grundstückseigentümer eine Löschungsbewilligung vom Gläubiger einholen. Diese Bewilligung ist eine schriftliche Erklärung des Gläubigers, dass er mit der Löschung der Grundschuld einverstanden ist. Sie muss notariell beglaubigt werden und bestimmte Angaben enthalten, wie die genaue Bezeichnung der Immobilie, die Höhe der Grundschuld und die Zustimmung zur Löschung.

Nach Erhalt der Löschungsbewilligung stellt der Eigentümer einen schriftlichen Löschungsantrag beim zuständigen Grundbuchamt. Dieser Antrag muss ebenfalls notariell beglaubigt werden. Der Notar reicht dann beide Dokumente – Löschungsbewilligung und Löschungsantrag – beim Grundbuchamt ein.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Löschung einer Grundschuld mit Kosten verbunden ist. Diese setzen sich aus den Gebühren für den Notar und das Grundbuchamt zusammen und betragen in der Regel jeweils 0,2 Prozent der Grundschuldsumme. Bei einer Grundschuld von 200.000 Euro würden sich die Gesamtkosten also auf etwa 800 Euro belaufen.

In bestimmten Fällen kann die Löschung einer Grundschuld komplexer sein. Bei einer Briefgrundschuld beispielsweise muss zusätzlich der Originalgrundschuldbrief vorgelegt werden. Ist dieser nicht mehr auffindbar, kann ein aufwendiges Gerichtsverfahren zur Kraftloserklärung des Briefes notwendig werden.

Es gibt auch Situationen, in denen eine Löschung der Grundschuld nicht zwingend erforderlich ist. Nach vollständiger Tilgung des Darlehens geht die Grundschuld automatisch in eine Eigentümergrundschuld über. Der Eigentümer kann sie dann für zukünftige Finanzierungen nutzen. Eine Löschung ist jedoch ratsam, wenn die Immobilie verkauft werden soll, da unbelastete Grundstücke auf dem Markt attraktiver sind.

Sollte der Gläubiger die Löschungsbewilligung verweigern, obwohl die gesicherte Forderung beglichen wurde, kann der Eigentümer rechtliche Schritte einleiten. Er kann beim zuständigen Amtsgericht eine Klage auf Erteilung der Löschungsbewilligung einreichen. Hierbei muss er nachweisen, dass die Forderung, für die die Grundschuld bestellt wurde, vollständig getilgt ist.

In Fällen, in denen die Grundschuld ohne rechtliche Grundlage eingetragen wurde, kann der Eigentümer eine Löschungsklage beim Landgericht erheben. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die Grundschuld auf Basis gefälschter Dokumente eingetragen wurde.

Es ist zu beachten, dass die Löschung einer Grundschuld ein formaler Prozess ist, der genaue Kenntnis der rechtlichen Vorschriften erfordert. Fehler in den Anträgen oder unvollständige Unterlagen können zu Verzögerungen oder sogar zur Ablehnung des Löschungsantrags führen. Daher ist es ratsam, die einzelnen Schritte sorgfältig zu planen und durchzuführen.

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Wie wirkt sich ein Verzicht auf die gesicherte Forderung auf bestehende Sicherungsabreden aus?

Der Verzicht auf eine gesicherte Forderung hat weitreichende Auswirkungen auf bestehende Sicherungsabreden. Grundsätzlich führt ein Verzicht auf die Hauptforderung nicht automatisch zum Erlöschen der Sicherungsrechte. Dies liegt daran, dass viele Sicherungsrechte, wie etwa die Sicherungsübereignung oder die Grundschuld, nicht akzessorisch sind. Das bedeutet, sie sind rechtlich unabhängig von der Hauptforderung.

Bei der Sicherungsübereignung beispielsweise bleibt das Sicherungseigentum trotz Erfüllung oder Verzicht auf die gesicherte Forderung bestehen. Der Sicherungsnehmer, also derjenige, zu dessen Gunsten die Sicherheit bestellt wurde, bleibt zunächst Eigentümer der Sache. Allerdings entsteht in diesem Fall ein schuldrechtlicher Rückübertragungsanspruch des Sicherungsgebers gegen den Sicherungsnehmer. Der Sicherungsgeber kann also die Rückgabe des Sicherungseigentums verlangen, da der Sicherungszweck weggefallen ist.

Es ist jedoch möglich, die Sicherungsübereignung mit einer auflösenden Bedingung zu versehen. In diesem Fall würde das Eigentum automatisch an den Sicherungsgeber zurückfallen, sobald die gesicherte Forderung erfüllt ist oder auf sie verzichtet wird. Diese Konstruktion ist in der Praxis allerdings eher selten anzutreffen.

Bei der Grundschuld, einem weiteren wichtigen Sicherungsrecht, verhält es sich ähnlich. Auch sie ist nicht akzessorisch und bleibt daher trotz Verzichts auf die Hauptforderung bestehen. Der Grundschuldgläubiger könnte theoretisch weiterhin aus der Grundschuld vorgehen. Allerdings wäre dies in der Regel durch die Sicherungsabrede zwischen den Parteien ausgeschlossen. Der Grundstückseigentümer hätte einen Anspruch auf Rückgewähr der Grundschuld oder auf Verzicht des Gläubigers.

Es ist wichtig zu beachten, dass die genauen Auswirkungen des Forderungsverzichts auf die Sicherungsabreden stark von den individuellen vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien abhängen. In vielen Fällen enthalten Sicherungsverträge spezifische Klauseln, die regeln, was im Falle eines Verzichts auf die Hauptforderung mit den Sicherheiten geschehen soll.

In der Praxis ist es ratsam, beim Verzicht auf eine gesicherte Forderung gleichzeitig auch die Rückabwicklung der Sicherheiten zu regeln. Dies schafft Klarheit für alle Beteiligten und vermeidet spätere Streitigkeiten. Besonders bei komplexeren Sicherungsstrukturen, wie sie etwa im Bankgeschäft üblich sind, ist eine sorgfältige Prüfung und Abwicklung aller bestehenden Sicherungsabreden unerlässlich.

Die rechtliche Situation kann sich noch komplizierter gestalten, wenn mehrere Sicherungsrechte für eine Forderung bestehen oder wenn die Sicherheit für mehrere Forderungen haftet. In solchen Fällen muss genau geprüft werden, welche Auswirkungen der Verzicht auf eine bestimmte Forderung auf die gesamte Sicherungsstruktur hat.

Für den Sicherungsgeber ist es von großer Bedeutung, nach dem Verzicht auf die Hauptforderung aktiv die Rückabwicklung der Sicherheiten zu betreiben. Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Sicherungsrechte fortbestehen und möglicherweise missbräuchlich genutzt werden könnten. Dies gilt insbesondere bei Sicherungsrechten, die im Grundbuch oder anderen öffentlichen Registern eingetragen sind.

Der Verzicht auf eine gesicherte Forderung berührt also die bestehenden Sicherungsabreden nicht unmittelbar, löst aber regelmäßig Rückgewähransprüche aus. Die genauen Folgen hängen stark von der Art der Sicherheit, den vertraglichen Vereinbarungen und den Umständen des Einzelfalls ab.

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Welche Bedeutung hat eine Verzichtserklärung im Insolvenzverfahren für die Grundschuld?

Eine Verzichtserklärung im Insolvenzverfahren kann erhebliche Auswirkungen auf die Grundschuld haben. Im Kern geht es dabei um die Frage, wie sich der Verzicht des Gläubigers auf seine Rechte aus der Grundschuld auf die Insolvenzmasse und die Stellung anderer Gläubiger auswirkt.

Grundsätzlich ist es einem Gläubiger möglich, auf die durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung erworbenen Rechte zu verzichten, ohne dass dies seinen Anspruch beeinträchtigt. Dies ergibt sich aus § 843 ZPO. Im Kontext eines Insolvenzverfahrens hat ein solcher Verzicht jedoch besondere Bedeutung.

Wenn ein Insolvenzgläubiger auf sein Absonderungsrecht verzichtet, hat dies weitreichende Folgen für die Insolvenzmasse. Das Absonderungsrecht ermöglicht es einem Gläubiger normalerweise, sich aus bestimmten Gegenständen des Schuldnervermögens vorrangig zu befriedigen. Bei einer Grundschuld bedeutet dies, dass der Gläubiger Anspruch auf vorrangige Befriedigung aus dem belasteten Grundstück hat.

Durch den Verzicht auf das Absonderungsrecht gibt der Gläubiger diese privilegierte Stellung auf. Die Folge ist, dass der Wert der Grundschuld der Insolvenzmasse zufällt und somit allen Gläubigern zur Verfügung steht. Der verzichtende Gläubiger wird dadurch zu einem „normalen“ Insolvenzgläubiger und muss sich mit einer quotalen Befriedigung aus der Insolvenzmasse begnügen.

Es ist wichtig zu betonen, dass der Verzicht auf das Absonderungsrecht nicht automatisch zum Erlöschen der Grundschuld führt. Die Grundschuld als solche bleibt bestehen, aber ihre Verwertung erfolgt nun zugunsten der Insolvenzmasse. Der Insolvenzverwalter kann die Grundschuld im Interesse aller Gläubiger verwerten.

Die Motivation für einen solchen Verzicht kann vielfältig sein. In manchen Fällen mag der Gläubiger zu der Einschätzung gelangen, dass die Kosten und der Aufwand einer separaten Verwertung den zu erwartenden Erlös übersteigen. In anderen Situationen könnte der Verzicht Teil einer umfassenderen Strategie sein, um das Insolvenzverfahren zu vereinfachen oder zu beschleunigen.

Es ist zu beachten, dass der Verzicht auf das Absonderungsrecht sorgfältig abgewogen werden sollte. Er ist in der Regel unwiderruflich und kann die Position des Gläubigers im Insolvenzverfahren erheblich schwächen. Andererseits kann er unter Umständen zur Sanierung des Schuldners beitragen und somit indirekt auch den Interessen der Gläubiger dienen.

Die rechtliche Wirksamkeit eines solchen Verzichts ist an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Er muss eindeutig und unmissverständlich erklärt werden. Zudem muss der Verzichtende über die notwendige Verfügungsbefugnis verfügen. Im Falle einer Grundschuld bedeutet dies, dass der Verzichtende tatsächlich der Inhaber der Grundschuld sein muss.

Es ist auch zu berücksichtigen, dass ein Verzicht auf das Absonderungsrecht nicht rückwirkend erfolgen kann. Er wirkt erst ab dem Zeitpunkt der Erklärung. Bereits erfolgte Verwertungshandlungen bleiben davon unberührt.

Die Auswirkungen eines Verzichts auf die Grundschuld können komplex sein, insbesondere wenn mehrere Gläubiger beteiligt sind. Wenn beispielsweise ein vorrangiger Grundschuldgläubiger auf sein Recht verzichtet, kann dies die Position nachrangiger Gläubiger verbessern. Diese rücken in der Rangfolge nach vorne und können möglicherweise einen größeren Teil ihrer Forderungen realisieren.

Im Kontext des Insolvenzverfahrens ist es wichtig, die Interaktion zwischen Insolvenzrecht und Sachenrecht zu beachten. Während der Verzicht auf das Absonderungsrecht eine insolvenzrechtliche Wirkung hat, bleiben die grundbuchrechtlichen Aspekte der Grundschuld davon zunächst unberührt. Eine Löschung der Grundschuld im Grundbuch erfordert in der Regel separate Schritte.

Die Entscheidung über einen Verzicht auf die Rechte aus einer Grundschuld im Insolvenzverfahren sollte wohlüberlegt sein. Sie kann weitreichende Konsequenzen für die finanzielle Situation des Gläubigers haben und beeinflusst den Verlauf des gesamten Insolvenzverfahrens. Eine sorgfältige Analyse der spezifischen Umstände des Einzelfalls ist unerlässlich, um die Vor- und Nachteile eines solchen Schrittes abzuwägen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Grundschuld: Eine Grundschuld ist ein dingliches Recht an einem Grundstück, das zur Sicherung einer Geldforderung dient. Sie ermöglicht es dem Gläubiger, das Grundstück zu verwerten, um seine Forderung zu befriedigen. Im Gegensatz zur Hypothek ist die Grundschuld nicht an das Bestehen einer konkreten Forderung gebunden.
  • Erlassvertrag: Ein Erlassvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, bei der der Gläubiger auf die Forderung ganz oder teilweise verzichtet. Dies führt dazu, dass die gesicherte Forderung erlischt. Im vorliegenden Fall wurde ein solcher Erlassvertrag zwischen der Bank und dem Insolvenzverwalter geschlossen.
  • Zwangsvollstreckung: Die Zwangsvollstreckung ist ein rechtlicher Prozess, bei dem ein Gläubiger seine Forderungen gegen den Schuldner durch staatliche Zwangsmaßnahmen durchsetzt. Dies kann unter anderem durch die Versteigerung von Grundstücken geschehen, die mit einer Grundschuld belastet sind.
  • Vollstreckungsabwehrklage: Eine Vollstreckungsabwehrklage ist ein Rechtsmittel, mit dem sich der Schuldner gegen eine drohende oder bereits begonnene Zwangsvollstreckung wehren kann. Im vorliegenden Fall nutzte die Klägerin diese Klage, um die Zwangsvollstreckung aus der Grundschuld zu verhindern.
  • Sicherungsabrede: Eine Sicherungsabrede ist eine vertragliche Vereinbarung, die festlegt, welche Forderungen durch eine Grundschuld abgesichert werden. Im vorliegenden Fall wurde die Darlehensforderung durch eine solche Abrede gesichert. Erlischt die Forderung, entfällt auch der Sicherungszweck der Grundschuld.
  • Einrede: Eine Einrede ist ein Verteidigungsmittel, das dem Schuldner zusteht, um die Durchsetzung einer Forderung zu verhindern. Die Klägerin erhob die Einrede des Erlöschens der gesicherten Forderung gemäß § 1192 Abs. 1a BGB, da die Darlehensforderung durch den Erlassvertrag erloschen war.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 397 BGB (Erlöschen der Forderung durch Erlassvertrag): Ein Erlassvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, durch die der Gläubiger auf seine Forderung ganz oder teilweise verzichtet. Im vorliegenden Fall hat die Bank im Rahmen des Insolvenzverfahrens einen solchen Erlassvertrag mit dem Insolvenzverwalter geschlossen, indem sie auf die Geltendmachung der Darlehensforderung verzichtet hat.
  • § 1192 Abs. 1a BGB (Einrede des Erlöschens der gesicherten Forderung): Diese Vorschrift gibt dem Eigentümer eines Grundstücks das Recht, sich gegen die Zwangsvollstreckung aus einer Grundschuld zu wehren, wenn die gesicherte Forderung nicht mehr besteht. Im vorliegenden Fall konnte die Klägerin diese Einrede erfolgreich erheben, da die Darlehensforderung durch den Erlassvertrag erloschen war.
  • § 1113 BGB (Erlöschen der Grundschuld bei Erlöschen der Forderung): Eine Grundschuld ist ein Sicherungsrecht an einem Grundstück, das dazu dient, eine bestimmte Forderung abzusichern. Erlischt die gesicherte Forderung, so erlischt in der Regel auch die Grundschuld. Im vorliegenden Fall erlosch die Grundschuld mit dem Erlöschen der Darlehensforderung durch den Erlassvertrag.
  • § 1163 BGB (Übertragung der Grundschuld): Eine Grundschuld kann vom Gläubiger auf einen anderen übertragen werden. Im vorliegenden Fall hat die Bank die Grundschuld zusammen mit der Darlehensforderung an die Beklagte übertragen. Diese Übertragung war jedoch unwirksam, da die Grundschuld bereits erloschen war.
  • Insolvenzordnung (InsO): Die Insolvenzordnung regelt das Verfahren, wenn ein Schuldner zahlungsunfähig ist. Im vorliegenden Fall wurde über das Vermögen der Klägerin das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter war daher berechtigt, den Erlassvertrag mit der Bank abzuschließen, der zum Erlöschen der Darlehensforderung und damit auch der Grundschuld führte.

Das vorliegende Urteil

OLG Brandenburg – Az.: 4 U 68/23 – Urteil vom 10.01.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…

 

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 10.03.2023, Az. 12 O 107/22, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Löschungstenors durch Sicherheitsleistung von 70.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf bis zu 65.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist Eigentümerin des – als Teileigentum im Grundbuch des Amtsgerichts Fürstenwalde unter Blatt … eingetragenen – Hotelappartements Nr. … im Hotel K… in Fürstenwalde (Flur …, Flurstück …). Die Beklagte betreibt die Zwangsversteigerung in das Teileigentum aus einer Grundschuld. Die Klägerin wehrt sich dagegen mit der vorliegenden Vollstreckungsabwehrklage, weil sie meint, die mit der Grundschuld gesicherte Forderung sei erloschen.

Das Hotel K…. wurde im Jahre 1996 neu gebaut. Zur Baufinanzierung war mit notarieller Urkunde vom 16.03.1995 eine brieflose Grundschuld von 7 Mio. DM zugunsten der …bank B… (…) an den entsprechenden Grundstücken bewilligt worden, die am 11.10.1995 im Grundbuch eingetragen wurde (im Folgenden „Erstgrundschuld“). Die damalige Sicherungsgeberin hatte sich in der Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in das Pfandobjekt unterworfen. Im Wege der Teilung nach § 8 WEG wurde das Eigentum an den Grundstücken danach in Miteigentumsanteile aufgeteilt, für die die Grundbuchblätter 8076 bis 8188 angelegt wurden.

Die Klägerin kaufte im Jahr 1996 insgesamt acht Hotelappartements, darunter auch das streitgegenständliche, zu einem Kaufpreis von insgesamt 1.180.000 DM. Diesen Kaufpreis finanzierte die Käuferin vollständig durch ein am 22.10.1996 aufgenommenes Darlehen bei der …bank; in dem Darlehensvertrag heißt es unter „3. Sicherheiten“:

„[…] Der …bank werden/wurden – unbeschadet der Haftung etwa bereits bestehender oder künftiger sonstiger Sicherheiten im Rahmen ihres Sicherungszweckes – in besonderen Urkunden folgende Grundschuld(en) nebst Nebenleistungen bestellt/ abgetreten:

Erstrangiger Teilbetrag von DM 1.180.000,00 der bereits zugunsten der …bank eingetragenen Gesamtgrundschuld in Höhe von DM 7.000.000,00 auf dem Grundbuch von Fürstenwalde, Bl. …-… und …-… nach Vorlast in Abteilung II: Rückauflassungsvormerkung für die Stadt Fürstenwalde“.

In der darüber hinaus abgegebenen „Zweckerklärung für Grundschulden/ Sicherung der Geschäftsverbindung“ heißt es unter der Überschrift „Sicherungsabrede, Sicherungszweck“:

„Die …bank ist/ wird Gläubigerin der auf dem Wohnungs-Grundbuch von Fürstenwalde Bl. …-…, …-… Bestandsverz. Nr. 1, … F…, E…str. …/ F…-Straße verzeichneten Pfandobjekt(en) der Firma R.. S… GmbH – nachstehend, auch bei mehreren, der Sicherungsgeber genannt – nebst Zinsen und Nebenleistung eingetragenen/ einzutragenden Grundschuld(en): 1.180.000,00 DM. Die Grundschuld(en) nebst Zinsen und Nebenleistung dient/ dienen zur Sicherheit für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der …bank gegen die R…S… GmbH.

[…] 1.6 Freigabe von Sicherheiten

Sobald die …bank wegen aller ihrer Ansprüche – auch bedingter und befristeter – gegen den Kreditnehmer befriedigt ist, ist sie – auf entsprechendes Verlangen – verpflichtet, ihre Rechte aus der/den Grundschuld(en) freizugeben. Sie ist schon vorher auf Verlangen zur Freigabe verpflichtet, soweit sie die Grundschulde(en) nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Kreditsicherung zur Sicherung der Ansprüche nicht mehr benötigt. […]“

Am 13.5.1998 wurde der Betrag der Erstgrundschuld gemäß § 1132 Abs. 2 BGB so auf die verschiedenen Teileigentumseinheiten aufgeteilt, dass auf dem streitgegenständlichen Teileigentum Nr. … nur noch eine Einzelgrundschuld von 117.000 DM (= 59.821,15 Euro) lastete.

Die Klägerin wurde am 7.6.2000 als Eigentümerin des streitgegenständlichen Teileigentums im Grundbuch eingetragen.

Die Klägerin geriet mit der Zahlung der vereinbarten Darlehensraten in Rückstand. Nach Kündigung des Darlehens am 07.06.2006 erhob die …bank vor dem Landgericht München Klage gegen die Klägerin (und deren Geschäftsführer als Bürgen) auf Zahlung von Zinsen und Rückzahlung des noch offenen Saldos. Die Klägerin machte im Gegenzug Schadenersatzansprüche wegen einer vermeintlichen Falschberatung im Zusammenhang mit der Darlehensgewährung geltend. Die Klage wurde vom Landgericht mit Urteil vom 04.10.2010 abgewiesen. Nach Berufung gegen das Urteil durch die …bank wurde das Berufungsverfahren wegen zwischenzeitlicher Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Klägerin unterbrochen und in der Folgezeit nicht weiter betrieben.

Über das Vermögen der Klägerin war bereits am 30.12.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Dabei meldete die …bank eine Darlehensforderung von 615.410,26 Euro zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter gab am 11.01.2010 (u.a.) das streitgegenständliche Teileigentum aus dem Insolvenzbeschlag frei.

Es kam zu Verhandlungen zwischen der …bank und dem Insolvenzverwalter. Mit Schreiben vom 22.01.2014 teilte die …bank dem Insolvenzverwalter mit:

„Wir konkretisieren unsere Bereitschaft zum Abschluss einer Vereinbarung dahingehend, dass wir bereit sind, unsere Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren der R…S… GmbH zurückzunehmen, sofern Dr. A… als Insolvenzverwalter über das Vermögen der R…S… GmbH und Herr St… auf Schadenersatzansprüche uns gegenüber verzichten.

Einen Verzicht auf die zu unseren Gunsten eingetragenen Grundpfandrechte werden wir nicht erklären.“

Der Insolvenzverwalter schloss am 31.01.2014 mit der …bank die folgende Vereinbarung (im Folgenden: Verzichtsvereinbarung):

„[…]

Vorbemerkung

Das Amtsgericht – Insolvenzgericht München hat mit Beschluss vom 30.12.2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der R… S… GmbH eröffnet und Herrn RA Dr. A… zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die …bank B… AG hat im laufenden Insolvenzverfahren eine Darlehensforderung in Höhe von 615.410,26 Euro zur Insolvenztabelle angemeldet, die in voller Höhe festgestellt wurde. Das Darlehen wurde zum Erwerb von Immobilien ausgereicht und durch die Eintragung von Grundschulden auf den Immobilien sowie eine Bürgschaft durch Herrn St.. besichert.

Vor dem Hintergrund des Beschlusses des OLG München vom 11.07.2011 und etwaiger Schadenersatzansprüche vereinbaren die Parteien was folgt:

§ 1 Verzicht der …bank B… AG

(1) Die …bank B… AG erklärt den Verzicht auf die Geltendmachung der zur Insolvenztabelle angemeldeten und festgestellten Darlehensforderung gegenüber dem Insolvenzverwalter und nimmt die Forderung schriftlich binnen zwei Wochen nach Unterzeichnung dieser Vereinbarung zurück.

(2) Der Insolvenzverwalter nimmt diesen Verzicht an.

§ 2 Verzicht auf Schadenersatz

(1) Herr Dr. A… als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma R…S… GmbH erklärt den Verzicht auf die Geltendmachung von etwaigen Schadenersatzansprüchen gegen die …bank B… AG auf Grund einer möglichen Falschberatung im Zusammenhang mit dem ausgereichten Darlehen.

(2) Die …bank B… AG nimmt diesen Verzicht hiermit an.

§ 3 Abgeltung

Mit dieser Vereinbarung sind sämtliche Ansprüche zwischen den Beteiligten hinüber und herüber, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt abgegolten. […]“

Das über das Vermögen der Klägerin eröffnete Insolvenzverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts München vom 21.05.2015 nach Schlussverteilung aufgehoben.

Mit Vertrag vom 19./26.10.2018 trat die …bank die Darlehensforderung gegenüber der Klägerin sowie die dazugehörige Grundschuld an die Beklagte ab. In dem Vertrag heißt es:

„[…] § 1

Kaufgegenstand

Der Verkäuferin steht per 31.10.2018 aus der Geschäftsverbindung mit der Firma R… S… GmbH eine fällige Gesamtforderung in Höhe von

EUR 873.539,17 (i.W. […])

Zuzüglich 5 % Zinsen […] seit dem 01.11.2018 zu. Die Forderung resultiert aus dem zwischen der Verkäuferin und der Firma R… […] geschlossenen folgend genannten Darlehensvertrag:

IBAN […] vom 22.10.1996 über ursprünglich DEM 1.180.000,00 […]

Zur Absicherung der oben bezeichneten Forderung sind zu Gunsten der Verkäuferin folgenden Grundschulden eingetragen:

Amtsgericht Fürstenwalde, Grundbuch von Fürstenwalde Blatt …: Grundschuld Abt. III lfd. Nr. 1 über DM 117.000,00, Teileigentum Nr. …[…]

§ 3

Abtretung Forderung

Die Verkäuferin tritt hiermit unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Bezahlung des Gesamtkaufpreises die Kreditforderung zum Stichtag an den Käufer ab. Der Käufer nimmt die Abtretung an. […]

§ 4

Abtretung Grundschulden

Die zur Absicherung der oben bezeichneten Forderung bestellten brieflosen Grundschulden (s. § 1) des Vertrages werden mit allen rückständigen, laufenden und künftigen Zinsen, beginnend mit dem Tag der Beurkundung der Grundschuldbestellungsurkunden, nach Eingang des Kaufpreises an den Käufer, in notariell beglaubigter Form abgetreten. […]

Der Käufer übernimmt die jeweiligen Verpflichtungen der Verkäuferin aus den Sicherungsabreden und verpflichtet sich, die Sicherungsrechte unter Beachtung und im Rahmen der bestehenden Sicherungsabreden zu verwerten, zu übertragen und insbesondere die nicht akzessorischen Sicherungsrechte nach Erreichen des Sicherungszwecks abredegemäß an die Kreditnehmerin bzw. den Sicherungsgeber zurück zu übertragen oder freizugeben.[…]“

Am 03.12.2018 wurde die Beklagte als Gläubigerin der streitgegenständlichen Grundschuld im Grundbuch eingetragen. Aufgrund der der Beklagten erteilten vollstreckbaren Ausfertigung betreibt diese nunmehr die Zwangsvollstreckung.

Die Klägerin meint, sie habe einen Anspruch auf Löschung der Grundschuld, da die abgesicherte Forderung aufgrund der Verzichtsvereinbarung zwischen dem Insolvenzverwalter und der …bank erloschen sei.

Die Beklagte meint, die …bank habe in der Vereinbarung mit dem Insolvenzverwalter der Klägerin weder auf ihre Forderungen noch auf die eingetragenen Grundpfandrechte verzichtet. Dies folge aus dem Schreiben vom 22.1.2014 an den Insolvenzverwalter. Hinzu komme die Freigabe des belasteten Teileigentums aus dem Insolvenzbeschlag. Die Grundschuld nebst Forderung sei bereits vor dem Erwerb des Eigentums des Teileigentums durch die Klägerin eingetragen worden bzw. entstanden.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig erklärt sowie die Beklagte verurteilt, die Löschung der Grundschuld herbeizuführen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin könne der Beklagten gemäß § 1192 Abs. 1a BGB das Erlöschen der gesicherten Forderung entgegen halten. Diese sei nämlich infolge der Verzichtsvereinbarung und der darin enthaltenen Abgeltungsklausel erloschen. Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie wiederholt und vertieft ihre erstinstanzliche Argumentation, wonach sie Forderung und Grundschuld erworben habe, die Forderung noch bestehe und § 1192 Abs. 1a BGB nicht anwendbar sei.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 10.03.2023, Az. 12 O 107/22, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Soweit die Klägerin begehrt, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde für unzulässig zu erklären, handelt es sich um eine zulässige Vollstreckungsabwehrklage. Gemäß § 767 Abs. 1 ZPO ist eine Vollstreckungsabwehrklage zulässig, soweit der Vollstreckungsschuldner Einwendungen geltend macht, die den „durch das Urteil“ festgestellten Anspruch betreffen. Die Klageart ist aber auch (u.a.) gegen vollstreckbare Titel nach § 794 Nr. 5 ZPO zulässig (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 767 Rn. 7, vollstreckbare Urkunden) und richtet sich hier gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde, mit der die Grundschuld bewilligt wurde und in der sich der Sicherungsgeber der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde unterworfen hatte.

Die Klägerin macht auch Einwendungen im Sinne des § 767 Abs. 1 ZPO geltend, nämlich das vollständige Erlöschen der gesicherten Forderung vor Übertragung der Grundschuld auf die Beklagte (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 31. Aufl., § 767 Rn. 12, Erlöschen; BGH, Urteil vom 20.04.2018 – V ZR 106/17 -).

Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis für die Abwehrklage, nachdem die Beklagte eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde erhalten hat und daraus die Zwangsvollstreckung in das Eigentum der Klägerin betreibt.

2. Die Zwangsvollstreckung aus der streitgegenständlichen Grundschuld ist unzulässig. Der Grundschuld steht die dauerhafte Einrede des Erlöschens der gesicherten Forderung entgegen, die sich aus dem zwischen der Klägerin und dem …bank geschlossenen Darlehensvertrag vom 22.10.1996 (unter dem Abschnitt „Sicherungsabrede, Sicherungszweck“) ergibt.

a) Diese Einrede kann die Klägerin gemäß § 1192 Abs. 1a BGB auch der Beklagten als Erwerberin der Grundschuld entgegenhalten. § 1192 Abs. 1a BGB gilt gemäß Art. 229 § 18 Abs. 2 EGBGB für Gläubiger, deren Grundschulderwerb nach dem 19.08.2008 dinglich wirksam geworden ist (vgl. Herrler/Grüneberg, § 1192 Rn 2). Im vorliegenden Fall wurde die Abtretung der Grundschuld an die Beklagte am 03.12.2018 in das Grundbuch eingetragen und damit gemäß §§ 873, 1192 Abs. 1, 1115 BGB dinglich wirksam, d.h. nach dem o.g. Stichtag, so dass § 1192 Abs. 1a BGB anwendbar ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es für den Anwendungsbereich des § 1192 Abs. 1a BGB nicht auf den Zeitpunkt der Ersteintragung der Grundschuld, sondern denjenigen der Eintragung des Zweiterwerbs der Grundschuld an. Mit „Erwerb“ ist in § 1192 Abs. 1a BGB und in Art. 229 § 18 Abs. 2 EGBGB die Übertragung einer schon bestehenden Grundschuld auf einen nachfolgenden Gläubiger gemeint. Der Fall der Weiterübertragung einer bis zum 19.08.2008 gutgläubig erworbenen Grundschuld, die die bis dahin entstandenen Einreden in Wegfall bringen kann (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.2013 – V ZR 147/12 ), liegt hier nicht vor, da die hier maßgebliche Einrede erst im Jahr 2014 entstanden ist.

b) Bei der in Rede stehenden Grundschuld handelt es sich um eine Sicherungsgrundschuld im Sinne des § 1192 Abs. 1a BGB. Eine Sicherungsgrundschuld ist eine Fremdgrundschuld, die den Erwerber der Grundschuld (oder einen Dritten) wegen einer Forderung gegen den Eigentümer (oder einen Dritten) sichert, indem sie bei Nichterfüllung zu deren Befriedigung verwertet werden darf. Der Sicherungscharakter einer Grundschuld kann auch nachträglich begründet werden (vgl. Grüneberg/Herrler, BGB 82. Aufl., § 1191 Rn. 13). Der Sicherungscharakter der Grundschuld wurde hier – im Verhältnis der Klägerin zur …bank – mit der Sicherungsabrede vom 22.10.1996 begründet. Danach dient die Grundschuld der Sicherung „für alle bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen“ der …bank gegen die Klägerin.

Die Belastung mit der Erstgrundschuld setzte sich nach der Aufteilung zunächst an sämtlichen Miteigentumsteilen als Gesamtgrundschuld fort (vgl. BGH, Beschluss vom 09.02.2012 – V ZB 95/11; Müller in BeckOGKWEG, § 2 Rn. 40, 42). Die anschließende Verteilung nach § 1132 Abs. 2 BGB ändert an der Zuordnung der Grundschuld als Sicherungsobjekt für das Darlehen nichts. Denn die Gesamtgrundschuld zerfällt in selbständige Einzelgrundschulden im Rang der Gesamtgrundschuld (vgl. Herrler/Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 1132 Rn. 10). Die Sicherungsabrede im Darlehensvertrag ist so auszulegen, dass diese sich nach der Verteilung auf die dann entstandenen Einzelgrundschulden bezieht, so dass sich insbesondere der Charakter als Sicherungsgrundschuld im Sinne des § 1192 Abs. 1a BGB durch die Verteilung nicht ändert.

c) Forderungen, die noch von der Sicherungsabrede erfasst sein könnten, sind mit der Verzichtsvereinbarung zwischen der …bank und dem Insolvenzverwalter der Klägerin gemäß § 397 Abs. 1 BGB erloschen. Die gebotene Auslegung der Verzichtserklärung führt zum Erlöschen der gesicherten Forderung.

In § 1 der Verzichtsvereinbarung verzichtet die …bank ausdrücklich auf den Rückzahlungsanspruch aus dem Darlehen, jedenfalls soweit die …bank diese Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet hatte. Soweit darüber hinaus noch Forderungen der …bank gegenüber der Klägerin bestanden haben sollten, sind diese von der umfassenden Abgeltungsklausel in § 3 der Verzichtsvereinbarung erfasst, die ausdrücklich „sämtliche Ansprüche zwischen den Beteiligten hinüber und herüber, gleich aus welchem Rechtsgrund, gleich ob bekannt oder unbekannt“ betrifft. Die Verzichtsvereinbarung lässt den unmissverständlichen rechtsgeschäftlichen Willen der …bank erkennen, auf sämtliche Forderungen gegen die Klägerin zu verzichten. Eine solche Vereinbarung ist als Erlassvertrag im Sinne des § 397 Abs. 1 BGB anzusehen, der als verfügender Vertrag zum unmittelbaren Wegfall der betroffenen Forderungen führt (vgl. Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 397 Rn. 2).

Der Insolvenzverwalter war gemäß § 80 InsO zur Verfügung über das Vermögen der Klägerin befugt und konnte daher die Verzichtsvereinbarung mit Wirkung für und gegen die Klägerin abschließen. Mit Ausnahme der Eigenverwaltung (§§ 270 ff. InsO) tritt mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Insolvenzverwalter in sämtliche vermögensrechtliche Positionen des Insolvenzschuldners ein mit der Folge, dass ihm die gleichen Rechte zustehen und die gleichen Pflichten obliegen wie dem Insolvenzschuldner selbst (vgl. Uhlenbruck/Mock, 15. Aufl. 2019, InsO § 80 Rn. 71). Rechtsgeschäftliche Erklärungen des Insolvenzverwalters binden den Insolvenzschuldner unmittelbar. Der Verwalter tritt zwar in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter auf und gibt die Willenserklärung im eigenen Namen ab, verpflichtet wird jedoch unmittelbar die Insolvenzmasse bzw. der Insolvenzschuldner (vgl. Uhlenbruck/Mock InsO § 80 Rn. 64). Dies hat zur Folge, dass die Verzichtsvereinbarung sämtliche Forderungen der …bank gegenüber der Klägerin unmittelbar zum Erlöschen gebracht hat.

Die Verzichtsvereinbarung ist nicht so auszulegen, dass die Forderung nur im Rahmen des Insolvenzverfahrens nicht geltend gemacht werden sollte und im Übrigen noch mit der Grundschuld als Sicherungsmittel bestehen bleibt. Zwar ist es grundsätzlich gemäß § 201 Abs. 1 InsO möglich, dass ein Insolvenzgläubiger seine Forderung gar nicht erst im Insolvenzverfahren geltend macht, sondern erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Bei nicht-natürlichen Personen – wie hier – findet auch keine Restschuldbefreiung nach den §§ 286 ff. InsO statt, so dass eine Forderung gegen den Insolvenzschuldner auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens weiter bestehen kann.

Im vorliegenden Fall lässt sich jedoch weder dem Wortlaut noch der Systematik der Verzichtsvereinbarung entnehmen, dass sie eine solche – nur auf das Insolvenzverfahren beschränkte – Wirkung entfalten sollte. Der gewählten Formulierung eines „Verzichts auf die Geltendmachung der … Darlehensforderung“ lässt sich eine Beschränkung auf das Insolvenzverfahren nicht entnehmen. Der Begriff „Verzicht“ entspricht der Terminologie des Gesetzes in § 306 ZPO und wird häufig synonym bei der Vereinbarung eines Erlassvertrages im Sinne des § 397 BGB verwendet (vgl. Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 397 Rn. 4). Dies ist insbesondere juristisch geschulten Personen bekannt, so dass davon auszugehen ist, dass die beschriebene Wortbedeutung den vertragsschließenden Personen sowohl auf Seiten der …bank als auch auf Seiten des Insolvenzverwalters bekannt war. Für eine juristisch korrekte Verwendung des Wortes „Verzicht“ spricht auch die zusätzliche Formulierung „…nimmt diesen Verzicht an“, die deutlich macht, dass es sich um eine vertragliche, d.h. zweiseitige, Erklärung handelt. Aus der Wahl des Wortes „Geltendmachung“ lässt sich eine den Verzicht auf das Insolvenzverfahren beschränkende Wirkung nicht herleiten, insbesondere heißt es nicht „Geltendmachung im Insolvenzverfahren“. Hinzu kommt, dass die Abgeltungsklausel in § 3 umfassend ist und damit „sämtliche Ansprüche […] abgegolten“ sein sollten. Auch diese Formulierung entspricht dem üblichen juristischen Sprachgebrauch für eine endgültige Beilegung.

Schließlich spricht auch die Interessenlage der Vertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für einen endgültigen Erlass der Forderungen der …bank gegen die Klägerin. Denn im Gegenzug für den Forderungserlass der …bank verzichtete der Insolvenzverwalter (mit Wirkung gegen die Klägerin) auf etwaige Schadenersatzansprüche gegen die …bank wegen Falschberatung im Zusammenhang mit dem Darlehensvertrag. Da der Insolvenzverwalter zur Wahrung der Gesamtinteressen der Insolvenzgläubiger verpflichtet ist (vgl. Uhlenbruck/Mock, 15. Aufl. 2019, InsO § 80 Rn. 92), wäre er auch verpflichtet gewesen, etwaigen Schadenersatzansprüchen der Insolvenzschuldnerin gegenüber der …bank im Insolvenzverfahren nachzugehen. Ohne die Verzichtsvereinbarung wäre die …bank der Schadenersatzforderung des Insolvenzverwalters in voller Höhe ausgesetzt gewesen. Ein solcher Anspruch gegen die …bank wäre in voller Höhe der Insolvenzmasse zugeflossen, während die …bank im Gegenzug nur eine quotale Befriedigung ihrer Forderung hätte erwarten können. Dass die Schadenersatzforderung der Insolvenzschuldnerin von vorneherein nicht werthaltig war, liegt angesichts des klageabweisenden Urteils des Landgerichts München fern. Auch der (spätere) Eintritt der Verjährung des Schadenersatzanspruches wäre für die …bank ohne Nutzen gewesen, weil eine Verjährung wegen § 215 BGB eine bereits bestehende Aufrechnungslage nicht zum Wegfall gebracht hätte – ungeachtet der (naheliegenden) Möglichkeit, dass eine Aufrechnung bereits im Verfahren vor dem Landgericht München erklärt worden war. Unter Berücksichtigung dieser Umstände lag eine endgültige Regelung der gegenseitigen Forderungen auch im Interesse der …bank. Eine auf das Insolvenzverfahren beschränkte Wirkung der Verzichtsvereinbarung hätte einerseits die übrigen Insolvenzgläubiger (möglicherweise) wegen des Wegfalls eines werthaltigen Anspruchs aus der Insolvenzmasse benachteiligt, während sich andererseits die wirtschaftliche und rechtliche Lage der …bank – insbesondere vor dem Hintergrund der Möglichkeit der Klägerin, das Berufungsverfahren wieder aufzunehmen – gar nicht wesentlich verbessert hätte. Gemäß § 157 BGB sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, so dass die beschriebenen Umstände eine Auslegung der Verzichtsvereinbarung im Sinne eines endgültigen Erlasses gebieten.

Die von der Beklagten angeführten Begleitumstände ändern an der Auslegung im Ergebnis nichts. Die vorherige Freigabe der Teileigentumseinheiten aus dem Insolvenzbeschlag durch den Insolvenzverwalter erfolgte bereits unmittelbar nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2010 und steht schon zeitlich nicht im Zusammenhang mit den Vertragsverhandlungen im Jahr 2014. In sachlicher Hinsicht diente die Freigabe ersichtlich dem Ziel, die Insolvenzmasse nicht unnötig mit (vermeidbaren) Verbindlichkeiten zu belasten. Denn angesichts der den Wert der Immobilie übersteigenden dinglichen Belastung und der vorrangigen abgesonderten Befriedigung daraus nach § 49 InsO sowie der laufenden Kosten für die Immobilie, war mit einem Vermögenszufluss aus der Immobilie zugunsten der Insolvenzmasse nicht zu rechnen. Soweit die …bank im Schreiben vom 22.01.2014 geäußert hat, auf die bestellten Grundpfandrechte nicht verzichten zu wollen, hat die Verzichtsvereinbarung hinsichtlich der Darlehensforderung jedoch – wie dargelegt – eine deutlich weitreichendere Formulierung erhalten und beschränkt sich gerade nicht auf den Verzicht der Forderungsanmeldung. Soweit die …bank davon ausgegangen ist, trotz Wegfalls der Darlehensforderung noch isoliert aus der Grundschuld vorgehen zu können, handelt es sich um einen Rechtsirrtum, der nicht die Auslegung berührt, sondern allenfalls im Rahmen einer – hier nicht erklärten – Anfechtung nach § 119 BGB wegen Inhaltsirrtums relevant werden könnte. Auf die – unter Beweis gestellten – subjektiven Vorstellungen der auf Seiten der …bank handelnden Mitarbeiter bei Vertragsschluss kommt es daher nicht an. Soweit die Beklagte schließlich offene Wohngeldschulden der Klägerin ins Feld führt, sind diese jedenfalls nicht durch die streitgegenständliche Grundschuld gesichert.

3. Die Klägerin kann auch die Löschung der Grundschuld verlangen.

Schuldrechtlich stand der Klägerin aufgrund der Sicherungsabrede (Ziffer 1.6) nach Erlöschen der gesicherten Forderung zunächst ein durch den Wegfall des Sicherungszwecks aufschiebend bedingter Rückgewähranspruch gegen die …bank zu (vgl. Herrler/Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 1191 Rn. 26). Dieser in der Sicherungsabrede als „Freigabe“ bezeichnete Anspruch richtet sich nach Wahl des Gläubigers auf Übertragung, Verzicht oder Aufhebung. Die Beklagte hat in § 4 des Forderungskaufvertrages vom 19./26.10.2018 die Rückübertragungsverpflichtung als eigene Verpflichtung übernommen. Dieser zwischen der Beklagten und der …bank geschlossene Vertrag ist im Verhältnis zur Klägerin als (echter) Vertrag zugunsten Dritter im Sinne des § 328 BGB anzusehen, so dass die Klägerin berechtigt ist, den Rückgewährsanspruch unmittelbar gegenüber der Beklagten geltend zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 25.10.1984 – IX ZR 142/83 -).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Streitentscheidend ist hier die Auslegung der individualvertraglichen Verzichtsvereinbarung, der keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im Übrigen ist die Zulassung der Revision weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.


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