Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Verkehrsunfall nach Rotlichtverstoß: LG Tübingen spricht Schmerzensgeld und Schadensersatz zu
- Unfallhergang: Kollision auf Kreuzung nach eindeutigem Rotlichtverstoß
- Unfallfolgen: Langwierige Behandlung nach Verletzungen an Knie und Knöchel
- Streitpunkt vor Gericht: Angemessene Höhe von Schmerzensgeld und Schadensersatz
- Entscheidung des Landgerichts Tübingen zum Schmerzensgeld: 16.000 Euro zugesprochen
- Zusätzlicher Schadensersatz für finanzielle Einbußen zugesprochen
- Begründung der Entscheidung: Alleinige Schuld des Unfallverursachers unstrittig
- Kosten des Rechtsstreits: Teilung entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen
- Fazit: Versicherung muss nachzahlen, aber nicht die volle Forderung
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche Arten von Schäden kann ich nach einem Verkehrsunfall mit Rotlichtverstoß geltend machen?
- Wie wird die Höhe des Schmerzensgeldes bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden bemessen?
- Was ist ein Haushaltsführungsschaden und wie wird dieser berechnet?
- Welche Beweismittel sind wichtig, um meine Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend zu machen?
- Wie lange habe ich Zeit, meine Ansprüche nach einem Verkehrsunfall mit Rotlichtverstoß geltend zu machen (Verjährung)?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Hinweise und Tipps
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 5 O 9/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Tübingen
- Datum: 25.03.2025
- Aktenzeichen: 5 O 9/24
- Verfahrensart: Urteil
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Die Klägerin machte Zahlungsansprüche gegen die Beklagte geltend, unter anderem auf Schmerzensgeld. Ihre Klage war teilweise erfolgreich. Sie muss 60% der Verfahrenskosten tragen.
- Beklagte: Die Beklagte wurde zur Zahlung von Schmerzensgeld (abzüglich einer bereits geleisteten Zahlung) sowie weiterer Geldbeträge nebst Zinsen an die Klägerin verurteilt. Sie muss 40% der Verfahrenskosten tragen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagte muss an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 16.000 Euro zahlen, wobei bereits gezahlte 13.000 Euro abgezogen werden. Auf den Restbetrag von 3.000 Euro sind Zinsen zu zahlen. Zusätzlich muss die Beklagte weitere Geldbeträge in Höhe von 33.043,52 Euro, 5.335,20 Euro, 90 Euro, 60 Euro, 25 Euro und 2.286,74 Euro, jeweils nebst Zinsen zu unterschiedlichen Zeitpunkten, an die Klägerin zahlen. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits (einschließlich eines früheren Verfahrens mit dem Aktenzeichen 5 OH 19/20) werden zu 60% von der Klägerin und zu 40% von der Beklagten getragen.
Der Fall vor Gericht
Verkehrsunfall nach Rotlichtverstoß: LG Tübingen spricht Schmerzensgeld und Schadensersatz zu

Das Landgericht Tübingen hat in einem Urteil (Az.: 5 O 9/24 vom 25.03.2025) über die Ansprüche einer Autofahrerin entschieden, die bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall verletzt wurde. Im Mittelpunkt standen die Höhe des angemessenen Schmerzensgeldes und der Ersatz weiterer finanzieller Schäden, nachdem die Haftung der gegnerischen Versicherung dem Grunde nach unstrittig war.
Unfallhergang: Kollision auf Kreuzung nach eindeutigem Rotlichtverstoß
Der Unfall ereignete sich bereits im Jahr 2015 gegen 14:21 Uhr auf einer Kreuzung in Tübingen (…straße / … Str. …). Die Fahrerin eines Toyota befuhr die Kreuzung bei grüner Ampel mit einer Geschwindigkeit von etwa 40 km/h. Gleichzeitig näherte sich auf der kreuzenden Straße ein Citroen, dessen Fahrer mit über 50 km/h unterwegs war und dabei eine rote Ampel missachtete (Rotlichtverstoß).
Auf der Kreuzung kam es zur ungebremsten Kollision der beiden Fahrzeuge. Der Hergang des Unfalls war zwischen den Parteien unstrittig. Ebenso unstrittig war die alleinige Haftung des Fahrers des Citroen bzw. dessen Haftpflichtversicherung für die Unfallfolgen. Die Versicherung war somit grundsätzlich verpflichtet, der geschädigten Toyota-Fahrerin den entstandenen Schaden zu ersetzen.
Unfallfolgen: Langwierige Behandlung nach Verletzungen an Knie und Knöchel
Die Fahrerin des Toyota wurde bei dem Unfall verletzt. Das Urteil nennt explizit Verletzungen am rechten Knöchel und am rechten Knie. Unmittelbar nach dem Unfall musste sie bis zum 29. Januar 2015 stationär im Krankenhaus behandelt werden.
Auch im darauffolgenden Jahr (… bis … 2016 – genaue Daten im Urteilstext nicht genannt) war ein weiterer stationärer Krankenhausaufenthalt notwendig. In der Zeit nach den Krankenhausaufenthalten klagte die Geschädigte über diverse Schmerzbereiche. Aus diesem Grund wurden weitere Untersuchungen, auch mittels bildgebender Verfahren (wie Röntgen oder MRT), durchgeführt, um die Ursachen und das Ausmaß der Beschwerden abzuklären.
Vor dem Unfall war die Frau berufstätig gewesen und hatte zudem den Haushalt für sich, ihren ebenfalls vollzeitig berufstätigen Ehemann und ihren Sohn (der 2021 das Gymnasium abschloss) geführt. Diese Informationen deuten darauf hin, dass durch den Unfall möglicherweise auch Verdienstausfall und ein sogenannter Haushaltsführungsschaden (die Unfähigkeit, den Haushalt wie gewohnt zu führen) entstanden sein könnten, was bei der Bezifferung der Schadensersatzansprüche eine Rolle gespielt haben dürfte.
Streitpunkt vor Gericht: Angemessene Höhe von Schmerzensgeld und Schadensersatz
Da die alleinige Schuld des Citroen-Fahrers feststand, konzentrierte sich der Rechtsstreit vor dem Landgericht Tübingen auf die Höhe der Entschädigung. Die verletzte Autofahrerin forderte ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro für die erlittenen Verletzungen, Schmerzen und Beeinträchtigungen.
Die gegnerische Haftpflichtversicherung hatte vor dem Gerichtsverfahren bereits eine Zahlung in Höhe von 13.000 Euro geleistet. Diesen Betrag hatte die Versicherung nach eigenen Angaben vollständig auf das geforderte Schmerzensgeld angerechnet.
Neben dem Schmerzensgeld machte die Geschädigte weitere finanzielle Schäden geltend. Diese summierten sich auf erhebliche Beträge, wie aus den einzelnen Ziffern der Klageanträge und des Urteilstenors hervorgeht (z.B. über 33.000 Euro, über 5.000 Euro etc.). Wofür genau diese Beträge gefordert wurden (z.B. Verdienstausfall, Behandlungskosten, Kosten für Haushaltshilfe, Fahrtkosten), wird im vorliegenden Urteilstext nicht detailliert aufgeschlüsselt. Der Streitwert des gesamten Verfahrens wurde vom Gericht auf bis zu 96.000 Euro festgesetzt, was die Gesamthöhe der ursprünglichen Forderungen der Klägerin widerspiegelt.
Entscheidung des Landgerichts Tübingen zum Schmerzensgeld: 16.000 Euro zugesprochen
Das Gericht prüfte die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Schwere der Verletzungen, die Dauer der Behandlung und die erlittenen Schmerzen, um über die Angemessenheit des geforderten Schmerzensgeldes zu entscheiden.
Das Landgericht Tübingen sprach der verletzten Fahrerin ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 16.000 Euro zu. Da die Versicherung bereits 13.000 Euro gezahlt hatte, wurde sie verurteilt, weitere 3.000 Euro an die Geschädigte zu zahlen. Auf diesen Restbetrag sind zudem Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2024 zu leisten. Das Gericht hielt also einen etwas geringeren Betrag als die geforderten 20.000 Euro für angemessen, aber mehr, als die Versicherung zunächst freiwillig gezahlt hatte.
Zusätzlicher Schadensersatz für finanzielle Einbußen zugesprochen
Neben dem Schmerzensgeld verurteilte das Gericht die Haftpflichtversicherung zur Zahlung weiterer Schadensersatzbeträge für materielle bzw. finanzielle Verluste der Geschädigten. Diese setzen sich aus verschiedenen Posten zusammen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig wurden und entsprechend verzinst werden müssen:
- 33.043,52 Euro: Dieser Betrag setzt sich aus mehreren Teilbeträgen zusammen, für die Zinsen ab unterschiedlichen Daten (seit 1.8.2017, 7.6.2018, 4.1.2020, 22.5.2020 und 17.1.2024) zu zahlen sind.
- 5.335,20 Euro: Hierfür sind Zinsen seit dem 20.10.2020 geschuldet.
- 90,00 Euro sowie 60,00 Euro: Auch hier sind Zinsen seit dem 20.10.2020 zu zahlen.
- 25,00 Euro: Zinsen sind seit dem 1.8.2017 zu leisten.
- 2.286,74 Euro: Dieser Betrag teilt sich auf, mit Zinsen aus 1.358,86 Euro seit 29.7.2017 bzw. 20.10.2020 und aus 927,18 Euro seit 6. (?) Februar 2021. (Hinweis: Das Datum „66.2.2021“ im Originaltext ist offensichtlich ein Tippfehler und wurde hier interpretiert).
Die genaue Zusammensetzung dieser Beträge (z.B. Verdienstausfall, Heilbehandlungskosten, Haushaltsführungsschaden, Fahrtkosten) wird im Urteilstext nicht näher erläutert. Es handelt sich jedoch um konkrete finanzielle Nachteile, die das Gericht als ersatzfähig ansah und der Geschädigten zusprach.
Begründung der Entscheidung: Alleinige Schuld des Unfallverursachers unstrittig
Die Grundlage für die Verurteilung der Versicherung zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz war die unstreitige alleinige Haftung ihres Versicherungsnehmers für den Unfall. Der klare Rotlichtverstoß des Citroen-Fahrers war die alleinige Ursache für die Kollision und die daraus resultierenden Schäden und Verletzungen der Toyota-Fahrerin, die ihrerseits bei Grün gefahren war.
Das Gericht musste daher nicht mehr klären, wer den Unfall verursacht hat, sondern nur noch, in welcher Höhe die geltend gemachten Schäden berechtigt und angemessen waren. Die zugesprochenen Beträge spiegeln die Einschätzung des Gerichts wider, welche finanziellen Nachteile und immateriellen Beeinträchtigungen (Schmerzen) die Geschädigte durch den Unfall erlitten hat und welche davon nachweislich ersatzfähig sind.
Kosten des Rechtsstreits: Teilung entsprechend dem Obsiegen und Unterliegen
Obwohl die geschädigte Fahrerin einen erheblichen Betrag zugesprochen bekam, wurden ihre ursprünglichen Forderungen nicht in voller Höhe anerkannt. Das Gericht wies die Klage im Übrigen ab (Ziffer 7 des Tenors). Dies bedeutet, dass Teile ihrer Ansprüche (die über die zugesprochenen Beträge hinausgingen) als unbegründet angesehen wurden.
Diese teilweise Abweisung der Klage spiegelt sich in der Kostenentscheidung wider (Ziffer 8 des Tenors). Die Kosten des gesamten Rechtsstreits (Gerichtskosten und Anwaltskosten beider Seiten), einschließlich eines vorangegangenen Verfahrens (OH-Verfahren 5 OH 19/20), wurden nicht vollständig der unterlegenen Versicherung auferlegt. Stattdessen wurde eine Kostenquote gebildet:
- Die verletzte Fahrerin (die Klägerin im juristischen Sinne) muss 60 % der Kosten tragen.
- Die Haftpflichtversicherung (die Beklagte im juristischen Sinne) muss 40 % der Kosten tragen.
Diese Verteilung entspricht dem Verhältnis, in dem die Parteien im Prozess gewonnen bzw. verloren haben. Da die Klägerin nicht mit all ihren Forderungen durchdrang (vgl. Streitwert bis 96.000 € vs. zugesprochene Summen), muss sie einen größeren Teil der Kosten selbst tragen.
Das Urteil ist zudem vorläufig vollstreckbar, allerdings nur gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Das bedeutet, die Fahrerin kann die Zahlung der zugesprochenen Beträge von der Versicherung verlangen, muss aber selbst Sicherheit leisten, falls das Urteil in einer höheren Instanz noch geändert werden sollte.
Fazit: Versicherung muss nachzahlen, aber nicht die volle Forderung
Das Landgericht Tübingen bestätigte den Anspruch der bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall verletzten Autofahrerin auf Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz. Die alleinige Haftung des Unfallverursachers aufgrund eines Rotlichtverstoßes war unstrittig. Das Gericht sprach insgesamt 16.000 Euro Schmerzensgeld zu, wovon 13.000 Euro bereits gezahlt waren. Zusätzlich muss die Versicherung über 40.000 Euro für weitere finanzielle Schäden zahlen. Da die Klägerin jedoch nicht alle ihre ursprünglichen Forderungen durchsetzen konnte, muss sie 60% der Prozesskosten selbst tragen. Das Urteil zeigt, dass auch bei klarer Haftungslage die Höhe der Entschädigung oft gerichtlich geklärt werden muss.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass bei Verkehrsunfällen mit Personenschaden erheblich mehr als nur Schmerzensgeld beansprucht werden kann, darunter Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden und Ersatz für vermehrte Bedürfnisse. Bei schweren Verletzungen mit dauerhaften Einschränkungen bemisst sich die Entschädigung nach der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Wichtig ist, dass Geschädigte alle Ansprüche detailliert dokumentieren und geltend machen, wobei Versicherungen häufig nicht die volle Schadenshöhe anerkennen, sodass eine gerichtliche Durchsetzung notwendig werden kann.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche Arten von Schäden kann ich nach einem Verkehrsunfall mit Rotlichtverstoß geltend machen?
Wenn Sie unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt wurden, weil eine andere Person beispielsweise das Rotlicht missachtet hat, haben Sie grundsätzlich Anspruch darauf, dass der Verursacher oder dessen Versicherung die Ihnen entstandenen Schäden ersetzt. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht vor, dass der Schädiger den Zustand wiederherstellen muss, der ohne den Unfall bestehen würde (§ 249 BGB). Dies umfasst verschiedene Schadensarten:
Materielle Schäden (Schäden an Sachen)
Dies sind alle Schäden, die Ihr Eigentum betreffen und sich direkt in Geld beziffern lassen. Dazu gehören vor allem:
- Reparaturkosten: Die Kosten, um Ihr Fahrzeug wieder in den Zustand vor dem Unfall zu versetzen. Sie können die tatsächlichen Kosten nach erfolgter Reparatur (mit Rechnung) oder die geschätzten Kosten laut einem Sachverständigengutachten (fiktive Abrechnung) verlangen.
- Totalschaden: Wenn eine Reparatur nicht mehr möglich oder wirtschaftlich unsinnig ist (Reparaturkosten übersteigen den Wert des Autos vor dem Unfall), können Sie den Wiederbeschaffungswert für ein gleichwertiges Fahrzeug verlangen. Davon wird der Restwert Ihres beschädigten Autos abgezogen.
- Wertminderung (Merkantiler Minderwert): Auch wenn Ihr Fahrzeug fachgerecht repariert wurde, kann es sein, dass es bei einem späteren Verkauf weniger wert ist, weil es ein „Unfallwagen“ ist. Diese Wertminderung ist ein ersatzfähiger Schaden.
- Nutzungsausfallentschädigung: Für die Zeit, in der Sie Ihr Fahrzeug wegen der Reparatur oder bis zur Beschaffung eines neuen Fahrzeugs nicht nutzen können, steht Ihnen eine Entschädigung zu. Die Höhe richtet sich nach dem Fahrzeugtyp und der Ausfalldauer.
- Mietwagenkosten: Alternativ zur Nutzungsausfallentschädigung können Sie die Kosten für einen Mietwagen für die Dauer des Ausfalls Ihres Fahrzeugs geltend machen. Hierbei ist meist ein vergleichbares, oft eine Klasse niedrigeres Fahrzeug anzumieten.
- Weitere Sachschäden: Wurden bei dem Unfall auch andere Gegenstände beschädigt (z.B. Brille, Handy, Kleidung, Ladung), sind auch diese Schäden zu ersetzen.
- Unfallbedingte Nebenkosten: Kosten für das Abschleppen des Fahrzeugs, die Erstellung eines Sachverständigengutachtens zur Schadensfeststellung, An- und Abmeldegebühren für ein neues Fahrzeug oder auch eine allgemeine Kostenpauschale für Telefonate und Porto können ebenfalls geltend gemacht werden.
Immaterielle Schäden (Personenschäden)
Wenn Sie bei dem Unfall verletzt wurden, haben Sie neben den Sachschäden auch Anspruch auf Ausgleich für die erlittenen Beeinträchtigungen Ihrer Gesundheit.
- Schmerzensgeld: Dies ist ein finanzieller Ausgleich für körperliche und seelische Schmerzen, Leiden und Beeinträchtigungen, die Sie durch den Unfall erlitten haben (§ 253 BGB). Die Höhe des Schmerzensgeldes ist immer eine Einzelfallentscheidung und hängt von vielen Faktoren ab, wie der Schwere und Art der Verletzungen, der Dauer der Behandlung, möglichen Dauerfolgen und der Beeinträchtigung im Alltag.
- Heilbehandlungskosten: Alle Kosten für ärztliche Behandlungen, Krankenhausaufenthalte, Medikamente, Physiotherapie, Rehabilitation und ähnliches, die nicht von Ihrer Krankenkasse oder anderen Versicherungsträgern übernommen werden.
Weitere finanzielle Nachteile
Unfälle können auch zu weiteren finanziellen Einbußen führen, die ersetzt werden müssen.
- Verdienstausfall: Wenn Sie aufgrund der Unfallverletzungen vorübergehend oder dauerhaft nicht arbeiten können, muss der Ihnen entgangene Verdienst ersetzt werden. Dies umfasst die Differenz zwischen Ihrem Nettoeinkommen und dem, was Sie eventuell als Lohnfortzahlung oder Krankengeld erhalten. Für Selbstständige wird der entgangene Gewinn ersetzt.
- Beispielhafte Berechnung für Arbeitnehmer: Nettoverdienstausfall = Regelmäßiges Nettoeinkommen – Erhaltene Lohnersatzleistungen (z.B. Krankengeld)
- Haushaltsführungsschaden: Können Sie verletzungsbedingt Ihren Haushalt (z.B. Putzen, Kochen, Einkaufen, Kinderbetreuung) nicht mehr oder nur noch eingeschränkt führen, stellt dies einen ersatzfähigen Schaden dar. Der Schaden bemisst sich nach dem Aufwand, den eine fiktive oder tatsächliche Hilfskraft hätte. Sie müssen darlegen, welche Tätigkeiten in welchem Umfang nicht mehr möglich sind.
- Vermehrte Bedürfnisse: Entstehen Ihnen durch die Verletzung dauerhaft zusätzliche Kosten, zum Beispiel für Pflege, Umbauten in der Wohnung oder spezielle Hilfsmittel, sind auch diese als vermehrte Bedürfnisse zu ersetzen.
Ein Rotlichtverstoß des Unfallgegners führt in der Regel zu dessen voller Haftung, sodass die genannten Schäden meist vollständig von der gegnerischen Haftpflichtversicherung übernommen werden müssen, sofern Sie selbst keine Mitschuld am Unfall tragen.
Wie wird die Höhe des Schmerzensgeldes bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden bemessen?
Die Höhe des Schmerzensgeldes nach einem Verkehrsunfall mit Verletzungen wird nicht pauschal festgelegt, sondern immer individuell für den Einzelfall bestimmt. Es dient dazu, die erlittenen Schmerzen, Leiden und die Beeinträchtigung der Lebensfreude – also sogenannte immaterielle Schäden – auszugleichen (Ausgleichsfunktion) und dem Geschädigten eine gewisse Genugtuung für das Erlittene zu verschaffen (Genugtuungsfunktion).
Gerichte berücksichtigen bei der Bemessung eine Vielzahl von Faktoren, um eine gerechte und angemessene Entschädigung festzulegen.
Die Art und Schwere der Verletzungen
Dies ist oft der wichtigste Faktor. Ein leichter blauer Fleck oder eine Prellung wird naturgemäß geringer entschädigt als beispielsweise:
- Knochenbrüche, insbesondere komplizierte Frakturen.
- Verletzungen der inneren Organe.
- Schädel-Hirn-Traumata.
- Schwere psychische Beeinträchtigungen wie posttraumatische Belastungsstörungen.
Je schwerwiegender die Verletzung und je stärker die damit verbundenen Schmerzen und Einschränkungen im Alltag sind, desto höher fällt in der Regel das Schmerzensgeld aus.
Dauer der Behandlung und bleibende Schäden
Auch die Dauer der medizinischen Behandlung und der Heilungsprozess spielen eine große Rolle. Langwierige Krankenhausaufenthalte, wiederholte Operationen oder lang andauernde Rehabilitationsmaßnahmen können das Schmerzensgeld erhöhen.
Besonders relevant sind bleibende Schäden (Dauerschäden). Wenn durch den Unfall dauerhafte körperliche Einschränkungen (z.B. Bewegungseinschränkungen, Lähmungen), chronische Schmerzen, Entstellungen (z.B. Narben im Gesicht) oder psychische Langzeitfolgen zurückbleiben, wirkt sich dies erheblich auf die Höhe des Schmerzensgeldes aus. Hierbei wird auch das Alter des Geschädigten berücksichtigt, da eine dauerhafte Beeinträchtigung für eine jüngere Person oft andere lebenslange Konsequenzen hat als für eine ältere Person.
Weitere wichtige Aspekte
- Vergleichbare Gerichtsurteile (Schmerzensgeldtabellen): Gerichte orientieren sich häufig an sogenannten Schmerzensgeldtabellen (z.B. Beck’sche Schmerzensgeldtabelle, Celler Schmerzensgeldtabelle). Diese Tabellen sammeln Urteile zu vergleichbaren Verletzungsfällen. Wichtig: Diese Tabellen sind keine verbindlichen Preislisten, sondern dienen lediglich als Orientierungshilfe.
- Ermessensspielraum des Gerichts: Jede Verletzung und jeder Heilungsverlauf sind einzigartig. Daher hat das Gericht einen erheblichen Ermessensspielraum, um alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Es berücksichtigt die individuellen Auswirkungen der Verletzung auf das Leben des Geschädigten.
- Dokumentation: Eine sorgfältige und lückenlose Dokumentation der Verletzungen, der Behandlung, der Schmerzen und der daraus resultierenden Einschränkungen (z.B. durch ärztliche Atteste, Gutachten, aber auch durch ein Schmerztagebuch) ist entscheidend. Sie dient als Nachweis für das Gericht, um das Ausmaß der Beeinträchtigungen nachvollziehen zu können.
- Verhalten des Schädigers: Unter Umständen kann auch das Verhalten des Unfallverursachers eine Rolle spielen, insbesondere bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz (wie z.B. einem Rotlichtverstoß). Dies kann die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes stärker betonen.
Die Festlegung der Schmerzensgeldhöhe ist also eine komplexe Einzelfallentscheidung, bei der viele persönliche und medizinische Umstände berücksichtigt werden müssen.
Was ist ein Haushaltsführungsschaden und wie wird dieser berechnet?
Ein Haushaltsführungsschaden ist ein finanzieller Nachteil, der Ihnen entstehen kann, wenn Sie nach einem Unfall, wie zum Beispiel einem Verkehrsunfall, Ihren Haushalt aufgrund Ihrer Verletzungen nicht mehr oder nur noch teilweise führen können.
Was genau ist der Haushaltsführungsschaden?
Stellen Sie sich vor, Sie konnten vor dem Unfall problemlos kochen, putzen, einkaufen oder die Wäsche machen. Wenn Sie diese Tätigkeiten wegen Ihrer Verletzungen nun gar nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erledigen können, fehlt Ihre Arbeitsleistung im Haushalt. Diese ausgefallene Arbeitsleistung stellt einen Schaden dar, der ersetzt werden kann.
Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob Sie berufstätig sind oder ausschließlich den Haushalt geführt haben. Es spielt auch zunächst keine Rolle, ob Sie tatsächlich eine externe Haushaltshilfe einstellen. Der Wert Ihrer Arbeit im Haushalt ist auch dann ein ersatzfähiger Schaden, wenn Sie sich behelfen müssen oder Angehörige unentgeltlich einspringen.
Wie wird der Schaden berechnet?
Ziel der Berechnung ist es, den finanziellen Wert der Haushaltsarbeit zu bestimmen, die Sie verletzungsbedingt nicht mehr leisten können. Es gibt verschiedene Wege, dies zu tun:
- Konkrete Kosten: Wenn Sie tatsächlich eine Haushaltshilfe einstellen müssen, können die nachweisbaren Kosten dafür als Schaden geltend gemacht werden.
- Schätzung des Wertes (Fiktive Berechnung): Wenn keine Haushaltshilfe eingestellt wird, muss der Wert Ihrer ausgefallenen Arbeit geschätzt werden. Gerichte orientieren sich hierbei oft an:
- Tabellen: Es gibt spezielle Tabellen (wie z.B. anerkannte Bewertungstabellen für Haushaltsführung), die Richtwerte für den Zeitaufwand verschiedener Haushaltstätigkeiten je nach Haushaltsgröße enthalten. Anhand dieser Tabellen kann der wöchentliche Zeitaufwand für die Haushaltsführung ermittelt werden.
- Stundenlohn: Der ermittelte Zeitaufwand wird dann mit einem angemessenen Stundenlohn bewertet. Oft wird hierfür der Netto-Stundenlohn einer vergleichbaren professionellen Haushaltshilfe herangezogen.
Die genaue Höhe des Schadens hängt immer vom Einzelfall ab. Wichtige Faktoren sind dabei:
- Der Umfang Ihrer Beeinträchtigung (Wie viele Stunden pro Woche können Sie weniger im Haushalt arbeiten?).
- Die Dauer der Beeinträchtigung.
- Die Größe und Art Ihres Haushalts (z.B. Anzahl der Personen, Wohnungsgröße).
Was ist noch wichtig zu wissen?
Auch wenn Sie den Haushalt nur teilweise nicht mehr führen können, kann ein anteiliger Haushaltsführungsschaden entstanden sein. Selbst wenn Familienmitglieder oder Freunde unentgeltlich helfen, um den Ausfall aufzufangen, bedeutet das nicht automatisch, dass kein ersatzfähiger Schaden vorliegt.
Welche Beweismittel sind wichtig, um meine Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend zu machen?
Nach einem Verkehrsunfall, insbesondere wenn die Schuldfrage – wie etwa bei einem möglichen Rotlichtverstoß – geklärt werden muss, ist es entscheidend, den Unfallhergang und die entstandenen Schäden genau nachweisen zu können. Ohne ausreichende Beweise lassen sich Schadensersatzansprüche oft nur schwer oder gar nicht durchsetzen.
Nachweis des Unfallhergangs und der Schuldfrage
Um zu klären, wie der Unfall passiert ist und wer dafür verantwortlich ist, sind folgende Unterlagen und Informationen hilfreich:
- Polizeilicher Unfallbericht: Wenn die Polizei den Unfall aufgenommen hat, enthält der Bericht oft wichtige Feststellungen zum Hergang, zu Zeugen und manchmal auch eine erste Einschätzung zur Unfallursache (z. B. zum Rotlichtverstoß). Dieser Bericht kann ein zentrales Beweismittel sein.
- Zeugenaussagen: Namen und Adressen von Personen, die den Unfall beobachtet haben, sind sehr wertvoll. Ihre unabhängigen Schilderungen können helfen, den Ablauf zu rekonstruieren und strittige Punkte, wie die Ampelschaltung bei einem Rotlichtverstoß, zu klären.
- Fotos und Videos vom Unfallort: Bilder oder Videos direkt nach dem Unfall können die Situation festhalten. Wichtig sind dabei die Endstellung der Fahrzeuge, eventuelle Bremsspuren, die Verkehrssituation (z. B. Ampelstellungen, wenn erkennbar), die Sichtverhältnisse und die Beschädigungen an allen beteiligten Fahrzeugen.
- Eigene Notizen: Schreiben Sie möglichst bald nach dem Unfall alles auf, woran Sie sich erinnern (Datum, Uhrzeit, Ort, Wetter, genauer Hergang aus Ihrer Sicht, beteiligte Personen, Kennzeichen). Ein Unfallbericht oder eine Gedächtnisstütze kann später sehr nützlich sein.
Nachweis der Schäden
Alle entstandenen Schäden müssen konkret belegt werden, um ersetzt werden zu können:
- Fahrzeugschäden: Hierfür dient in der Regel ein Gutachten eines unabhängigen Kfz-Sachverständigen. Dieses Dokument beziffert detailliert die Reparaturkosten, einen möglichen Wertverlust des Fahrzeugs (merkantiler Minderwert) oder den Wiederbeschaffungswert bei einem Totalschaden. Auch Reparaturrechnungen oder detaillierte Kostenvoranschläge einer Werkstatt sind wichtige Belege. Fotos von den Fahrzeugschäden aus verschiedenen Perspektiven sind ebenfalls sehr sinnvoll.
- Verletzungen und Gesundheitsschäden: Wenn Sie bei dem Unfall verletzt wurden, sind ärztliche Atteste und Berichte unerlässlich. Sie dokumentieren die Art der Verletzungen, die notwendige Behandlung und die voraussichtliche Dauer der Heilung sowie mögliche Folgeschäden. Bewahren Sie alle Rechnungen für Arztbesuche, Medikamente, Therapien (z. B. Physiotherapie) oder medizinische Hilfsmittel sorgfältig auf. Ein Schmerztagebuch, in dem Sie regelmäßig Ihre Beschwerden, Schmerzen, Arztbesuche und Beeinträchtigungen im Alltag festhalten, kann bei der Begründung und Bezifferung von Schmerzensgeldansprüchen eine wichtige Rolle spielen.
- Weitere Kosten: Sammeln Sie alle Belege für unfallbedingte Ausgaben. Dazu können beispielsweise Abschleppkosten, Kosten für einen Mietwagen oder Nutzungsausfallentschädigung, Fahrtkosten zu Ärzten oder Therapeuten gehören. Bei einem Verdienstausfall sind entsprechende Nachweise erforderlich, etwa durch Bestätigungen des Arbeitgebers oder Einkommensnachweise bei Selbstständigen. Auch Nachweise für einen eventuell entstandenen Haushaltsführungsschaden (wenn Sie den Haushalt nicht mehr wie gewohnt führen können) können relevant sein.
Je vollständiger und genauer Sie den Unfallhergang und Ihre Schäden mit diesen Beweismitteln dokumentieren können, desto besser ist die Grundlage, um Ihre Ansprüche auf Schadensersatz erfolgreich geltend zu machen. Diese Nachweise dienen dazu, gegenüber der Versicherung des Unfallverursachers oder notfalls vor Gericht darzulegen, dass der Unfallgegner für den Schaden verantwortlich ist und wie hoch der entstandene Schaden konkret ist.
Wie lange habe ich Zeit, meine Ansprüche nach einem Verkehrsunfall mit Rotlichtverstoß geltend zu machen (Verjährung)?
Nach einem Verkehrsunfall, bei dem beispielsweise ein Rotlichtverstoß eine Rolle spielte, haben Sie grundsätzlich drei Jahre Zeit, um Ihre Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Diese Frist nennt man die regelmäßige Verjährungsfrist.
Entscheidend ist, wann diese Frist beginnt: Sie startet nicht am Unfalltag selbst, sondern erst am Ende des Jahres, in dem zwei Bedingungen gleichzeitig erfüllt sind:
- Der Unfall ist passiert und der Anspruch auf Schadensersatz ist entstanden.
- Sie haben Kenntnis von dem Schaden und der Person des Schädigers erlangt oder hätten diese Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssen.
Ein Beispiel: Der Unfall ereignet sich am 15. Mai 2023. Sie kennen den Schädiger und wissen um Ihre Schäden (z.B. Reparaturkosten, Schmerzensgeld wegen Verletzungen). Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt dann am 31. Dezember 2023 zu laufen und endet am 31. Dezember 2026 um 24:00 Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Ansprüche rechtlich geltend gemacht worden sein, beispielsweise durch eine Klage.
Was bedeutet „Kenntnis“?
Kenntnis bedeutet, dass Sie die wesentlichen Umstände kennen, die einen Anspruch begründen. Dazu gehört das Wissen, dass ein Unfall stattgefunden hat, dass Ihnen dadurch ein Schaden entstanden ist (Sie müssen nicht die exakte Höhe kennen, aber Art und ungefähre Richtung) und wer der verantwortliche Schädiger (bzw. dessen Fahrzeughalter und Versicherung) ist. Normalerweise liegen diese Informationen nach der Unfallaufnahme und Klärung der Haftungsfrage vor.
Kann die Verjährung unterbrochen oder gehemmt werden?
Ja, der Lauf der Verjährungsfrist ist nicht immer starr. Bestimmte Ereignisse können dazu führen, dass die Frist gehemmt wird (also für eine bestimmte Zeit nicht weiterläuft) oder sogar neu zu laufen beginnt.
- Hemmung durch Verhandlungen: Wenn Sie oder Ihr Vertreter mit dem Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherung über den Schadensersatzanspruch verhandeln, ist die Verjährung gehemmt. Das bedeutet, die Frist läuft für die Dauer der Verhandlungen nicht weiter. Die Hemmung endet, wenn eine Seite die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt dann frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.
- Neubeginn durch Anerkenntnis: Erkennt der Schädiger oder seine Versicherung den Anspruch an (z.B. durch eine Abschlagszahlung oder eine schriftliche Zusage), beginnt die dreijährige Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt des Anerkenntnisses komplett neu zu laufen.
- Hemmung durch gerichtliche Schritte: Wenn Sie Ihre Ansprüche gerichtlich geltend machen (z.B. durch Einreichung einer Klage oder die Beantragung eines Mahnbescheids), wird die Verjährung ebenfalls gehemmt.
Warum ist die Frist wichtig?
Die Einhaltung der Verjährungsfrist ist entscheidend. Ist die Verjährung einmal eingetreten, erlischt Ihr Anspruch zwar nicht automatisch, aber der Schädiger oder dessen Versicherung hat das Recht, die Zahlung zu verweigern. Man spricht hier von der „Einrede der Verjährung„. Wenn diese Einrede erhoben wird, können Sie Ihre Ansprüche gerichtlich nicht mehr erfolgreich durchsetzen, auch wenn sie ursprünglich berechtigt waren.
Es ist daher ratsam, sich frühzeitig um die Klärung und Geltendmachung der Ansprüche zu kümmern, um den Ablauf der Verjährungsfrist sicher zu vermeiden.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Schmerzensgeld
Schmerzensgeld ist eine finanzielle Entschädigung für körperliche oder seelische Schäden, die jemand erlitten hat (sogenannte immaterielle Schäden). Es soll die erlittenen Schmerzen, Leiden und Beeinträchtigungen der Lebensqualität ausgleichen und dem Verletzten Genugtuung verschaffen. Die Höhe wird vom Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls festgelegt (§ 253 BGB). Im Textfall erhielt die Fahrerin Schmerzensgeld für ihre Verletzungen an Knie und Knöchel nach dem unverschuldeten Unfall, wobei das Gericht 16.000 Euro für angemessen hielt.
Beispiel: Wer nach einem Fahrradunfall wochenlang Schmerzen hat, operiert werden muss und Narben zurückbehält, kann vom Unfallverursacher Schmerzensgeld fordern.
Schadensersatz
Schadensersatz bezeichnet den finanziellen Ausgleich für materielle (Vermögens-)Schäden, die jemandem durch das Verhalten eines anderen entstanden sind. Ziel ist es, den Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis (hier der Unfall) bestehen würde (vgl. § 249 BGB). Dazu gehören zum Beispiel Reparaturkosten für das Auto, Behandlungskosten, Verdienstausfall oder Kosten für eine Haushaltshilfe (Haushaltsführungsschaden). Im Text wurde die Versicherung des Unfallverursachers zur Zahlung von Schadensersatz für solche finanziellen Verluste der Fahrerin verurteilt, zusätzlich zum Schmerzensgeld.
Haftung (alleinige Haftung)
Haftung bedeutet im juristischen Sinne das Einstehenmüssen für einen entstandenen Schaden. Wer haftet, ist verpflichtet, dem Geschädigten den Schaden zu ersetzen (Schadensersatz zu leisten). Im Text ist die alleinige Haftung des Citroen-Fahrers unstrittig, da er den Unfall durch den Rotlichtverstoß allein verschuldet hat. Das bedeutet, er bzw. seine Versicherung muss für alle Unfallfolgen in vollem Umfang aufkommen (vgl. z.B. § 823 BGB für Verschuldenshaftung, § 7 StVG für die Haftung des Fahrzeughalters).
Haftpflichtversicherung
Eine Haftpflichtversicherung ist eine Versicherung, die Schäden abdeckt, die der Versicherte einem Dritten schuldhaft zufügt. Bei Kraftfahrzeugen ist der Abschluss einer solchen Versicherung gesetzlich vorgeschrieben (Pflichtversicherung, § 1 PflVG), um sicherzustellen, dass Unfallopfer ihre berechtigten Ansprüche auch tatsächlich erhalten. Der Geschädigte kann seine Ansprüche oft direkt bei der Versicherung des Schädigers geltend machen (§ 115 Versicherungsvertragsgesetz – VVG). Im Text ist die Haftpflichtversicherung des Citroen-Fahrers die Beklagte, die zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt wurde.
Verdienstausfall
Verdienstausfall ist ein Schadensersatzanspruch für entgangenes Einkommen, das eine Person aufgrund einer Verletzung oder Erkrankung nicht erzielen kann (geregelt z.B. in § 842 BGB). Wenn jemand durch einen Unfall arbeitsunfähig wird und deshalb nicht arbeiten kann, muss der Schädiger bzw. dessen Versicherung den dadurch entstehenden Einkommensverlust ersetzen. Die Berechnung orientiert sich in der Regel am Nettoeinkommen, das ohne den Unfall erzielt worden wäre. Im Text wird erwähnt, dass die verletzte Fahrerin berufstätig war, was einen Verdienstausfall als Teil des geforderten Schadensersatzes sehr wahrscheinlich macht.
Haushaltsführungsschaden
Der Haushaltsführungsschaden ist ein Schadensersatzanspruch für die Beeinträchtigung oder den Ausfall der Fähigkeit, den eigenen Haushalt zu führen, aufgrund einer Verletzung (abgeleitet aus § 843 Abs. 1 BGB). Auch unbezahlte Hausarbeit (Putzen, Kochen, Waschen, Kinderbetreuung etc.) hat einen wirtschaftlichen Wert. Kann die verletzte Person den Haushalt nicht mehr oder nur eingeschränkt führen, entsteht ein ersatzfähiger Schaden, der sich z.B. an den fiktiven Kosten für eine externe Haushaltshilfe orientiert. Im Text deutet die Beschreibung der familiären Situation der Klägerin (berufstätig, führte Haushalt für Mann und Sohn) darauf hin, dass ein solcher Schaden geltend gemacht wurde.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 7 Abs. 1 StVG (Halterhaftung): Diese Norm bestimmt, dass der Halter eines Kraftfahrzeugs haftet, wenn durch den Gebrauch des Fahrzeugs ein Mensch verletzt oder eine Sache beschädigt wird. Es handelt sich um eine Gefährdungshaftung, das heißt, es kommt nicht auf ein Verschulden des Halters an. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da das Fahrzeug der Beklagten den Unfall verursacht hat, haftet die Beklagte als Halterin des Fahrzeugs für die entstandenen Schäden der Klägerin, unabhängig davon, wer das Fahrzeug gefahren ist.
- § 253 Abs. 2 BGB (Schmerzensgeld): Dieser Paragraph regelt den Anspruch auf Schmerzensgeld bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung. Schmerzensgeld soll immaterielle Schäden ausgleichen und Genugtuung für das Leid bieten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin hat bei dem Unfall Verletzungen erlitten und macht daher einen Anspruch auf Schmerzensgeld geltend, um für die erlittenen Schmerzen und Beeinträchtigungen entschädigt zu werden. Das Gericht hat ihr ein Schmerzensgeld zugesprochen.
- § 249 BGB (Art und Umfang des Schadensersatzes): Diese Vorschrift legt fest, dass derjenige, der zum Schadensersatz verpflichtet ist, den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der schädigende Umstand nicht eingetreten wäre (Naturalrestitution). Dies umfasst sowohl materielle Schäden wie Verdienstausfall als auch immaterielle Schäden wie Schmerzensgeld. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Auf Grundlage dieser Norm kann die Klägerin verschiedene Schadenspositionen geltend machen, wie beispielsweise den Verdienstausfall, der ihr durch die Unfallfolgen entstanden ist. Das Urteil behandelt verschiedene materielle Schadensersatzpositionen.
- § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG (Direktanspruch gegen den Versicherer): Nach dieser Vorschrift kann der Geschädigte seinen Schadensersatzanspruch direkt gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers geltend machen. Dies vereinfacht die Durchsetzung von Ansprüchen nach Verkehrsunfällen erheblich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin kann ihre Ansprüche direkt gegen die Haftpflichtversicherung der Beklagten richten, was in der Praxis üblich ist und den Prozess für Geschädigte vereinfacht. Hier wird die Beklagte, die Haftpflichtversicherung, direkt verklagt.
- § 288 BGB (Verzugszinsen): Diese Norm bestimmt, dass eine Geldschuld ab Verzug zu verzinsen ist. Der gesetzliche Verzugszins beträgt gemäß § 288 Abs. 1 BGB fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat der Klägerin Zinsen auf die zugesprochenen Beträge ab bestimmten Zeitpunkten zugesprochen, da sich die Beklagte mit der Zahlung in Verzug befand. Dies soll den Gläubiger für die verspätete Zahlung entschädigen.
Hinweise und Tipps
Praxistipps für Verkehrsunfallgeschädigte bei der Geltendmachung von Schadensersatz und Schmerzensgeld
Ein Verkehrsunfall ist schnell passiert und oft unverschuldet. Neben dem Schreck und möglichen Verletzungen beginnt dann häufig die Auseinandersetzung um Schadensersatz. Damit Sie Ihre Rechte bestmöglich wahren, sollten Sie einige Punkte beachten.
Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar. Sie ersetzen keine individuelle Prüfung durch eine qualifizierte Kanzlei. Jeder Einzelfall kann Besonderheiten aufweisen, die eine abweichende Einschätzung erfordern.
Tipp 1: Beweise sichern und Verletzungen dokumentieren
Unmittelbar nach einem Unfall ist es entscheidend, alle Beweise zu sichern. Fotografieren Sie die Unfallstelle, die beteiligten Fahrzeuge und eventuelle Bremsspuren. Notieren Sie Namen und Adressen von Zeugen. Suchen Sie bei Verletzungen umgehend einen Arzt auf und lassen Sie alle Beschwerden detailliert dokumentieren – auch solche, die zunächst geringfügig erscheinen. Eine lückenlose ärztliche Dokumentation ist für die spätere Geltendmachung von Schmerzensgeld unerlässlich.
Tipp 2: Frühzeitig anwaltliche Hilfe suchen
Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen, insbesondere von Schmerzensgeld, ist komplex. Die gegnerische Versicherung hat oft kein Interesse daran, den Schaden vollumfänglich zu regulieren. Ein spezialisierter Anwalt kann Ihre Ansprüche realistisch einschätzen, alle Schadenspositionen identifizieren und diese fundiert gegenüber der Versicherung oder vor Gericht durchsetzen. Er kann auch prüfen, ob bereits geleistete Zahlungen (wie im Beispielfall die 13.000 Euro) angemessen sind oder weitere Ansprüche bestehen.
Tipp 3: Alle Schadenspositionen umfassend prüfen
Neben dem Schmerzensgeld für erlittene Verletzungen und Beeinträchtigungen können Ihnen weitere Schadensersatzansprüche zustehen. Dazu gehören beispielsweise Reparaturkosten, Mietwagenkosten, Abschleppkosten, Sachverständigenkosten, Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden, vermehrte Bedürfnisse (z.B. für Pflege) und Kostenpauschalen. Lassen Sie durch Ihren Anwalt prüfen, welche Ansprüche in Ihrem Fall konkret bestehen und beziffert werden können.
⚠️ ACHTUNG: Akzeptieren Sie keine vorschnellen Abfindungsangebote der gegnerischen Versicherung, ohne diese anwaltlich prüfen zu lassen. Oftmals decken diese nicht den gesamten Schaden ab oder schließen zukünftige, noch nicht absehbare Folgeschäden aus.
Tipp 4: Kostenrisiko bei Gerichtsverfahren beachten
Auch wenn Sie im Recht sind, birgt ein Gerichtsverfahren immer ein Kostenrisiko. Wie der Fall zeigt (Klägerin trug 60% der Kosten), kann das Gericht Ansprüche auch nur teilweise zusprechen. Dies führt dazu, dass Sie trotz eines grundsätzlichen Erfolgs einen Teil der Gerichts- und Anwaltskosten (auch der Gegenseite) tragen müssen. Eine Rechtsschutzversicherung kann dieses Risiko abfedern. Ihr Anwalt wird Sie über die möglichen Kosten und Erfolgsaussichten aufklären.
Tipp 5: Bereits erhaltene Zahlungen berücksichtigen
Es ist üblich, dass Versicherungen bereits vor einer endgültigen Einigung oder einem Urteil Vorschüsse leisten, insbesondere auf das Schmerzensgeld. Diese Zahlungen werden, wie im vorliegenden Fall, auf den endgültigen Anspruch angerechnet. Bewahren Sie alle Nachweise über erhaltene Zahlungen sorgfältig auf.
Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?
Die Bezifferung von Schmerzensgeld ist komplex und hängt stark von Art und Schwere der Verletzungen, der Dauer der Behandlung, möglichen Dauerschäden und den Auswirkungen auf die Lebensführung ab. Auch die Berechnung anderer Schäden (z.B. Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden) erfordert oft detaillierte Nachweise und Berechnungen. Unterschätzen Sie nicht die mögliche Dauer solcher Auseinandersetzungen, insbesondere wenn es zu einem Gerichtsverfahren kommt („langer Leidensweg“).
✅ Checkliste: Schadensregulierung nach Verkehrsunfall
- Unfalldetails und Verletzungen sofort und lückenlos dokumentieren (Fotos, Zeugen, Arztberichte).
- Anwaltlichen Rat einholen, bevor Sie Erklärungen gegenüber der gegnerischen Versicherung abgeben oder Zahlungen akzeptieren.
- Alle denkbaren Schadenspositionen auflisten und prüfen lassen (Sachschäden, Heilkosten, Verdienstausfall, Schmerzensgeld, etc.).
- Realistische Einschätzung der Anspruchshöhe (ggf. mithilfe von Schmerzensgeldtabellen und Anwalt).
- Fristen für die Geltendmachung von Ansprüchen beachten (Verjährung!).
Das vorliegende Urteil
LG Tübingen – Az.: 5 O 9/24 – Urteil vom 25.03.2025
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